Pfüb falsch erlassen, mit nicht titulierten Zinsen

  • Guten Morgen,


    ich bräuchte mal seelische und moralische Unterstützung, da ich ZV noch nicht so lange mache.

    Mir wurde ein (2.) Antrag auf Pfüb Erlass von einem Inkassountern. vorgelegt mit dem Hinweis, dass bereits vor einigen Wochen von meiner Kollegin ein (1.) Pfüb mit Forderungsverrechung nach § 497 Abs. 3 BGB unrichtig erlassen wurde. Nun aber nach § 367 BGB die Forderung aufgerechnet werden soll und sich damit die beizutreibende Hauptforderung erhöht.
    Titel ist ein vollstr. Auszug aus der Insolvenztabelle. Der (1.) Pfüb meiner Kollegin wurde mit Zinsen erlassen, welche nie tituliert waren.
    Ich fertigte ein Anschreiben an das Inkassounternehmen unter dem Hinweis, dass bereits ungerechtfertigt Zinsen in nicht unerheblicher Höhe enthalten sind und ich um Vorlage einer neuen Forderungsaufstellung bitte ggf. zugleich unter (Teil-)Verzichtauf übersteigenden Zinsbetrag aus (1.) Pfüb.
    Die Schuldnerin hat eigentlich keine offene Forderung mehr auf Grund ihrer jahrelangen Tilgung. Nur leider hat die Schuldnerin nicht auf die ungerechtfertigten Zinsen geachtet und das Inkassountern. wird den Teufel tun.
    Wie nicht anders zu erwarten, hat das Inkassounternehmen den (2.) Pfüb Antrag zurückgenommen unter dem Hinweis, dass kein Verzicht erfolgt.

    Jetzt meine Frage an das Schwarmwissen: :confused:

    Auf Grund meines Gewissens möchte ich die Schuldnerin in Kenntnis setzen, dass sie tatsächlich keine Zinsen zu tilgen hat und die Forderung des Gläubigers nicht in dieser Höhe bis gar nicht mehr besteht.
    Mein Hinweis an die Schuldnerin bezüglich der nicht titulierten Zinsen würde ich im (1.)Pfüb-Verfahren unter der Möglichkeit der Einlegung nach § 766 ZPO machen.
    Wie seht Ihr das?

    Danke vorab

  • Ich glaube, ich würde die Finger davon lassen.
    Rechtsberatung ist Privileg der rechtsberatenden Stellen und Berufe;
    Dein Hinweis - insbesondere der Verweis auf §766!- würde schon arg darauf hinauslaufen.

    Wenn dann würde ich ganz sachlich schreiben, dass der PFÜB auch hinsichtlich der Zinsen ergangen ist, obwohl diese nicht tituliert waren.
    Die erforderlichen Schlüsse muss der Schuldner selber ziehen (oder ziehen lassen)

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • Zudem hat die Schuldnerin Zinsen als Verzugsschaden zu zahlen... fraglich ist lediglich, ob insoweit ein zur Zwangsvolsltreckung geeigneter Titel vorliegt.

    Im Tabellenauszug sind lediglich Zinsen bis zur Insolvenzeröffnung berücksichtigt (sofern angemeldet).
    Ist der zum Insolvenzverfahren angemeldete Betrag aber bereits durch Urteil oder Vollstreckungsbescheid verzinslich tituliert, kann der Gläubiger seine Zinsen ab Insolvenzeröffnung aus diesem Titel weiter vollstrecken und im Übrigen aus dem Tabellenauszug vollstrecken.

    Es spricht daher doch so einiges dafür, als Volsltreckungsgericht die Finger davon zu lassen.

  • Zudem hat die Schuldnerin Zinsen als Verzugsschaden zu zahlen... fraglich ist lediglich, ob insoweit ein zur Zwangsvolsltreckung geeigneter Titel vorliegt.

