"Doppelte Zuständigkeit" von Nachlassgerichten

  • Es wäre aber peinlich, wenn man unter der Geltung der ErbRVO ein neues Register von Null an bauen würde und ich mir später den Zugang dazu – dort wo ich als polnischer Notar nachlassgerichtliche Funktionen wahrnehme – durch eine EuGH- Entscheidung erkämpfen müsste.


    Peinlichkeiten haben das deutsche Notariat noch nie gestört, wenn man nur andre außen vor halten kann. Nach dem Motto: Europa nur, wenn's (nur) uns nützt.

    Siehe auch: Kalter Ausschluss nichtdeutscher Notare im Handelsrecht durch Kombination der zwangsweisen elektronischen Einreichung zum Handelsregister, verbunden mit der Vergabe des Zertifikats "Notar/Notarin" nur an deutsche Notar/innen. Da mußte der österreichische Kollege auch über die Gerichte sein Recht suchen, wenn ich recht informiert bin.

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  • Zum Glück bin ich Wisennotar und mache wenig Gesellschaftsrecht.
    Ich persönlich achte darauf, in diese Richtung nicht zu gehen, wenn man aber Notare aus anderen EU-Mitgliedstaaten zwingt, Barrieren auf der Ebene des EU-Rechts kippen zu lassen, provoziert man, dass eines Tages Antworten aus Luxemburg kommen, die das gesamte lateinische Notariat auf dem europäischen Kontinent gefährden. Nicht überall wedelt der Schwanz mit dem Hund. Das lateinische Notariat, das derart überspitzt, wird früher oder später einfach von einer Walze überfahren.
    Ich kann damit leben, wenn meine Beschwerde im Bereich ZTR-Zugang dem LG Berlin zur Entscheidung vorgelegt wird. Es wäre ein leichter Sieg, wenn der Fall dem EuGH vorgelegt wird, was ich dem Gericht in meiner Beschwerde vorschlage…

  • Auch wenn ich diese Diskussion jetzt wirklich interessant finde, hilft mir das bei meiner konkreten Frage (#11) leider nicht weiter …:oops:
    Würde mich freuen, wenn ich dazu noch Meinungen/Tipps bekommen könnte.
    "Abgeben und weg" empfinde ich als unbefriedigend, da es meiner derzeitigen Rechtsansicht widerspricht ...

  • Auch wenn ich diese Diskussion jetzt wirklich interessant finde, hilft mir das bei meiner konkreten Frage (#11) leider nicht weiter …:oops:
    Würde mich freuen, wenn ich dazu noch Meinungen/Tipps bekommen könnte.
    "Abgeben und weg" empfinde ich als unbefriedigend, da es meiner derzeitigen Rechtsansicht widerspricht ...

    Eine Möglichkeit nach § 5 FamFG sehe ich nicht, insbesondere da - mangels Verfahren, wenn nur Ausschlagungserklärungen vorliegen - Du dich nicht "rechtskräftig für zuständig" erklären kannst. Wie man da ohne zwei an unterschiedlichen Gerichten gestellte Erbscheinsanträge rauskommt, sehe ich ehrlich gesagt auch nicht.

    (In der Sache sehe ich das Hospiz, an das der Lebensmittelpunkt im Sinne einer "Wohnung, deren Einrichtung den Lebensbedürfnissen des Betroffenen entspricht und in der hauswirtschaftliches Leben herrscht, an dem sich der Betroffene sowohl durch seine persönliche Mitwirkung als auch finanziell maßgebend beteiligt" wohl kaum verlegt ist, nicht als "gewöhnlichen Aufenthalt" an. Bei einem Pflegeheim mag das anders sein, weil dann in der Regel die alte Wohnung aufgegeben wird.

    Wieso es einen Unterschied machen soll, ob das Hospiz im Inland oder im Ausland liegt, läßt sich wohl nur vom Ergebnis her erklären (gew. Aufenthalt im Ausland = Zuständigkeit der dortigen Gerichte, und das will man "natürlich" nicht). Bei Licht betrachtet ist diese Differenzierung hanebüchener Unsinn.

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  • Wieso es einen Unterschied machen soll, ob das Hospiz im Inland oder im Ausland liegt, läßt sich wohl nur vom Ergebnis her erklären (gew. Aufenthalt im Ausland = Zuständigkeit der dortigen Gerichte, und das will man "natürlich" nicht). Bei Licht betrachtet ist diese Differenzierung hanebüchener Unsinn.

    :daumenrau


  • Wieso es einen Unterschied machen soll, ob das Hospiz im Inland oder im Ausland liegt, läßt sich wohl nur vom Ergebnis her erklären (gew. Aufenthalt im Ausland = Zuständigkeit der dortigen Gerichte, und das will man "natürlich" nicht). Bei Licht betrachtet ist diese Differenzierung hanebüchener Unsinn.

