Freiwilliges Praktikum vor dem Studium - Chancen auf einen Studienplatz?

  • Liebe Forenmitglieder*innen,

    ich bin derzeit dabei, mich vollumfänglich über die Tätigkeit als Rechtspfleger*in zu informieren, bevor ich mich dann schließlich bewerben werde.
    Durch einen Bekannten war es mir auch möglich mit einer Rechtspflegerin zu sprechen, die schon lange dabei ist und nach wie vor von ihrem Beruf schwärmt
    (Tolle Sache! Habe ich bisher sehr selten von Menschen in unterschiedlichen Berufen erlebt!)
    Sie hat mir vorgeschlagen, ich könne doch ein Praktikum machen, um noch einen besseren Einblick zu bekommen.

    Das möchte ich auch auf jeden Fall machen. Ich bin gerade dabei, mich zu bewerben.

    Folgende Fragen habe ich diesbezüglich an euch:

    1. Was für einen Zeitraum würdet ihr mir für das Praktikum empfehlen?
    (Da ich derzeit ein Vollzeitstudium mache und in der Semesterferien immer Pflichtpraktika absolvieren muss, werde ich voraussichtlich nur 2-3 Wochen am Stück machen können).

    2. Hat ein solches Praktikum ggf. einen positiven Einfluss auf eine spätere Bewerbung für das duale Studium oder wird so etwas beim Bewerbungsprozess nicht beachtet?
    (So wie ich es verstanden habe, geht es zu 100% nur darum, wie gut man in den Bewerbungstests abgeschnitten hat. Wäre schön, wenn ihr mir etwas anderes sagen könntet :) )

    Liebe Grüße,

    Marie_Lou

  • Das Problem dürfte sein, dass kaum ein Rechtspfleger die Zeit hat, neben seiner Arbeit und der Ausbildung der Anwärter und Einarbeitung von neuen Kollegen auch noch für 2-3 Wochen Praktikanten mit den Tätigkeiten des Rechtspflegerberufes vertraut zu machen.

  • Niedersachsen bietet bei allen AGen ein Schülerpraktikum an. Ich meine, es gab sogar vor dem Studium mal ein Pflichtpraktikum, welches bei der Bewerbung nachgewiesen werden musste (dazu habe ich aber nichts gefunden).

    Das Engagement und die Möglichkeiten (Dauer des Praktikums + Anzahl der Praktikanten) sind bei den einzelnen Gerichten jedoch mit Sicherheit sehr unterschiedlich, so dass ggf. auch mehrere Anläufe nötig sind.

  • Wir haben hier regelmäßig Praktikanten im Gericht. Entweder Schülerpraktikanten (9. oder 11. Klasse) oder Studenten. Du kannst dich ja einfach an deinem Wohnortgericht einmal bewerben. Ich muss aber auch gestehen, dass ich diese Praktikanten meistens nicht besonders mag, da ich eigentlich nicht wirklich Zeit dafür habe. Hier hat man dann den Praktikanten nämlich immer nur 1 Tag und er durchläuft alle möglichen Stationen innerhalb des Gerichts. 1 Tag ist daher eigentlich zu wenig, um wirklich etwas zu lernen, aber kostet mich halt auch 1 Tag meines Pensums, das ich dann wieder einarbeiten muss. Zumal in letzter Zeit das Interesse der Praktikanten leider auch deutlich nachgelassen hat. Da merkt man oft, dass es ein Pflichtpraktikum ist. Motiviert mich dann leider auch nicht besonders, wenn ich nur angegähnt werde oder - wie letzte Woche - die Praktikantin mich nicht einmal ansieht, sondern sich gelangweilt den Dreck unter ihren Fingernägeln herauspult.

  • Hier in Schleswig-Holstein wird das Praktikum sogar "offiziell" empfohlen, ist allerdings nicht verpflichtend. Ich wundere mich immer wieder, dass - zumindest an meinem Gericht - von dieser Möglichkeit nur sehr selten Gebrauch gemacht wird.

    Von meiner eigenen Motivation her sind mir solche Praktika deutlich lieber als Schülerpraktika, weil bei diesen meist noch alles offen und das Interesse der Schülerinnen und Schüler deshalb oft nicht so stark ausgeprägt ist. Wer sich hingegen ernsthaft für unseren schönen Beruf interessiert, bringt schon allein deshalb für gewöhnlich mehr Engagement mit. Dafür wende ich dann auch gerne Zeit auf.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Also, ein paar Gedanken meinerseits.

