MoMiG (Anmeldung der allgem. Vertretungsbefugnis und Gesellschafterliste)

  • Hallo Leute,

    nach über 10 Jahren MoMiG-Praxis war ich nun der Meinung, dass bei der allgemeine Vertretungsregelung bei Gründung mit Musterprotokoll § 35 GmbHG anzuwenden ist. Nun erhalte ich eine Verfügung, ich solle als allgemeine Vertretungsregelung doch bitte "Die Gesellschaft hat einen Geschäftsführer; dieser ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit" anmelden.

    Mich würde jetzt mal interessieren, bei welchen Registergerichten sich diese Formulierung so durchgesetzt hat. Wie tragt ihr ein?

    Wie alle meine Vorredner/innen.

    Interessanterweise hatte ich ganz am Anfang (als das MoMig neu war) genau das angemeldet was "dein" Gericht da verlangt. Und das Registergericht hat es mir um die Ohren gehauen, zurecht natürlich.

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  • Vielen Dank für Eure Nachrichten. Ich dachte schon, ich wäre jetzt bekloppt. Na ja, die Sache ist jetzt beim OLG. Mal sehen, wie die jetzt entscheiden.

    Mich wundert es nur, dass nach so langer Zeit in dieser Sache immer noch Gerichte beschäftigt werden müssen. Ich persönlich halte diese Formulierung auch falsch. Aber wer bin ich schon, außer ein kleines Notariatshelferlein.

  • Dann will ich mich mal als Anhänger der hier kritisierten Auffassung outen. Unsere Richter sind auch entsprechend überzeugt, daher kann es sein, dass es unser Gericht ist, dass gegen Windmühlen kämpft...
    Wenn ihr mal zu dem Beginn dieses Themas zurückgeht, werdet ihr feststellen, dass die Frage der Vertretungsregelung bei Einführung des Musterprotokolls sehr umstritten war. Leider hat dann unser OLG sehr schnell eine Entscheidung getroffen ohne sich so richtig mit unseren Gründen auseinander zusetzen. Und andere OLG's haben wiederum auf diese Entscheidung Bezug genommen und zack, haben wir die jetzt herrschende Meinung!
    Dabei konnte mir bislang niemand erklären, warum in § 2 Abs.1a GmbHG eine Gründung im vereinfachten Verfahren nur zulässig sein soll, wenn die Gesellschaft nur einen Geschäftsführer hat - sofort nach Gründung aber drei weitere Geschäftsführer bestellt werden dürfen. Da kam immer nur die Aussage, die Beschränkung auf einen Geschäftsführer gilt nur für die Gründung, danach könne man tun was man wollte...:gruebel: Wie in Beitrag #10 schon erwähnt gab es im Gesetzgebungsverfahren lange Zeit die Vorstellung einen formfreien Mustergesellschaftsvertrag einzuführen. In diesem war ganz eindeutig geregelt, dass die Gesellschaft nur einen Geschäftsführer haben darf! Begründet wurde dies damit, dass bei mehreren Geschäftsführern und mehr Gesellschaftern als die 3 Gesellschafter das vereinfachte Verfahren nicht mehr zielführend ist und weitere Regelungen und Beratungsbedarf für den Gesellschaftsvertrag notwendig seien. Daher die Beschränkung auf 3 Gesellschafter und einen Geschäftsführer. Im Gesetzgebungsverfahren gab es dann keine Argumente gegen diese Beschränkung sondern gegen den beurkungsfreien Gesellschaftsvertrag! Um die Reform dann doch noch ins (politische) Ziel zu bekommen, hat man dann das beurkungspflichtige Musterprotokoll aus dem Hut gezaubert, welches Gründungsprotokoll, Gesellschaftsvertrag und Gesellschafterliste in einem sein soll. An den Vorstellungen, dass dieses vereinfachte Verfahren jedoch nur für Gesellschaften mit einem Geschäftsführer Anwendung finden soll, gab es keine Kritik und wurde auch nicht gerüttelt. Daher ist dies auch weiterhin in § 2 Absatz 1a GmbHG aufgenommen worden.

