Ist § 138 Abs. 3 ZPO auch im Kostenfestsetzungsverfahren anwendbar?

  • Hallo,

    ist § 138 Abs. 3 ZPO eigentlich auch im Kostenfestsetzungsverfahren anwendbar?

    Beispiel: Kläger macht Kopierkosten geltend, der angehörte Beklagte aüßert sich nicht dazu. Muss ich mir die Kosten glaubhaft machen lassen?

    Es gibt zwar Entscheidungen, in denen aufgeführt ist, dass § 138 Abs. 3 ZPO nicht im Kostenfestsetzungsverfahren anwendbar ist (OLG Hamm MDR 1977, 408; KG JurBüro 1976, 246; Hanseatisches Oberlandesgericht MDR 2003, 294); diese beziehen sich aber immer nur auf materiellrechtliche Einwendungen in Form der Erfüllung/ Aufrechnung o.Ä.

    Eure Meinung würde mich mal interessieren ;)

    Gruß
    rezk

  • M.E. hat man immer zu prüfen, ob die angemeldeten Kosten notwendig und erstattungsfähig waren, unabhängig davon, ob der Gegner was dazu sagt oder nicht. Dafür kommt es nämlich viel zu häufig vor, dass ein fehlerhafter KfA stillschweigend hingenommen wird und es kann ja nicht sein, dass man dann Kosten/Auslagen, die eigentlich nicht erstattungsfähig sind, festsetzt, nur weil der Gegner sich nicht die Mühe gemacht hat, was dazu zu schreiben.

  • Dazu gibt es auch eine BGH-Entscheidung, V ZB 11/06 vom 14.12.2006.
    Ich denke, man muss sich den Gebührenansatz schon glaubhaft machen lassen, wenn aber vom Gegner dann nicht bestritten wird, kann der Anfall m. E. als zugestanden angesehen werden.
    Die Prüfung der Notwendigkeit muss das Gericht immer vornehmen, kann dazu aber m. E. wiederum unwidersprochenen Sachvortrag des Antragstellers als zugestanden betrachten.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • :eek: Wenn mir die Begründung des Antragstellers nicht "gefällt";) , setze ich auch bei Schweigen im Walde ab.

    Das meinte ich mit "prüfen". :) Wenn der ASt etwas vorträgt, das die Notwendigkeit begründen kann, dann kommt m. E. § 138 zum Tragen, wenn schon die Begründung nicht reicht, spielt die fehlende Einlassung des Gegners keine Rolle.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Wie die Vormeinungen. Ich habe auch davon gehört, dass es Gerichte gibt, die bei "Schweigen im Walde" festsetzen wie beantragt und väddisch, Hauptsache die Akte ist weg. Davon halte ich rein gar nichts!

  • Hallo,

    danke für eure Meinungen.

    Dass ich keine Einigungsgebühr ohne Vergleich festsetze (mal so als Beispiel) war mir schon klar ;)

    Aber bei mir macht z.B. gerade einer Auslagen nach VV 7000 Nr. 1d (in großem Umfang ;) )geltend, die nach Gerold/ Schmidt alle hinsichtlich der Notwendigkeit für den Prozess zu prüfen sind. Der anwaltlich vertretene Gegner hat den Ansatz nicht gerügt.

    Werde mir jetzt aber mal alle Kopien zur genauen Prüfung vorlegen lassen ;)

    Gruß
    rezk

  • Die vorgenannten Meinungen kann ich überwiegend, aber nicht vollständig teilen.

    Wenn jemand Kopierkosten aufweist oder Fahrtkosten zu einem Besichtigungstermin, was aus der Akte nicht unmittelbar hervorgeht, wird man schon festsetzen müssen, wenn dies die gegnerische Seite weder dem Grunde noch der Höhe nach nicht bestreitet.

    Streicht man dennoch, könnte man vor folgender Situation stehen:

    Der, dem gestrichen wurde, legt Rechtsmittel ein. Der RM-Gegner erkennt den RM-Anspruch an, wehrt sich aber dagegen, die Kosten des Rechtsmittels zu tragen, weil er bereits im Festsetzungsverfahren keine Einwendungen gebracht hat und somit keine Veranlassung für eine Absetzung und somit für ein RM-Verfahren gegeben hat.
    Ja, wer soll denn nun die Kosten tragen ? Der im RM obsiegende braucht sie nicht tragen nach §§ 100 ff. ZPO, und der RM-Gegner sieht es berechtigt nicht ein !!

    Mit Streichungen ohne gegnerische Einwände sollte man also zaghaft umgehen, sonst hat man am Ende noch die Amtshaftung an der Backe. Das hat rein gar nichts mit "Hauptsache, die Akte ist weg" zu tun. Selbstverständlich sind nicht entstandene oder falsch berechnete Gebühren zu streichen oder Fahrtkosten, wenn ein Augsburger bei einem Verfahren in München einen Anwalt aus Hamburg beauftragt hat.

  • Sofern die Streichung von Auslagen wie Kopiekosten "gut" begründet wird, ist dies kein Fall der Amtshaftung.