    :daumenrau

    Nach EG 23 soll bei Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts eine Gesamtbeurteilung der Lebensumstände des Erblassers in den Jahren vor seinem Tod und im Zeitpunkt des Todes vorgenommen werden. Dabei sollen alle relevanten Tatsachen berücksichtigt werden, insbesondere die Dauer und Regelmäßigkeit des Aufenthalts in dem betreffenden Staat sowie die damit zusammenhängenden Umstände und Gründe. Der so bestimmte gewöhnliche Aufenthalt sollte … eine besonders enge und feste Bindung zu dem betreffenden Staat erkennen lassen.

    Bei diesen Erläuterungen kann ich normalerweise nicht zu einem gewöhnlichen Aufenthalt im Hospiz kommen, allerdings geht es hierbei immer um den Aufenthalt/die Bindung zu einem bestimmten Staat.
    Die Rechtsprechung und Kommentierung zu § 343 FamFG folgt leider anderen Argumenten (denen ich eben nicht folgen mag).
    Daher die unterschiedlichen Ergebnisse bei Hospiz im In- und Ausland …

  • ...

    (In der Sache sehe ich das Hospiz, an das der Lebensmittelpunkt im Sinne einer "Wohnung, deren Einrichtung den Lebensbedürfnissen des Betroffenen entspricht und in der hauswirtschaftliches Leben herrscht, an dem sich der Betroffene sowohl durch seine persönliche Mitwirkung als auch finanziell maßgebend beteiligt" wohl kaum verlegt ist, nicht als "gewöhnlichen Aufenthalt" an. Bei einem Pflegeheim mag das anders sein, weil dann in der Regel die alte Wohnung aufgegeben wird.

    ....


    Entsprechende Verfahren beim Betreuungsgericht zeigen, dass regelmäßig der Betreuer (oder der geschäftsfähige Betroffene) die Wohnung kündigt/auflöst, wenn der Hospizaufenthalt sicher ist. Gleiches gilt sicher auch, wenn der Betroffene eine Vorsorgevollmacht erteilt hat.

    Einen Unterschied bezüglich der Wohnung zu einem Umzug in ein Pflegeheim kann ich nicht erkennen. (Auch dort gibt es einige wenige Betreute, die es sich leisten können bzw. wollen, dass die Wohnung weiter besteht.)

  • Gibt es empirische Studien zur Verweildauer im Hospiz? Im Internet liest man etwas von 2-4 Wochen, maximal einigen Monaten (was aber nicht nachprüfbar ist). Aus meiner Sicht muss es eine Rolle spielen, wenn die zu erwartende Verweildauer kurz ist. Dann ist es vielleicht eben nur ein Aufenthalt, aber kein gewöhnlicher.

  • In meinem aktuellen Fall waren es 4 Tage, in 2 früheren Fällen ebenfalls unter 1 Woche, in einem Fall waren es 6-7 Wochen (auch hier bestand die Wohnung der Erblassers noch). Das zeigt zumindest eine gewisse Spannbreite des Zeitraums. Über eine statistische Verteilung ist mir leider nichts bekannt.

  • In meinem aktuellen Fall waren es 4 Tage, in 2 früheren Fällen ebenfalls unter 1 Woche, in einem Fall waren es 6-7 Wochen (auch hier bestand die Wohnung der Erblassers noch). Das zeigt zumindest eine gewisse Spannbreite des Zeitraums. Über eine statistische Verteilung ist mir leider nichts bekannt.

    In allen diesen Fällen handelt es sich meiner Ansicht nach um keine Aufenthaltsdauer, die in der Regel zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne der ErbRVO führen könnte. Dabei ist es unerheblich, ob man diese Zeit in einer Einrichtung im In- oder Ausland verbringt.

  • Wenn ich von Heilbronn nach Hamburg umziehe, habe ich an einem Tag meinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt geändert. Zeit spielt dabei keine Rolle.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Ja, wenn Du umziehst. In der Regel prüfen wir aber eben, ob es zu einem Umzug kam. Darüber hinaus, setzt die Verordnung eine gewisse Integration voraus. Wie tief diese sein soll, ist noch unklar. Nach OLG Hamm Beschluss vom 2.1.2018 – I-10 W 35/17 kann man 15 Jahre lang in Spanien gelebt haben, eine spanische ex-Frau in Spanien und Kinder in Spanien haben und nach der Rückkehr nach Spanien auch nach einigen Monaten Aufenthalt dort keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründen, was ich wiederrum absurd finde.

