Offensichtlich fehlerhafte Feststellung zur Tabelle

  • Folgenden Sachverhalt stelle ich zur Diskussion:

    Ein Gläubiger meldet eine Forderung an, die im Prüftermin zur Tabelle festgestellt wird. Jahre später meldet derselbe Gläubiger dieselbe Forderung nochmal an. Dies fällt weder dem Insolvenzverwalter noch dem Gericht auf und auch kein anderer Gläubiger oder der Schuldner bestreitet, so dass im nachträglichen Prüftermin eine weitere Feststellung zur Tabelle unter neuer lfd. Nr. erfolgt. Nach Vorlage des Schlussverzeichnisses erkennt der Verwalter sein Versehen, kann den Gläubiger aber nicht zum freiwilligen Verzicht bewegen. Was nun?

    Zu einer etwaigen Möglichkeit hatte Defaitist an anderer Stelle (hier) mal ausgeführt: "Zu einer nachträglichen Tabellenberichtigungserklärung ist der (vormalige) Insolvenzverwalter nicht befugt, auch hat er keine Rechtsbehelfsbefungis mehr (anders: Antragsrecht bei offenbarer Unrichtigkeit, um einen Haftungsprozess zu vermeiden, mit einigen rechtlichen Volten zu bejahen)." Angesichts der hier möglicherweise drohenden Haftung des Verwalters meine Frage: Wie offenbar muss die Unrichtigkeit sein?

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Gute Idee, aber bei diesem - schon länger auf Krawall gebürsteten - Gläubiger wird auch das nicht zum Einlenken führen. Eine Strafanzeige wird dann vermutlich die letzte Instanz sein, aber vielleicht gibt es ja schon im Vorfeld einen gangbaren Weg.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Offen gesagt habe ich schon einige Schwierigkeiten mit der von Defaitist vorgeschlagenen Möglichkeit "zur Meidung eines Haftungsprozesses", denn der Haftungsfall ist dem Grunde nach bereits eingetreten (Verwalter war eben unachtsam - nur wo gearbeitet wird, werden auch Fehler gemacht 🥴) und einem gegen den Verwalter klagenden Gläubiger könnte man m.E. nur den Einwand des Mitverschuldens entgegenhalten, der aber nicht zum Komplettausfall des Haftungsanspruchs führen dürfte.

    Also Strafanzeige erstatten, Verteilung hinausschieben bis Ermittlungs-/Strafverfahren beendet ist.

    Oder will der IV sich einen Gläubiger suchen, dem er den Titelerschleichungsprozess gegen den Doppelanmelder sponsort, mit ungewisser Erfolgsaussicht, wegen § 767 Abs. 2 ZPO und der daraus folgenden Präklusion?

    Was fällt mir noch an kruden Ideen ein: Negative Feststellungsklage des IV gegen alle/einen benachteiligten (anderen) Gläubiger, dass kein Haftungsfall besteht, samt Streitverkündung an den Doppelanmelder? Erfolgsaussichten wohl ebenfalls eher fraglich.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • boah wenn ich noch wüsste, was ich seinerzeit gemeint habe.... - bestimmt nicht diesen Fall ! - ich hatte seinerzeit einen Fall für einen Kollegen mit versehentlich unterlassenem Widerspruch gelöst, das ist aber sehr lange her.

    Gegen "Falschfeststellungen" ist i.d.R. die Vollstreckungsabwehrklage gegeben, diese bedarf jedoch eines nachträglichen Einwands und die Präklusion wäre zu beachten. Ich denke, hier kein Weg. Die negative Feststellungsklage, die Andreas ins Spiel bringt, wäre eine Variante (so krude ist dies nicht :D). Der Gläubiger hat hier offenbar das summarische Tabellenprüfungsverfahren "missbraucht".

