Schuldenbereinigung

  • :bighi: an alle!

    Habe diesmal ein etwas verzwicktes Problem:

    Anwalt möchte nachträgliche Beratungshilfe, weil er für zwei Schuldner (=Ehepaar) jeweils einen Schuldenbereinigungsplan erstellt hat. Ich habe natürlich an die Schuldnerberatungsstellen verwiesen.

    Der Anwalt schreibt daraufhin, dass den Mandanten eine längere Wartezeit als sechs Monate in Aussicht gestellt wurde. Ich habe daraufhin bei der Schuldnerberatungsstelle angerufen, welche mir für ein Erstgespräch zwei Monate und dann nochmal sechs Monate (also insgesamt acht Monate, bis dann definitiv was passiert) genannt hat.

    Als ich das dem Anwalt wieder zurückgeschrieben habe und die Beratungshilfe deshalb zurückgewiesen habe, hat er Rechtsmittel eingelegt und angegeben, dass die Schuldnerberatungsstelle den Mandanten eine erheblich längere Wartezeit in Aussicht gestellt hat.

    so, jetzt hab ich das Dilemma, helf ich ab, oder nicht :nixweiss: zu mir hat die Schuldnerberatungsstelle es so gesagt, zu den Mandanten angeblich etwas anderes! Weiß wer was :gruebel:

  • Keine Ahnung, wie ich auf 18 Monate kam, Diabolo :gruebel:.

    Ich meine den Beschluss vom 4. September 2006, Az. 1 BvR 1911/06, welcher Wartezeiten von 15 bis 24 Monate als hinnehmbar ansieht:

    Soweit sie darauf abhebt, dass bei einer bestimmten Beratungsstelle Wartezeiten zwischen 15 und 24 Monaten bestünden, konnte dieser Vortrag bei den amtsgerichtlichen Entscheidungen schon deswegen keine Berücksichtigung mehr finden, weil er nach dem die Erinnerung zurückweisenden Richterbeschluss erfolgte. Im Übrigen war er auch nicht geeignet, eine Unzumutbarkeit plausibel darzutun; deshalb kann dahinstehen, ob dem Amtsgericht dieser Umstand aus anderen Verfahren bekannt war. Denn zum einen ist damit nichts darüber ausgesagt, ob nicht der Einzelfall der Beschwerdeführerin – die für sich eine besondere Dringlichkeit reklamiert – eine schnellere Bearbeitung erführe. Zum anderen lässt sich den Ausführungen nicht entnehmen, dass keine anderen, für die Beschwerdeführerin zumutbar erreichbaren Schuldnerberatungsstellen existieren, bei denen derartig lange Wartezeiten nicht bestehen.

  • Das verstehe ich nun nicht so, dass diese Wartezeit zumutbar wäre, sondern so, dass nicht dargelgt ist, dass keine andere Beratungsstelle helfen könnte bzw. dass man sie nicht wegen ihres besonders dringlichen Problems vorgezogen hätte.

  • Lasse mir immer von den Schuldnern eine schriftliche Bestätigung der Schuldnerberatungsstelle vorlegen, in der explizit die Wartezeit dieses speziellen (namentlich erwähnten!) Schuldners angegeben wird. :koithema:

    Wenn man bedenkt wieviel Zeit sich einige -nicht alle- Herrschaften beim Auflaufen der Schulden gelassen haben, können sie m.E. auch mit ein paar Monaten Wartezeit leben.

  • Hallo an alle!

    Hab der Erinnerung tatsächlich nicht abgeholfen :teufel: und ich wurde vom Richter gehalten!!!!! :yes:

    Ein großes :dankescho nochmal an alle die mir geholfen haben!

  • In der Tat tummeln sich eine Vielzahl schwarzer Schafe unter den "Schuldenbereinigern", die Geschäfte mit der Armut betreiben und die armen Schulnder schlichtweg "abziehen". Caritas und sonstige Wohlfahrtsverbände sind notorisch überlastet. Und doch bekommt man von zahlreichen Gerichten zu hören, dass nach und nach keine Scheine mehr bewilligt werden. Gerade, "weil ja eine Schuldnerberatungsstelle zur Verfügung steht".

    Kleinkanzleien werden bald selbst zum Insolvenzfall, fällt doch damit bei vielen (Jung)anwälten die (einzige) Erwerbsquelle weg. Welcher Schuldner kann sich den teuren Advokaten leisten?

