neue PKH/VKH-Novelle

  • Über die Zahlen kann man streiten, aber warum sollte eine Ersparnis nicht möglich sein.

    In diesem Unterforum wird doch gern angebracht, dass (einige) Richter gern zu großzügig PKH bewilligen, was die wirtschaftllichen Verhältnisse betrifft. Da kann es doch bei Prüfung durch den Rechtspfleger für die Staatskasse nur günstiger aussehen.

  • Über die Zahlen kann man streiten, aber warum sollte eine Ersparnis nicht möglich sein.

    In diesem Unterforum wird doch gern angebracht, dass (einige) Richter gern zu großzügig PKH bewilligen, was die wirtschaftllichen Verhältnisse betrifft. Da kann es doch bei Prüfung durch den Rechtspfleger für die Staatskasse nur günstiger aussehen.

    Sicher wird es zu Einsparungen. Jedoch führt ein weitere Verarmung der Bevölkerung im Rahmen der Wirtschaftskrise (auch des Mittelstandes) tendenziell zu mehr Anträgen und höheren Kosten.

    Dagegen ist nur mit entsprechenden Personal im Rahmen von Erstbewilligungen und Prüfverfahren mehr zurückzuholen als derzeit. Jedoch ist in fast allen Bundesländern der Personalrotstift, der das wohl verhindern wird!

    How can I sleep with Your voice in my head?

  • Wahrsheinlich meinte er, dass im Zivilprozess "seine" Richter ja nur in wenigen Fällen, dem RPfl vorlegen würden.

    Vielleicht befürchtet er dann ganz einfach, dass das zu Erbsenzählerei auf gehobenem Niveau führt. :teufel: Erbsen zählen dauert eine gewisse Zeit, und an dieser Stelle wird der eine oder andere auch an die Statistik denken: Warum soll man sich darüber dann womöglich die Erledigungsdauer für Verfahren in die Höhe katapultieren?

    Dagegen ist nur mit entsprechenden Personal im Rahmen von Erstbewilligungen und Prüfverfahren mehr zurückzuholen als derzeit. Jedoch ist in fast allen Bundesländern der Personalrotstift, der das wohl verhindern wird!

    Über die verstärkte Befassung von Rechtspflegern mit der Materie kann man nach meiner Theorie auch Einsparpotentiale bei den Personalkosten realisieren. :eek: Warum? Darum: Wenn ein Sachbearbeiter, der Leistungsgewährung beim Jobcenter macht oder Forderungseinzug beim Jugend-/Sozialamt, A9 oder vielleicht A10 bekommt, warum soll es dann für eine im Grunde genommen vergleichbare Tätigkeit (PKH = Sozialleistung!) beim Gericht mehr geben?

  • Gute Frage.:daumenrau
    Da stößt allerdings die Theorie auf die Praxis.

    Was machen bei Gerichten ( wie hier ) die seit Jahren nur ab Amtmann aufwärts mit Rechtspflegerpersonal besetzt sind ?
    Abgesehen von unerwartetem Krankheitsfall gehe ich nicht davon aus , dass da in den nächsten 10-15 Jahren jemals junge "Leutz" von der Prüfung hierher landen.
    Die nächste Pensionswelle steht hier nicht vor 15 Jahren an.

  • Das verstehe ich nicht ganz. Man rechnet mit mehr Raten-PKH/VKH, wenn der Rechtspfleger die Verhältnisse prüft? Man geht also davon aus, dass wir korrekter prüfen als ein Richter und fasst dies noch in Zahlen?
    Find ich schon sehr merkwürdig.

    Die Überprüfungsfrist von 6 Jahren find ich nicht gut und würde bei mir auch nicht zu mehr Prüfungen führen, so lange die nicht auch noch § 120 IV ändern mit der Verpflichtung jedes Jahr zu prüfen.

  • Mit der Reform würde jedenfalls mächtig Druck im "PKH-Kessel" ( logischerweise auf die Rechtspfleger dann ) aufgebaut .

    Schließlich fordern die Obergerichte zügige Entscheidungen über die Verfahrenskostenhilfe vgl. BVerfG FamRZ 2005, 1893 u. zuletzt OLG Schleswig FamRZ 2011, S. 1971 ff.

    Verzögerungsrügen gibts ja auch für uns Rechtspfleger .:strecker

  • Auszug aus einer Stellungnahme unseres Oberlandesgerichts – der Präsident – vom 11.05.2012 zu dem "Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts" an unser Ministerium:


    "[...] Der [...] Regelungsvorschlag zur Prüfung und teilweisen Entscheidung im Bereich der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse durch Rechtspfleger wird bei den Gerichten meines Geschäftsbereichs weiterhin kontrovers diskutiert. [...]


    [...] gehe ich davon aus, dass die [...] Richter in verantwortungsvoller Weise von der Übertragungsmöglichkeit Gebrauch machen werden und daher weiterhin selbst die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse prüfen, wenn abzusehen ist, dass die Übertragung auf den Rechtspfleger zu Verzögerungen des Verfahrens führen würde. Im Ergebnis spreche ich mich daher für diese Neuerung aus [...]