    - Ich glaube schon, dass es gerne gesehen wird. Zum einen: insgesamt der Einsatz, zum anderen: Interesse für den Beruf des RPfl, eben nicht "irgendeiner Karriere im gehobenen Dienst". Die Justiz steht überall mit dem Rücken zur Wand. Wenn sich Personal für den Beruf im speziellen begeistert (potentielle Treue zum Dienstherrn), dürfte das ein "Alleinstellungsmerkmal" sein. Ob und inwiefern das OLG den natürlich berücksichtigt, kann individuell sehr unterschiedlich sein.

    - 2 Wochen als Länge halte ich für perfekt, wenn nicht sogar am oberen Ende der Skala.

    - Ein Problem kann es u.U. geben: (zuletzt selbst so gehört) Da es kein Schülerpraktikum ist, ist die Frage, ob und wie ihr versichert seit. Das macht den Verwaltungen ziemlich Kopfschmerzen.

    - Gut ist, dass du schon jemanden kennst und darüber vielleicht den Einstieg auch ins Praktikum schaffen könntest. Denn, wie du schon aus den Antworten hier rausliest: Das ganze ist erheblicher Arbeitsaufwand für die "Ausbilder". Leider sagen viele Kollegen daher direkt: "kann ich nicht leisten".

    Ich persönlich nehme aber jedes Praktikum immer gerne an, meistens aber halt nur für ein paar Tage.

    Ich selbst kann bestätigen, wie wichtig solche Praktika auch für euch Praktikanten sind: ich selbst habe damals eins gemacht und danach den Entschluss gefasst, Rechtspfleger zu werden.

    "Jemand hat mir mal gesagt, die Zeit würde uns wie ein Raubtier ein Leben lang verfolgen. Ich möchte viel lieber glauben, dass die Zeit unser Gefährte ist, der uns auf unserer Reise begleitet und uns daran erinnert jeden Moment zu genießen, denn er wird nicht wiederkommen."

    Hier geht Ihre Spende nicht unter. Rette mit, wer kann.

    -Die Seenotretter, DGzRS-

  • Vielen Dank an alle für die schnellen Rückmeldungen!

    Das ist für mich als Externe sehr hilfreich. Ich kann voll und ganz nachvollziehen, dass es für diejenigen, die den Praktikanten/ die Praktikantin betreuen ein zusätzliches Pensum ist, das es mit den anderen Aufgaben unter einen Hut zu bringen gilt.

    Es ist schön zu sehen, dass sich dennoch einige dafür begeistern können, engagierte Praktikant*innen zu betreuen.

    Ich werde mich nun bewerben und hoffe, dass es klappt. Drückt mir die Daumen!

  • Ich denke, dass die Nachwuchsgewinnung aufgrund des Personalmangels ziemlich große Priorität haben sollte. Daher bin ich der Meinung, dass der (Mehr-)Aufwand, der ja zum Glück nicht allzu oft vorkommt, durchaus geleistet werden sollte. Schließlich erhoffen wir uns doch alle dadurch, dass wir neue Kolleginnen und Kollegen dazu gewinnen können.

    Inbesondere freiwilligen Praktikaten sollte man durchaus die Chance geben in den Beruf rein zu schnuppern.

    Mein freiwilliges Praktikum vor einigen Jahren hat mich von diesem Beruf erst überzeugt. Die Rechtspfleger haben immer wieder von diesem Beruf geschwärmt und die Vorteile verdeutlicht. Das fand ich schon sehr ausschlaggebend.

  • Ich habe kein Praktikum gemacht. Wäre ich damals allerdings zu meinem Wohnortgericht gegangen, bei dem ich dann auch als Anwärterin war, hätte ich mich wahrscheinlich gegen den Beruf entschieden. Geschwärmt hat da niemand.....

    Würde es aber jeder/jedem Interessierten empfehlen! Vielleicht kann man ja mit Kontakten schon rausfiltern, wo die Stimmung (vielleicht auch aus anderen Gründen als denen des Berufsbildes) nicht so gut ist.

    Oder, um aus Goethes "Faust", Teil I, Zeile 2667 zu zitieren: "Nein!"

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