Bestellungsurkunde für Jugendamt als Vormund

  • Nach § 168b Abs. 1 FamFG ist es vorgesehen, auch dem Jugendamt als Amtsvormund eine Bestellungsurkunde auszustellen.

    Das hiesige Jugendamt kommt mit dem Anordnungs- und Bestellungsbeschluss als Nachweis für seine Vormundschaft sehr gut zurecht und benötigt eigentlich keine Bestellungsurkunde.

    Kann auf die Ausstellung einer Bestellungsurkunde verzichtet werden oder ist dies zwingend vorgesehen?

  • Also laut Gesetz ist die Urkunde als Muss-Vorschrift vorgesehen, eine rechtliche Wirkung hängt daran aber nicht (insbesondere verschafft diese ja auch keinen Rechtsschein). Wenn das JA und ihr euch also einig seid, kann sich kaum jemand darüber beschweren. Ob's wirklich so richtig ist, naja.

  • Heute habe ich einen Beschluss unseres Familienrichters enthalten, der das Ruhen der elterlichen Sorge eines UMA festgestellt, Vormundschaft angeordnet und Frau X vom Jugendamt zum vorläufigen Vormund bestellt hat.

    Zwar ist der Richter nicht mehr zuständig, der Beschluss ist aber wirksam.

    Unser System schlägt nun eine Bescheinigung für den Vormund vor, in der dieser allgemein zum Vormund, nicht zum vorläufigen Vormund, bestellt wird. Außerdem ist hierin nur "das Jugendamt", nicht "Frau X beim Jugendamt" aufgeführt.

    Kann die Bescheinigung so übergeben werden oder muss Sie wie beschrieben angepasst werden?

  • Man fragt sich schon, was die derzeitigen Vormünder des Jugendamtes dort einfacher daran finden, den (bei uns) mehrseitigen und mit Siegel verbundenem Beschluss zu vervielfältigen, statt die dafür vorgesehene einseitige Urkunde oder Bescheinigung zu verwenden. Ein Vormund muss doch recht häufig seine Vertretungsbefugnis nachweisen. Für andere Rechtsanwender lässt sich allein schon durch die Überschrift (Urkunde nach Abs.1 oder Bescheinigung nach Abs.2) schnell erkennen, ob es sich um eine bestellte Amtsvormundschaft handelt oder eine gesetzliche. Auch können die Beschlüsse Sozialdaten (z.B. über die Herkunftsfamilie) enthalten, die Dritte nichts angehen. Auch müsste man eine derartige Praxis mit jedem neu eingestellten Vormund des Jugendamtes wieder abstimmen. In meinen Augen gibt es kein sinnvolles Argument, welches für eine derartige Praxis sprechen würde.

    Der Aufwand für das Gericht, die Dokumente einfach auszustellen, ist vermutlich gering. Und richtig wäre es auch.

    Aber wie Puqepy schon schrieb, kann (wird) sich wohl auch kaum jemand beschweren, wenn es anders gemacht wird.

  • Ich musste erst gestern als Nachweis der Vormundschaft (mir liegt noch keine Bescheinigung vor) einen mehrseitigen Beschluss kopieren, dabei die Angaben zu dem Geschwisterkind und die Gründe löschen, ist sehr umständlich und sieht auch wenig professionell aus...

    Ich kann mir schlecht vorstellen, darauf im Regelfall zu verzichten.

  • Nach #3 erfolgte die Bestellung der Frau X, Jugendamt XV zum vorläufigen Vormund. Ich würde unter Hinweis auf § 1774 Abs. 2 BGB dem (jetzigen) erkennenden Richter zu dem Hauptsacheverfahren mitteilen, dass die Bestellung der Frau X (auch mit dem Zusatz "Jugendamt") gesetzlich nicht vorgesehen ist. Mag er seine Bestellung korrigieren. Das Jugendamt müsste dann aber nicht eine Bescheinigung, sondern eine Bestellungsurkunde erhalten, weil die Bescheinigung nur bei gesetzlichen Amtsvormundschaften herzustellen ist, siehe § 168b FamFG. Unser Programm kann das auch nicht, wird hier händisch nachgebessert.

