Helfen Rechtsausführungen dem Rechtspfleger bei schwierigen Rechtsfragen?

  • Ich habe gelegentlich Fälle, in denen ich das Grundbuchamt mit nicht immer leichten Konstellationen konfrontieren muss. Dies folgt daraus, dass die Parteien in der Regel irgendetwas veranlasst haben, ohne Rücksprache zu halten.
    In solchen Fällen frage ich mich, ob Rechtsausführungen im Anschreiben an das Grundbuchamt angezeigt sind. Natürlich müssen die Rechtsausführungen, nach Möglichkeit, mit Rechtsprechungsfundstellen belegt werden.

    Meine Kollegen sind bzgl. der Rechtsausführungen geteilter Meinung: Manche sagen, der Rechtspfleger fühle sich dadurch gerade provoziert, die Rechtsausführungen anzuzweifeln. Ich fände ein reflexhaftes Anzweifeln (also ein Infragestellen oder eine Vermutung der Falschheit, nicht eine genaue Prüfung) bedauerlich, kann es aber nicht ausschließen.
    Ich glaube aber dennoch, dass das wortlose "Hinklatschen" schwieriger Sachverhale viel eher Probleme aufwirft.

    Was macht Ihr, wenn Rechtsausführungen beigefügt sind? Schöpft Ihr "erst einmal" Verdacht (ist ja legitim)? Wenn ja, wie prüft ihr die Rechtsausführungen? Zuerst mit dem Schöner/Stöber, vermute ich. Was, wenn Ihr dort nicht fündig werdet? Und lasst Ihr Euch eines Besseren belehren? Wenn ihr Rechtsausführungen manchmal für sinnvoll haltet, wie sollten sie beschaffen sein?
    Danke für Eure Hinweise und GRuß
    Micha

  • Man muss sich Rechtsausführung ja nicht anschließen... ;)

    Ich würde mich durch rechtliche Ausführungen nicht überrannt oder bevormundet fühlen... Vielleicht eröffnen genau diese einen ganz anderen Blickwinkel, den man vielleicht auch noch gar nicht so gesehen hat...

    Oftmals gibt es eben nicht nur eine rechtlich saubere Lösung.

  • Als alter "Grundbuchhase" bin ich für Rechtsausführungen, die mit Fundstellen belegt sind, grundsätzlich immer dankbar. Man lernt auch nach Jahrzehnten immer noch gerne dazu.
    Allerdings gibt es leider auch Notare, die - absichtlich oder nicht - den falschen Ton anschlagen. Erläuterungen mag ich, aber Belehrungen (der dumme Rechtspfleger ist ja nicht in der Lage, die komplizierte Rechtslage zu durchschauen, lassen wir ihn an unserer Weisheit teilnehmen) ärgern mich schon fürchterlich.

    Am besten finde ich es, wenn solche komplizierten Konstruktionen mündlich oder fernmündlich mit mir erörtert werden.

  • Ich finde auch, daß der Ton die Musik macht. Von vornherein belehren lassen mag ich mich auch nicht. Zudem sollte das nicht inflationär werden (übertrieben gesagt, wie eine Grundschuld eingetragen wird, weiß ich auch schon). Das stumpft ab oder nervt sogar. Ansonsten bin ich für Hinweise und Anregungen zum Nachlesen dankbar (besonders, wenn ich auch an die Fundstellen komme, denn z.B. ein Bayerisches Ministerialblatt ist mir nicht zugänglich).

    Klar sind Schöner/Stöber und Demharter der erste Griff, da sie hier Standardausstattung sind. Aber das ist nicht der Weisheit letzter Schluß. Wir haben mehr als ein Buch und noch eine OLG-Bibliothek.

    Wer mir eine Fundstelle "um die Ohren hauen" will, sollte auch bereit sein, mir den Text zu beschaffen und auf Gegenwehr gefaßt sein. Ich lasse mich jedoch sachlich durchaus überzeugen.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Ich finde auch, der Ton macht die Musik.
    Ich lasse mich gerne sachlich von einer anderen Rechtsauffassung als meiner überzeugen, erst recht, wenn sie mit Fundstellen aus der Rechtsprechung belegt wird.
    Soweit aber ein Notar - wie bei mir schon geschehen - seine Rechtsauffassung nur mit einem von ihm selbst verfassten Artikel in einer Notarzeitschrift belegen kann, den er dem Antrag von vornherein beilegt, fühl ich mich eher provoziert und neige erst mal dazu, Argumente gegen diese Rechtsauffassung zu finden und auch mal zurückzuweisen.

  • Wie Vorposter.



    ebenso.

    Selbstverständlich sind Rechtsausführungen grundsätzlich hilfreich, um so mehr, wenn sie noch mit (vernünftigen :D) Fundstellen belegt sind.


