Fiskuserbrecht - Rpfleger 2024, 11

  • Du hast ja so Recht, ich wollte nur den Stand der Diskussion erklären. Weil ja auch schon angeregt wurde dass die Hinterlegungsstelle sorgfältiger prüfen muss ob die Voraussetzungen der Hinterlegung im Einzelfall wirklich vorliegen. Ich hab das kurz nach Übernahme der Hinterlegungssachen (nicht konkret in diesem Zusammenhang, aber für mich waren die Erben eben nicht unbekannt, es gab nur noch keinen Erbschein) mal versucht, meine abgelehnte Hinterlegung wurde vom LG-Präsidenten kassiert.

  • Du hast ja so Recht, ich wollte nur den Stand der Diskussion erklären. Weil ja auch schon angeregt wurde dass die Hinterlegungsstelle sorgfältiger prüfen muss ob die Voraussetzungen der Hinterlegung im Einzelfall wirklich vorliegen. Ich hab das kurz nach Übernahme der Hinterlegungssachen (nicht konkret in diesem Zusammenhang, aber für mich waren die Erben eben nicht unbekannt, es gab nur noch keinen Erbschein) mal versucht, meine abgelehnte Hinterlegung wurde vom LG-Präsidenten kassiert.

    Das war keine Antwort an dich. Zumal ich das nicht gelesen hatte, da ich schon am Tippen war, als der kam. Das war mein allgemeiner Beitrag zu dieser Diskussion (der iÜ auch an anderen Stellen passt).

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Die Problematik bei der Hinterlegung zugunsten unbekannter Erben habe ich in meinem Aufsatz unter Berücksichtigung der in Betracht kommenden Sachverhalte (Erben insgesamt oder nur teilweise unbekannt) und unter Darstellung fragwürdiger Verfahrensweisen (Nachlasspflegschaft ohne den Wirkungskreis der Erbenermittlung) ebenfalls eingehend erörtert (unter Ziffer 10, S. 22-24) und dies auch mit einer "Handreichung" für die Hinterlegungsstellen versehen (Anforderung der Nachlassakten zur Prüfung der - meist nicht vorliegenden - Hinterlegungsvoraussetzungen). Im Übrigen kommt bei der Hinterlegung noch "erschwerend" hinzu, dass sie im Gegensatz zum Fiskuserbrechtsfeststellungsverfahren (öffentliche Aufforderung, so sie denn erfolgt!) ohne jede Beteiligung der Öffentlichkeit erfolgt, sodass die negativen Folgen einer Hinterlegung diejenigen einer Fiskuserbrechtsfeststellung sogar noch übersteigen.

    Unter diesen Prämissen ist die Hinterlegung nichts anderes als eine "verkappte" Fiskuserbrechtsfeststellung in einem anderen Gewand, zumal man zu Unrecht glaubt, das Erfordernis von nachlassgerichtlichen Erbenermittlungsbemühungen mit einer (nach Sachlage meist unzulässigen) Hinterlegung "elegant" umgehen zu können. Dass dies ein Trugschluss ist, folgt schon daraus, dass natürlich auch eine Hinterlegung voraussetzt, dass keine Erben ermittelt werden können, weil sie sonst nicht unbekannt wären.

    Dass das Ganze in allen seinen Facetten kein Ruhmesblatt für unseren Berufsstand ist, dürfte wohl außer Zweifel stehen.

  • Heute ist im Bundesanzeiger folgende öffentliche Aufforderung erschienen:


    Amtsgericht Uelzen

    Gerichtlicher Teil

    Öffentliche Aufforderung
    6 VI 271/80

    25.01.2024

    edit by Kai: Veröffentlichung wegen Urheberrecht und Klardaten entfernt

    Fiskuserbrecht für eine 1/16-Erbquote neben bekannten Erben für die restlichen 15/16?

    Das ist wohl schlecht möglich (OLG Braunschweig etc. pp.).

  • OLG Braunschweig Rpfleger 2022, 114 m. Anm. Lamberz = Rpfleger 2022, 206 (LS) m. Anm. Bestelmeyer = FamRZ 2022, 740 = FGPrax 2022, 36 = ErbR 2022, 322 = openJur 2021, 47074 = ZEV 2022, 338 = BeckRS 2021, 40320.