    Im Tabellenauszug sind lediglich Zinsen bis zur Insolvenzeröffnung berücksichtigt (sofern angemeldet).
    Ist der zum Insolvenzverfahren angemeldete Betrag aber bereits durch Urteil oder Vollstreckungsbescheid verzinslich tituliert, kann der Gläubiger seine Zinsen ab Insolvenzeröffnung aus diesem Titel weiter vollstrecken und im Übrigen aus dem Tabellenauszug vollstrecken.

    Es spricht daher doch so einiges dafür, als Volsltreckungsgericht die Finger davon zu lassen.

    Ja. Jedoch bedürfen Verzugszinsen (ab InsoEÖ) erst der Titulierung, mit Feststellungsklage gegen die Schuldnerin, um vollstreckungsbar zu sein.

  • Zudem hat die Schuldnerin Zinsen als Verzugsschaden zu zahlen... fraglich ist lediglich, ob insoweit ein zur Zwangsvolsltreckung geeigneter Titel vorliegt.

    Im Tabellenauszug sind lediglich Zinsen bis zur Insolvenzeröffnung berücksichtigt (sofern angemeldet).
    Ist der zum Insolvenzverfahren angemeldete Betrag aber bereits durch Urteil oder Vollstreckungsbescheid verzinslich tituliert, kann der Gläubiger seine Zinsen ab Insolvenzeröffnung aus diesem Titel weiter vollstrecken und im Übrigen aus dem Tabellenauszug vollstrecken.

    Es spricht daher doch so einiges dafür, als Volsltreckungsgericht die Finger davon zu lassen.

    Ja. Jedoch bedürfen Verzugszinsen (ab InsoEÖ) erst der Titulierung, mit Feststellungsklage gegen die Schuldnerin, um vollstreckungsbar zu sein.

    Wo soll das bitte stehen? :gruebel: Durch den Tabellenauszug wird der ursprüngliche Titel (mit Zinsen) doch nicht unwirksam.

    Ich schließe mich daher WinterM an.

  • Völlige Zustimmung! Da würdest du dich als Rpfl. des Vollstreckungsgerichts zu weit aus dem Fenster lehnen...

  • [FONT=&amp]Bei vollstreckbaren Tabellenauszügen sind die Zinsen nunmal nur bis Inso Eröffnung tituliert. In den hier vorliegenden Verfahren ist ein Tabellenauszug vorgelegt worden und keine weiteren Vollstreckungstitel. [/FONT]
    [FONT=&amp]Vollstreckt nach Erlass Pfüb wird aus dem Tabellenauszug gegen den Schuldner und da sind Zinsen nach EÖ nicht tituliert. Mithin sind diese Zinsen auch nicht vollstreckbar.
    Das, vor Eröffnung des InsO Verfahren, titulierte Forderungen ihre Wirksamkeit behalten ist unstrittig.
    Weitere Titel liegen ja aber nicht vor.[/FONT]

    [FONT=&amp]Das Verhalten des Inkassounternehmens lässt vermuten, dass dieses zumindest auch keinen weiteren Titel gegen den Schuldner hat.
    Sollte also der einzige Titel gegen den Schuldner der Tabellenauszug (aus angemeldeter und festgestellter Forderung) sein, bedürfen Zinsen nach Inso um vollstreckbar zu sein einer weiteren Feststellung in einem Urteil.
    [/FONT]

  • Das Gericht ist zur Neutralität verpflichtet. Es erteilt keine Rechtsberatung.
    Der Boden der Neutralität wäre m.E. verlassen, wenn du die Schuldnerin ansatzpunktlos darauf hinweist, dass sie sie doch eine Erinnerung einlegen sollte und ggf. zivilrechtlich gegen die Gläubigerin vorgehen mag.

