Beratungshilfe im Asylverfahren

  • Ich habe hier einen Antrag auf Bewilligung von nachträglicher Beratungshilfe (durch einen RA), der sich zur Frage der Angelegenheit in dem Wörtchen "Asyl" erschöpft. Auf Nachfrage wurde ergänzt, es handele sich um Vertretung gegenüber dem Bundesamt für Migration. Im Asylverfahren entstünden eine Vielzahl von rechtlichen Problemen über die im Einzelfall der Betroffene nach Bedarf beraten und ggf. vertreten werde. Welche Tätigkeiten notwendig wären, ließe sich jedoch erst nach Abschluss des Verfahrens sagen.

    Ich habe nochmals nachgehakt und meine Auffassung mitgeteilt, dass für die bloße Antragstellung in der Regel keine BerH bewilligt wird, es sei denn, es würde dargelegt, warum im konkreten Fall anwaltliche Hilfe erforderlich war.

    Daraufhin hat der Anwalt mitgeteilt, welche anwaltliche Hilfe erfoderlich sei, ließe sich erst im Nachhinein sagen. Der Antrag sei nur im Hinblick auf die Frist des § 6 gestellt worden.
    Es wird klar gestellt, für die Antragstellung als solche werde keine Beratungshilfe begehrt.
    Ich habe den Antrag daraufhin zurückgewiesen (im Kern deshalb, weil kein konkretes rechtliches Problem vorliegt) und beschäftige mich jetzt mit dem Rechtsmittel.
    Die Begründung lässt erkennen, dass der RA der Auffassung ist, dass es für die Bewilligung von Beratungshilfe ausreicht, wenn der Antragsteller sich in einem Asylverfahren befindet.
    Das geht mir entscheiden zu weit. Was mich aber aufmerken lässt, ist ein Satz in der Begründung der Erinnerung. Danach stand im Mittelpunkt der Beratung, dass der Antragsteller mit einem Visum eines anderen EU-Landes in die EU eingereist ist und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für das Verfahren in Deutschland.
    Ich tendiere dazu, dies als ausreichend konkretes - besonderes - rechtliches Problem zu sehen und Beratungshilfe zu bewilligen. Ich wäre aber dankbar für eure Meinungen - auch zur Formulierung der Angelegenheit in einem evtl. Beschluss.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Danach stand im Mittelpunkt der Beratung, dass der Antragsteller mit einem Visum eines anderen EU-Landes in die EU eingereist ist und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für das Verfahren in Deutschland.

    So Stichwort "Dublin-Verfahren"?
    Letztlich ist das alles trotzdem etwas vage, weshalb ich auch noch keine wirkliche Meinung zur Ablehnung oder Bewilligung hätte.
    Liegt denn wirklich kein Schreiben/Bescheid o.ä. des Migrationsamtes vor, aus dem man vielleicht mehr entnehmen könnte?


  • So Stichwort "Dublin-Verfahren"?

    Genau.
    Und es liegt tatsächlich weiter nichts vor. Der Antragsteller ist halt vermutlich einfach zum Anwalt, damit der ihn im Asylverfahren vertritt, weil er glaubt, damit bessere Karten zu haben (wer wollte es ihm verdenken, es geht für ihn um viel). Und da er kein Geld hat, ist der RA sofort bei Beratungshilfe. Dass neben der Mittellosigkeit dafür aber eben auch weitere Voraussetzungen vorliegen müssen, wird geflissentlich übersehen :(

    Das Stichwort "Dublin" ist schon alles, was an Substanz da ist. Allerdings - und hier werde ich mal taktisch - würde das ganze zu einer Art örtlichen "Prezendezfall“ , "Präzedenzfall" wenn ich nicht abhelfe. Und je einfacher ich es dem Richter mache, mich zu halten (also je fundierter und besser ich die Nichtabhilfe in dem Fall begründen kann), desto besser.
    Wenn ich nämlich nicht aufpasse, wird aus so einer Sache sonst schnell die grundsätzliche Entscheidung, dass in jedem Asylverfahren Beratungshilfe zu bewilligen ist.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

    Einmal editiert, zuletzt von omawetterwax (15. Mai 2015 um 13:34) aus folgendem Grund: Es tat mir in den Augen weh...


  • So Stichwort "Dublin-Verfahren"?

    Genau.
    Und es liegt tatsächlich weiter nichts vor.

    Dann würde ich auch bei der Ablehnung bleiben. BerH gibt es evtl. für ein konkretes Rechtsproblem, das es hier ja -noch- nicht gibt. Hier wurde ja offenbar präventiv ein Anwalt beauftragt, für den Fall das es vielleicht Probleme geben könnte. Das ist für mich kein ausreichender Grund für BerH. Auch ein Asyl-Bewerben muss erstmal ausreichend selbst tätig werden (Antrag stellen), da sind Asylbewerber nicht besser gestellt als andere Antragsteller.