    Das OLG Celle und das Kammergericht haben sich - ebenso wie das OLG Braunschweig - lediglich zum zwingenden Erfordernis der öffentlichen Aufforderung geäußert.

    Ich dachte eher an 6 W 65/23 (über Antrag nicht entschieden, Antragsteller nicht von der Feststellung des Fiskuserbrechts benachrichtigt, § 1926 Abs. 4 BGB scheint nicht bekannt zu sein und wird dann trotz entsprechendem Vortrag - auch durch das Bundesland selbst in der Beschwerde - beharrlich ignoriert, Hinweise auf vorhandene Erben (Beteiligter zu 7.) werden nicht überprüft, obwohl Amtsermittlungsgrundsatz besteht).

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

    • Offizieller Beitrag

    Zu #44:

    Es handelt sich um eine allgemein zugängliche öffentliche Aufforderung im Bundesanzeiger, sodass ich keine Urheberrechts- und erst recht keine Klarnamen-Probleme sehe.

    Der Bundesanzeiger wird von einem privatrechtlichen Verlag verlegt. Bei dem früher auch von ihm verlegten Bundesgesetzblatt war ein Ausdruck oder ein Kopieren der Gesetzestexte nicht möglich, obwohl man Gesetze als Allgemeineigentum ansehen könnte. Hierzu hat es meines Wissens auch rechtliche Auseinandersetzungen gegeben.

    Verlagsrechte an den Veröffentlichungen erscheinen mir daher nicht völlig ausgeschlossen.

    Klarnamen aus konkreten Verfahren sind im Forum generell nicht erwünscht, selbst wenn sie woanders im Internet lesbar sind. Inhalte aus z.B. insolvenzbekanntmachungen.de würde ich auch nicht dulden.

    Wenn Dich das inhaltlich nicht überzeugt, betrachte es bitte als meine Vorgabe als Forenbetreiber, dass ich solche Inhalte trotzdem hier nicht haben möchte.

  • Stimmt das Aktenzeichen?

    Das genannte Aktenzeichen betrifft die "berühmte" Entscheidung zur vorgeblichen Unfähigkeit von Nachlassrichtern.

    Ja. Denn der Deiner Sache zugrundeliegende Sachverhalt ist davon nicht weit entfernt. Eher ist er noch schlimmer, weil - obwohl in den Beschwerden klar auf die Rechtslage hingewiesen wurde, und das auch durch das Bundesland selbst - nicht abgeholfen wurde.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Ich werde es künftig gerne beachten. Ich hätte es auch nicht zitiert, wenn ich es nicht selbst als unproblematisch angesehen hätte.

  • Stimmt das Aktenzeichen?

    Das genannte Aktenzeichen betrifft die "berühmte" Entscheidung zur vorgeblichen Unfähigkeit von Nachlassrichtern.

    Ja. Denn der Deiner Sache zugrundeliegende Sachverhalt ist davon nicht weit entfernt. Eher ist er noch schlimmer, weil - obwohl in den Beschwerden klar auf die Rechtslage hingewiesen wurde, und das auch durch das Bundesland selbst - nicht abgeholfen wurde.

    Aber in dem besagten Verfahren war der Fiskus doch überhaupt nicht beteiligt und die von Dir genannten Gesichtspunkte tauchen in der Entscheidung auch nicht auf. Deswegen auch meine Nachfrage zum Aktenzeichen.

  • Aber in dem besagten Verfahren war der Fiskus doch überhaupt nicht beteiligt und die von Dir genannten Gesichtspunkte tauchen in der Entscheidung auch nicht auf. Deswegen auch meine Nachfrage zum Aktenzeichen.

