Anhörung des Ausschlagenden?

  • Hallo liebe Kollegen.

    Bei mir haben alle Erben der 1. Ordnung, bis auf einen, die Erbschaft ausgeschlagen. Es gilt die gesetzliche Erbfolge und es war von allen Geschwistern und deren Kindern gewollt, dass der eine Sohn des Verstorbenen Alleinerbe werden soll (ausschließlich Grundbesitz vorhanden, in welchem dieser zusammen mit dem Verstorbenen lebte).

    Erbscheinsantrag des alleinigen Erben liegt vor. Die übrigen Kinder, Enkelkinder und Urenkel haben bereits vorher notariell ausgeschlagen.

    Gibt es eine gesetzliche Verpflichtung diejenigen, die ausgeschlagen haben, vor Erbscheinserteilung zum Erbscheinsantrag zu hören? Wie handhabt Ihr das?

    Vielen Dank für Eure Mithilfe

  • Mache ich nicht.

    Wer ausgeschlagen hat, gilt als vorverstorben und Vorverstorbene höre ich nicht an.

    Spaß beiseite: Wer ausgeschlagen hat, war bereits am Verfahren beteiligt und hat mittels seiner Ausschlagung zu erkennen gegeben, dass er nicht weiter beteiligt werden möchte.

    Offenbar scheint ein Fall vorzuliegen, bei welchem für keine der Folgeausschlagungen eine familiengerichtliche Genehmigung erforderlich war.

  • Sehe ich wie Cromwell Allerdings wurde hier im Forum schon häufig eine andere Meinung vertreten, insbesondere wenn ein Nachlasspfleger doch noch ein paar Kröten gefunden hat.

  • Eine Anhörung der Ausschlagenden macht doch keinen Sinn. Was wollen die denn zum Erbscheinsantrag erklären? Dass sie doch erben wollen?

  • Wie Cromwell.

    Gemäß § 345 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 FamFG konnten sie zwar als Beteiligte bis zum Zeitpunkt der Erklärung der Erbausschlagung hinzugezogen werden, haben nach meiner Sicht jedoch nach der Ausschlagung keine Beteiligtenstellung mehr inne. Dies dürfte sich aus der Folge des § 1953 Abs. 1 BGB ergeben. Sie werden meiner Meinung nach verfahrenstechnisch so behandelt, es wären sie nie gesetzliche Erben gewesen.

    Beste Grüße

  • Hmm, ich stell mir das so vor:
    Es verstirbt der Erblasser. Einer der gesetzlichen (Mit)erben weiß ganz genau, dass es ein Konto mit reichlich Guthaben gibt und einige im Minus. Er sagt allen anderen "Nachlass ist überschuldet, schlagt besser aus, mach ich auch noch." zeigt denen (und meinetwegen noch einem Familien- oder Betreuungsgericht) die Auszüge im Minus. Alle rennen los und schlagen aus nur er nicht.
    Danach stellt er einen Alleinerbscheinsantrag. IHR hört die (fiktiv) vorverstorbenen nicht an...

    Dieses Schreiben wurde maschinell erstellt und ist ohne Unterschrift gültig.
    Mit freundlichen Grüßen
    Ihre Justizbehörde

  • Na endlich, hätte mich schon gewundert, wenn plötzlich keiner mehr eine andere Ansicht vertreten hätte.

    Nur zur Klarstellung: Ich bleibe bei meiner in #3 geäußerten Meinung.

  • Man kann die Dinge sogar auf die Spitze treiben, indem man die Ausschlagenden zur Erbscheinserteilung anhört, sich bei den Annehmenden aber mit der Erklärung eines Miterben zufrieden gibt, dass auch die anderen angenommen hätten.

  • zur Klarstellung:
    Ich höre die Ausschlagenden auch NICHT an!

    Ich wollte nur aufzeigen, dass es - vielleicht kein Rechtsschutzbedürfnis gibt - aber doch Lebenswirklichkeiten, die einen ... skeptisch machen sollten.

    Dieses Schreiben wurde maschinell erstellt und ist ohne Unterschrift gültig.
    Mit freundlichen Grüßen
    Ihre Justizbehörde

  • Ich denke nicht, dass es eine Pflicht gibt, die Ausschlagenden insbesondere im Erbscheinsverfahren nochmals anzuhören.

    Ich als Nachlasspfleger hatte aber auch schon solche Fälle, in denen ich erst zum Pfleger bestellt wurde, weil die näheren Angehörigen ausgeschlagen haben. Das geht oft wie in einem Dominoeffekt und wird durch etwas komisch formulierte Schreiben der Nachlassgerichte geradezu gefördert. Die Leute haben Angst, nur Schulden zu erben und wenn man denen dann schreibt, dass andere Erben bereits ausgeschlagen haben, dann wird nicht mehr lange nachgedacht. Die Möglichkeit einer Nachlassverwaltung nach § 1975 ff BGB besteht zwar, dürfte aber den meisten beratenden Anwälten oder Notaren unbekannt oder unheimlich sein.

    Also bin ich dann Nachlasspfleger, weil es eine Immobilie gab und ich dann bei den Banken mehrere 100.000 Euro gefunden habe. Gerade ein aktueller Fall. Wenn man hier nun ohne die vorherige Pflegschaft abzuwarten (das Gericht dachte wegen der Ausschlagungen ja zunächst auch, dass der NL überschuldet ist) gleich das Fiskuserbrecht festgestellt hätte, wäre der Ganze Nachlass futsch gewesen.

