Zahlungsunfähiger Bieter?!

  • Mir wird sich demnächst folgendes Problem stellen: Wiederversteigerung einer schönen Villa, die Ehefrau des ehemaligen Schuldners hat das Objekt ersteigert, außer der Sicherheitsleistung nix gezahlt und nun tönt der ehem. Schuldner, er wird alles bieten, die Si. auf den Tisch legen und dann auch nicht zahlen.
    Alle bedrängen mich, das Gebot nicht zuzulassen, um so dem Ganzen ein Ende zu bereiten; es gibt wohl einige ernsthafte Bietinteressenten, die jedoch nicht bereit sind, so hoch zu gehen, wie angeblich beabsichtigt.

    Sippenhaft gibt es nicht mehr und mir fallen eigentlich nur Vorgehensweisen ein, die man nicht im öffentlichen Raum diskutieren kann...
    Kann ich ein Gebot zurückweisen, weil ich weiß, dass der Bieter nicht zahlen kann? (EV kürzlich abgegeben usw.)

  • LG Essen, Beschluss vom 04.11.1993, Rechtspfleger 1995, S. 34 ff.
    Leitsatz:
    Gebote, die in der Absicht abgegeben werden, im Falle des Meistgebotes hierauf keine Zahlung leisten zu wollen und zu können, sind als rechtsmißbräuchlich zurückzuweisen.

    Genauso AG Dortmund, Beschluss vom 27.04.1993, Rechtspfleger 1994, S. 119 und OLG Nürnberg, Beschluss vom 23.09.1998, Rechtspfleger 1999, S. 87

    Habe leider nur diese etwas älteren Fundstellen zur Hand.



  • Im Prinzip ja, aber:
    Die Rechtsmissbräuchlichkeit festzustellen ist halt so eine Sache. Die Abgabe der eV alleine dürfte dazu wohl noch nicht reichen. Zumindest wenn die Person das erste mal bietet und die Sicherheit auf den Tisch legt, wird man wohl (noch) nichts machen können. Die Sache ist ärgerlich, ich weiß, aber ohne weitere stichhaltige Hinweise wäre mir die Zurückweisung zu riskant.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Nach der Sachverhaltsschilderung "tönt" der (ehem.) Schuldner. Genau aus diesem Grunde hätte ich im konkreten Fall das Gebot dieses Schuldners zurückgewiesen. Soll er dem doch widersprechen.
    Außerdem könnte man auf die beabsichtigte Strafanzeige wegen (versuchten) Betruges bei Abgabe eines Gebots ohne Zahlungswillen hinweisen, am besten noch vor Beginn der Bietzeit. Es gibt noch Leute, die Angst vor einem Strafverfahren haben. ;)

  • Hallo,

    ich hätte da eine praktikable Lösung, die sich bei mir schon bewährt hat.

    Die Gläubigerbank hat sicherlich noch eine Restforderung und auch einen Titel gegen den Ehemann und könnte den Gerichtsvollzieher mit einer Taschenpfändung im Versteigerungstermin beauftragen. Der GVZ pfändet die Sicherheitsleistung und das Gebot wird dann mangels Sicherheitsleistung zurückgewiesen.

    Als Bankenvertreter bin ich schon allein dafür dankbar, wenn der Rechtspfleger mir telefonisch mitteilt, dass der Schuldner sein Kommen angekündigt hat. Als RPfl beim VollstrG würde ich einem Gläubiger wohl auch nicht mehr mitteilen.

    Zuletzt hat der GVZ für mich mit dieser Vorgehensweise EUR 20.000 in bar und eine Uhr mit ähnlichem Wert pfänden können. :teufel:
    Das war ein toller Versteigerungstermin!:wechlach:

  • Die von Mika vorgeschlagene Vorgehensweise hat einen gewissen Reiz.
    Aber was, wenn die Oma mitkommt und die Euros im Handtäschchen hat?

    Mir ist schon passiert, dass man das Objekt 4-5 mal versteigert hat, bis die Forderung durch die mehrfachen Sicherheiten fast gedeckt war.

    Und jetzt schon die Rechtsmissbräuchlichkeit festzustellen ist grenzwertig.
    Auch war die Ausgangslage im vom AG Dortmund entschiedenen Fall, dem einige OLG-Entscheidungen nachfolgten, anders.

  • Zitat von Mika

    Die Gläubigerbank hat sicherlich noch eine Restforderung und auch einen Titel gegen den Ehemann und könnte den Gerichtsvollzieher mit einer Taschenpfändung im Versteigerungstermin beauftragen. Der GVZ pfändet die Sicherheitsleistung und das Gebot wird dann mangels Sicherheitsleistung zurückgewiesen.



    Diese Lösung ist wirklich gut! Im Termin eines meiner Kollegen wurde diese Vorgehensweise schon einmal praktiziert. Der Bieter war zwar etwas ungehalten, aber es hat astrein funktioniert. :teufel:
    Allerdings würde sich der RPfl ja wirklich ein bisschen weit aus dem Fenster lehnen, wenn er der Bank derartige "Tips" gibt. Aber vielleicht ist der Bankenvertreter ja clever...

