Örtliche Zuständigkeit Aufnahme Erbscheinsantrag

  • Liebe Mitwisser,

    ich bin noch nicht so lang im nachlass und habe folgende Frage:

    Erbfall war in A, Erbe wohnt in B. Der Erbe kommt aber nun auf die Idee, weil er gerade in der Nähe ist - ach, stelle ich doch bei beim dritten Amtgericht C einen Erbscheinantrag (also weder A noch B). Müsste ich als - örtlich überhaupt nicht zuständiges Amtgericht - diesen Antrag aufnehmen? :gruebel:. Ich finde dazu irgendwie überhaupt nichts - und es wurmt mich gerade.

    Aus der Rechtsantragstelle kenne ich das noch, dass wir alles aufnehmen konnten - und dann weiterleiten- egal ob nun örtlich zuständig oder nicht. Ist das beim Nachlassgericht auch so? Danke!

  • Erscheinsanträge kann jedes beliebige Amtsgericht aufnehmen. Ob es hierzu auch verpflichtet ist, wenn weder der letzte Wohnsitz des Erblassers (nicht der Erbfall!) noch der Wohnsitz des Erben in seinem Bezirk liegt, kann ich so spontan nicht sagen. Wenn aber der Erblasser zuletzt in A wohnte, der Erbe in B wohnt, aber den ganzen Tag in C arbeitet, handhabe ich als Amtsgericht C diese Frage recht pragmatisch. Weiterzuleiten ist das Antrag natürlich an das Amtsgericht A.

    Eine Besonderheit gibt es bei Ausschlagungen. Diese können fristwahrend bei den Amtsgerichten A und B erklärt werden. M.E. ist auch eine Ausschlagung beim Amtsgericht C möglich, die aber erst mit Eingang beim Amtsgericht A wirksam wird.

  • Aus der Rechtsantragstelle kenne ich das noch, dass wir alles aufnehmen konnten - und dann weiterleiten- egal ob nun örtlich zuständig oder nicht. Ist das beim Nachlassgericht auch so?

    Ja (vgl. Keidel/Sternal, FamFG, 16. Aufl., Rn 24-25 zu § 25).

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Kundenorientiert, wie wir Nachlassgerichte sind, beurkunden wir aber auch ohne dass uns ein Rechtshilfeersuchen vorliegt ...

    Mit der Konsequenz, dass Dinge, die nur bei dem örtlich zuständigen Gericht in der entsprechenden Akte vorliegen, nicht berücksichtigt werden und der Antragsteller seinen Antrag noch ergänzen muss.

    Ich rede immer kurz mit den Leuten und sage, sie sollen beim örtlichen zuständigen Gericht anrufen und fragen, wie die Kollegen es dort sehen. Wenn gewollt, rufe ich auch gerne selber an und lasse mir Akte mit Rechtshilfeersuchen schicken, damit ich einen sachdienlichen Antrag aufnehmen kann.

  • Ich wundere mich, dass überhaupt über diesen Punkt diskutiert wird, weil sich insoweit durch das Inkrafttreten des FamFG - von der Sonderregelung für Erbausschlagungen abgesehen - die Rechtslage nicht geändert hat.

    Zudem wurde gefragt, ob ein örtlich unzuständiges Nachlassgericht verpflichtet ist, einen Erbscheinsantrag für ein bei zuständigen Nachlassgericht anhängiges Nachlassverfahren aufzunehmen. Diese Frage ist einfach - nämlich verneinend - zu beantworten, weil es dafür keine Rechtsgrundlage gibt. Dass man im Einzelfall anders verfährt, weil man den Beteiligten einen Gefallen tun will (sog. "unterstelltes" Rechtshilfeersuchen), steht auf einem ganz anderen Blatt. Welche Gefahren mit einer solchen Verfahrensweise mangels Kenntnis vom Inhalt der Nachlassakten verbunden sein können, wurde bereits dargestellt.

  • Aus der Rechtsantragstelle kenne ich das noch, dass wir alles aufnehmen konnten - und dann weiterleiten- egal ob nun örtlich zuständig oder nicht. Ist das beim Nachlassgericht auch so?

    Ja (vgl. Keidel/Sternal, FamFG, 16. Aufl., Rn 24-25 zu § 25).


    Wie wird die Ansicht begründet?

