Rechtsantragstelle und Burka/Nicab?

  • Es wird in Köln zumindest öfter vorkommen als im Mecklenburger Umland! :teufel:

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Sowohl als Rechtsanwalt als auch als Rechtspfleger oder als Finanzbeamter muss ich mir über die Identität meines Gegenübers immer dann Gedanken machen, wenn diese zweifelhaft ist oder wenn es das Gesetz erfordert.

    Bezahlt der Mandant 100.000 Euro in bar beim Anwalt, muss der Anwalt die Identität wg. des Geldwäschegesetzes klären. Ebenso wenn der Mandant eine Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung abgibt.

    Auch der Rechtspfleger wird wohl bei der Erbausschlagung oder ähnlichen rechtsverbindlichen Erklärungen die Identität klären.

    Erscheint bei mir einer mit Strumpfmaske über den Kopf und will als Papst Franziskus aus der Kirche austreten, wirft das wohl Fragen auf.

    Ebenso würde ich jetzt der vollverschleierten Muslima ohne jede Unterlagen keine Auskünfte aus dem Steuerkonto geben. Im übrigen habe ich auch mit dem gar nicht Verschleierten, der bei mir nur in Badehose erschein, leider auch nicht über seinen Steuerfall reden wollen.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6


  • Im übrigen habe ich auch mit dem gar nicht Verschleierten, der bei mir nur in Badehose erschein, leider auch nicht über seinen Steuerfall reden wollen.

    Das lag aber nicht an einer (un-)möglichen Identitätsprüfung.

    Ich denke auch, dass es doch eher selten vorkommt. Im Einzelfall kann man dann sicher eine Lösung finden. Ich hab mir jedenfalls immer einen Ausweis zeigen lassen. Und das ergibt wenig Sinn, wenn ich denjenigen wegen einer Verschleierung nicht erkennen kann. Vielleicht kann man die "nette Kollegin aus dem Nachbarbüro" bitten, die Identitätsüberprüfung zu machen, wenn es der Antragstellerin so gar nicht möglich ist, den Schleier vor dem Rechtspfleger zu lüften (lüpfen?). Erst, wenn es häufiger vorkommt, würde ich nach Regelungen schreien.

    Es hört doch jeder nur, was er versteht.

    (Goethe)


  • Im übrigen habe ich auch mit dem gar nicht Verschleierten, der bei mir nur in Badehose erschein, leider auch nicht über seinen Steuerfall reden wollen.

    Das lag aber nicht an einer (un-)möglichen Identitätsprüfung.

    Doch. Ich bin an das Steuergeheimnis gebunden. Siehe auch § 355 StGB.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Ich hatte den Fall noch nicht, halte ihn aber nicht für so abwegig, dass man sich nicht im Vorfeld seine Gedanken dazu machen kann. Ich denke auch, soweit eine Identitätsprüfung notwendig wird, ist eine Lüften der Gesichtsbedeckung unumgänglich. Ich gehe auch davon aus, dass das in der Regel nicht zu Problemen führen dürfte.
    Wenn ein Antrag für einen anderen Entscheider aufgenommen wird, könnte ich mich ebenfalls damit abfinden, meinem Gegenüber nicht ins Gesicht sehen zu können.
    Was aber, wenn ein Antrag gestellt werden soll, über den ich zu entscheiden habe? Und wenn es sich "nur" um einen Antrag auf BerH handelt. Soll ich dann tatsächlich darauf zurückgeworfen sein, nur mit den Augen meines Gegenübers zu kommunizieren?
    Damit hätte ich ein Problem, offen gesagt.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Und wenn es sich "nur" um einen Antrag auf BerH handelt. Soll ich dann tatsächlich darauf zurückgeworfen sein, nur mit den Augen meines Gegenübers zu kommunizieren?
    Damit hätte ich ein Problem, offen gesagt.

    und das ist das hauptsächliche Problem, Beratungshilfe mit entsprechender eidesstattlicher Versicherung ...