    Auch wenn das Planverfahren reine Förmelei und im Grunde unnötig und für viele Anwälte billig verdientes Geld ist, bin ich der Meinung, der Beratungsschein sollte in Fällen, in denen eine caritative Stelle nicht gleich tätig werden kann, erteilt werden.

    Wir machten gerade die Erfahrung, dass dort, wo der Beratungsschein mit dem Hinweis auf eine 10 wöchige akzeptable Wartezeit verweigert wurde, die Bedürftigen einem solchen Halsabschneider zum Opfer fielen, der in der Zeitung mit "schneller Entschuldung zum Nulltarif" warb. Dabei hatten sie hohe Zusatzvergütungen zu berappen, die Existenz von Beratungshilfe wurde verschwiegen Im Grunde alles für die Katz.

    Meiner Meinung nach wäre es hier doch besser, den Schein gleich auszuhändigen. Es gibt ja auch noch seriöse Advokaten, die müsste man eben "durch die Blume" den Schuldnern mitteilen ;)

  • In der Tat tummeln sich eine Vielzahl schwarzer Schafe unter den "Schuldenbereinigern", die Geschäfte mit der Armut betreiben und die armen Schulnder schlichtweg "abziehen". Caritas und sonstige Wohlfahrtsverbände sind notorisch überlastet. Und doch bekommt man von zahlreichen Gerichten zu hören, dass nach und nach keine Scheine mehr bewilligt werden. Gerade, "weil ja eine Schuldnerberatungsstelle zur Verfügung steht".



    Immer wieder die gleiche Laier ... :daumenrun

    Wenn, dann reden wir bitte von "anerkannten Schuldnerberatungsstellen". Ein kleiner aber feiner Unterschied. Auch sind die Wartezeiten, die ich kenne, durchaus akzeptabel und bewegen sich bis zu drei Monate. Da Schulden auch nicht über nacht entstehen ist das hinnehmbar.


    Kleinkanzleien werden bald selbst zum Insolvenzfall, fällt doch damit bei vielen (Jung)anwälten die (einzige) Erwerbsquelle weg. Welcher Schuldner kann sich den teuren Advokaten leisten?



    Beratungshilfe als Existenzgründerhifle? Das ist genau die Art der Postings und erst recht der begründungen beim Antrag bzw. Erinnerungen, die ich liebe. Hat diese Begründung irgend etwas mit Recht zu tun?


    Auch wenn das Planverfahren reine Förmelei und im Grunde unnötig und für viele Anwälte billig verdientes Geld ist, bin ich der Meinung, der Beratungsschein sollte in Fällen, in denen eine caritative Stelle nicht gleich tätig werden kann, erteilt werden.



    Wenn es nur "Förmelei und im Grunde unnötig" ist, sorge für eine Gesetzesänderung. Ich habe ab heute eine neue Begründung für Zurückweisungen, wenn Rechtsanwälte vortragen, dass es eine ganz schwierige Sache sei, die nicht von anerkannten Schuldnerberatungsstellen geleistet werden könne.


    Wir machten gerade die Erfahrung, dass dort, wo der Beratungsschein mit dem Hinweis auf eine 10 wöchige akzeptable Wartezeit verweigert wurde, die Bedürftigen einem solchen Halsabschneider zum Opfer fielen, der in der Zeitung mit "schneller Entschuldung zum Nulltarif" warb. Dabei hatten sie hohe Zusatzvergütungen zu berappen, die Existenz von Beratungshilfe wurde verschwiegen Im Grunde alles für die Katz.



    Nein. Diese Erfahrung machen wir hier nicht! Erstens sind 10 Wochen Wartezeit für Schulden, die über Jahre hinweg zusammengetragen wurden, mehr als akzeptabel. Zweitens liegt die Betonung auf "anerkannter" Schuldnerberatungsstelle. Und wir drücken dem Antragsteller eine Liste mit den anerkannten Schuldnerberatungsstellen in die Hand und weisen ganz deutlich auf die Bedeutung "anerkannt" hin.


