Verjährung - Verfahrenspflegerkosten?

  • Der Anspruch verjährt nicht, er erlischt Kraft Gestzes.

    Ansprüche auf Erstattung der Vergütung und Auslagen erlöschen, wenn sie nicht binnen 15 Monate nach ihrer Entstehung geltend gemacht werden (§§ 1908i, 1835 Abs. 1, S. 3, 1.Hs, 1836 Abs. 2, S. 4, 1 Hs. jew. a.F. sowie n.F.).

    Abzustellen ist für das Entstehen des Anspruchs auf den Zeitpunkt an dem die jeweilige Tätigkeit ausgeübt wurde und für die Geltendmachung des Anspruchs auf den Eingang des (ordnungsgemäßen, d.h. auch vollständigen) Antrags bei Gericht. Dies gilt auch noch nach Einführung des VBVG (OLG Frankfurt, Beschl. 28.09.2007, 20 W 276/07, Rpfleger 2008, 28 f.; LG Münster, Beschl. 22.06.2007, 5 T 91/07, FamRz 2008, 187).

    Das Gericht trifft keine Verpflichtung d. Betreuer/in vor dem Anspruchsverfall zu bewahren (OLG Dresden, Beschl. v. 04.08.2003, FamRZ 2004, 137 f.; Kammergericht, Beschl. 09.09.2005, FGPrax 2005, 264; OLG Schleswig, FGPrax 2006, 119; BayObLG, FamRZ 2004, 1137, OLG Frankfurt, Beschl. 28.09.2007, Rpfleger 2008, 28).

    Auch kann eine Verlängerung der Frist nur durch einen konkreten Antrag erzielt werden (BayObLG, Beschl. 28.05.2003, FamRZ 2003, 1414 f.).

    Ferner würde auch eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand ausscheiden (LG Koblenz, Beschl. 24.05.2003, FamRZ 2003, 1970 f.).

    Vorstehendes gilt auch für die Ansprüche eines Verfahrenspflegers (OLG Koblenz, Beschl. 02.04.2002, FamRZ 2002, 1355; Brandenburgisches OLG, Beschl. 23.07.2007, 10 WF 164/07 in JURIS; OLG Frankfurt, Beschl. 01.12.2003, Kind-Prax 2004, 67 f).

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Hallo,
    ich habe hier einen blöden Fall:
    Die Verfahrenspflegschaft wurde am 14.03.2007 bestellt und am 11.03.2008 wurde das Verfahren beendet (Bestätigung des Beschlusses durch das OLG am 02.06.2008). Nun stellt am 15.07.2008 der Verfahrenspfleger seinen Vergütungsantrag.
    Ist der nun verjährt? Oder kann der Verfahrenspfleger seine Vergütung bekommen?

    Gruß, das Flöckchen

  • Das kommt darauf an, wann die vergütungsrechtlich relevanten Teilhandlungen vorgenommen worden sind. Ist die Vergütung für eine Teilhandlung x vor mehr als 15 Monaten vor Antragstellung verdient worden, ist sie verfallen.

  • Mein Reden. Siehe auch
    OLG Düsseldorf, Beschl. 19.10.2007, I-25 Wx 60/07, FamRZ 2008, 1284 f. (Achtung ! Dejure erkennt das Az. nicht richtig, mit dem Ergebnis, dass der automatisch gesetzte Link nicht passt)

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    Einmal editiert, zuletzt von Ernst P. (21. Juli 2008 um 16:46)

  • Hallo zusammen,

    ich muss das Thema nochmal aufwärmen, da ich über die Suchfunktion leider nichts gefunden habe.

    In einem Betreuungsverfahren wurde dem Betreuten Anfang November 2018 ein Rechtsanwalt zum Verfahrenspfleger bestellt bzgl. der Wahrnehmung der Rechte in einem Beschwerdeverfahren.
    Die Berufsmäßigkeit wurde festgestellt. Laut eines Vermerks des Richters sollte auch ausdrücklich ein Rechtsanwalt bestellt werden.
    Das Verfahren endete im März 2019.

    Der Vergütungsantrag wird im März 2020 gestellt.

    Ich finde jetzt nichts dazu, auf welchen Zeitpunkt abzustellen ist. Grundsätzlich, wie immer, auf die einzelne Tätigkeit.
    Der Rechtsanwalt rechnet hier eine Verfahrensgebühr und Auslagen nach dem RVG ab. Dies ist m.E. nicht zu beanstanden.
    Jedoch dürfte die einzelne Auslagen und im Prinzip der Ausschussfrist unterliegen.
    Ich überlege jetzt, ob es zulässig ist, bei dem rechtsanwaltlichen Verfahrenspfleger auf die Fälligkeit nach § 8 RVG abzustellen (nach Beendigung der Angelegenheit) und die Ausschlussfrist erst dann beginnen zu lassen für die gesamte Vergütung und Auslagen.

    Danke für eure Meinungen im Voraus.

  • Ich finde die Verweisungsketten aus § 277 Abs. 1 und 2 FamFG auf § 1836 BGB bzw. § 2 VBVG eindeutig. Was anderes da reininterpretieren würde ich nicht.

