§ 29 III GBO - Siegel oder Stempel?

  • Spannende Rechtsfrage. Ich hab Verständnis für den ZVG-Kollegen (bzw. die Kollegin), dem zur Klärung ja nur die Beschwerde blieb. Bei meinem Gericht wird der Siegelabdruck unter das Ersuchen nach § 130 ZVG noch manuell gesetzt. Aber vergessen wir nicht, dass wir auf Reisen in Richtung E-Akte sind ...

  • Aber man muss nicht alles dem EDV-Wahn unterordnen. Wenn ich die auswärtigen Eröffnungsniederschriften in Nachlasssachen sehe, dann kommt mir das Kotzen. "Maschinell erstellt und ohne Unterschrift gültig". Wenn nicht mal mehr einer unterschreibt, was soll den das bitteschön für eine Urkunde sein. Taugt bestenfalls als Klopapier!

  • Für diese spezielle Anwendung ist das Behördenpapier denkbar ungeeignet, auch die aktuellen Tageszeitungen scheinen mir dafür nicht mehr so geeignet wie früher.

    Zur Sache selbst muss man sagen, dass das Eine (Papierurkunden und deren Form) nichts mit dem Anderen (elektronischer Rechtsverkehr) zu tun hat.
    Für eine virtuelle Urkunde müssen dann eben Sondervorschriften (die es eh schon gibt) her. Hier geht es auch nicht um eine Mischform, sondern schlichtweg um ein Blatt Papier das aus dem Drucker kommt, wo ist hier das Problem da einen Stempel draufzudrücken und gefälligst händisch zu unterschreiben?

  • Bayern versucht wohl momentan so schnell wie möglich eine Änderung des § 29 Abs. 3 GBO durchzubringen. Allerdings zieht der Bund nicht so recht mit und vertröstet auf später. Kommt mir irgendwie bekannt vor dass Bayern drängt und die Spielverderber in Berlin.....
    Jetzt kann nur noch der BGH helfen.
    Ich sehe nirgendwo den von Bayern behaupteten signifikanten Mehraufwand durch ordnungsgemäße Siegelung, oder seht ihr das anders?

  • Das übliche Geschwätz aus dem hiesigen Ministerium.

    Ich darf an die maschinellen Grundpfandrechtsbriefe erinnern, wo es - vor der entsprechenden Änderung der GBV - darum ging, ob händisch gesiegelt und unterschrieben werden muss (und hierüber im Forum und fachzeitschriftlich wild diskutiert wurde). Auch dort hatte sich das Ministerium sachfremd und sinnfrei geäußert. Aber die dortigen Damen und Herren müssen im Gegensatz zu den Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern ja für ihr Geschwätz nicht die Hand ins haftungsrechtliche Feuer legen.

    Und im Fall Gurlitt war das Geschwätz noch unerträglicher.

  • Ja, schon schlimm mit diesem ganzen Arbeitsaufwand, dauert alles viel zu lange, schlimm, schlimm.


    ...so ich muss jetzt erstmal meinen Gänsekiel nachschneiden und das Tintenfass auffüllen, den Tintenfisch hab ich schon besorgt, den muss ich jetzt nur noch ausdrücken, diesmal landet hoffentlich alles im Tintenfass.
    Und den Eimer mit Löschsand muss ich auch noch auffüllen....:cool:

  • [FONT=Helvetica, Arial]D[/FONT][FONT=Helvetica, Arial]ie in der Tinte enthaltenen Eisen-Ionen beschleunigen [FONT=Helvetica, Arial]den oxidativen[/FONT] Abbau der Cellulose in dem billigen Behördenpapier zu sehr.[/FONT]

  • Auf diese bahnbrechende Errungenschaft unserer Vorfahren möchte ich noch besonders hinweisen. Sie gilt es zu verteidigen:

    Aus Wikipedia: "Das Rollsiegel ist erstmals zwischen 3200 und 3100 v. Chr. in der sumerischen Uruk-IV Schicht belegt und wurde ohne direkte Übergangsformen als „neue Idee“ eingeführt."

  • Das Stempelsiegel (AKA Petschaft), welches seit 6000 v.Chr. benutzt wurde, wurde dann kaum 2300 Jahre nach der überhasteten Einführung des Rollsiegels wieder aus der Versenkung geholt. Plus ca change...

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • zu 17: Dann müssten die auch gleich die ZPO und sonstigen Verfahrensvorschriften ändern. Der dortige Terminus (vgl. § 317 Abs. 4, § 725 ZPO) ist kein anderer als der in § 29 Abs. 3 GBO.
    Denkt man das konkret zu Ende, dann wären alle Urteilszustellungen unwirksam.

    Was macht Ihr übrigens momentan mit Erbscheinsausfertigungen, vollstreckbaren Ausfertigungen etc. Beanstandet Ihr da. Vor allem die Antwort von Martin würd mich brennend interessieren

  • Die Beschwerde wird i.Ü. damit begründet, dass das manuelle Siegel aufgrund der heute gegebenen technischen Möglichkeiten keinen höheren Beweiswert hat, als das EDV-Siegel. Mit einem 3D-Drucker kann man ein Siegel locker nachmachen. Da hat der Kollege auf jeden Fall recht. Die Grundbuchunrichtigkeit (aufgrund Zuschlag) ist gerichtskundig und es entfällt daher das Erfordernis einer Siegelung entspr. der zitierten Entscheidung des OLG.

  • .... Mit einem 3D-Drucker kann man ein Siegel locker nachmachen. Da hat der Kollege auf jeden Fall recht. ..

    Auch Banknoten oder Personalausweise lassen sich (für diejenigen, die sich auskennen) „locker nachmachen“. Ich habe allerdings bislang nicht vernommen, dass diesen nachgemachten Unterlagen der gleiche Beweiswert wie den Originalen zukommen soll. Die ganze Diskussion wurde im Übrigen bereits in dem in #18 genannten Thread geführt.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Eigentlich nicht, denn die Entscheidung 34 Wx 17/16 hat ja -jedenfalls bei manchen Kollegen- dazu geführt, dass gesagt wird, Ersuchen nach § 29 Abs. 3 GBO derselben Behörde bedürfen gar keiner Siegelung, da mir als Grundbuchrechtspfleger ja die durch den Zuschlag eingetretene Grundbuchunrichtigkeit aus den Versteigerungsakten offenkundig bekannt ist.

    Im entschiedenen Fall ging es zwar um eine "Erklärung" i.S.v. § 29 Abs. 3 GBO, aber die Entscheidung müsse von Sinn und Zweck des § 29 GBO her dann auch für "Ersuchen" i.S. dieser Vorschrift gelten.

  • Martin: An der angeblichen Offenkundigkeit der Zuschlagsfolgen möchte ich energische Zweifel anmelden. Das Grundbuchamt mag den Zuschlagsbeschluss kennen, aus dem sich neben der Tatsache des Eigentumsübergangs und der Identität des Erstehers auch das Bestehenbleiben oder Erlöschen von Rechten ergeben. Doch dürfte ihm kaum bekannt sein, welche Belastungen zufolge Liegenbelassungsvereinbarung nun doch zu übernehmen sind oder umgekehrt welche vermeintlich zu übernehmenden Belastungen außerhalb des Zwangsversteigerungsverfahrens erloschen sind. Von entstandenen Sicherungshypotheken nach erfolgter Forderungsübertragung mal ganz zu schweigen. Für all das zeichnet das Vollstreckungsgericht verantwortlich und entscheidet hierüber durch das Ersuchen nach § 130 ZVG.

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