    Der zentrale Punkt, dass Kenntnisse des materiellen Erbrechts nicht vorhanden sind und/oder man sich seitens des Gerichts weigert, sich solche zu verschaffen, ist in beiden Entscheidungen gleich. Und wie gesagt - nicht "mal daneben gehauen" (das kommt ja immer Mal vor), sondern trotz Hinweis und Beschwerde das Gesetz ignoriert. Dass man sich auch nichts dabei dachte, Anträge nicht zu bescheiden, sondern statt dessen (ohne Gewährung rechtlichen Gehörs) Fiskuserbrecht festgestellt hat ist u.U. auch ein Hinweis darauf, dass man nicht zum ersten Mal so vorgegangen ist.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Was wir hier diskutieren, hat nichts mit fehlenden erbrechtlichen Kenntnissen zu tun, sondern mit der Nichtbeachtung des Gesetzes trotz des Vorhandenseins solcher Kenntnisse. Wenn man im - vielleicht im Gegensatz zu den Nachlassrichtern - auch in erbrechtlicher Hinsicht eine fundierte Ausbildung genossen hat und die maßgeblichen Dinge zigmal obergerichtlich entschieden wurden, kann man das besagte Fehlverhalten nicht mehr - salopp formuliert - mit der erbrechtlichen "Dummheit" der jeweiligen Rechtsanwender erklären - geschweige denn entschuldigen.

  • Im Hinblick auf die im Bundesanzeiger erschienenen öffentlichen Aufforderungen niedersächsischer Nachlassgerichte werde ich die eingangs genannten Zahlen des Jahres 2023 für das laufende Jahr 2024 fortschreiben und in monatlichen Abständen hier einstellen (Anzahl der öffentlichen Aufforderungen, Verteilung nach Nachlasswerten, Summe der Nachlasswerte und nachlassgerichtliche Urheberschaft). Die erste diesbezügliche Statistik wird am 31.01.2024 eingestellt.

  • Öffentliche Aufforderungen der Nachlassgerichte Niedersachsens zur Feststellung des Fiskuserbrechts

    Statistik für den Zeitraum vom 01.01.2024 bis 31.01.2024


    Im Januar 2024 kam es zu 36 öffentlichen Aufforderungen, die sich bezüglich der Nachlasswerte wie folgt verteilten:

    08 Ausschlagungs- und Überschuldungsfälle

    13 Fälle mit fehlenden Angaben zum Nachlasswert

    15 Fälle mit Angaben zum Nachlasswert


    Die letztgenannten 15 Fälle mit Angaben zum Nachlasswert verteilten sich wie folgt:

    08 Fälle mit einem Aktivnachlasswert von 150 € bis 5.000 € (53,33 %)

    01 Fälle mit einem Aktivnachlasswert von 5.000 € bis 10.000 € (06,67 %)

    02 Fälle mit einem Aktivnachlasswert von 10.000 € bis 20.000 € (13,33 %)

    01 Fälle mit einem Aktivnachlasswert von 20.000 € bis 30.000 € (06,67 %)

    01 Fälle mit einem Aktivnachlasswert von 30.000 € bis 40.000 € (06,67 %)

    00 Fälle mit einem Aktivnachlasswert von 40.000 € bis 50.000 € (0,00 %)

    01 Fälle auf höhere Aktivnachlasswerte (6,67 %)

    01 Fälle mit lediglich ungefähren oder gegenständlichen Angaben zum Nachlasswert (6,67 %)

    Die 14 Fälle mit bezifferten (und nicht lediglich ungefähren oder gegenständlichen) Angaben zum Nachlasswert repräsentierten einen Gesamtaktivnachlasswert von 201.677,97 €.

    Auf das Gesamtjahr 2024 hochgerechnet ergibt dies einen Gesamtaktivnachlasswert von 2.420.135,64 €.

    Zum Vergleich: Im Gesamtjahr 2022 wurden aus niedersächsischen Fiskuserbschaften Gesamteinnahmen in Höhe von 21,52 Mio. € erzielt, was für einen Zeitraum von einem Monat einem Anteil von 1.793.333 € entspricht (1/12 von 21,52 Mio. €). Die sich zu dem Gesamtbetrag der Nachlasswerte im Januar 2024 (201.677,97 €) ergebende Diskrepanz ist derart exorbitant, dass wohl weiterhin davon ausgegangen werden muss, dass die meisten (nicht offenbarten) Nachlasswerte den öffentlichen Aufforderungen ohne Angaben zum Nachlasswert oder dem Anteil von 80 % der Fälle zuzuordnen sind, bei welchen von vorneherein keine öffentliche Aufforderung erfolgt.

