Erbfolge bei Bindungswirkung Erbvertrag

  • Hallo Zusammen,

    ich habe den folgenden Fall: Ehegatten A + B sind im Grundbuch eingetragen, notarieller Erbvertrag regelt, dass der Zuerststerbende Ehegatte den Überlebenden zum Alleinerben einsetzt und Schlusserben sind ,,die gemeinsamen Abkömmlinge“. Weiter gibt es die Passage ,,Der Rücktritt von diesem Erbvertrag wird nicht vorbehalten.“

    Die Frau ist 2018 verstorben, der Mann hat 2019 nochmal ein notarielles Testament errichtet. Hier sind die Kinder zu Erben eingesetzt und es ist TV angeordnet.

    Die Kinder beantragen jetzt Grundbuchberichtigung ohne TV-Vermerk.

    Das zweite Testament ist in meinen Augen ungültig aufgrund des nicht vorbehaltenen Rücktritts - oder ist hier ein Erbschein erforderlich? Den benötige ich ja ohnehin, wenn ich mich auf den Erbvertrag stütze mit der Formulierung der ,,gemeinsamen Abkömmlinge“ ... oder wie seht ihr das?

  • Ist die Schlusserbeneinsetzung denn vertragsmäßig oder nur einseitig? Das ist eine Frage, die mit dem Vorbehalt (oder nicht) eines Rücktritts nichts zu tun hat.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Der Passus der gemeinsamen Abkömmlinge kann mit e.V. und Geburtsurkunden belegt werden.

    Dass es keine weiteren Stämme gibt aber nicht -> eV, wenn nicht diese Bestimmungen des Erbvertrags nur einseitig waren.

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  • Im Erbvertrag heißt es: ,,Das Erststerbende von uns beruft den überlebenden Ehegatten zu seinem Alleinerben“ und weiter: ,,Der überlebende von uns beruft zu seinen Erben unsere gemeinschaftlichen Abkömmlinge. Diese Bestimmung hat vertraglichen Charakter“.

    Im notariellen Testament heißt es dann zunächst ,,Ich habe bislang keine VvTw errichtet. Rein vorsorglich widerrufe ich hiermit alle von mir errichteten Verfügungen“ und weiter ,,Zu meinen Erben setze ich meine 4 Kinder C,D,F,G ein und ordne Testamentsvollstreckung an“.

    Ja stimmt, die Möglichkeit gibt es neben dem Erbschein natürlich auch.

  • Der Erbvertrag sollte - wenn er vernünftig beurkundet wurde - immer Ausführungen dazu enthalten, welche Verfügungen vertragsmäßig sind und welche nicht.

    War (auch) die Schlusserbeneinsetzung vertragsmäßig, ist die angeordnete Testamentsvollstreckung unwirksam. War sie es nicht, ist die TV wirksam und auch die namentliche Nennung der Schlusserben "übertrumpft" die nicht namentliche erbvertragliche Benennung der "Abkömmlinge". War die Schlusserbeneinsetzung dagegen bindend, stellt sich erst im Zuge einer von allen potentiellen Miterben abzugebenden notariellen eV (nebst Vorlage der Geburtsurkunden) heraus, ob beide Erbeinsetzungen identisch sind.

  • Während ich schrieb, kam die Aufklärung des Fragestellers.

    Die Schlusserbeneinsetzung war also vertragsmäßig (ob es plausibel ist, dass die gegenseitige Erbeinsetzung der Ehegatten nicht vertragsmäßig war, sei einmal dahingestellt, weil es darauf nicht ankommt).

    Deren einseitiger Widerruf ist also unwirksam und die Anordnung der Testamentsvollstreckung ist ebenfalls unwirksam. Auch eine abweichende Schlusserbeneinsetzung wäre also unwirksam, sodass durch notarielle eV aller potentiellen Miterben (nebst Vorlage der Geburtsurkunden) zu klären ist, ob beide Erbeinsetzungen identisch sind. Sind sie es, beruht die Erbfolge auf beiden Verfügungen und sind sie es nicht, bestimmt sich die Erbfolge nach der erbvertraglichen Verfügung.

  • Deren einseitiger Widerruf ist also unwirksam und die Anordnung der Testamentsvollstreckung ist ebenfalls unwirksam. Auch eine abweichende Schlusserbeneinsetzung wäre also unwirksam, sodass durch notarielle eV aller potentiellen Miterben (nebst Vorlage der Geburtsurkunden) zu klären ist, ob beide Erbeinsetzungen identisch sind. Sind sie es, beruht die Erbfolge auf beiden Verfügungen und sind sie es nicht, bestimmt sich die Erbfolge nach der erbvertraglichen Verfügung.

    Weshalb bedarf es überhaupt der Prüfung mit den genannten Unterlagen, ob beide Erbeinsetzungen identisch sind? Warum kommt man im vorliegenden Fall nicht zum Ergebnis, dass die Schlusserbeneinsetzung im notariellen Testament ohnehin unwirksam ist (und maßgebend nur der Erbvertrag)?