    Insofern bitte ich um etwas mehr Gelassenheit , was das Thema Amtshaftung in Kostenfestsetzungsverfahren betrifft.
    In meiner langjährigen Berufspraxis habe ich in diesem Bereich noch nie etwas davon gehört.

    Wenn die "Voraussetzungen" einer Streichung da sind , wird gestrichen .

  • Ich stimme Andy.K zu. Wenn der Antragsteller Gebühren begründet, deren Entstehen sich nciht aus der Akte ergibt und die Gegenseite sagt nichts, setze ich fest. Das gleiche gilt auch für Reisekosten. Wenn die Begründung für mich nachvollziehbar ist und die Gegenseite nichts sagt: festsetzen.
    Bei Kopiekosten ist das noch deutlicher: Wenn Kopiekosten beantragt werden und sie in einem Verhältnis zum Umfang der Akte stehen, die Gegenseite keine Einwendungen erhebt, setze ich fest. Das hat auch nichts mit "schnell die Akte vom Tisch bekommen" zu tun.

  • Amtshaftung kann im Kostenfestsetzungsverfahren durchaus ein Rolle spielen, habe es mal an anderer Stelle erlebt:

    Ich hatte vergessen, die beantragte Verzinsung in den KFB aufzunehmen. Niemand hat es gemerkt. Nach mehr als einem Jahr merkte es wohl der Gläubiger und beantragte die Ergänzung des KFB. Sodann machte er mit dem Forderungsbetrag zusätzlich noch die Zinsen von ca. 7% gegen den Beklagten geltend. Dieser wendete ein, dass er ja längst gezahlt hätte, wenn er von den Zinsen gewusst hätte, schließlich habe er das Geld und würde für seine Sparanlagen auch höchstens 3% bekommen, sodass es ein Verlust für ihn sei.
    Naja, ich habe dann per Email etwas mit dem Gläubiger-Vertreter verhandelt und ihm nahe gebracht, dass ihn ja auch eine Mitschuld trifft, dass er die fehlende Verzinsung nicht gleich bemerkt hat. Er hat sich sodann bereit erklärt, auf die Zinsen zu verzichten, damit sich er sich mit der Staatskasse (im Wege einer möglichen Amtshaftung) nicht noch über den Anteil der Haftung streiten muss. Es ging da auch nicht um viel mehr als 20 €, und der Schuldner war eben auf den Cent genau bedacht. Aber daran sieht man, dass man völlig unerwartet vor solche Situationen gestellt sein sein, auch wenn man es gar nicht für möglich hält.

    Ich stimme Andy.K zu. Wenn der Antragsteller Gebühren begründet, deren Entstehen sich nciht aus der Akte ergibt und die Gegenseite sagt nichts, setze ich fest. Das gleiche gilt auch für Reisekosten. Wenn die Begründung für mich nachvollziehbar ist und die Gegenseite nichts sagt: festsetzen.
    Bei Kopiekosten ist das noch deutlicher: Wenn Kopiekosten beantragt werden und sie in einem Verhältnis zum Umfang der Akte stehen, die Gegenseite keine Einwendungen erhebt, setze ich fest. Das hat auch nichts mit "schnell die Akte vom Tisch bekommen" zu tun.

    Ich freue mich, dass ich nicht der einzige bin, der das so sieht.

  • Ich hatte vergessen, die beantragte Verzinsung in den KFB aufzunehmen. Niemand hat es gemerkt. Nach mehr als einem Jahr merkte es wohl der Gläubiger und beantragte die Ergänzung des KFB. Sodann machte er mit dem Forderungsbetrag zusätzlich noch die Zinsen von ca. 7% gegen den Beklagten geltend. Dieser wendete ein, dass er ja längst gezahlt hätte, wenn er von den Zinsen gewusst hätte, schließlich habe er das Geld und würde für seine Sparanlagen auch höchstens 3% bekommen, sodass es ein Verlust für ihn sei.
    Naja, ich habe dann per Email etwas mit dem Gläubiger-Vertreter verhandelt und ihm nahe gebracht, dass ihn ja auch eine Mitschuld trifft, dass er die fehlende Verzinsung nicht gleich bemerkt hat. Er hat sich sodann bereit erklärt, auf die Zinsen zu verzichten, damit sich er sich mit der Staatskasse (im Wege einer möglichen Amtshaftung) nicht noch über den Anteil der Haftung streiten muss. Es ging da auch nicht um viel mehr als 20 €, und der Schuldner war eben auf den Cent genau bedacht. Aber daran sieht man, dass man völlig unerwartet vor solche Situationen gestellt sein sein, auch wenn man es gar nicht für möglich hält.


    Ich bezweifel, das hier ein Fall der Amtshaftung vorliegt - schließlich hätte der Erstattungsberechtigte RM gegen den Kfb wegen des fehlenden Zinsausspruches einlegen können. Hat er nicht, sein Pech.

  • die fragestellung bewegt sich im kraftfeld von 138 III, 103 II 2 und 104 II 1, 294 zpo. 103 trägt als bloße ordnungsvorschrift nichts zu der frage bei. 138 III zpo konkretisiert nur die art der glaubhaftmachung und ist daher spezieller als 104 II 1, 294 zpo. bgh njw-rr 2007, 787 ist also richtig und kann angewendet werden.

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