    Meiner Meinung nach wäre es hier doch besser, den Schein gleich auszuhändigen. Es gibt ja auch noch seriöse Advokaten, die müsste man eben "durch die Blume" den Schuldnern mitteilen ;)



    NEVER. Ich weiß nicht, wie viele Rechtsanwälte es hier in Dresden gibt. Es wird aber sicher eine ganze Menge seriöse Rechtsanwälte geben. Und ich werde mich nicht dazu hinreißen lassen, einen von tausend zu empfehlen. Das würde ich nicht mal auf dem Dorf machen, wos ggf. nur eine Handvoll gibt. "Durch die Blume" wie Du es nennst, sagt schon alles.

    Entschuldige bitte die direkten Worte: dieser Beitrag disqualifiziert Dich!


  • 1. Kleinkanzleien werden bald selbst zum Insolvenzfall, fällt doch damit bei vielen (Jung)anwälten die (einzige) Erwerbsquelle weg.

    2. Wir machten gerade die Erfahrung, dass dort, wo der Beratungsschein mit dem Hinweis auf eine 10 wöchige akzeptable Wartezeit verweigert wurde, die Bedürftigen einem solchen Halsabschneider zum Opfer fielen, der in der Zeitung mit "schneller Entschuldung zum Nulltarif" warb.

    3. Es gibt ja auch noch seriöse Advokaten, die müsste man eben "durch die Blume" den Schuldnern mitteilen ;)



    Zu 1. und 2.: Einkommensquellen (ich dachte immer mit BerH kann man kein Geld verdienen ? (s. zahlreiche andere Threads) Ach, ich vergaß: Die Nr. 2504 VV RVG sind ja die einzigen Gebührentatbestände die in BerH-Mandanten Geld bringen) zu erhalten ist nicht der Sinn und Zweck der BerH. Auch ist es nicht Aufgabe der BerH die Schuldner vor schwarzen Schafen zu bewahren.

    3. Das verbietet sich von selbst. Ich gehe jedoch aufgrund des Smileys davon aus, dass der Vorschlag von Ernst nicht auch so gemeint war.

    Im übrigen finde ich, ist zu dem Thema (u. a. hier) alles gesagt.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Meine volle Zustimmung an Grisu. Beratungshilfe dient nicht dazu, RAen ein (Grund)Einkommen zu verschaffen. Auch wenn es in der Praxis so erscheint. Ich habe noch nie Beratungshilfeanträge von "unseren" großen, renommierten Kanzleien gehabt. Die geben sich schlichtweg nicht damit ab. Ich finde auch, dass es einen ganz anderen Eindruck macht, wenn ich einem Schuldner oder auch dem RA ganz klar sage, wo sich eine anerkannte Schuldnerberatungsstelle befindet und welche (kurzen) Wartezeiten dort herrschen, als wenn ich einfach lapidar auf die "Möglichkeit anderer Hilfen" verweise. Ab und zu rufe ich dort an und erkundige mich nach den aktuellen Wartezeiten, meist liegen sie zw. 2-3 Monaten. Aber es ist natürlich für den Schuldner wesentlich einfacher, gleich zu dem RA um die Ecke zu gehen, als erst mühselig im Telefonbuch oder sonstwo zu gucken, wo es eine Schuldnerberatungsstelle gibt. Sofern sie überhaupt auf die Idee kommen. Frei nach dem Motto: Das regelt mein Anwalt für mich...

  • @ Grisu, wenn ich nun rausfliege, so wäre das schade.

    Den Stiefel der Dummheit ziehe ich mir jetzt nicht an!

    Was ich mit durch die Blume meinte, ist gerade das Angeschnittene. Empfehlen darf man niemanden, aber eine Liste mit Beratungsstellen und wegen mir auch Anwälten in die Hand drücken, aus denen sich dann eine ausgesucht werden kann. DAS MEINTE ICH !!!!!!! :mad:

    Und vielleicht sollte man für die Anwaltschaft positiv anmerken, dass sich gerade Junganwälte hervorragend einsetzen für die Schuldner. Bei der Abwicklung unserer Verbraucherinsolvenzen erzählen uns die Schuldner in den Gesprächen immer wieder, wie der Anwalt alles für sie regelte, von der Aufhebung der Kontopfändung bis zum Telefonat mit dem Gläubiger, der den Termin zur EV zurücknahm. Manche sind ihnen sogar bei der Einrichtung eines neuen Kontos behilflich (machen wir übrigens auch).

