BGH zu grundstücksbezogenen Benutzungsgebühren

  • Hallo zusammen.

    Wie steht ihr eigentlich zu dem Urteil des BGH v. 11.05.2010 - IX ZR 127/09 nach dem die grundstücksbezogenen Benutzungsgebühren (Müll, Straßenreinigung und Abwasser) bei einer Zwangsvollstreckung vorrangig zu befriedigen sind. Hiernach haften alle Inhaber von Miteigentumsanteilen an dem Grundstück gesamtschuldnerisch?
    Seht ihr hier nicht auch die Gefahr, dass im Einzelfall ein Objekt nicht mehr versteigerbar ist bzw. die Versteigerung im Einzelfall große Härten für den entsprechenden Eigentümer bedeuten?

    Bin mal auf eure Meinungen gespannt

  • Wenn das Grundstück für die Last haftet, dann haftet der Miteigentumsanteil auch für die übrigen Anteile. Das ist hier hin- und wieder schon vorgekommen. Ich fand's in Ordnung und bin etwas verwundert, dass es da Zweifel gab.

  • Logisch ist das schon, aber:
    Wie sieht es denn aus, wenn man bei einer Eigentumsanlage mit ca. 100 ETW 100 Verfahren anstrengt, weil die Benutzungsgebühren in ihrer Gesamtsheit nicht gezahlt wurden. Der Einzelne, der brav seine Grundsteuern zahlt, ist dann der Gear...te

  • Deine Bedenken teile ich und bin doppelt froh, dass in Sachsen die diversen Gebühren nicht zu den öffentlichen Grundstückslasten zählen.

    Der BGH weist darauf hin, dass es in den Kommunalabgabengesetzen der Länder unterschiedlich geregelt sei, ob Wohnungseigentümer nur anteilig für die (Gebühren und) Beiträge haften. Die sächsische Regelung ist mir nicht geläufig, ich meine aber, dass hier eine anteilige Haftung festgeschrieben ist.

  • Der BGH weist darauf hin, dass es in den Kommunalabgabengesetzen der Länder unterschiedlich geregelt sei, ob Wohnungseigentümer nur anteilig für die (Gebühren und) Beiträge haften.


    Das stimmt natürlich, sollten die Gesetze nur anteilige Einziehung zulassen, haften die anderen Anteile natürlich nicht.

  • Nachtrag:

    Nach § 21 Abs. 2 S. 2, 2. HS SächsKAG sind tatsächlich bei Wohn- und Teileigentum in Sachsen die WEG-Miteigentümer nur entsprechend ihren Anteilen Beitragsschuldner.

    Hier wäre mal wieder ein Vergleich mit der Rechtslage in anderen Bundesländern spannend...

  • schön. Danke für diese Antworten. Ich hätte aber lieber eure Meinungen dazu gesehen.
    Oder muss ich für diesen Zweck eine Umfrage starten?:wechlach:

  • Nach § 6 Abs. 8 S. 4 KAG-LSA sind auch nicht alle Miteiegntümer betragspflichtig, sondern nur in Höhe ihres Anteils.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • schön. Danke für diese Antworten. Ich hätte aber lieber eure Meinungen dazu gesehen.
    Oder muss ich für diesen Zweck eine Umfrage starten?:wechlach:


    Was möchtest Du denn hören?
    Wir müssen auch die Gesetze anwenden, die wir schlecht finden.

    Die Interpretation des BGH, wonach Mithaft besteht, wenn diese nicht gesetzlich ausgeschlossen ist, ist mind. vertretbar. Die "Macke" liegt beim Gesetzgeber.


  • Was möchtest Du denn hören?
    Wir müssen auch die Gesetze anwenden, die wir schlecht finden.

    Die Interpretation des BGH, wonach Mithaft besteht, wenn diese nicht gesetzlich ausgeschlossen ist, ist mind. vertretbar. Die "Macke" liegt beim Gesetzgeber.



    Nichts läge mir ferner, als euch zu verärgern. Dass auch ihr die mehr oder weniger guten/schlechten Gesetze anwenden müsst, ist mir klar.

    Ich hätte gerne MEINUNGEN. Nicht Gesetzesauslegungen. Lediglich Meinungen, ob ihr hier z. B. Schwierigkeiten bei K-Verfahren seht oder ob ihr völlig wertfrei an diese Regelungen herangeht.

  • Ich wollte Dich genauso wenig verärgern, lieber Löwenherz. :)

    Ich bin froh über die diesbezüglich anderen Regelungen in meinem Bundesland, in dem weder Gebühren öffentliche Grundstückslasten sind noch Miteigentümer einer WEG für die Schulden anderer Anteile haften.

    Ich habe keine klare Vorstellung davon, um welche Beträge es sich dabei handelt und ob diese außer Verhältnis zum Verkehrswert des Versteigerungsobjekts stehen können und damit den WEG-Miteigentumsanteil faktisch unversteigerbar machen.
    Nur: im Grunde kann es mir als ZVG-Rechtspfleger egal sein, ob die Grundpfandrechtsgläubiger und / oder die WEG-Miteigentumsanteilseigner über Gebühr belastet werden und ob dadurch der Versteigerungserfolg gefährdet wird.

