Corona - Aufhebung von ZV- Terminen?

  • Unabhängig von offiziellen Beschränkungen steht der Höhepunkt der Ansteckungswelle ja offenbar noch bevor. Auf wann müßte ich den Termin dann verlegen. Nicht schön.

    Gar nicht. Aufheben ohne Neubestimmung.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Schon vor irgendwelchen Beschränkungen habe ich einen ZV-Termin in der 2. Maiwoche bestimmt. Die Geschäftsleitung ist der Ansicht, dass es ganz meiner Unabhängigkeit unterliegt, ob ich verlege. Infiziert sich ein Bieter im Termin, wäre das nach dieser Auslegung also ein Kollateralschaden des § 9 RpflG. Gibt es denn eine Fürsorgepflicht des Vollstreckungsbeamten in Zeiten wie diesen? Ich will den Termin auch gar nicht verlegen, wenn ich nicht muß. Ob die Angst vor einer Infektionsgefahr Einfluss auf die Zahl der Bieter und folglich auf das höchste Gebot hat, wird man nie mit Bestimmtheit sagen können. Und wer weiß schon ob die Ansteckungsfahr später im Jahr nicht noch größer wird. Das Hausrecht würde mir den Termin augenblicklich nicht verbieten. Dumm auch deswegen, weil in nächster Zeit mehrere ZV-Termine anstehen. Letztes Jahr wäre die Verlegung noch keine große Sache gewesen, jetzt schon.

    Mal angenommen, du suchst dir den größten Sitzungssaal im Haus, lässt die Bestuhlung entsprechend einrichten, besorgst dir eine Maske...alles was derzeit eben angezeigt ist. Und dann wirst du von Bietern "überrannt". Der gebotene Abstand lässt sich nicht einhalten, die Menschen knubbeln sich. Was machst du dann? Fängst du an potentiellen Bietern den Zutritt zu versagen? Dehnst du deine Sitzung auf den Flur aus? Und dann reklamiert auch noch der Schuldnervertreter, dass unter diesen Umständen die Teilnahme an dem Termin eine unzumutbare Gesundheitsgefährdung für alle Beteiligten darstellt...
    Ich mache keine K-Sachen, deshalb mag es sein, dass selbst ein solches fiktives Szenario für euch kein Problem darstellen würde. Aber was ich sagen will: bevor ich im Moment irgendeinen Termin abhalten würde, würde ich mir vorab zumindest Gedanken darüber machen, welche Situationen auftauchen könnten und auch mögliche Reaktionen darauf (rechtlich) klären.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • aufgrund der weiter geltenden Kontaktbeschränkungen macht zunächst bis Mai ein Versteigerungstermin für mich wenig Sinn, da er davon lebt, möglichst viele Bietinteressenten versammeln zu können.

    Mein Saal hat ca. 60 qm, wenn ich mich an den Richtlinien des Handels orientiere könnte ich 6 Leute mit ausreichend Abstand unterbringen.
    Wenn 50 vor dem Saal stehen, fällt es mir schwer zu entscheiden, welche 4 (sofern 2 Beteiligte da sind) ich denn reinlasse.
    Dass sich dies negativ auf das Ergebnis des Termins auswirkt, erscheint mir offensichtlich, so dass ich auch meine Termine bis Mai aufheben werde.

  • Man sieht doch sehr oft schon im Vorfeld, ob man "überrannt" wird. Da kann man entweder vorher überlegen, den Termin, uU nach Rücksprache mit dem Gläubiger, aufzuheben. Oder man reagiert im Termin bzw unmittelbar davor, wenn der Ansturm kommt. Aufgrund der Einlasskontrollen stehen die eh Schlange. Fragen, ob die alle zum Termin wollen und vor Ort aufheben.
    Und wenn nur drei Leute kommen, könnte man den Termin abhalten.

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  • Hatte mir anfangs auch überlegt, ob man den Zutritt nicht auf Leute mit nachgewiesenen Bietabsichten beschränken könnte (LG Memmingen, Beschl. v. 20.5.2015, 44 T 510/15). Bin inzwischen aber soweit, dass ich möglichst bald den Termin absagen werde. Ich danke euch. :daumenrau

  • Man sieht doch sehr oft schon im Vorfeld, ob man "überrannt" wird. Da kann man entweder vorher überlegen, den Termin, uU nach Rücksprache mit dem Gläubiger, aufzuheben. Oder man reagiert im Termin bzw unmittelbar davor, wenn der Ansturm kommt. Aufgrund der Einlasskontrollen stehen die eh Schlange. Fragen, ob die alle zum Termin wollen und vor Ort aufheben.
    Und wenn nur drei Leute kommen, könnte man den Termin abhalten.


