(Gehalts-) Aussichten nach dem Studium + Aufstiegsmöglichkeiten (Amtsanwalt / Amtsanwältin)

  • Hallo alle zusammen,

    ich möchte gerne Rechtspflegerin werden und informiere mich hierzu regelmäßig im Forum.

    Derzeit lässt mich allerdings ein Thema nicht los: die Gehaltsaussichten nach dem Studium.

    Ich habe gelesen, dass man mit A9 einsteigt. Allerdings finde ich die Tabellen nur bedingt hilfreich.

    Hintergrund ist, dass ich bereits eine Bankausbildung absolviert und in Vollzeit gearbeitet habe.
    Ich habe bei einer Sparkasse in Vollzeit gerade einmal 1.500 € Netto verdient, was in einer größeren Stadt mit hohen Mieten nicht gerade viel ist.

    Leider hatte ich damals auf Anraten meiner Großeltern die Bankausbildung nach dem Abitur gemacht und mich nicht großartig über die Verdienstmöglichkeiten informiert.

    "Kind, geh zur Bank, da verdienst du viel Geld" hieß es damals. Das war einmal. Ein befreundeter Filialleiter hat mir erzählt, dass er nur 2.000 € netto verdienen würde und danach

    Schluss sei.

    Bedauerlicherweise findet man im Internet immer wieder Angaben (auch von der Agentur für Arbeit), die die Bankausbildung nach wie vor als "top Job mit hohem Gehalt" anpreisen und Zahlen wie 56.000 € Nettolohn versprechen.

    Aus diesem Grund möchte ich gerne nach eurer persönlichen Erfahrung fragen, gerne auch als PN. Ich möchte nicht noch einmal auf die Nase fallen, weil ich mich zu wenig rund um die Gehaltsaussichten informiert habe.

    Von einer Freundin weiß ich, dass sie als Justizfachangestellte, sprich im mittleren Dienst, nach der Ausbildung auch nur 1.500 € netto bekommt.


    Wünschenswert wäre in meinen Augen ein Nettogehalt im Rahmen einer Vollzeittätigkeit, das bei 2.500 € - 3.000 € Netto liegt.
    Das muss auch nicht direkt nach dem Berufseinstieg sein, sollte aber nach spätestens 5-6 Jahren realisierbar sein.

    Hintergrund ist, dass ich nach dem dreijährigen Studium bereits 35 Jahre alt sein werde und demnach auch nicht die Zeit haben, noch einmal ein anderes Studium etc. zu machen.
    Daher will eine erneute Berufsausbildung gut durchdacht sein. (Zusätzlich zu meiner Ausbildung habe ich studiert, sehe mich aber nicht mehr in diesem Beruf.)

    Im Forum habe ich enttäuschenderweise auch gelesen, dass vielfach Beförderungsmöglichkeiten zwar in der Theorie vorhanden, aber in der Praxis kaum realisiert werden.
    Ich möchte gerne das duale Studium machen, damit ich Amtsanwältin werden kann. Ich habe ein großes Interesse an einer juristischen Tätigkeit. Laut einigen Forenbeiträgen wird diese Möglichkeit der Weiterbildung bzw. des Berufsaufstiegs wohl nur den allerwenigsten angeboten bzw. es kommt auch darauf an, ob am eigenen Standort so etwas überhaupt benötigt wird.

    Fasst meine Worte bitte nicht als Kritik am Beruf auf. Es ist ein toller Beruf und ich möchte ihn gerne erlernen.
    Allerdings bin ich hinsichtlich der Verdienstmöglichkeiten bereits ein "gebranntes Kind" und daher sehr vorsichtig.
    Ein gutes Gehalt ist nicht alles, allerdings finde ich, dass in der heutigen Zeit der hohen Inflation ein gutes Gehalt immer wichtiger wird, gerade als Frau mit Familienwunsch.

    Ich würde mich sehr über eure Antworten freuen!

    Liebe Grüße,

    Marie_Lou

  • Bei solchen Fragen hilft oftmals die Angabe des Bundeslandes.

    In Baden-Württemberg z.B. fängt man nach der Prüfung direkt in A10 an.