    Die jetzt herrschende Praxis hat sich erkennbar leider noch nicht mit diesen Argumenten auseinander gesetzt. Stattdessen bürdet man den Gesellschaften bei Geschäftsführerwechseln eine Gesellschaftsvertragsänderung auf, die eigentlich so nicht gewollt war. Denn eine Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB für die Geschäftsführer ist heutzutage elementar und in 99% aller Fälle erteilt und vorhanden. Auch dies war damals im Gesetzgebungsverfahren erkannt worden und daher in den Mustergesellschaftsvertrag als Regelfall auch so verankert. Jetzt soll es sich aber ja lediglich um einen unechten Satzungsbestandteil nur für den allerersten Geschäftsführer handeln. Diese (herrschende) Meinung macht damit die Praktikabilität viel schwieriger als unsere.

    Schaut mal in die Gesetzesmaterialien - lohnt sich!

  • Im § 2 Abs.1a GmHG steht allerdings auch nur, dass eine Gesellschaft in einem vereinfachten Verfahren gegründet werden kann, wenn sie ... nur einen Geschäftsführer hat. Bezüglich der Gründung darf sie also nur einen Geschäftsführer haben, sonst kann man das billigere Musterprotokoll nicht verwenden. Bezüglich späterer Veränderungen sagt der § 2 GmbHG nichts aus. Ein Verbot, später einmal weitere Geschäftsführer zu haben, finde ich dort nicht. Auch dem Musterprotokoll kann ich dies nicht entnehmen. Folgt man diesem Gedanken, finde ich die herrschende Meinung nachvollziehbar.

  • Im § 2 Abs.1a GmHG steht allerdings auch nur, dass eine Gesellschaft in einem vereinfachten Verfahren gegründet werden kann, wenn sie ... nur einen Geschäftsführer hat. Bezüglich der Gründung darf sie also nur einen Geschäftsführer haben, sonst kann man das billigere Musterprotokoll nicht verwenden. Bezüglich späterer Veränderungen sagt der § 2 GmbHG nichts aus. Ein Verbot, später einmal weitere Geschäftsführer zu haben, finde ich dort nicht. Auch dem Musterprotokoll kann ich dies nicht entnehmen. Folgt man diesem Gedanken, finde ich die herrschende Meinung nachvollziehbar.

    Ja, dies ist die Begründung, die leider immer wieder angeführt wird. Die Beschränkung gilt nur für die Gründung - danach ist alles möglich. Und natürlich hätte der Gesetzgeber (aus unserer Sicht) etwas genauer formulieren können. Aber welchen Sinn macht eine Beschränkung, wenn unmittelbar nach Gründung die Beschränkung durch einfachen Gesellschafterbeschluss aushebelt werden kann und weitere Geschäftsführer bestellt werden dürfen? Auch hier kann ich argumentieren, dass dies dem Gesetzgeber bewusst war und daher die Beschränkung natürlich nicht nur für die Gründung gelten sollte. Eine Beschränkung, die sofort ausgehebelt werden kann, ist nämlich keine Beschränkung... Und warum darf der erste Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit werden, wenn es nach der herrschenden Meinung im Gesellschaftsvertrag (Musterprotokoll) hierfür gar keine Ermächtigungsgrundlage gibt? Da muss ich dann argumentieren, dass es sich hier um einen satzungsdurchbrechenden Beschluss handelt, der ja dann auch notariell beurkundet ist. Ich meine, die herrschende Meinung springt etwas zu kurz und sieht nur das Wort "gegründet".

