Erstattung von Hotelkosten, wenn diese vermieden hätten werden können?

  • Hallo :)


    Ich habe zur Zeit eine Akte auf dem Tisch, wo ich mich einfach nicht entscheiden kann. Ich habe auch schon recherchiert, aber nichts dazu gefunden.

    Ich habe einen KfA von einer beigeordneten RA´in aus Frankfurt am Main. Sie beantragt u.a. die Erstattung von Hotelkosten in Höhe von knapp 100€. Sie ist für einen Termin mit dem PKW nach Berlin angereist. Der Termin ist für 12 Uhr terminiert gewesen. Die Anreise erfolgte einen Tag davor.

    Für die Erstattungsfähigkeit von Hotelkosten müssen sie angemessen gewesen sein. Eine Angemessenheit ist dann zu bejahen, wenn eine An- und Abreise vor 6 Uhr oder nach 21 Uhr erfolgen muss. Jetzt liegen zwischen 6 Uhr und 12 Uhr insgesamt 6 Stunden. Die Fahrtzeit beträgt bei gutem Verkehr mit dem PKW zwischen Frankfurt und Berlin etwas über 6 Stunden. In diesem Fall wären die Hotelkosten auch angemessen.

    Die Wahl des Verkehrsmittels ist prinzipiell frei und die Kosten für An- und Abreise sind in jedem Fall erstattungsfähig. Allerdings hätten die Hotelkosten vermieden werden können, wenn die RA´in die Bahn oder sogar das Flugzeug genommen hätte. Zwischen ihrer Kanzlei und dem Gericht hätte sie mit der Bahn nur 4-5 Stunden benötigt. Mit dem Flugzeug wäre die Anreise noch schneller gewesen.

    Sind Hotelkosten auch dann erstattungsfähig, wenn sie durch die Wahl eines anderen Verkehrsmittel hätten vermieden werden können?

    Angenommen ich habe einen RA aus Portugal, wo die Hinzuziehung nach § 91 ZPO notwendig gewesen ist (warum auch immer). Der entscheidet sich allerdings nicht für eine Anreise mit dem Flugzeug, sondern für eine Anreise mit dem PKW oder mit der Bahn. Anstatt 5-7 Stunden ist er plötzlich mehrere Tage unterwegs. Warum sollte die unterliegende Partei oder hier in meinem Fall die Landeskasse für seine mehrtägigen Hotelkosten und Abwesenheitspauschalen aufkommen, nur weil er nicht die schnellste Verbindung gewählt hat?


    Ich hoffe ihr könnt auf meine Frage antworten oder mir weitere Denkanstöße geben.


    Danke und schöne Feiertage!

  • Ich würde das von folgenden Erwägungen abhängig machen:

    -) Fliegen will nicht jeder (Flugangst)

    -) aber Bahnfahren ist zumutbar. Wenn Du also eine Bahnverbindung findest, bei der die Anreise bis 11:45 Uhr am Gerichtsort (inkl. innerstädtische Verbindung vom Bahnhof bis zum Gericht) klappt und die nicht vor 07:00 Uhr startet (m.W. neuere Rechtsprechung 07:00 statt 06:00 Reisebeginn, denn davor ist ja noch Aufstehen etc.), dann rechne auf dieser Basis ab. Allerdings unter Berücksichtigung von Bahnfahrt 1. Klasse im Flex-Tarif. Ist das dann noch günstiger?


    Mit freundlichen Grüßen

    AndreasH

  • Termine vor 14 Uhr von Frankfurt nach Berlin mit der Bahn ist beim derzeitigen Zustand der Bahn eher riskant. Und wenn sie zu spät kommt, kassiert sie ein VU, das kann man ihr eher nicht zumuten.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Termine vor 14 Uhr von Frankfurt nach Berlin mit der Bahn ist beim derzeitigen Zustand der Bahn eher riskant. Und wenn sie zu spät kommt, kassiert sie ein VU, das kann man ihr eher nicht zumuten.