  • Im übrigen habe ich auch mit dem gar nicht Verschleierten, der bei mir nur in Badehose erschein, leider auch nicht über seinen Steuerfall reden wollen.

    Das lag aber nicht an einer (un-)möglichen Identitätsprüfung.

    Doch. Ich bin an das Steuergeheimnis gebunden. Siehe auch § 355 StGB.

    Jetzt müsstest Du mir bitte vom Schlauch helfen. Warum kannst Du seine Identität nicht überprüfen, wenn er in Badehose erscheint?

    Es hört doch jeder nur, was er versteht.

    (Goethe)

  • Wow, da hast du aber sehr gründlich geprüft. Nur reingeguckt oder ganz ausziehen lassen? Ich bin für sowas etwas zu schüchtern. :D

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • @ Adora Belle: Als Insolvenzschuldner muss man bei seinem Insolvenzverwalter immer schön den Ausweis vorzeigen. Dieser wird in der Regel sogar kopiert. (Der Insolvenzverwalter bekommt seine "Kunden" in der Regel nicht zu Gesicht. Dann wenigstens die Ausweiskopie. Ist nämlich im Hinblick auf höchstpersönliche Verfahrensbearbeitung ganz doof, wenn man in der Gläubigerversammlung sitzt und sich wundert, wer (= Insolvenzschuldner) da anwesend ist. Den Insiderwitz wird jetzt aber max. BReamter verstehen.)

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Vielleicht kann man die "nette Kollegin aus dem Nachbarbüro" bitten, die Identitätsüberprüfung zu machen, wenn es der Antragstellerin so gar nicht möglich ist, den Schleier vor dem Rechtspfleger zu lüften (lüpfen?).


    Ich halte das wie gesagt für gerade keine denkbare Lösung, denn der Geschäftsverteilungsplan ist wie er ist und den sollte man nicht, und erst Recht nicht bei radikalen Spleens einer schwierigen Klientel, zur Debatte stellen. Man würde einem "Reichsbürger" zu Liebe ja auch nicht die Zuständigkeit beliebig handhaben oder für Verfahren von Feministinnen nur Frauen als Entscheiderinnen vorsehen.
    Mal ganz abgesehen davon, dass das eine fatal devote Signalwirkung für den Rechtsstaat besäße...

  • Vielleicht kann man die "nette Kollegin aus dem Nachbarbüro" bitten, die Identitätsüberprüfung zu machen, wenn es der Antragstellerin so gar nicht möglich ist, den Schleier vor dem Rechtspfleger zu lüften (lüpfen?).


    Ich halte das wie gesagt für gerade keine denkbare Lösung, denn der Geschäftsverteilungsplan ist wie er ist und den sollte man nicht, und erst Recht nicht bei radikalen Spleens einer schwierigen Klientel, zur Debatte stellen. Man würde einem "Reichsbürger" zu Liebe ja auch nicht die Zuständigkeit beliebig handhaben oder für Verfahren von Feministinnen nur Frauen als Entscheiderinnen vorsehen.
    Mal ganz abgesehen davon, dass das eine fatal devote Signalwirkung für den Rechtsstaat besäße...

    Das sehe ich anders. Einen (anders als bei Richtern) verbindlichen Geschäftsverteilungplan gibt es gerade nicht. Außerdem wären entsprechende Normen, die eine Überprüfung der Identität erforderten, verfassungskonform vor Hintergrund von Art. 4 GG auszulegen. Da erscheint mir die von Krotti vorgeschlagene, pragmatische Lösung doch das Beste.

    -Vanitas vanitatum et omnia vanitas -



  • Vielleicht kann man die "nette Kollegin aus dem Nachbarbüro" bitten, die Identitätsüberprüfung zu machen, wenn es der Antragstellerin so gar nicht möglich ist, den Schleier vor dem Rechtspfleger zu lüften (lüpfen?).