    Dagegen sind die Leute, die solchen Betrügern auf den Leim gehen, vollkommen verlassen. Eine Großkanzlei aus Mitteldeutschland wickelt das ganze ab, verlangt fette Honorare und ist für die Schuldner niemals erreichbar. Wenn ihr in Dresden da andere Erfahrungen habt, so freut mich dies. Wahrscheinlich habt ihr einfach eine ausreichende Anzahl an Beratern oder schlichtweg zu wenig Schuldner.

    Sicher ist das außergerichtliche Gedöns reine Förmelei, Leider hat sich der Gesetzgeber bislang aber noch niocht anders entschieden.

    Ich denke, der Streit dürfte nun begraben sein !

    Grüße nach Dresden

    P.s. Du hast natürlich Recht, eine Existenzsicherung für arme Anwälte sollte das Ganze nicht sein. Und sollte eine caritative Stelle auch unmittelbar zu erreichen sein, stehe auch ich hinter dir. Denn letzlich zahlt der Staat ja nicht nur die Beratungshilfe, sondern in 99 % auch die gestundeten Verfahrenskosten in den Nullverfahren alleinig.

  • Und vielleicht sollte man für die Anwaltschaft positiv anmerken, dass sich gerade Junganwälte hervorragend einsetzen für die Schuldner. Bei der Abwicklung unserer Verbraucherinsolvenzen erzählen uns die Schuldner in den Gesprächen immer wieder, wie der Anwalt alles für sie regelte, von der Aufhebung der Kontopfändung bis zum Telefonat mit dem Gläubiger, der den Termin zur EV zurücknahm. Manche sind ihnen sogar bei der Einrichtung eines neuen Kontos behilflich (machen wir übrigens auch).



    Beratungshilfe ist doch kein Paket zur Rundum-Versorgung!

  • Leute, Ihr tut so, als ob das BVerfG entschieden hat, dass eine Verweisung an Schuldnerberatungsstellen rechtmäßig ist.
    Das hat es nicht gemacht, sondern lediglich den Meinungsstand dargestellt.
    Im Übrigen hat es die Entscheidung über den einfach rechtlichen Streit den Fachgerichten überlassen.
    Nun diese Entscheidung hat der BGH am 22.03.07 gefällt und festgestellt, dass eine Verweisung rechtswidrig ist.


  • Nun diese Entscheidung hat der BGH am 22.03.07 gefällt und festgestellt, dass eine Verweisung rechtswidrig ist.

    Bitte? Das kann ich der Entscheidung vom 23.3.07 nicht entnehmen.

    In der Entscheidung äußert sich der BGH zur Antragstellung, hier geht es regelmäßig allerdings um den außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan. Im übrigen kann ja (zumindest m.M.n.) unzweifelhaft Beratungshilfe bewiligt werden, wenn denn auch die übrigen Voraussetzungen des BerhG vorliegen. Der BGH hat jedoch nicht gesagt, dass Beratungshilfe bewilligt werden muss.

  • Die BGH-Entscheidung betrifft erstens nicht das Schuldenbereinigungsverfahren und sagt zweitens nur etwas über die Abgrenzung zwischen Beratungshilfe und PKH aus, nicht jedoch darüber, ob im Einzelfall tatsächlich BerH zu gewähren ist.
    Hätte der BGH zum Ausdruck bringen wollen, dass die allgemeinen Voraussetzungen der BerH zuignorieren und blind zu bewilligen sei, hätte er das mit Sicherheit näher ausgeführt und begründet.

  • Ich habe noch nie Beratungshilfeanträge von "unseren" großen, renommierten Kanzleien gehabt. Die geben sich schlichtweg nicht damit ab.

    off topic und nur, weil mich DER Spruch verdammt ärgert:
    schon mal den § 49a BRAO gelesen???

    BRAO § 49a Pflicht zur Übernahme der Beratungshilfe 
     (1) Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, die in dem Beratungshilfegesetz vorgesehene Beratungshilfe zu übernehmen. Er kann die Beratungshilfe im Einzelfall aus wichtigem Grund ablehnen. 
     (2) Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, bei Einrichtungen der Rechtsanwaltschaft für die Beratung von Rechtsuchenden mit geringem Einkommen mitzuwirken. Er kann die Mitwirkung im Einzelfall aus wichtigem Grund ablehnen.


    Die großen, renommierten Kanzleien geben sich damit nicht ab....wie LÖBLICH!!!! Und wie überaus eklig von allen anderen, dass sie sich an die Standespflicht halten!!!!!

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!