    [...] Ungeklärt ist allerdings die Frage, mit welchen [...] Rechtpflegern die zusätzliche Aufgabe erledigt werden soll, da sie mit dem jetzigen Personalbestand wohl nicht zu bewältigen sein wird. [...]"


  • [...] Ungeklärt ist allerdings die Frage, mit welchen [...] Rechtpflegern die zusätzliche Aufgabe erledigt werden soll, da sie mit dem jetzigen Personalbestand wohl nicht zu bewältigen sein wird. [...]"

    Gerade da liegt auch das PROBLEM. In kleineren Gerichten wird heute schon kaum noch geprüft. Bei völliger Überlastung erfolgt die Anweisung der PKH/VKH-Vergütung des Anwalts und dann wird weggelegt!

    Bei uns im Land hängst dann ggf. die Zahlungspflicht der Betroffenen, wo diese wohnhaft sind. Bei uns im Gericht wird geprüft, woanders halt aus personellen Gründen nicht. Das ist sicherlicher nicht mehr rechtstaatlich!!!

    How can I sleep with Your voice in my head?

  • Das verstehe ich nicht ganz. Man rechnet mit mehr Raten-PKH/VKH, wenn der Rechtspfleger die Verhältnisse prüft? Man geht also davon aus, dass wir korrekter prüfen als ein Richter und fasst dies noch in Zahlen?
    Find ich schon sehr merkwürdig.

    Ich auch.

    Der Gesetzesentwurf scheint mir da wenig abgrezent zwischen den Aufgaben eines Bezirksreviors und eines Rechtspflegers. Entgegen der herrschenden Meinung ist der Rechtspfleger nicht der Hüter der Staatskasse.

    Man kann die Ausführungen (so man denn will) auch als Abstrafung der Richter verstehen. Aber viele Richter wird das gar nicht stören. Die freue sich noch eher daran, dass sie die Arbeit, die sie ja (zwischen den Zeilen des Entwurfs zu lesen) schlecht machen, erfolgreich losgeworden sind.

    Dennoch wäre ich unterm Strich wahrscheinlich nach Abwägung aller Argumente dennoch für eine Deligierung der Prüfung der finanziellen Verhältnisse auf dem Rechtspfleger. Wunschendenken meinerseits: Der Richter ist an das rechtspflegerische Ergebnis zu den finanziellen Voraussetzungen im Rahmen seiner Entscheidung gebunden. Damit würde man zeigen, dass es sich nicht um ein bloßes Zuarbeiten des Rechtspflegers handelt, sondern um eine verantwortungsvolle Aufgabe. Aber wie gesagt Wunschdenken...

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    Einmal editiert, zuletzt von Ernst P. (30. Juni 2012 um 13:33)

  • Was ist denn beispielsweise, wenn die Erhebung der Klage von der Bewilligung der PKH abhängig gemacht wird? Kann der Rpfl dann dafür sorgen, dass das ganze nicht über das PKH-Prüfverfahren hinaus geht?

    Was passiert in diesem Fall, wenn der Richter die Erfolgsaussicht bejaht, der Rpfl die wirtschaftlichen Voraussetzungen verneint. Kann der Richter dann nach § 8 RPflG trotzdem PKH bewilligen?

  • Das ist alles Mumpitz.

    Man liest ja hier gelegentlich auch Threads mit Fragestellungen, die klar erkennen lassen, dass dem Fragesteller das Verständnis für die Konzentration aufs Wesentliche vollkommen fehlt: also insbesondere etwa Themen der Art "es geht hier nur um € 5,00, aber ich veranstalte jetzt einen diesen Betrag vielfach übersteigenden Aufwand".

    Da werden sich die Beteiligten aber bedanken, wenn Prozesse auf diese Weise künstlich in die Länge gezogen werden.

  • Das verstehe ich nicht ganz. Man rechnet mit mehr Raten-PKH/VKH, wenn der Rechtspfleger die Verhältnisse prüft? Man geht also davon aus, dass wir korrekter prüfen als ein Richter und fasst dies noch in Zahlen?
    Find ich schon sehr merkwürdig.

    Ich auch.

    Nach allgemeiner Meinung sind Richter sozial und großzügig, die das Füllhorn der sozialen
    Wohltaten über den Bedrängten ausgießen.

    Rechtspfleger sind hartherzige, kleinkrämerische Erbsenzähler, die den Ärmsten der Armen
    ihre Rechte verweigern!


  • Nach allgemeiner Meinung sind Richter sozial und großzügig, die das Füllhorn der sozialen
    Wohltaten über den Bedrängten ausgießen.

    Rechtspfleger sind hartherzige, kleinkrämerische Erbsenzähler, die den Ärmsten der Armen
    ihre Rechte verweigern!


    Und genau schon deshalb kann ich auf die neue Aufgabe gut und gern verzichten!


  • Nach allgemeiner Meinung sind Richter sozial und großzügig, die das Füllhorn der sozialen
    Wohltaten über den Bedrängten ausgießen.