    Übrigens eine Problematik, die uns auch noch nicht unter gekommen ist und die auch wohl nur äußerst selten vorkommen wird: Was ist eigentlich, wenn ein vierter Gesellschafter in die Gesellschaft aufgenommen werden soll? Auch hier würden wir sagen nein, Musterprotokoll ist nur für maximal 3 Gesellschafter konzipiert und daher kann die Gesellschaft keine 4 Gesellschafter haben.

  • Wenn man dem Musterprotokoll jedoch nur die Bedeutung beimisst, die es meiner Meinung nach haben sollte, ein billiger Vordruck für die Gründung zu sein, finde ich es absolut nachvollziehbar, dass z.B später weitere Geschäftsführer bestellt werden können.
    Im Musterprotokoll wird aufgeführt, wer erster Geschäftsführer ist und, dass dieser von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit ist. Die Grundlage der Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB für diese spezielle Person liegt damit meiner Meinung nach im Vertrag selbst. Zu späteren Geschäftsführern und zur allgemeinen Vertretungsregelung sagt es nichts, so dass man hier auf die gesetzlichen Regelung zurückgreift. Das Musterprotokoll (der Gründungsgesellschaftsvertrag) ist halt billig und einfach gehalten.

  • Das Musterprotokoll (der Gründungsgesellschaftsvertrag) ist halt billig und einfach gehalten.

    ...und sicher verbesserungswürdig. De lege lata gelten aber über das Musterprotokoll hinaus die gesetzlichen Regelungen. Diese sind auch nicht mehr in allen Belangen auf Höhe der Zeit und zweckmäßig. Ein praxistauglicher Gesellschaftsvertrag bedarf abweichender Regelungen und ist daher "lieb und teuer".

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Naja, aber nochmal: Warum sollte man eine Beschränkung nur für die Gründung nach Musterprotokoll auf einen Geschäftsführer ins Gesetz einbauen und dann sofort weitere Geschäftsführer nach Lust und Laune bestellen dürfen? Warum darf ich das dann nicht gleich? :gruebel:

    Und letztlich (meine ich) spielt die allgemein verbreite Ansicht natürlich der herrschenden Meinung in die Arme: Eine Gründung nach Musterprotokoll ist billig und taugt nichts. Und wer billig gründet, zahlt eben doppelt.
    Ist ja keine so falsche Ansicht, aber da sind die Praxisprobleme (wie § 181 BGB) bei Anwendung der herrschenden Meinung natürlich willkommen, sich gar nicht weiter mit dem Musterprotokoll zu beschäftigen. Musterprotokoll ist Mist, wir müssen gleich einen richtigen Gesellschaftsvertrag machen (so dürfte doch die fast einhellige Meinung bei den Notaren und Rechtsanwälten sein, wogegen ich grundsätzlich nichts habe, nur fördert dies eben nicht gerade die Auseinandersetzung mit dieser Problematik!).

    Dass die Politik hier nachbessert bzw. eindeutig regelt, halte ich auch für wünschenswert. Wird aber absehbar nicht passieren, da die EU weitere Gründungserleichterungen (SPE oder Online-Gründung durch die Gesellschafter und eigene Registrierung) fordert und man daher kein "Fass" aufmachen möchte, wo diese Forderungen dann eingearbeitet werden müssten.

  • Naja, aber nochmal: Warum sollte man eine Beschränkung nur für die Gründung nach Musterprotokoll auf einen Geschäftsführer ins Gesetz einbauen und dann sofort weitere Geschäftsführer nach Lust und Laune bestellen dürfen? Warum darf ich das dann nicht gleich?

    Darf ich doch. Ich kann dann nur nicht das Musterprotokoll verwenden. Hierfür war der kostengünstige Vordruck nicht vorgesehen.
    Wenn ich von vornherein plane, in absehbarer Zeit weitere Geschäftsführer zu bestellen, bietet sich das Musterprotokoll halt nicht an.
    Nehme ich es trotzdem, muss ich mit den Unzulänglichkeiten klarkommen oder später eine kostenverursachende Änderung des Gesellschaftsvertrages beschließen.