    Curiosity is not a sin.

    Einmal editiert, zuletzt von 15.Meridian (31. August 2010 um 12:52)

  • Zitat

    Der Einzelne, der brav seine Grundsteuern zahlt, ist dann der Gear...te

    Das ist ein schlechtes Beispiel. Die Grundsteuer wird nämlich immer gegen den jeweiligen Eigentümer der Teileigentumseinheit festgesetzt.
    Wenn der brav bezahlt, kann ihm nix passieren. Wenn er die Grundsteuer nicht bezahlt, kann nur seine Wohnung - nicht aber die seines Nachbarn versteigert werden.

  • Bin auch aus NRW. Der Kassenleiter unserer Stadtkasse hatte uns schon früher auf die Gesamthaft hingewiesen, aber erklärt, dass sie die nicht geltend machen würden und auch bei den verbrauchsabhängigen Benutzungsgebühren immer nur die den MEA entsprechenden Beträge angemeldet. Anlagen mit mehr als 100 Miteigentümern gibt es hier nur wenig und in der Versteigerung entsprechend selten. Der Fall, dass (fast) alle Beiträge rückständig sind, kommt auch eher bei kleineren Anlagen vor.
    Ich halte aber die gesamtschuldnerische Haftung für Irrsinn, welcher Mensch mit Verstand kauft denn dann noch eine Wohnung ? Man stelle sich nur vor, dass auch das kleinste Appartment für Abwasser und Müllabfur aller Mitbewohner einschließlich des Restaurants oder des Friseurs im Erdgeschoss mit haftet - da können für 2 Jahre schon Beträge zusammenkommen, die das Objekt unveräußerlich machen.

  • Hallo naja,
    ist genau meine Meinung. Besonders peinlich wird es, wenn wirklich eine ETW in einer Großanlage dran ist und die Stadtkasse lediglich eine Anmeldung macht. Das geringste Gebot dürfte dann um einiges über dem Verkehrswert liegen, was die Whg. dann unversteigerbar macht.

  • Zitat

    Der Einzelne, der brav seine Grundsteuern zahlt, ist dann der Gear...te

    Das ist ein schlechtes Beispiel. Die Grundsteuer wird nämlich immer gegen den jeweiligen Eigentümer der Teileigentumseinheit festgesetzt.
    Wenn der brav bezahlt, kann ihm nix passieren. Wenn er die Grundsteuer nicht bezahlt, kann nur seine Wohnung - nicht aber die seines Nachbarn versteigert werden.


    Seh ich anders:
    Eigentümer A zahlt grundsätzlich die Grundsteuern. Die Benutzungsgebühren (Hausgelder) sparen er und die Eigentümer B bis XYZ.
    Dank Gesamthaft und Vorrang nach 10 I 3 kann die Wohnung des A versteigert werden. Aber auch die von B usw.

    Und dann?

  • Es kommt immer auf den Wert der Wohnung an und was die Leute damit wollen. Ich glaube auch nicht, dassdiese Fälle häufig vorkommen werden.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • Hallo naja,
    ist genau meine Meinung. Besonders peinlich wird es, wenn wirklich eine ETW in einer Großanlage dran ist und die Stadtkasse lediglich eine Anmeldung macht. Das geringste Gebot dürfte dann um einiges über dem Verkehrswert liegen, was die Whg. dann unversteigerbar macht.




    Wenn dem tatsächlich so ist und diese regionale "Schuldnervorschrift" der Stadtkasse bekannt ist, sollte sie vielleicht ihre Anmeldung auf die Hälfte des Verkehrswertes reduzieren, damit das Objekt versteigerbar bleibt.
    Oder selber bieten!

  • Hallo naja,
    ist genau meine Meinung. Besonders peinlich wird es, wenn wirklich eine ETW in einer Großanlage dran ist und die Stadtkasse lediglich eine Anmeldung macht. Das geringste Gebot dürfte dann um einiges über dem Verkehrswert liegen, was die Whg. dann unversteigerbar macht.




    Wenn dem tatsächlich so ist und diese regionale "Schuldnervorschrift" der Stadtkasse bekannt ist, sollte sie vielleicht ihre Anmeldung auf die Hälfte des Verkehrswertes reduzieren, damit das Objekt versteigerbar bleibt.
    Oder selber bieten!


    Das Problem an dieser Stelle ist aber, dass wir dann auf "sichere" Einnahmen (10 I 3) verzichten würden. Das mach mal unseren Revisionisten klar:mad:.
    Und selbst als Stadt mitbieten????
    Pack mal einer nackten Stadt in die Tasche.....:gruebel:

  • Naja: Wird das Objekt ob der hohen Forderungen unversteigerbar, sind diese "sicheren Einnahmen" auch futsch. (Das Verfahren läuft, es kütt nix, irgendwann wird aufgehoben, man versuchts noch mal - upps, Rang 3 ist hin. Und gezahlt wurde auch nichts.)

    Das Mitbieten der Stadt erfordert meist nicht nur bisschen Geld sondern einen erheblichen Verwaltungsaufwand, der zeitlich z.T. den des Versteigerungsverfahrens sprengt.

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