Nichterteilung des Erbscheins wegen Erbunwürdigkeit des Erben

  • Hallo,

    der Sohn des Erblassers ist nach gesetzlicher Erbfolge Alleinerbe geworden. Er war auch Betreuer seines Vaters. Zu Lebzeiten hat sich der Sohn widerrechtlich kräftig an Vaters Vermögen bedient. Der Verstorbene hatte deshalb zu Lebzeiten einen Anwalt eingeschaltet, der dies für ihn im Betreuungsverfahren nachgeprüft und festgstellt hat. Dieser Anwalt stellt nun an das Nachlassgericht den Antrag den beantragten Erbschein für den Sohn solange nicht zuerteilen bis die eventuelle Erbunwürdigkeit des Sohnes/Vorbetreuers ausgeschlossen ist. Zudem sei dies für das Strafverfahren wichtig, welches eingeleitet werden soll.
    Das geht doch nicht, oder? Es sehe keinen Grund weshalb ich den Erbschein nicht erteilen sollte, § 2339 BGB greift hier doch nicht.

  • Ich würde erteilen.
    Der Erblasser hätte ja, nachdem der RA angeblich die Veruntreuung festgestellt hat, sein Testament ändern können. Hat er aber nicht.

    Und Erbunwürdigkeit (auch wenn ich die hier nicht sehe) können doch nur die Erben, die dann an der Reihe wären, einwenden, oder? Doch nicht der Erblasser selbst!

    Wir taumeln durch die Straßen, so als wären wir jung und schön.

  • Der vom Anwalt des Erblassers vorgebrachte Sachverhalt dürfte für eine Erbunwürdigkeit nach § 2339 BGB ohnehin nicht ausreichen.

    Warum hat der Erblasser nicht anders testiert und die Pflichtteilsentzeihung betrieben....das wäre ja schon schwierig genug, aber eine Erbunwürdigkeit durch den Anwalt des Erblassers geltend machen zu wollen, das höre ich zum ersten Mal.

    Auch strafrechtlich wird da nicht viel passieren, denn wenn der Sohn testamentarischer Alleinerbe wird, dann vereint sich der potentielle Schadensersatzanspruch der Erben wegen der "Betreuungshandlungen" nun auf den Sohn und damit ist das für die StA in der Regel kein Grund mehr, etwas zu unternehmen.

    Ich würde den Anwalt mal bitten, dass er sich entsprechend legitimiert und mitteilt, wen er denn nun vertritt. Den Erblasser kann er ja nach dessen Tod wohl nicht mehr vertreten....

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Vielleicht hat er eine Vollmacht über den Tod hinaus? Aber die könnte der Sohn ja widerrufen.
    Kruder Fall.

    Ob die Voraussetzungen für Erbunwürdigkeit vorliegen, würde ich gar nicht prüfen. Damit würde man ja das Ergebis vorwegnehmen, bevor überhaupt ein Antrag gestellt wurde.

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  • Nach §§ 1922 Abs. 1, 168 S. 1, 672 S. 1, 675 Abs. 1 BGB, § 86 ZPO besteht das Mandat weiter.

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  • Ich hatte mal so 'nen ähnlichen Fall. Es hatte bereits die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben. Da die Erbunwürdigkeit geltend gemacht werden muss und nicht von Amts wegen zu beachten ist, habe ich lediglich der Nächstberufenen (das war die Tochter der Beschuldigten) den Erbscheinsantrag zur Kenntnis übersandt und die Möglichkeit für evtl. Einwendungen gegeben.
    Ich würde daher versuchen, den/die Nächstberufenen vom Erbscheinsantrag zu informieren. Einwendungen des Anwalt des Erblassers würden mir allerdings nicht genügen.

  • Allenfalls, wenn die Erbunwürdigkeit des Erben derart "offensichtlich" ist und die Klage bereits bei der Beantragung des Erbscheins rechtshängig wäre, könnte man z.B. auch noch an die Bestellung eines Nachlasspflegers denken, der bis zur Klärung den Nachlass verwaltet.

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  • Faktisch hat doch der Sohn sein Erbe nur vorweggenommen :D (Sollte ein Scherz sein)
    Warum soll ein Strafverfahren erst eingeleitet werden und ist noch nicht geschehen? Wenn der Anwalt hier schon noch Geld verdienen will, dann soll er es auch vernünftig anstellen.

    Wenn die Voraussetzungen für den Erbschein vorliegen, dann ist er zu erteilen. Dann könnte ja aller Naselang ein Rechtsanwalt auftauchen und mitteilen, das er erstmal die Erbwürdigkeit des Erben strafrechtlich prüfen lassen will. Leute, es wird ja immer dümmer in Deutschland.

    Ich würde jetzt gern mal die Kostennote des Anwalts sehen wollen und gegen wen er diese festsetzen lassen will.

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  • Eine nach den Umständen des Einzelfalls denkbare - aber noch nicht erfolgte - Testamentsanfechtung oder eine möglicherweise in Betracht kommende - aber noch nicht im Klagewege geltend gemachte - Erbunwürdigkeit rechtfertigen grundsätzlich noch keine Anordnung einer Nachlasspflegschaft.[1] Im Einzelfall kann es sich aber auch anders verhalten, wenn die Testamentsanfechtung oder die Geltendmachung der Erbunwürdigkeit seitens der hierzu Berechtigten bereits ernsthaft angekündigt wurde[2] oder wenn es das Nachlassgericht für geboten erachtet, wegen des gewaltsamen Todes des Erblassers und anhängiger strafrechtlicher Ermittlungen gegen den als Alleinerben eingesetzten Ehegatten noch andere als gesetzliche Erben in Betracht kommende Personen zu ermitteln und im Erbscheinsverfahren anzuhören.[3]


    [1] BayObLG Rpfleger 2002, 363 = FamRZ 2002, 1349 = FGPrax 2002, 122; BayObLG Rpfleger 2004, 218 = FamRZ 2004, 1067.
    [2] BayObLG Rpfleger 2002, 363 = FamRZ 2002, 1349 = FGPrax 2002, 122; OLG Schleswig FamRZ 2011, 1898 = NJW-RR 2011, 1643.
    [3] BayObLG Rpfleger 2004, 218 = FamRZ 2004, 1067.

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