  • Bei uns kam tatsächlich folgender Fall vor: 10:00 Uhr Gründung einer Gesellschaft nach Musterprotokoll durch 2 Gesellschafter - 1 Gesellschafter wird zum Geschäftsführer bestellt. 10:01 Uhr Gesellschafterversammlung und Bestellung des anderen Gesellschafters zum weiteren Geschäftsführer. Soll ja zulässig sein... Das kann es doch ernsthaft nicht sein. Zumal ich unsere Interpretation durchaus vom Gesetzestext gedeckt sehe. Hätte der Gesetzgeber in § 2 Abs.1a GmbHG ausdrücklich noch aufnehmen müssen, dass auch später nicht mehr als drei Gesellschafter und ein Geschäftsführer zur Gesellschaft gehören dürfen?:gruebel:

  • Hätte der Gesetzgeber in § 2 Abs.1a GmbHG ausdrücklich noch aufnehmen müssen, dass auch später nicht mehr als drei Gesellschafter und ein Geschäftsführer zur Gesellschaft gehören dürfen?:gruebel:


    Nein, der Gesetzgeber kann - in den Grenzen des Verfassungsrechts - machen, was er will.

    Und die Gesellschafter können es auch, aber oft wollen sie es nicht bezahlen. Geiz ist geil usw...

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  • Bei uns kam tatsächlich folgender Fall vor: 10:00 Uhr Gründung einer Gesellschaft nach Musterprotokoll durch 2 Gesellschafter - 1 Gesellschafter wird zum Geschäftsführer bestellt. 10:01 Uhr Gesellschafterversammlung und Bestellung des anderen Gesellschafters zum weiteren Geschäftsführer. Soll ja zulässig sein... Das kann es doch ernsthaft nicht sein.

    Warum denn nicht? Folge ist nur, dass dann für alle Geschäftsführer die allgemeine Vertretungsregelung des § 35 GmbHG greift.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Warum denn nicht? Folge ist nur, dass dann für alle Geschäftsführer die allgemeine Vertretungsregelung des § 35 GmbHG greift.


    Auch wenn ich mich wiederhole: Eine Beschränkung ins Gesetz einbauen (darf nur einen Geschäftsführer haben), die dann keine Beschränkung ist??? Wenn es eine Vorschrift geben würde, sie dürfen die Autofahrt als Fahrer nur mit maximal 0,8 Promille antreten, dann darf ich nach Abfahrt ruhig weiter trinken und 1 Promille haben? Macht aus meiner Sicht keinen Sinn, auch wenn ich natürlich die Argumentation der herrschenden Meinung folgen kann.

  • Warum denn nicht? Folge ist nur, dass dann für alle Geschäftsführer die allgemeine Vertretungsregelung des § 35 GmbHG greift.


    Auch wenn ich mich wiederhole: Eine Beschränkung ins Gesetz einbauen (darf nur einen Geschäftsführer haben), die dann keine Beschränkung ist??? Wenn es eine Vorschrift geben würde, sie dürfen die Autofahrt als Fahrer nur mit maximal 0,8 Promille antreten, dann darf ich nach Abfahrt ruhig weiter trinken und 1 Promille haben? Macht aus meiner Sicht keinen Sinn, auch wenn ich natürlich die Argumentation der herrschenden Meinung folgen kann.

    Nochmals: Es gibt im GmbH-Gesaetz keine gesetzliche Beschränkung auf nur einen Geschäftsfüher. Auch eine UG (haftungsbeschränkt) kann beliebig viele Geschäftsführer haben, deren Vertretungsmacht beliebig festgelegt werden kann. Sie kann auch soviele Gesellschafter haben, wie sie Stammkapital (in Euro) hat. Nur wenn man das vereinfachte und verbilligte Verfahren der Gründung mit Musterprotokoll wählt, gibt es Einschränkungen.

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