    Aus § 25 Abs. 1 FamFG folgt, dass (auch Erbscheins-) Anträge zur Niederschrift der Geschäftsstelle abgegeben werden können. Während hier nur vom zuständigen Gericht die Rede ist, erlaubt § 25 Abs. 2 FamFG die Abgabe vor der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts. Keidel (a.a.O.) argumentiert - für mich überzeugend - damit, dass der Rechtspfleger, wenn er - wie hier - gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 3 RPflG ein Geschäft des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle wahrnimmt, nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet ist, die Erklärungen auch ohne Rechtshilfeersuchen zu beurkunden.

    So ist auch meine ständige Praxis. Soweit andere Amtsgerichte, was gelegentlich schon vorgekommen ist, sich weigern, ohne ein entsprechendes Rechtshilfeersuchen tätig zu werden, erteile ich ein solches selbstverständlich. Umgekehrt mache ich aber meine Beurkundungstätigkeit nicht von der Existenz eines Rechtshilfeersuchens abhängig.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Wenn es um den reinen Antrag ginge, würde ich der Anwendung des § 25 Abs. 2 FamFG zustimmen. Bei einem Erbscheinsantrag ist aber der wesentlichere Teil die Beurkundung der eidesstattlichen Versicherung, und die fällt jedenfalls dem Wortlaut nach aus dem Anwendungsbereich des § 25 Abs. 2 FamFG heraus, weil es sich weder um einen Antrag noch um eine Erklärung handelt, die vor dem UdG abgegeben werden kann. Insoweit handelt auch der Rechtspfleger nicht etwa als UdG, sondern als Gericht, wie sich aus § 2356 Abs. 2 BGB ergibt.

    Pragmatische Handlungsweisen will ich damit natürlich nicht ausschließen.

  • Vielen Dank für die vielen Antworten :).

    Ja, ich wollte tatsächlich gern wissen, ob eine Pflicht zur Aufnahme besteht. Ich bin nämlich auch eher der Meinung, dass diese nicht besteht... schon weil einem, wenn die Parteien einfach so auftauchen, ja meistens sämtliches Hintergrundwissen des Falles fehlt- insoweit ist den Parteien wohl wenig gedient, wenn ich irgendetwas protokolliere. Aber auch ich weiche von dieser Regelung natürlich ab, wenn es die Situation erfordert, ist ja klar...ist eben Einzelfallabhängig. ;)

  • Falls ein Bundesland auf die absurde Idee kommt, von der "neuesten" Öffnungsklausel mit der Folge Gebrauch zu machen, dass der Erbscheinsantrag als solcher der notariellen Beurkundung bedarf, erledigt sich das Thema ohnehin von selbst.

    Das heißt jetzt was? Habe ich mal wieder was verpasst? :gruebel::oops:

  • Falls ein Bundesland auf die absurde Idee kommt, von der "neuesten" Öffnungsklausel mit der Folge Gebrauch zu machen, dass der Erbscheinsantrag als solcher der notariellen Beurkundung bedarf, erledigt sich das Thema ohnehin von selbst.

    Das heißt jetzt was? Habe ich mal wieder was verpasst? :gruebel::oops:

    Das würde bedeuten, dass sämtliche Erbscheinsanträge vom Notar aufzunehmen sind, da diesem, wenn Gebrauch von der Öffnungsklausel gemacht wird, die alleinige Zuständigkeit der Beurkundung von eidesstattlichen Versicherungen im Erbscheinsverfahren zusteht. Natürlich könnte man den Antrag weiterhin zu Protokoll der Geschäftsstelle erklären, was aber keinen Sinn mehr ergäbe, da die Beurkundung der eidesstattlichen Versicherung dann trotzdem beim Notar zu erfolgen hätte.

    Da das nicht schon schlimm genug ist, könnte ein Gericht aus einem Bundesland, welches nicht von der Öffnungsklausel gebrauch macht, auch kein Rechtshilfeersuchen zur Beurkundung an ein Gericht in einem Bundesland schicken, dass von der Öffnungsklausel gebraucht macht, da dieses nicht dazu befugt wäre.

  • Kanns jedenfall nicht sein mit der FDP.
    In einem alten Rudi-Carrell-Lied heißts schließlich :

    ".....und schuld ist immer nur die SPD....."

    Und das glaub ich noch heute.:strecker

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