    Wie Tom. Bin vor einer Weile mit dem ICE von Hessen (eine Stunde hinter Frankfurt) nach Berlin gefahren und huiiiii... Verspätungen galore, obwohl meinem ICE Vorrang gewährt wurde. Da habe ich für die Teilstrecke insgesamt den halben Tag verbraten. Privat ist das ärgerlich, aber unproblematisch, bei einem Gerichtstermin um 12 Uhr wäre ich allerdings eher tags vorher angereist. Da nimmt man sich lieber etwas Puffer mit.

    100 € halte ich für eine Hotelübernachtung in Berlin außerdem nicht für übertrieben. Aufpassen muss man bei der Erstattung der Hotelkosten nur bei der Umsatzsteuer (nicht aus Versehen doppelt geben) und dem Frühstück/den Mahlzeiten (die sind mit dem Tagegeld abgegolten). Wenn sie Verpflegung dazugebucht hat, muss diese rausgerechnet werden.

    "Multiple exclamation marks", he went on, shaking his head, "are a sure sign of a diseased mind." (Sir Terry Pratchett, "Eric")

  • Termine vor 14 Uhr von Frankfurt nach Berlin mit der Bahn ist beim derzeitigen Zustand der Bahn eher riskant. Und wenn sie zu spät kommt, kassiert sie ein VU, das kann man ihr eher nicht zumuten.

    Wenn der Zug versumpft und sie dies rechtzeitig mitteilt, dass sie deswegen nicht rechtzeitig erscheinen kann, gibt es auch kein VU. Mangels Verschulden. Habe ich zur Zeit immer wieder. Natürlich werfe ich dann einen Blick ins Netz, ob das auch stimmt ...

    Aber die frustrierte Reisezeit ist wirklich futsch.


    Mit freundlichen Grüßen

    AndreasH

    Einmal editiert, zuletzt von AndreasH (28. Dezember 2023 um 10:45) aus folgendem Grund: Schreibfehler korrigiert

  • Danke Euch. Habe den Antrag heute Vormittag antragsgemäß festgesetzt. Die Verbindungen, die ich gefunden habe, waren viel zu knapp. Habe immer 90 Minuten Puffer drauf gerechnet.

    Ja, die 100€ fand ich total im Rahmen. Unsere Bezirksrevisoren kürzen immer auf ungefähr 120€ runter. Die RA´in hat nur den Netto-Betrag ohne Frühstück geltend gemacht. Die Auszahlung erfolgt dann im nächsten Jahr.

  • Unabhängig von der Reisedauer, wann war der Termin konkret? Aktuell steht ja immer ein Streik im Raum. Wenn sowas zu befürchten oder gar schon angekündigt war, ist es mE eindeutig.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Ich würde das von folgenden Erwägungen abhängig machen:

    -) aber Bahnfahren ist zumutbar. Wenn Du also eine Bahnverbindung findest, bei der die Anreise bis 11:45 Uhr am Gerichtsort (inkl. innerstädtische Verbindung vom Bahnhof bis zum Gericht) klappt und die nicht vor 07:00 Uhr startet (m.W. neuere Rechtsprechung 07:00 statt 06:00 Reisebeginn, denn davor ist ja noch Aufstehen etc.), dann rechne auf dieser Basis ab. Allerdings unter Berücksichtigung von Bahnfahrt 1. Klasse im Flex-Tarif. Ist das dann noch günstiger?


    Mit freundlichen Grüßen

    AndreasH

    07:00 Uhr starten: Hast du dafür Rechtsprechungen? Würde mich sehr interessieren, da mein Stand noch 6:00 Uhr ist und ich die Begründung für 7:00 Uhr (Aufstehen etc.) für nachvollziehbar halte.

    Danke

  • Hallo P.,

    ich werdemal nachsehen, ob ich mir das abgespeichert hatte. Kann ich jetzt nicht zuverlässig zusagen, da das eher nicht mein Beritt ist. Hatte es nur mal nachgelesen, um abzuschätzen, wann ich einem Terminsverlegungsantrag nachgebe. Werde mich melden.

    Viele Grüße
    AndreasH

  • Außer (eventuell) in den Wintermonaten dürfte der Stand auch immer noch 6:00 Uhr sein. Interessant ist zum Thema dieser Aufsatz DS 2022, 46, beck-online.

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