    Im Prinzip ja. Aber: die Leute haben derzeit auch massive Probleme, einen Scheck zu bekommen, die Banken haben weitgehend zu oder nur Notbetrieb.

    zudem kann ich als Makler im Moment fast keine Besichtigungen anbieten, was gerade bei Einfamilienhäusern problematisch ist.

    Klar, letzteres wäre kein vom Gericht zu berücksichtigender Grund. Aber man sollte schon reflektieren, dass eine ZV ein massiver Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum ist und sowohl Gläubiger als auch Schuldner in der Regel ein Interesse am bestmöglichen Ergebnis haben.

    Ich meine daher auch, dass Termine erst wieder stattfinden sollten, wenn auch die Ausgangs- und Kontaktsperren wieder gelockert sind.

    Kann man als Gericht natürlich auch anders sehen, nach dem Motto "Pech gehabt, dass Deine ZV gerade in dieser Zeit stattfindet". Finde ich aber nicht fair.

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • :wechlach: "fair", :wechlach:
    :D


    Wenn jetzt nur drei Leute kommen, kämen ohne Corona trotzdem keine dutzende.
    Das mit dem Scheck sehe ich auch weniger problematisch, man kann ja auch überweisen. Und letztlich verlangt ja nicht das Gericht die Sicherheit.

    "Pech gehabt" ist natürlich nicht die Devise. Aber im Ergebnis stimmts trotzdem. Wenn ich mir so angucke, wie "erfolgreich" noch vor ein paar Jahren die Versteigerungen waren. Die hatten alle Pech, aktuell haben die Schuldner Glück. Irgendwann haben sie wieder Pech.

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  • Wenn jetzt nur drei Leute kommen, kämen ohne Corona trotzdem keine dutzende.

    Doch, das könnte durchaus so sein.

    Zitat

    "Pech gehabt" ist natürlich nicht die Devise. Aber im Ergebnis stimmts trotzdem. Wenn ich mir so angucke, wie "erfolgreich" noch vor ein paar Jahren die Versteigerungen waren. Die hatten alle Pech, aktuell haben die Schuldner Glück. Irgendwann haben sie wieder Pech.



    Das ist 100% richtig.

    Aber die langfristige Immobilienpreisentwicklung ist wohl für alle Beteiligten schwerer greifbar als eine kurzfristige Delle aufgrund einer Pandemie.

    Oder anders gefragt: raten Sie mal, wieviele Kaufverträge derzeit bei den Notaren geschlossen werden. Nach meiner Wahrnehmung noch höchstens 10%-20% der Stückzahlen aus Januar und Februar.

    Aber eben nicht, weil die Notare nicht mehr wollen oder könnten!

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  • Im Forum langt mir ein Du! :)

    Also unser Grundbuchamt berichtet immer noch von quasi unveränderten Zahlen.

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    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Dann will ich mich (wenn auch spät :oops:) auch nochmal äußern:

    Ich habe inzwischen auch alle Termine aufgehoben, da die Abhaltung (sogar unabhängig von Corona) gar nicht mehr zu gewährleisten war. Zurzeit läuft noch Notbetrieb, das Gericht ist z.T. nur mit 5-6 Leuten besetzt, ich selber zeitweise im Homeoffice, kann schlecht planen, wann ich im Haus bin und wann nicht. 41er- Mitteilungen oder irgendwelche "krummen" Anträge könnten ohnehin kaum noch bearbeitet werden.

    Wie es weitergehen soll, steht in den Sternen, habe Stand heute 12 Verfahren, die (wieder oder erstmalig) terminiert werden könnten. Ich persönlich werde das (auch z.T. urlaubsbedingt) vor August / September wohl auch nicht wieder anlaufen lassen, da die Abstands- und Hygieneregeln derzeit im Haus gar nicht umsetzbar sind, solange die Verwaltung mir keine Schulaula oder Stadthalle anmietet :)

    Zu den Grundbuchverfahren (bearbeite ich zufällig auch) muss ich sagen, dass bei uns gefühlt alle Anträge für 2020 durch die Notare jetzt geballt rausgefeuert werden. Kein Gegenankommen momentan :eek:

  • Wichtiger wäre, da sich die Situation mittelfristig nicht ändern wird, mit der Verwaltung Maßnahmen zu erarbeiten, die eine Durchführung der Termine gewährleisten (Ausweichen in einen größeren Saal oder auch Anmietung von geeigneten Räumlichkeiten. Regelungen des leitenden Rechtspflegers, wer reinkommt, wenn mehr Personen vor dem Saal stehen, als der sinnvoll aufnehmen kann. Schutz der Bieter und des Gerichts bei der Feststellung der Identität und Prüfung der Sicherheitsleistung, pp.).