    Die Fixierung auf die Amtsanwaltslaufbahn ist vielleicht auch nicht so gut. Was, wenn es - aus welchen Gründen auch immer - doch nicht klappt? Direkt nach der Rechtspflegerprüfung wird man idR eh nicht zugelassen; in Baden-Württemberg z.B. muss man mindestens drei Jahr im gehobenen Justizdienst tätig sein.

    Gerade mit einem Familienwunsch im Hintergrund wäre ein Plan B in Richtung "könnte ich auch ohne die Amtsanwaltslaufbahn als Rechtspfleger glücklich werden?" nicht verkehrt.

    Übrigens: Ja, kann man.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Die Gehaltsaussichten halten sich in Grenzen. Anfangs. Ich meine aber neulich einen jungen Kollegen (Hessen (warum gibt eigentlich niemand mehr das Bundesland an?), A9) gehört zu haben, der was von 2.600 sagte. VOR Abzug der PKV (insoweit kannst du nicht netto mit netto vergleichen, da wir das netto ausgezahlt bekommen und danach die PKV zu zahlen haben. Und diese Beiträge fallen mehr oder weniger hoch ist. Das ist sehr individuell.

    Das Gehalt steigt aber mit zunehmendem Alter und Beförderungen. Die gibt es noch! Nicht im Jahrestakt, nicht bei jedem kleinen Gericht bis A13, aber A11 ist eigentlich flächendeckend erreichbar.

    Zudem ist zu erwarten, dass sich im Hinblick auf die verfassungsfeindliche Besoldung etwas tut. Hessen hatte zB in den letzten Monaten 2x 3% erhöht, außerhalb der "normalen Gehaltserhöhung". Bzw. kommen die zweiten 3% jetzt zum 1.1., wenn ich das richtig im Kopf habe.

    Amtsanwältin ist speziell, bist dann wie Staatsanwältin, nur noch Strafrecht. Muss einem liegen. Bedarf ist da, jedoch nicht an jedem (Gerichts-)Standort, da die bei den Staatsanwaltschaften und in Frankfurt und Berlin bei den Amtsanwaltschaften sitzen.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Wobei man da durchaus konstatieren muss, dass sich da die letzten Jahre einiges getan hat. Ich bin anno 2008 noch mit 1.600 EUR netto (nach PKV) eingestiegen ;)

    Nicht erschrecken, aber auch 2008 ist schon 15 Jahre her! :D

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Mal als Rechenbeispiel:

    Du startest in NRW mit A9 in Stufe 3. Unterstellt, dass du 100% arbeitest, ledig und ohne Kinder bist sowie keine Kirchensteuer zahlst liegst du bei monatlich 2576.82 € netto. Hiervon ist deine private Krankenversicherung noch abzuziehen.

    Damit wärst du grob am unteren Ende deiner Vorstellung.

    Derzeit erfolgt die Beförderung auf A10 mehr oder minder automatisch nach Ablauf von 4 Jahren, dazu kommen in festen Abständen die steigenden Erfahrungsstufen (bspw. von Stufe 3 auf Stufe 4 nach 2 Jahren).

    Beförderungen über A10 hinaus sind immer abhängig von den Ausschreibungen und deiner Beurteilung. Demnach kann das alles was länger dauern oder auch schneller gehen.


    Amtsanwaltschaft ist so eine Sache. Abhängig von deinem Bundesland wird, wenn überhaupt, meist nur eine niedrige einstellige Anzahl von Anwärtern zum Vorbereitungsdienst zugelassen.

    Beispielsweise sind 2022 insgesamt 35 Anwärterinnen und Anwärter aus Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz,Sachsen und Schleswig-Holstein in Bad Münstereifel zum Vorbereitungsdienst angetreten.

    Zum Vergleich: 2022 wurden in NRW 257 Anwärterinnen und Anwärter zum Rechtspflegerstudium angenommen.

    Von daher: die Chance Amtsanwältin zu werden besteht; die verfügbaren Plätze hierfür sind aber sehr begrenzt. Allerdings liegt deine Erfolgswahrscheinlichkeit nur dann bei 0%, wenn du es gar nicht erst versucht.

    In diesem Sinne: viel Erfolg.

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