    Die Zurückweisung eines Gebotes wg. Zahlungsunfähigkeit/-unwilligkeit im ersten Termin finde ich allerdings auch etwas heikel. Es kommt auf die genauen Umstände an. Wem gegenüber hat der Schuldner denn "getönt"? Wenn es Dir gegenüber war, würde ein ausführlicher Aktenvermerk über dieses Gespräch die Gebotszurückweisung bestimmt auf weniger wacklige Beine stellen.

  • In zwei Fällen habe ich Gebote von meiner Meinung nach zahlungsunfähigen Bietern zurückgewiesen. Wir haben hier einen Versteigerungsverhinderer (gehabt ), der im Termin mittellose Personen hat bieten lassen und diesen Personen auch erst im Termin die Sicherheitsleistungen zugesteckt hat. Hintergrund war, dass dieser Verhinderer in der Wiederversteigerung ( meistens waren es mehrere Grundstücke bzw. Miteigentumsanteile ) mit dann zu seinen Gunsten einzutragenden Rechten ein bisschen zaubern wollte. Da wir hier diese Masche schon von anderern Gerichten kannten, waren wir vorgewarnt, und haben bei diesen Bietern nachgefragt, wie sie das Gebot zahlen wollten, die strafrechtliche Belehrung gemacht, das Gebot wegen fehlender Ernsthaftigkeit zurückgewiesen und die Sache später zur STA geschickt. Seitdem haben wir Ruhe.

  • Zitat von owl1

    In zwei Fällen habe ich Gebote von meiner Meinung nach zahlungsunfähigen Bietern zurückgewiesen. Wir haben hier einen Versteigerungsverhinderer (gehabt ), der im Termin mittellose Personen hat bieten lassen und diesen Personen auch erst im Termin die Sicherheitsleistungen zugesteckt hat. Hintergrund war, dass dieser Verhinderer in der Wiederversteigerung ( meistens waren es mehrere Grundstücke bzw. Miteigentumsanteile ) mit dann zu seinen Gunsten einzutragenden Rechten ein bisschen zaubern wollte. Da wir hier diese Masche schon von anderern Gerichten kannten, waren wir vorgewarnt, und haben bei diesen Bietern nachgefragt, wie sie das Gebot zahlen wollten, die strafrechtliche Belehrung gemacht, das Gebot wegen fehlender Ernsthaftigkeit zurückgewiesen und die Sache später zur STA geschickt. Seitdem haben wir Ruhe.

    Das war die Lage in der Entscheidung des AG Dortmund.
    Auch bei uns sind diese Fälle vorgekommen, bis irgendwann das OLG einen Riegel vorschob, und Rechtsmissbrauch feststellte.
    Und seither ist Ruhe.
    Dafür sind andere Maschen aufgetaucht.

  • Vielen Dank für diesen reichen Erfahrungsschatz!!
    Probleme habe ich nur, ihm ein Strafverfahren wegen versuchten Betrugs anzudrohen, denn das gibt es m.E. nicht, da der Betrugstatbestand eben einen tatsächlichen Vermögensschaden voraussetzt. Aber die Entscheidungen, inbes. OLG Nürnberg, kann mir da gute Schützenhilfe leisten, auch wenn nicht alles so passt - es werden jedoch vermutlich genug Menschen im Saal sein, die bezeugen können, dass ihnen gegenüber derartige Äußerungen gefallen sind - wird es reichen. Mal sehen!

  • Zitat von holger

    Probleme habe ich nur, ihm ein Strafverfahren wegen versuchten Betrugs anzudrohen, denn das gibt es m.E. nicht, da der Betrugstatbestand eben einen tatsächlichen Vermögensschaden voraussetzt.


    Nun jaaa, aber Du kannst doch auch nicht alles wissen, oder? Drohen kann man dann doch mal :teufel:

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Wie wäre es denn mit § 68 Abs. 3 ZVG. Vielleicht könnte man der Ehefrau den entscheidenden Tip geben. ;)
    Damit rechnet der Schuldner bestimmt nicht, dann Zurückweisung des Gebots aufgrund unvollständig erbrachter Sicherheitsleistung.

  • Wir haben in jedem Termin die landesweite Schuldnerkartei online laufen.

    Wenn ein noch nicht bekannter Bieter nach vorne kommt um seine Personalien abzugeben, wird er erst mal abgeklopft.
    Ist bezüglich des Bieters da etwas eingetragen, wird er mit der Eintragung konfrontiert nach dem Motto "Und Sie wollen unter den Umständen wirklich bieten???? Ihr Gebot muß dann per Beschluss als Rechtsmißbräuchlich zurückgewiesen werden unter Angabe der Gründe...." :D .

    Auch wenn die Kiste etwas wackelig ist...
    Die meisten schrecken davor zurück, dass nach Gebotsannahme und Zurückweisung jeder im Saal weiß, das die Weste nicht wirklich weiß ist.
    Widerspruch gegen die Zurückweisung kam bislang nur in einem einzigen Fall - und dessen Vermögenslosigkeit war wirklich schon legendär!