  • Ich stimme Phil zu.
    Der Tatbestand "Wahrnehmung von Rechten" betrifft eben ein tatsächlich vorhandes rechtliches Problem, nicht eine präventive Rechtsberatung. Gepaart mit § 1 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 BerHG erscheint die Inanspruchnahme der Beratungshilfe in einem laufenden Asylverfahren darüber hinaus mutwillig, wenn der Antragsteller nicht darlegen kann, dass ein konkretes rechtliches Problem, für das er anwaltlicher Hilfe bedarf (nicht selbst tätig werden kann), besteht.

    Ich halte deine Entscheidung für richtig und würde entsprechend nicht abhelfen.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Wie du selbst sagst, müsste man ja der Argumentation des RA zufolge in Asylverfahren dann immer Beratungshilfe bewilligen. Das entspricht jedoch nicht dem Sinn und Zweck des Beratungshilfegesetzes.

    Dass der Antragsteller über einen Drittstaat eingereist ist, ist ja wohl erstmal unbestritten und faktisch richtig. Daran ändert ja auch der RA nichts mehr. Deswegen kann und muss der Antragsteller zunächst selbst Asyl beantragen und darlegen, weswegen es aus seiner Sicht nicht zuzumuten ist, zurück in diesen Drittstaat geschickt zu werden. Sollte diesem Antrag nicht entsprochen werden, kommt die Bewilligung von Beratungshilfe m.E. durchaus in Betracht.

    Insofern würde ich auch nicht abhelfen.

  • Kurzes Update: ich habe nicht abgeholfen und meine Richterin ist der Auffassung gefolgt.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Kurzes Update: ich habe nicht abgeholfen und meine Richterin ist der Auffassung gefolgt.

    :daumenrau Und damit ist die Sache ja auch beendet.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Darf ich mal an der Stelle fragen, ob sich das so überall durchgesetzt hat? Und gleich noch die Frage ergänzen für die Fälle, die bereits eine Ablehnung haben und somit nur noch befristete Duldung? (ich weiß, gabs extra Thema) In beiden Fällen war ja bis dato der Konsens keine Beratungshilfe, das war im Mai, bzw Anfang August.
    In unserem Gebiet fängt die Caritas an die Leute herzuschicken mit alten Vordrucken, ohne Unterlagen, ohne Übersetzter.

    Ich selber bin auch der Meinung Antrag kann jeder selber stellen und nach der Ablehnung bleibt der Klageweg, sprich VKH.

    Speziell würden mich die Argumente der evt. Gegenmeinung interessieren.

  • Darf ich mal an der Stelle fragen, ob sich das so überall durchgesetzt hat? Und gleich noch die Frage ergänzen für die Fälle, die bereits eine Ablehnung haben und somit nur noch befristete Duldung? (ich weiß, gabs extra Thema) In beiden Fällen war ja bis dato der Konsens keine Beratungshilfe, das war im Mai, bzw Anfang August.
    In unserem Gebiet fängt die Caritas an die Leute herzuschicken mit alten Vordrucken, ohne Unterlagen, ohne Übersetzter.

    Ich selber bin auch der Meinung Antrag kann jeder selber stellen und nach der Ablehnung bleibt der Klageweg, sprich VKH.

    Speziell würden mich die Argumente der evt. Gegenmeinung interessieren.

    Der Fall der Ablehnung des Asylantrages ist wohl derzeit das Thema:

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…t=b%FCrotourist

  • Einem jungen Ehepaar wurde vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Okt. 2015 mitgeteilt, dass ihr Termin im Asylverfahren (Aufenthaltserlaubnis) im Juni 2016 stattfindet, da eher kein Dolmetscher zur Verfügung steht. Beratungshilfe wird in der Angelegenheit: "Früherer Termin zur Aufenthaltserlaubnis" beantragt, da ihnen knapp 8 Monate bis zur Antragstellung zu lange erscheinen.

    Was sagt ihr zur Beratungshilfefähigkeit?

  • Einem jungen Ehepaar wurde vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Okt. 2015 mitgeteilt, dass ihr Termin im Asylverfahren (Aufenthaltserlaubnis) im Juni 2016 stattfindet, da eher kein Dolmetscher zur Verfügung steht. Beratungshilfe wird in der Angelegenheit: "Früherer Termin zur Aufenthaltserlaubnis" beantragt, da ihnen knapp 8 Monate bis zur Antragstellung zu lange erscheinen.