    In 2020 keine Versteigerungen mehr durchzuführen, entspräche nicht meinem Verständnis von Rechtstaatlichkeit.

  • Ich überlege auch gerade, meine Juni-Termine auf den Herbst zu verschieben.

    Unser großer Sitzungssaal bietet bei abstandsgerechter Bestuhlung Platz für ca. 15 Bietinteressenten zzgl. Parteien. Steht aber ein Einfamilienhaus zur Versteigerung an, kommen aber regelmäßig an die 50 Bietinteressenten zum Termin.

    Nach der Kommentierung zu § 169 GVG wäre die Öffentlichkeit im Termin ja durchaus gewahrt, wenn ich nur 15 Personen Zutritt gewähren würde. Bleibt die Frage, nach welchen Kriterien gewähre ich wem Zugang und wem nicht? Riskiere ich durch die Beschränkung der Personenzahl nicht vielleicht ein erheblich schlechteres Versteigerungsergebnis, weil evtl. nur "Zugucker" Einlass gefunden haben, aber die wirklichen Kaufinteressenten durch Zufall nicht?

    Ausweichen in eine Bürgerhalle wäre grundsätzlich auch eine Option und würde durch die Verwaltung auch unterstützt. Aber wer kommt für die zusätzlichen Kosten auf?

    Fragen über Fragen, die vermutlich (leider) im Herbst noch dieselben sein werden wie jetzt.

    Oft macht man sich das Leben schwer, obwohl es gar nicht nötig wär. ;)

  • Ich meine bei den Raum-/Saalmieten dürfte es sich um "normale" Kosten des Verfahrens handeln.

    KV GKG 9006 Nr. 1: ...Auslagen für die Bereitstellung von Räumen in voller Höhe

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • Ich bin am überlegen meine Juni-Termine abzusagen. Zu voreilig?

    Kann man schwer sagen. Wenn es sich jetzt schon abzeichnet, dass ein "geordneter" Termin im Juni aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht stattfinden kann, würde ich wohl jetzt auch schon aufheben (auch zur Klarheit für die Beteiligten und mögliche Interessenten), ansonsten würde ich vielleicht noch etwas warten.

  • Ich bin am überlegen meine Juni-Termine abzusagen. Zu voreilig?

    Kann man schwer sagen. Wenn es sich jetzt schon abzeichnet, dass ein "geordneter" Termin im Juni aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht stattfinden kann, würde ich wohl jetzt auch schon aufheben (auch zur Klarheit für die Beteiligten und mögliche Interessenten), ansonsten würde ich vielleicht noch etwas warten.

    wobei vor einer Aufhebung sich zunächst die Frage stellen sollte, ob man ihn nicht auch räumlich in einen geeigneten Saal verlegen kann und Bestimmungen hinsichtlich des priorisierten Einlasses bestimmter Personengruppen (z.B. neben den Beteiligten, die Personen mit Sicherheitsleistung) vornimmt, vgl. LG Memmingen, Beschl. v. 20.5.2015, 44 T 510/15

  • Beim LG Memmingen war es so, dass die Versteigerung im größten Saal des Gerichtsgebäudes stattfand. Der Raum für die Öffentlichkeit wurde durch die Öffnung der Saaltür auf den Raum vor dem Saal erweitert.

    Dazu ist anzumerken, dass eine Erweiterung auf Flure oder Treppen ohne technische Hilfsmittel für unzulässig gehalten wird (so Kissel/Mayer/Mayer GVG § 169 Rn. 27, kritisch auch MüKoZPO/Zimmermann GVG § 169 Rn. 33). Zudem dürfte eine solche Erweiterung schwieriger bis unmöglich werden, wenn vor dem Saal der Abstand eingehalten werden muss.

  • Die Wahrung der Öffentlichkeit ist nicht gleichbedeutend mit: jeder muss reindürfen.
    Es obliegt dem Vorsitzenden, durch entsprechende Anordnungen, die Ordnung im Saal sicherzustellen. Hierzu gehört auch eine Begrenzung der Anwesenden z.B. auf die Anzahl der vorhandenen Stühle.
    Die Auswahlentscheidung muss jedoch schlüssig und nachvollziehbar sein, um seine Zuschlagsentscheidung nicht unnötig angreifbar zu machen.

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