    Und - und das ist vielleicht das beste - mittlerweile hat es sich schon rundgesprochen, dass man bei uns nur mitspielen kann, wenn keine Eintragung vorliegt.

    Was soll außerdem schon passieren!
    Soll der Schuldner doch Widerspruch einlegen, später Zuschlagsbeschwerde wenn er meint. Hat das LG auch was zu lachen:wechlach:



  • Hola!!!
    :eek:
    Das finde ich jetzt aber etwas krass und auf diese Idee würde ich nie kommen, ganz ehrlich. Auch wenn es funktionieren mag, aber für unbedenklich halte ich die online-Abfrage der Schuka bei Abgabe eines Gebots nicht unbedingt. Weiß dass der Datenschutzbeauftragte?
    Außerdem: Im ZVG ist nirgends normiert, dass ein Bieter seine Zahlungsfähigkeit nachweisen muss. Der Umkehrschluss, dass bei Eintrag in der Schuka Zahlungsunfähigkeit bzgl. des Meistgebots vorliegt und insofern das Gebot zurückzuweisen ist, ist etwas gewagt. Um dem Risiko Zahlungsunfähigkeit des Erstehers zu begegnen hat der Gesetzgeber die Sicherheitsleistung eingeführt.

    Zur Ergänzung noch ein Beispiel aus der Praxis: Gestern hat die Mama des Meistbietenden für diesen bezahlt. Wenn der Meistbietende einen Schuka-Eintrag gehabt hätte und ich hätte deshalb sein Gebot zurückgewiesen, dann hätte es wohl ziemlich ärger gegeben. Und wie gesagt, das Meistgebot ist hinterlegt.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • hiro: volle Zustimmung

    Man kann nicht mit waghalsigen Konstruktionen versuchen derartiges Einzelfallunwesen zu verhindern und damit unter Umständen der Mehrheit ihre Rechte einschränken. Gefordert ist in erster Linie der Gesetzgeber. Eine offene Konfrontation des Bieters mit einem SchuKa-Eintrag oder einer abgegeben eV halte ich nicht nur datenschutzrechtlich auch für sehr bedenklich. Derartige Sachen sind nicht Verhandlungsgegenstand einer Zwangsversteigerung. Dem Schutz des Gläubigers dient das Recht auf SH, ggf.auch erhöhte sowie die Forderungsübertragung nebst Sicherungshypothek. Andere Schutzvorkehrungen vor Nichtzahlung des Erlöses sieht das ZVG zunächst einmal nicht vor. Gerade in Bezug auf die mögliche Unwirksamkeit eines Gebotes wegen angeblicher Nichtzahlungsabsicht sollten doch schon mehr Anhaltspunkte vorhanden sein als ein Eintrag in der SchuKa, eine abgegebene eV oder ein schon einmal nicht bezahlter Erlös. Es kann immer ein Dritter zahlen, warum auch immer und warum auch nicht, hat oftmals Gründe, die uns einfach nicht zu interessieren haben, genauso wenig wie uns nicht zu interessieren hat, woher mehrere hunderttausend Euro Bargeld stammen mit denen der Erlös gezahlt wird. Der Gesetzgeber hat die Versteigerung nunmal in seinen Geldwäscheschutz nicht einbezogen.

    Letztlich kann man dem Gläubiger nicht sämtliche Verantwortung abnehmen. Hat er keine Möglichkeit erhöhte Sicherheitsleistung zu verlangen muß er eben nen Verkünder beantragen und sich bis zu diesem die Bonität des Meistbietenden nachweisen lassen. Läuft bei uns in solchen Fällen ganz gut. Kann der Meistbietende gegenüber dem Glbg nicht nachweisen das er zahlen kann wird eben die Einstellung bewilligt und der Zuschlag versagt. Klar in dem krassen Ausgangsfall von Holger muß man nach einer praktikablen und vertretbaren Lösung suchen. Ich würde mir zunächst über die betreffende Aussage des Ehemannes einen ordentlichen Aktenvermerk machen und den Termin dann einfach durchführen. Das Gebot jedes mal mangels Absicht später auch bezahlen zu wollen zurückweisen, dann an den letzten anderen Meistbietenden zuschlagen und den Beschluß begründen. Möge sich das LG dann damit auseinandersetzen.

  • Abgesehen davon, dass ich nicht mal auf die eigene Schuka Zugriff habe und wir für mehrere Gerichte versteigern:
    die von hiro und fisch genannten Ansichten finden meine volle Unterstützung!
    Und wenn ich ein Grundstück fünfmal versteigern muss:
    so will es das ZVG.

    Und böswilligen Bietern in die Fresse hauen ist auch nicht drin, auch wenn es mir schon möglich wäre.:eek:

  • Zitat von bü40


    Und böswilligen Bietern in die Fresse hauen ist auch nicht drin, auch wenn es mir schon möglich wäre.



    :wechlach:

    @ hiro, fisch und bü40: Absolut :zustimm: !

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