    Was sagt ihr zur Beratungshilfefähigkeit?

    Die dürfte nicht gegeben sein, weil auch die Einschaltung eines Anwalts nicht dazu führen wird, dass ein Dolmetscher zu einem früheren Zeitpunkt zur Verfügung steht.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Welche Gründe tragen sie denn vor, warum ihr Asylantrag besonders eilig ist? Die derzeitigen Zustände und damit verbundenen Wartezeiten dürften ja allgemein bekannt sein.

    Wir prüfen zwar nicht Erfolgsaussichten eines solchen Begehrens (kann ja durchaus sein, dass ein berechtigtes Rechtsschutzinteresse vorliegt), aber sofern nur pauschal vorgetragen wird, erscheint mir die Inanspruchnahme von Beratungshilfe mutwillig.

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Welche Gründe tragen sie denn vor, warum ihr Asylantrag besonders eilig ist? Die derzeitigen Zustände und damit verbundenen Wartezeiten dürften ja allgemein bekannt sein.

    Wir prüfen zwar nicht Erfolgsaussichten eines solchen Begehrens (kann ja durchaus sein, dass ein berechtigtes Rechtsschutzinteresse vorliegt), aber sofern nur pauschal vorgetragen wird, erscheint mir die Inanspruchnahme von Beratungshilfe mutwillig.


    :daumenrau

  • Auf Spiegel online gibt es aktuell einen kurzen Artikel zum Thema Klagen wegen langer Verfahrensdauer.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Das liest sich für mich so, als ob der Anwalt hier nur eingeschaltet werden soll, um Druck zu machen. Dafür gibts aber keine Beratungshilfe.
    Es ist noch keine belastende Entscheidung ergangen und somit ist noch keine rechtliche Beeinträchtigung eingetreten.

    So dumm wie es kommt, kannste gar nicht denken!

  • Vom Lehrgang mitgebracht:


    §11 AsylVfG
    Gegen Maßnahmen und Entscheidungen nach diesem Gesetz findet kein Widerspruch statt.

    Keine BerH, sondern sofortige Klage.
    BerH auch nicht für die Erfolgsaussicht der Klage, da das gericht alles noch Mal prüfen muss.
    Dies betrifft das Asylverfahren an sich.

    Bei ablehnenden Bescheiden für Leistungen etc. muss man sich die RMB ansehen.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Welche Gründe tragen sie denn vor, warum ihr Asylantrag besonders eilig ist? Die derzeitigen Zustände und damit verbundenen Wartezeiten dürften ja allgemein bekannt sein.

    Wir prüfen zwar nicht Erfolgsaussichten eines solchen Begehrens (kann ja durchaus sein, dass ein berechtigtes Rechtsschutzinteresse vorliegt), aber sofern nur pauschal vorgetragen wird, erscheint mir die Inanspruchnahme von Beratungshilfe mutwillig.

    8 Monate werden aber durchaus auch bei den "derzeitigen Zuständen" als zu lange bis zum ersten Anhörungstermin angesehen und entsprechend kann gegenüber dem BAMF auch vorgetragen werden, ggfs. mit dem Hinweis auf eine mögliche Untätigkeitsklage. Mutwilligkeit kann ich da nicht erkennen.

    PuCo: § 11 AsylVfG (jetzt: AsylG) ist m. E. nicht einschlägig - es ist ja gerade keine Entscheidung ergangen und von Maßnahme kann man da auch nicht sprechen. Die ggfs. zu erhebende Klage ist auch keine gegen eine Entscheidung des BAMF, sondern - wie oben erwähnt - eine Untätigkeitsklage.

    Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Versagers. (Oscar Wilde)

  • Heißt letztlich aber nur (nach meinem Rechtsverständnis), dass die Bewilligung von BerH für die Prüfung der Erfolgsaussichten einer Untätigkeitsklage (und auch nur dafür) möglich wäre. Die Rechtsauffassung von PuCo (bzw. des Dozenten, der das so gesagt hat) halte ich für falsch.

    Die Frage der Mutwilligkeit ist dennoch von Einzelfall zu Einzelfall zu betrachten.

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Heißt letztlich aber nur (nach meinem Rechtsverständnis), dass die Bewilligung von BerH für die Prüfung der Erfolgsaussichten einer Untätigkeitsklage (und auch nur dafür) möglich wäre. Die Rechtsauffassung von PuCo (bzw. des Dozenten, der das so gesagt hat) halte ich für falsch.

    Die Frage der Mutwilligkeit ist dennoch von Einzelfall zu Einzelfall zu betrachten.

    Da sind wir ja nicht wirklich weit voneinander entfernt. :)

    Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Versagers. (Oscar Wilde)

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