  • Weil sie nicht unwirksam ist, wenn sie mit derjenigen im Erbvertrag identisch ist, sondern sie stünden dann nebeneinander. Richtig ist allerdings, dass es darauf im Ergebnis nicht ankommt, weil beide Verfügungen in notarieller Form errichtet sind.

  • Im Erbvertrag (A und B, Eheleute) steht:

    1. Wir setzen uns gegenseitig zu Alleinerben ein.
    2. Der Überlebende soll nicht berechtigt sein, über den ererbten Nachlass unentgeltlich oder letzwillig zu verfügen.
    3. Nach dem Tode des Längstlebenden von uns sollen unsere ehelichen Abkömmlinge Erben zu gleichen Teilen werden. Ersatzerben sollen deren Abkömmllinge nach Stämmen sein.

    A verstirbt. B errichtet ein neues notarielles Testament.

    In diesem sagt sie, dass sie nur über ihr nach A. ererbtes Vermögen durch den Erbvertrag beschränkt sei. Im übrigen hebst sie vorsorglich alle letzwillige Verfügung von Todes wegen auf.

    Sie erklärt, aus der Ehe mit A zwei Kinder C und D zu haben. D ist vorverstorben und sie setzt E und F, seine Kinder ein.
    C zu 1/2, E und F zu je 1/4.
    In diesem Testament ordnet sie Vermächtnisse an.

    Nunmehr gehen C, E und F sowie G (Kind von C) zum Notar und erfüllen die Vermächtnisse.

    Die Grundstücke gehörten nie A, so dass diese unter die Beschränkung Ziffer 2 nicht fallen.

    Jedoch ist für mich fraglich, ob wegen Ziffer 3 des Erbvertrages B keine wirksame Verfügung über ihr eigenes Vermögen treffen konnte.

    Dann bräuchte ich einen Erbschein bzw. Abstammungsurkunden und eV.

    Oder reicht in diesem Fall auch die Erklärung im notariellen Testament? Denn dieses widerspricht ja nicht dem Erbvertrag, sondern nimmt zusätzlich noch die namentliche Benennung vor.

    Sollte die Vereinbarung zu 3 nicht vertragsmäßig sein, greift sowieso das Einzeltestament.

  • 1) ist C auch vorverstorben und ist G sein (einziges?) Kind?

    2) steht im Erbvertrag nichts davon, was bindend sein soll und was nicht? Dann wäre alles bindend.

    3) sind im Erbvertrag wirklich "unsere Abkömmlinge zu unter sich gleichen Teilen" eingesetzt? Nicht nach Stämmen? Dann müsste man klären, ob E, F und G nicht auch noch Kinder haben...

    Solche Erbverträge wären nicht passiert zu Zeiten, als einfach die vorgedruckten Formulare ausgefüllt wurden, anstatt dass jemand nachdenkt (und dann die Hälfte vergißt) :evil:

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  • C lebt noch, sonst könnte er nicht zum Notar gehen :)
    Nein, zur Bindungswirkung steht nichts
    Text ist wörtlich zitiert

    Ah ja.

    Warum kommt G dann auch? Fragen über Fragen, aber ich wäre dann der Meinung, dass - wenn es keine weiteren Abkömmlinge von A und B gibt -

    • der Erbvertrag insgesamt bindend ist,
    • sich die Erbfolge nach dem Längerlebenden nicht aus ihm ergibt (niemand namentlich genannt),
    • dass C, E, F und G zu je 1/4 Erben von B geworden sind,
    • dass man einen Erbschein zum Nachweis der Erbfolge braucht
    • dass die erklärten Auflassungen für die Vermächtnisse wirksam sind, denn alle Erben haben aufgelassen.

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  • Man kann die Frage der Vertragsmäßigkeit der Schlusserbeneinsetzung pragmatisch umgehen, wenn man anhand von Personenstandsurkunden feststellt, dass die erbvertragliche Schlusserbeneinsetzung und die spätere einseitige Testierung eine personell und quotal identische Erbeinsetzung beinhaltet. Denn dann beruht die Erbfolge auf beiden letztwilligen Verfügungen und die Letztere (einseitige) ist zur Grundbuchberichtigung geeignet.

    Die erbvertragliche Erbeinsetzung wäre es für sich alleine nach neuerer Rechtsprechung nicht (KG BeckRS 2024, 17008).

  • Danke für die Hilfe.

    Hinsichtlich der Entscheidung des KG bedeutet dies doch, dass die bisherige Berichtigung aufgrund letzw. Vfg und e.V und Urkunden bei nicht namentlicher Benennung nicht mehr möglich ist und immer ein Erbschein zu fordern wäre?

  • Das wird zu einer Umgewöhung führen, welche nicht jeder klasse finden wird. Auch auf Rpflseite. Die Diskussionen werden anstrengend. Gerade für Privatpersonen war die e.V. schon schwer zu erläutern, da konnte man immer noch mit den Kosten argumentieren, dann wurde dies eher akzeptiert.

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