    Hm, nun eine vlt. schräge Idee dazu:

    Die festgesellte Forderung wirkt gegenüber allen Verfahrensbeteiligten wie ein rechtskräftiges Urteil (zunächst reine inter-partes-Wirkung). Nun ist - identischer Streitgegenstand vorausgesetzt - diese Wirkung erneut eingetreten. These: damit hat die erste im Verfahren erfolge Feststellung ihre "Vollstreckbarkeit" eingebüßt (ich lass jetzt mal die schon zur KO vertretenen Konsumptions-Ansichten bzgl. "Alttiteln" weg (ich durfte sowas mal als frischgebackener Rpf. in der Einzelvollstreckung entscheiden).

    These: durch die 2. Feststellung der Forderung ist die Vollstreckbarkeit der 1. Feststellung konsumiert.

    Jetzt nur noch einen Rpfl. oder Rpfl.'i finden, die dies - am besten nach Rücksprache wg § 11 II Rpflg - so entscheiden würde.

    Vorteil: über dem § 11 II RpflG ist der Himmel so wunderschön blau :D

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
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    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Ich wäre ganz streng bei der Verteilung nach Schlussverzeichnis und den Regeln zu Einwendungen gegen das Schlussverzeichnis.

    Also entweder der doppelt festgestellte Gläubiger wird nur 1x aufgenommen. Wenn er keine Einwendungen erhebt, wird nur 1x an ihn verteilt. Erhebt er Einwendungen, muss halt entschieden werden

    Oder der doppelt festgestellte Gläubiger wird 2x aufgenommen. Dann könnte man einen anderen Gläubiger finden, der Einwendungen erhebt um wieder zu einer Entscheidung zu kommen.

    In allen Fällen hat man eine Verteilung aufgrund Schlussverzeichnis durchgeführt. Ich sehe dabei keine Haftung des Verwalters. Jeder der ein Problem damit hat, hätte die Möglichkeit von Einwendungen gehabt.

    Auch der 2. Festgestellung zur Tabelle hätte jeder andere Gläubiger und der Schuldner auch wieder sprechen können. Auch dies verhindert m.E. die Haftung , zumindest die Alleinhaftung, des Verwalters

  • Auch der 2. Festgestellung zur Tabelle hätte jeder andere Gläubiger und der Schuldner auch wieder sprechen können. Auch dies verhindert m.E. die Haftung , zumindest die Alleinhaftung, des Verwalters

    Ein Widerspruch des Schuldners steht der Feststellung der Forderung nicht entgegen (§ 178 Abs. 1 Satz 2 InsO). Mit einem Widerspruch kann der Schuldner nur verhindern, dass der Gläubiger einen vollstreckbaren Tabellenauszug erhält (§ 201 InsO).

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Auch der 2. Festgestellung zur Tabelle hätte jeder andere Gläubiger und der Schuldner auch wieder sprechen können. Auch dies verhindert m.E. die Haftung , zumindest die Alleinhaftung, des Verwalters

    Ein Widerspruch des Schuldners steht der Feststellung der Forderung nicht entgegen (§ 178 Abs. 1 Satz 2 InsO). Mit einem Widerspruch kann der Schuldner nur verhindern, dass der Gläubiger einen vollstreckbaren Tabellenauszug erhält (§ 201 InsO).

    Das ist mir klar. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass der Schuldner nicht Haftung zum Verwalter sagen kann, weil er nach dem Verfahren 2 identische Titel gegen sich hat. Er hätte dies ja auch verhindern können.

  • Vielen Dank fürs Mitdenken und Eure Rückmeldungen. Zum Glück bin ich in diesem Verfahren nicht auf Verwalterseite betroffen und alle (auch nachrangigen) Gläubiger werden voraussichtlich voll befriedigt. Die Haftungsfrage wird sich daher wohl erst nach Verfahrensbeendigung für den Schuldner stellen, wenn auch auf die doppelt angemeldete Forderung verteilt wurde. Denn sein Widerspruch allein hätte die Feststellung und Verteilung nicht verhindern können.

    Nun werde ich erstmal noch Stellung nehmen und die benannten Wege vorschlagen. Vielleicht geht ja der zuständige Rechtspfleger den von Def vorgeschlagenen Weg ("Konsumption") und veranlasst so den Gläubiger, ins Rechtsmittel zu gehen.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

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