    Die im Januar 2024 erschienenen 36 öffentlichen Aufforderungen verteilten sich auf folgende 17 niedersächsische Nachlassgerichte:

    05 = Cuxhaven

    05 = Stade

    04 = Gifhorn

    03 = Hannover

    03 = Uelzen

    02 = Buxtehude

    02 = Nienburg/Weser

    02 = Peine

    02 = Otterndorf

    01 = Winsen/Luhe

    01 = Osnabrück

    01 = Geestland

    01 = Tostedt

    01 = Lüneburg

    01 = Diepholz

    01 = Verden/Aller

    01 = Alfeld/Leine

    Von den übrigen 63 niedersächsischen Nachlassgerichten gab es somit keine öffentlichen Aufforderungen

    Zwischenfazit:

    Die Anzahl von 36 öffentlichen Aufforderungen für den Monat Januar 2024 entspricht einer auf das Gesamtjahr 2024 hochgerechneten Anzahl von 432 öffentlichen Aufforderungen. Im Vergleich zu den 425 öffentlichen Aufforderungen des Gesamtjahres 2023 ist im Hinblick auf die Anzahl der öffentlichen Aufforderungen somit keine Veränderung in der Veröffentlichungspraxis der niedersächsischen Nachlassgerichte im Sinne vermehrter öffentlicher Aufforderungen zu erkennen. Auch bezüglich der Urheberschaft der öffentlichen Aufforderungen verhält es sich weiterhin so, dass überwiegend diejenigen Nachlassgerichte „an der Spitze“ liegen, bei welchen schon in den Jahren 2022 und 2023 die meisten öffentlichen Aufforderungen zu verzeichnen waren (aktuell Cuxhaven, Stade und Gifhorn). Der Anzahl von öffentlichen Aufforderungen ohne Angaben zum Nachlasswert ist weiterhin unverhältnismäßig hoch (13 von 36 = 36,11 %) und Angaben zu den Verwandtschaftsverhältnissen des jeweiligen Erblassers sind in den öffentlichen Aufforderungen weiterhin regelmäßig nicht enthalten.

    Hinweis: Im Statistikzeitraum wurden insgesamt 37 öffentliche Aufforderungen seitens niedersächsischer Nachlassgerichte veranlasst. Die öffentliche Aufforderung des NachlG Peine vom 11.01.2024 betraf jedoch nicht die Feststellung des Fiskuserbrechts, sondern den Ausschluss von Beteiligten im Erbscheinsverfahren, sodass in die Statistik nur 36 öffentliche Aufforderungen Eingang gefunden haben.

  • Hallo zusammen,

    Ich bin noch neu auf dem Nachlassgericht und finde es schwierig, zu entscheiden, wann ich wie ermittele.

    Bei meinem einen Verfahren haben alle mir bekannten Erben ausgeschlagen und jetzt liegt ein Antrag auf Feststellung des Fiskuserbrechts vor. Muss ich da noch weiter ermitteln bzw. Nachlasspflegschaft anordnen, um die Erben zu ermitteln (die dann wahrscheinlich auch ausschlagen würden)? Oder reicht eine öffentliche Aufforderung?

    Und in einem anderen Verfahren habe Ich nur die Sterbefallmitteilung, in der steht, dass keine Angehörigen bekannt sind, und eine Anfrage eines Gläubigers, wer die Erben sind. In meinem Bundesland gibt es keine Erbenermittlungspflicht mehr. Muss ich hier trotzdem die Erben ermitteln oder Nachlasspflegschaft anordnen oder reicht es, wenn ich dem Gläubiger schreibe, dass mir keine Erben bekannt sind?

  • Lieber Cromwell, dein Fleiß in allen Ehren. Dein mahnender Zeigefinger in allen Ehren. Aber anstatt jetzt ausschließlich die Praxis der niedersächsischen Gerichte an den Pranger zu stellen, fände ich als nicht Nachlassrechtspfleger nach inzwischen 59 Posts in diesem Thema an der Zeit, wenn der Blick auch in Richtung der anderen Bundesländer ausgerichtet würde. Aktuell hat dieses Thema und die Auffrischung der Statistik für mich einen faden Beigeschmack, weil es ein wenig wie "Niedersachsenbashing" wirkt.

    Versteh mich bitte nicht falsch, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass nur in Niedersachsen überdenkenswerte Verfahrensweisen existieren, was das Fiskuserbrecht angeht.


    Abgesehen davon kann ich mir vorstellen, dass gerade bei kleinen Gerichten das Thema Fiskuserbrecht nicht jeden Monat auf der to-do-Liste steht.

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