    Also habe ich die Ausschlagenden angeschrieben und diese darauf hingewiesen, dass ich einen sehr werthaltigen Nachlass verwalte und zur Erbenermittlung verpflichtet bin. Im Rahmen dieser Verpflichtung habe ich die Ausschlagenden darauf hingewiesen, dass es ggf. die Möglichkeit einer Anfechtung der Ausschlagung gibt und dass man sich bitte umgehend hierzu rechtlich beraten lassen soll.

    Und innerhalb kurzer Zeit kamen die Anfechtungen und alles ist in Butter, weil die Erben jetzt "wieder" bekannt sind und sich die Pflegschaft damit erledigt hat.
    Hätte ich das nicht gemacht sondern zuerst mal Erben in dritter Ordnung ermittelt, wäre ggf. die ganze Arbeit umsonst gewesen, wenn irgendwann mal ein Erbe der 2. Ordnung davon erfahren hätte und erst dann seine Anfechtung gekommen wäre. Insofern halte ich mein Vorgehen für absolut angezeigt un im Interesse des Nachlasses und der tatsächlichen Erben, die ja entweder die der 2. Ordnung (bei Anfechtung) oder die der dritten Ordnung hätten sein können.

    Ich denke, dass bei solchen Konstellationen sowohl Augenmerk des Gerichts als auch des Pflegers gefragt ist, auch wenn rechtlich keine Verpflichtung bestehen mag.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Ich denke, dass bei solchen Konstellationen sowohl Augenmerk des Gerichts als auch des Pflegers gefragt ist, auch wenn rechtlich keine Verpflichtung bestehen mag.

    Danke TL! Genau DARAUF wollte ich hinaus. :daumenrau
    Pflichten hin oder her: der Tellerrand ist eben nicht das Ende der Akte und Schema F nur in 98,7689902347 % die Lösung der Wahl.

    Dieses Schreiben wurde maschinell erstellt und ist ohne Unterschrift gültig.
    Mit freundlichen Grüßen
    Ihre Justizbehörde

  • Alle, denn auch wenn jemand anficht, der ggf. durch die vorrangige Anfechtung eines anderen Erben dann doch nicht Erbe wird, ist es mir wichtig, dass jeder potentielle Erbe zumindest von dem Anfechtungsgrund erfährt und damit die Frist zu laufen beginnt. Der Anfechtende kann ja nicht wissen, ob der vorrangige Erbe anficht oder nicht. Er kann und wird daher seine Anfechtung nicht von dieser Überlegung abhängig machen. Ficht der Bevorrechtigte an, hat er Pech. Ficht er nicht an, hat er Glück und erbt.


    Somit kann dann später auch nicht einer sagen, er hätte erst später vom Anfechtungsgrund erfahren. Nach 6 Wochen (oder ggf. 6 Monaten), kann ich mir dann sicher sein, dass "nichts mehr geht".

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Problematisch gestaltet sich bei mir nur, daß einige Ausschlagende postalisch nicht mehr zu ermitteln sind, da (z.T. ins Ausland) verzogen. Aber ich denke mit einer einfachen EMA/Rentenversicherungsanfrage hätte ich meiner ja nicht mal vorhandenen Pflicht genüge getan, oder würdest du das anders sehen?

    Also dann denke ich auch, dass man keinen "Handstand" mehr machen muss :)

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  • In gewissen Konstellation höre ich Personen die bereits ausgeschlagen haben durchaus an.

    Insbesondere wenn die Akte danach riecht, dass der Ausschlagende wegen vermutlicher Überschudlung ausgeschlagen hat und viel dafür spricht, dass ein Anfechtungsgrund bzgl. des Ausschlagenden vorliegen könnte, da er sich über die Zusammensetzung des Nachlasses geirrt hat (z. B. weil ihm gewisse Aktiva nicht bekannt waren).

    (Ich erspare quasi TL Arbeit :))

    Einen Handstand würde ich allerdings auch nicht machen, da es keine Pflicht (!) für eine Benachrichtigung geben dürfte.

    Exkurs:
    Wie verfahrt ihr, in dem Fall, dass eine letztwillige Verfügungen vorhanden ist die noch zu eröffnen ist, aber der gesetzliche/testamentarische Erbe bereits vor der Eröffnung in Kenntnis der Verfügung die Ausschlagung erklärt hat?
    Benachrichtigen ja oder nein?

    M. E. ja, da (u. a.) gesetzliche und testamentarische Erben zu benachrichtigen sind, und ich die Wirksamkeit der Ausschlagung ja eh nicht zu prüfen habe, auch nicht im Rahmen der Ausschlagung.

    Wir benachrichtigen daher die entsprechende Person trotz der Ausschlagung, weisen jedoch im Rahmen der Benachrichtigung der Eröffnung klarstellend darauf hin, dass die Ausschlagung beim Nachlassgericht vorliegt (um Nachfrage aller der Art "wieso benachrichtigen sie mich von der Erörffnung, ich habe doch ausgeschlagen..." zu verhindern). Hat jemand Bedenken/Kritik zu dieser Vorgehensweise?

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Zum Exkurs:

    Ich benachrichtige diejenigen, die ausgeschlagen haben, nicht mehr von der TEÖ -insbesondere dann nicht, wenn sie in Kenntnis der letztwilligen Vfg ausgeschlagen haben. Sie wollen kein Erbe sein - und sind auch nicht mehr als solche zu beteiligen (siehe Cromwell in #2).

    Man stelle sich vor, ein gesetzlicher Erbe ist durch Testament von der Erbfolge ausgeschlossen, bereits vor der TEÖ schlägt er - sozusagen zusätzlich - die Erbschaft aus. Was soll dann die Benachrichtigung bringen?

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