    Bei einem Hospizaufenthalt von einigen Tagen oder einer Woche würde ich mich nach Art. 15 ErbRVO problemlos für unzuständig erklären, wenn keine Besonderheiten vorliegen. Bei einem Aufenthalt von 6-7 Wochen würde ich die Umstände des Falls vertiefen müssen, aber in der Regel ist es meiner Auffassung nach bei einem Hospizaufenthalt zu wenig. Ich beziehe mich aber ausschließlich auf die Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts in grenzüberschreitenden Fällen, nicht auf die örtliche Zuständigkeit nach nationalem Recht.

  • Wenn ich von Heilbronn nach Hamburg umziehe, habe ich an einem Tag meinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt geändert. Zeit spielt dabei keine Rolle.

    Das ist ein Argument. Aber vielleicht spielt es ja eine Rolle, was man sich dabei denkt, also wie lange man am neuen Aufenthaltort bleiben möchte.

  • Die Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts muss selbstbestimmt und mit dem Ziel verbunden sein, an diesem betreffenden Ort seinen Lebensmittelpunkt vollziehen zu wollen. Richtig schwierig wird es bei Menschen, die multinational an mehreren Orten zeitweise wohnen. Oder z.B. bei einem Handelsvertreter, der für einige Jahre im benachbarten Ausland wohnt. Ggf sogar mit seiner Familie.

    Wie gesagt: Ohne ein deutschland- oder europaweites Register wird es immer schwieriger werden, zuständige Gerichte zu bestimmen. Testamente werden eröffnet und an falsche Gerichte geschickt, Aussschlagungen kommen nicht an usw.

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  • In der Regel dürfte man in ein Hospiz gehen, um dort zu bleiben (bis zum Tod) und nicht mehr vorzuhaben, in die alte Wohnung zurückzukehren. Dies spricht für mich für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts.

  • Könnte man nicht mal mit dem nächstgelegenen "Hospiznachlassgericht" telefonieren und für den nächsten Fall eine doppelte Unzuständigkeit absprechen, um eine LG- oder OLG-Entscheidung zu bekommen?

  • Könnte man nicht mal mit dem nächstgelegenen "Hospiznachlassgericht" telefonieren und für den nächsten Fall eine doppelte Unzuständigkeit absprechen, um eine LG- oder OLG-Entscheidung zu bekommen?


    Ich glaube genau darum ging es dam Threadersteller. Wie man eine obergerichtliche Entscheidung herbeiführt, oder irre ich mich?
    Man ist so abgeschweift in diesem Thema...

  • Für mich ist ein Hospiz nie der letzte gewöhnliche Aufenthalt, denn dort gehe ich "zwangsweise" hin und zwar nur zum Sterben und nicht um dort auf Dauer zu leben.
    Dass man auf die Verweildauer nicht unbedingt einen Einfluss hat ist logisch, es kommt nun mal ganz auf den Verlauf der Krankheit an.
    Aber die Absicht dort seinen Lebensmittelpunkt einzurichten ist mit ganz großer Sicherheit nicht das Ziel. Das widerspricht ja schon dem Zweck der Einrichtung.

  • Für mich ist ein Hospiz nie der letzte gewöhnliche Aufenthalt, denn dort gehe ich "zwangsweise" hin und zwar nur zum Sterben und nicht um dort auf Dauer zu leben.
    Dass man auf die Verweildauer nicht unbedingt einen Einfluss hat ist logisch, es kommt nun mal ganz auf den Verlauf der Krankheit an.
    Aber die Absicht dort seinen Lebensmittelpunkt einzurichten ist mit ganz großer Sicherheit nicht das Ziel. Das widerspricht ja schon dem Zweck der Einrichtung.

    Mit dem Argument müsste man aber auch jemandem der zwangsweise, völlig dement, ohne eigene Willen, in ein Altersheim kommt und dort noch 10 Jahre bettlägerig überlebt, einen gewöhnlichen Aufenthalt im Altersheim absprechen.
    Das viele mir schwer. In der Regel wurde eine solche Person ja sogar beim Einwohnermeldeamt umgemeldet. (Ich weiß, dass die Ummeldung kein Argument mehr ist).

  • Nicht vergleichbar mMn. Das Feierabenheim wie es früher mal hieß ist der bewusst gewählte Ort auf längere Zeit, die Leute wollen da nicht hingehen um zu sterben, sondern in Ruhe und gut versorgt noch möglichst lange das Leben so gut es geht genießen. Dass der hochgradig Demente nicht mehr selbst bestimmt die Dinge regelt...dafür hat er ja (hoffentlich) eine Vollmacht errichtet und bewusst die Dinge mit demjenigen besprochen wie es mal sein soll wenn er nicht mehr selbst entscheiden kann. Dass es manchmal anders kommt wissen wir alle.

    Das Hospiz hat eben nicht die Fkt. einer Heimeinrichtung wie oben.

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