  • Der Richter möchte seinen Beschluss nicht korrigieren. Und jetzt...?

    Wie war das hier erst Sachen zum Lachen (26) mit Richtern, die sich nicht so gern ans Gesetz halten...

    Naja, ich würde den Beschluss halt einfach dahingehend auslegen, dass das JA bestellt sein soll, da Frau X sicherlich nicht als Privatperson bestellt sein soll.

    Das vorläufig kann man in die Bestellungsurkunde aufnehmen, muss man aber nicht (§ 168b FamFG schreibt dazu nichts vor). Hat auch keine Relevanz für den Rechtsverkehr, da die vorläufige Vormundschaft lediglich eine Entscheidungsfrist für das Gericht enthält, die aber auch nach Überschreiten der Frist nicht zur Beendigung/Aufhebung der Vormundschaft führt.

  • Könnte das nicht zu rechtlichen Schwierigkeiten führen? Nach dem Beschluss ist Frau X vertretungsberechtigt als Vormund. Wenn die Bestellungsurkunde abweichend davon das Jugendamt XY als vertretungsberechtigt ausweist und ein Kollege in deren Abwesenheit rechtsgeschäftliche Erklärungen unter Vorlage der Bestellungsurkunde abgibt, würde das sicherlich erstmal so akzeptiert. Im Streitfall scheint mir das aber doch schwierig, ob die (z. B. Ausschlagungs-) Erklärung des anderen Mitarbeiters beim Jugendamt nicht angreifbar wäre. Ich würde doch eher dazu neigen, die Vertretungsberechtigung in der Bestellungsurkunde so auszuweisen, wie es der Beschluss vorgibt. Der Vormund selbst kann ja auch auf eine Korrektur des Beschlusstenors hinwirken.

  • Der richterliche Beschluss ist rechtlich einfach falsch. Einen Mitarbeiter des Jugendamtes kann man nicht bestellen.

    Daran ändert auch der Wille des Richters "er wolle nicht berichtigen" nichts.

    Das Jugendamt hat nach Bestellung dem Gericht mitzuteilen, welchem MA er die Aufgaben zu übertragen hat.
    Das wird doch dann im Nachgang auch nicht in die Bestellung aufgenommen.

    zu #12: Wieso sollte ich den Fehler des Richters weitertragen???

  • Ich würde das so machen, weil ich den Richter nicht zu beaufsichtigen habe. Meine rechtliche Einschätzung und die fruchtlosen Bemühungen, eine Beschlussberichtigung zu erwirken, würde ich aktenkundig machen. Eine anderweitige Auslegung der Anordnung scheint mir nicht geboten, wenn der Richter darauf beharrt, dass seine Anordnung genau so gemeint war, wie er sie beschlossen hat. Nichtig dürfte sie eher nicht sein. Ich würde allerdings beim Jugendamt anregen, von dort eine Beschwerde einzureichen.

  • Ich würde das so machen, weil ich den Richter nicht zu beaufsichtigen habe. Meine rechtliche Einschätzung und die fruchtlosen Bemühungen, eine Beschlussberichtigung zu erwirken, würde ich aktenkundig machen. Eine anderweitige Auslegung der Anordnung scheint mir nicht geboten, wenn der Richter darauf beharrt, dass seine Anordnung genau so gemeint war, wie er sie beschlossen hat. Nichtig dürfte sie eher nicht sein. Ich würde allerdings beim Jugendamt anregen, von dort eine Beschwerde einzureichen.

    Ich mein, du kannst den Fehler auch selbst ganz förmlich ausbügeln.

    Entlass "Frau X vom Jugendamt" als vorläufiger Vormund und bestelle einen neuen (ggf. vorläufigen) Vormund (also z.B. das Jugendamt). In die Begründung kannst du ja mit aufnehmen, dass mit dem vorigen Beschluss in unzulässiger Art aber zunächst mal wirksam ein Vormund bestellt wurde und das halt zu korrigieren war. Der Vormundwechsel fällt problemlos in deine Zuständigkeit.

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