    Schließe mich an. Es erleichtert einfach die Arbeit, wenn man schon Fundstellen oder Rechtsausführungen gezeigt bekommt. Mit Bevormundung hat das nichts zu tun denn wenn ich nicht der "gelieferten Meinung" bin, dann entscheide ich eh anders.;)

  • Also ich hätte absolut nichts gegen entsprechende Ausführungen, sofern es um seltene/ungewöhnliche Sachverhalte oder um bekanntermaßen streitige Dinge geht. In solchen Fällen zeigen die Ausführungen doch immerhin schon mal, dass dem Notar die Probleme bewusst sind und er sich Gedanken gemacht hat.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Also ehrlich gesagt werde ich in den seltenen Fällen, in denen Rechtsauffassungen im Antrag dargelegt werden, erstmal mißtrauisch. ;)

    Die meisten Probleme lösen sich von selbst - man darf sie nur nicht dabei stören.

  • Also ich finde Rechtsausführungen teilweise auch sehr angebracht. Prüfe diese auch immer und irgendwo wird man auch immer fündig. Gern lass ich mich dann auch eines besseren belehren, man lernt ja schließlich nie aus. Finde es auch manchmal sehr hilfreich wenn man komplexe Probleme in einem persönlichen Gespräch oder telefonisch erläutert.

  • Warum soll ich auch noch einmal in der Bücherei oder im Internet suchen, wenn das Notariat die Literatur oder Entscheidung schon kennt? Für einen kurzen Hinweis, warum man etwas für eintragungsfähig hält, bin ich immer dankbar.

    Und ich bin auch nicht so vergnügungssüchtig, dass ich immer die Gegenmeinung suchen muss, um der angebotenen Ansicht nicht folgen zu müssen.

  • Wie hier auch schon angesprochen wurde: der Ton macht die Musik.

    Grundsätzlich finde ich es gut, wenn mich der Notar gleich auf eine besondere Problematik hinweist und vielleicht auch schon Rechtsprechung oder Kommentierung parat hat. Dann weiß ich wenigstens, was warum so eingereicht wurde. Es sollte nur nicht oberlehrerhaft rüberkommen, da reagieren wohl die meisten allergisch. :cool:

    Life is short... eat dessert first!

  • Klingt ja erstmal ganz gut. Oberlehrerhaft gegenüber dem Rechtspfleger aufzutreten sollte sich der Notar schon allein deshalb nicht leisten, um die Interessen seiner Mandanten zu fördern. Ich betrachte das Übermitteln von Rechtsauffassungen auch als Dienstleistung für den Rechtspfleger.

    Ich hatte allerdings manchmal das Gefühl, dass manche Rechtspfleger sich durchaus überzeugen lassen, aber gern ihr "Gesicht wahren" wollen, wenn sie bei komplizierten Sachen etwas übersehen haben. Ich bin gern bereit, dieses Spiel mitzuspielen; irgendwelche Tipps?


  • Ich hatte allerdings manchmal das Gefühl, dass manche Rechtspfleger sich durchaus überzeugen lassen, aber gern ihr "Gesicht wahren" wollen, wenn sie bei komplizierten Sachen etwas übersehen haben. Ich bin gern bereit, dieses Spiel mitzuspielen; irgendwelche Tipps?



    Wenn ich etwas übersehen habe, muss ich als Rpfl damit leben. Fehler passieren. Und wenn ich eine Zwischenverfügung gemacht habe, die sich nicht halten lässt, erröte ich am Schreibtisch hold, mache an den Hinweis des Notars den Vermerk "stimmt" o.ä. und trage ein. Blöd finde ich in solchen Fällen nur bös-ironische Schreiben von Notaren. So nach dem Motto "...ist die Verfügung vom xxx absolut unverständlich. Auch der Rechtspflegerin sollte die Kommentierung zu xxx bekannt sein" Dann werde ich allerdings störrisch, aber nicht, weil man mich auf einen Fehler hingewiesen hat, sondern weil gegen die Gebote der Höflichkeit verstoßen wurde.
    Und bei unterschiedlichen Rechtsauffassungen ist es vielleicht etwas schwieriger als bei ganz eindeutigen Fehlern. Dann kann man bitten die in der Zwischenverfügung vom ... vertretene Rechtsauffassung "zu überdenken/überprüfen" und entsprechende sachliche Argumente vortragen. Entweder man kommt auf einen Nenner, oder eben nicht.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • omawetterwax:
    Über eine Rechtsauffassung kann man(n) streiten.Wenn ich so ein freches Schreiben eines Beteiligten (Notar und andere) bekomme, kann derjenige gewiss sein, dass ich alle Möglichkeiten ausschöpfe, ihn auflaufen zu lassen :teufel:.
    Wie man rufet in den Wald, .....
    Fehler machen wir alle. Dünkel kann ich allerdings nicht verstehen. Und den Notar (pp.) werde ich mir merken, und der läuft demnächst mit Sicherheit voll auf.:teufel:
    Ich setzte aber lieben auf eine Zusammenarbeit,:) die mit meinen Notaren hervorragend klappt.;)

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