    Zitat aus BGH vom 05.10.2016 - XII ZB 464/15 Rn. 29 e) Ob für den Fristbeginn der Ausschlussfrist auf das Entstehen des Vergütungsanspruchs mit Aufnahme der Tätigkeit (vgl. Senatsbeschluss vom 1. August 2012 FamRZ 2012, 1630 Rn. 18) oder auf deren Ende (vgl. Senatsbeschluss vom 28. Mai 2008 XII ZB 53/08 FamRZ 2008, 1611 Rn. 29 zur Betreuervergütung; OLG Hamm Beschluss vom 6. November 2015 6 WF 106/15 Rn. 11, juris für die Vergütung des Verfahrensbeistands) abgestellt wird, kann hier offen bleiben.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Ich finde die Verweisungsketten aus § 277 Abs. 1 und 2 FamFG auf § 1836 BGB bzw. § 2 VBVG eindeutig. Was anderes da reininterpretieren würde ich nicht.

    Zitat aus BGH vom 05.10.2016 - XII ZB 464/15 Rn. 29 e) Ob für den Fristbeginn der Ausschlussfrist auf das Entstehen des Vergütungsanspruchs mit Aufnahme der Tätigkeit (vgl. Senatsbeschluss vom 1. August 2012 FamRZ 2012, 1630 Rn. 18) oder auf deren Ende (vgl. Senatsbeschluss vom 28. Mai 2008 XII ZB 53/08 FamRZ 2008, 1611 Rn. 29 zur Betreuervergütung; OLG Hamm Beschluss vom 6. November 2015 6 WF 106/15 Rn. 11, juris für die Vergütung des Verfahrensbeistands) abgestellt wird, kann hier offen bleiben.

    Es geht vorstehend nicht um eine Vergütung des Verfahrenspflegers, sondern um aus der Staatskasse zu ersetzende Auslagen. Es wird Anwaltshonorar nach RVG abgerechnet.

  • Ich finde die Verweisungsketten aus § 277 Abs. 1 und 2 FamFG auf § 1836 BGB bzw. § 2 VBVG eindeutig. Was anderes da reininterpretieren würde ich nicht

    Es geht vorstehend nicht um eine Vergütung des Verfahrenspflegers, sondern um aus der Staatskasse zu ersetzende Auslagen. Es wird Anwaltshonorar nach RVG abgerechnet.

    Aha. Und wie sieht dann Deine Lösung aus?

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  • Hilfreich dürfte diese Entscheidung sein, also Pech für den Verfahrenspfleger: BGH, Beschl. v. 27. 6. 2012 − XII ZB 685/11

    Mag sein, aber da war die Falllage eindeutig - 2 Jahre und noch ein paar Monate.
    Im geschilderten Fall sind gerade mal zwischen Verfahrensende und Antragsstellung 12 Monate vergangen: Im Raum steht daher die Frage, ab wann die Frist läuft. Da sagt 685/11 wenig zu.

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  • § 1835 stellt aber bei den 15 Monaten auf das Entstehen und nicht auf die Fälligkeit des Anspruchs ab.
    Die Verfahrensgebühr entsteht sobald der RA eine unter die Verfahrensgebühr fallende Tätigkeit ausgeübt hat, damit beginnt die Ausschlussfrist zu laufen.
    noch zur BRAGO: OLG München, Urteil vom 24. November 2005 – 6 U 5627/04 –, juris

  • § 1835 stellt aber bei den 15 Monaten auf das Entstehen und nicht auf die Fälligkeit des Anspruchs ab.
    Die Verfahrensgebühr entsteht sobald der RA eine unter die Verfahrensgebühr fallende Tätigkeit ausgeübt hat, damit beginnt die Ausschlussfrist zu laufen.
    noch zur BRAGO: OLG München, Urteil vom 24. November 2005 – 6 U 5627/04 –, juris

    Also § 8 Absatz 1 RVG:

    "Die Vergütung wird fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist. 2Ist der Rechtsanwalt in einem gerichtlichen Verfahren tätig, wird die Vergütung auch fällig, wenn eine Kostenentscheidung ergangen oder der Rechtszug beendet ist oder wenn das Verfahren länger als drei Monate ruht".

  • § 1835 stellt aber bei den 15 Monaten auf das Entstehen und nicht auf die Fälligkeit des Anspruchs ab.
    Die Verfahrensgebühr entsteht sobald der RA eine unter die Verfahrensgebühr fallende Tätigkeit ausgeübt hat, damit beginnt die Ausschlussfrist zu laufen.
    noch zur BRAGO: OLG München, Urteil vom 24. November 2005 – 6 U 5627/04 –, juris

    Also § 8 Absatz 1 RVG:

    "Die Vergütung wird fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist.2Ist der Rechtsanwalt in einem gerichtlichen Verfahren tätig, wird die Vergütung auch fällig, wenn eine Kostenentscheidung ergangen oder der Rechtszug beendet ist oder wenn das Verfahren länger als drei Monate ruht".

    Die genannte Vorschrift findet keine Anwendung, § 1 Abs. 2 S. 2 RVG.

  • Meiner Ansicht nach dürfte die in #9 genannte Rechtsprechung nicht zutreffen, weil es einmal um Verfahrensbeistände und dann um Berufsbetreuer geht. Für den Verfahrenspfleger gilt § 277 FamFG, der in Absatz 2 den § 3 Abs. 4 VBVG nicht in Bezug nimmt (Anspruch auf Vorschuss ist ausgeschlossen). Daraus habe ich geschlossen, dass Fälligkeit nicht vor Ende der Verfahrenspflegschaft eintreten kann.

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