    Rechtspfleger sind hartherzige, kleinkrämerische Erbsenzähler, die den Ärmsten der Armen
    ihre Rechte verweigern!


    Und genau schon deshalb kann ich auf die neue Aufgabe gut und gern verzichten!



    Sehe ich genau so!

    Allerdings liegt die Wahrheit etwas in der Mitte, wie so oft. Ich kenne Rechtspfleger an Nachbargerichten, die auch ich - so wie die Anwälte sowieso - tatsächlich als "kleinkrämerische Erbsenzähler" bezeichnen würde (ich würde wahrscheinlich noch hinzusetzen: "die wahrscheinlich mit ihrer Arbeit nicht sonderlich ausgelastet sind"). Ich sehe das immer wieder am Beispiel Beratungshilfe: Der werden in einer Sache immer wieder neue Zwischenverfügungen gemacht, Kontoauszüge aus dem gesamten letzten Jahr verlangt (und das bei einem Harz4-Empfänger), sodass es in diesen Gerichtsbezirken die Anwälte sogar schon aufgegeben haben, über ihre Kanzlei überhaupt noch Beratungshilfe zu beantragen. Das ist schon rein Schikane und Wichtigtuerei, und es ist kaum vorstellbar, wenn man diesen Rechtspflegern die PKH-Überprüfung zu Beginn eines Gerichtsverfahrens überlässt.

    Das ganze schlägt sich ja dann noch insoweit nieder, dass es auf jeden Euro ankommt, wenn es darum geht, ob man bestimmte Positionen kleinerer Größe nun als absetzungsfähig ansieht oder nicht. Während es jetzt beim Restbetrag nach § 115 ZPO häufig gar nicht darauf ankam, ob man nun eine Position von 18 € abzieht oder nicht (kam auf die gleiche Rate hinaus), so machen jetzt die 18 € immer einen Unterschied in der Ratenhöhe (wenn ich mich nicht irre von 9 €) aus. Und für viele wird das ein Grund sein, gegen nahezu jede Ratenentscheidung ein Rechtsmittel einzulegen. Ich finde die neue Lösung daher keinesfalls optimal. Es wird sich nahezu endloses Feilschen um jeden Euro ergeben. Viele können ja nicht von heute auf morgen denken und dabei errechnen, dass sie insgesamt dann ja nur länger zahlen müssen.

    Mir gruselt es jedenfalls vor dem Tag, an dem das Gesetz in Kraft tritt und vor allem mehr Aufgaben auf den Rechtspfleger übertragen werden, ohne das Personal hinzukommt. Mich trifft das ganz besonders hart, da ich 100% aller Familien- und Zivilakten hier bearbeite. Das wird eine lange Diskussion geben, wenn ich dann anzeige, einen Teil meiner Arbeitsaufgaben loswerden zu wollen (z.B. die Beratungshilfe).


  • Mir gruselt es jedenfalls vor dem Tag, an dem das Gesetz in Kraft tritt und vor allem mehr Aufgaben auf den Rechtspfleger übertragen werden, ohne das Personal hinzukommt. Mich trifft das ganz besonders hart, da ich 100% aller Familien- und Zivilakten hier bearbeite. Das wird eine lange Diskussion geben, wenn ich dann anzeige, einen Teil meiner Arbeitsaufgaben loswerden zu wollen (z.B. die Beratungshilfe).


    Willkommen im Club, da können wir uns die Hand geben, vor allem die F-Sachen werden dann eine elende Last werden.

  • Ja, ich kann diese Stellungnahme ganz überwiegend unterstützen, insbesondere auch, was die Übertragung vom Richter auf den Rechtspfleger angeht. Und zwar aus allen genannten Gründen und zusätzlich deshalb, weil das eine enorme Mehrbelastung für die Rechtspfleger mit sich brächte, ohne dass dafür entsprechende (angemessene) Pensenteile von den Richtern auf die Rechtspfleger übergehen. Es wird daraufhin kein einziger Rechtspfleger neu eingestellt werden mit der Folge, dass vieles gänzlich "absaufen" wird, während die Richter jeden Tag nochmal 30 min früher nach Hause gehen. Sowas kann man nur machen, wenn man plötzlich ein Potential an Rechtspflegern frei bekommt (z.B. durch Übertragung des Nachlasses an die Notare), was wir letztlich aber auch nicht wollen.

    Letztlich werden bereits selbst die übrigen Gesetzesänderungen zu einer deutlichen Mehrbelastung führen. Wenn ich nach heutigem Stand noch zusätzlich die PKH-Überprüfungen zu Beginn des Verfahrens machen müsste, so würde ich konsequent sämtliche PKH-Überprüfungen nach Abschluss der Verfahren einfach weglassen. Und wenn mich dann im Rahmen einer Geschäftsprüfung danach fragt, würde mir ganz gewiss eine Antwort einfallen, bzw. könnte man diese bereits vorab im Rahmen einer Überlastungsanzeige geben.

  • Danke für den Link!

    Mir gefällt die Stellungnahme äußerst gut! Sie ist detailliert und in sich schlüssig und hat zudem einen gewissen "Biss". Schön! :daumenrau

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • :dito:

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