    Ich halte das wie gesagt für gerade keine denkbare Lösung, denn der Geschäftsverteilungsplan ist wie er ist und den sollte man nicht, und erst Recht nicht bei radikalen Spleens einer schwierigen Klientel, zur Debatte stellen. Man würde einem "Reichsbürger" zu Liebe ja auch nicht die Zuständigkeit beliebig handhaben oder für Verfahren von Feministinnen nur Frauen als Entscheiderinnen vorsehen.
    Mal ganz abgesehen davon, dass das eine fatal devote Signalwirkung für den Rechtsstaat besäße...

    Mir geht es nicht um die weitere Sachbearbeitung. Lediglich das Gesicht ansehen und mit dem Ausweis vergleichen sollte die Kollegin. Die restliche Bearbeitung erfolgt selbstverständlich durch den nach Geschäftsverteilungsplan zuständigen Rechtspfleger.

    Es hört doch jeder nur, was er versteht.

    (Goethe)

  • Außerdem wären entsprechende Normen, die eine Überprüfung der Identität erforderten, verfassungskonform vor Hintergrund von Art. 4 GG auszulegen.


    Absolut. Das bedeutet indes noch lange nicht, dass ein Festhalten an der Zuständigkeit hier verfassungswidrig wäre. Es steht dem verschleierten Bürger oder der Bürgerin ja offen, insoweit beim Direktor eine Änderung der Zuständigkeit zu beantragen.

  • Außerdem wären entsprechende Normen, die eine Überprüfung der Identität erforderten, verfassungskonform vor Hintergrund von Art. 4 GG auszulegen.


    Absolut. Das bedeutet indes noch lange nicht, dass ein Festhalten an der Zuständigkeit hier verfassungswidrig wäre. Es steht dem verschleierten Bürger oder der Bürgerin ja offen, insoweit beim Direktor eine Änderung der Zuständigkeit zu beantragen.

    Deswegen schrieb ich ja "pragmatische Lösung". Wenn ein Bekannter auf die RAST kommt verweise ich ja auch an den/die Kollegen/Kollegin und lasse meinen Bekannten nicht eine "Änderung der Zuständigkeit" beantragen.

    -Vanitas vanitatum et omnia vanitas -



  • ja hatten wir

    Eine Deutsche die zum Islam konvertiert ist und mit Niqab kam. Wir haben hier die Anweisung der Verwaltung Einlass nur mit Kontrolle ( Metallscanner , Handscanner und Taschenkontrolle usw.; incl. Ausweis bei jedem ausser RA ). Die Dame weigerte sich den Schleier zu entfernen. Das führte soweit , dass die Dame in einen separaten Raum gebracht wurde. Die Vorhänge zugezogen werden mussten, da ansonsten von den Fenstern auf den anderen Seite ein Mann hätte reinsehen können; Weiterhin wollte Sie den Antrag;nur von einer Rechtspflegerin stellen. Wurde dann auch so gemacht :mad:

    Unsere Präsidentin hat danach entschieden, dass das zu weit ging und in Zukunft; die Leute immer vom dem Rechtspfleger; / der Rechtspflegerin bearbeitet :teufel: werden der zuständig ist.
    gruß

    wulfgerd

  • Deswegen schrieb ich ja "pragmatische Lösung". Wenn ein Bekannter auf die RAST kommt verweise ich ja auch an den/die Kollegen/Kollegin und lasse meinen Bekannten nicht eine "Änderung der Zuständigkeit" beantragen.


    Jeder nach seiner Facon. Ich persönlich halte das wegen der vorgenannten Nebeneffekte letztlich für ein weiteres Zeichen eines schwachen, inkonsequenten Rechtsstaates, der nun mal von Förmlichkeit lebt.
    Jeder hat das Recht, einer radikalen Minderheit anzugehören, aber daraus erwächst keine Bringschuld für Behörden, eigene Prinzipien aufzugeben, nur damit Radikale sich beim Behördengang besonders kuschelig fühlen. Man akzeptiert ja auch keine Ausweise von "Reichsbürgern", nur weil man damit zunächst Ärger vermeiden würde.

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