    Sofern das Gericht wie hier Forderungen vollstreckt hat, die nicht (im dem der Vollstreckung zugrunde liegenden Titel) tituliert waren, kann die Schuldnerin mit der Erinnerung dagegen vorgehen. Weder kann das Gericht v.A.w. einschreiten, noch ist es Sache des Gerichtes auf die Einlegung eines solchen Rechtsmittels hinzuwirken.

    Ich kann das Bedürfnis verstehen die Sache richtig stellen zu wollen, aber das ist nicht Aufgabe des Gerichtes.


    Die Schuldnerin hat eigentlich keine offene Forderung mehr auf Grund ihrer jahrelangen Tilgung.

    Wie willst du das feststellen?
    Zumindest wenn Zahlungen außerhalb der Zwangsvollstreckung erfolgt sind (und so scheint es nach dem Sachverhalt zu sein) steht es dem VollstrG nicht zu die Verrechnungen dieser Zahlungen zu prüfen (vgl. BGH, VII ZB 58/15). Das umfasst auch die Verrechnung auf nicht titulierte Forderungen (vgl. LG Wuppertal, Beschluss vom 24.01.2011, 6 T 6/11).

  • Gerade dieser brav zahlende Schuldner tut mir, im Hinblick auf seinen Arbeitgeber, wirklich leid.
    Sonst bin ich da nicht so eingestellt.

    Wenn der Schuldner nicht "brav zahlt", siehst Du das also anders? Und was hat der Arbeitgeber damit zu tun? Naja, egal.

    Der Sachverhalt kann nach § 18 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 RDG der für das Inkassounternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde mitgeteilt werden, wenn die im Insolvenzverfahren festgestellte Forderung vorinsolvenzlich nicht tituliert war.

    Deine Ausführungen zur Feststellungsklage für nicht titulierte Zinsen ab Insolvenzeröffnung sind schon deshalb unzutreffend, da ein Feststellungsurteil kein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel ist.

  • ...
    Deine Ausführungen zur Feststellungsklage für nicht titulierte Zinsen ab Insolvenzeröffnung sind schon deshalb unzutreffend, da ein Feststellungsurteil kein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel ist.

    Ich nehme stark an, die Aussage von Pelikan

    Zitat

    [FONT=&amp]Sollte also der einzige Titel gegen den Schuldner der Tabellenauszug (aus angemeldeter und festgestellter Forderung) sein, bedürfen Zinsen nach Inso um vollstreckbar zu sein einer weiteren Feststellung in einem Urteil.[/FONT]

    war hinsichtlich der "Feststellung" nicht wörtlich gemeint, sondern sollte bedeuten, dass sich der Gläubiger die Zinsen ggf. titulieren lassen muss.

  • Hinsichtlich der Zinsen gilt der alte Titel noch. Die Tabelle gilt nur für den Bereich der Deckungsgleichheit mit dem Titel. Für alles andere, insbesondere den Zinsen hat der alte Titel Bestand. vgl. Uhlenbruck, § 201 Rdnr. 23, MüKo zur InsO, § 201 Rdnr. 37, LG Heilbronn vom 15.05.2007, Az.: Bm 1 T 140/17.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • Hinsichtlich der Zinsen gilt der alte Titel noch. Die Tabelle gilt nur für den Bereich der Deckungsgleichheit mit dem Titel. Für alles andere, insbesondere den Zinsen hat der alte Titel Bestand. vgl. Uhlenbruck, § 201 Rdnr. 23, MüKo zur InsO, § 201 Rdnr. 37, LG Heilbronn vom 15.05.2007, Az.: Bm 1 T 140/17.

    Das ist richtig. Offenbar gibt es jedoch im von Pelikan geschilderten Fall gar keinen alten Titel...

  • Ja. Jedoch bedürfen Verzugszinsen (ab InsoEÖ) erst der Titulierung, mit Feststellungsklage gegen die Schuldnerin, um vollstreckungsbar zu sein.

    Ich weiß, aber es ging mir um dieses Zitat.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
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    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • Der einzige Grund, weswegen Schuldner Schulden haben, sind die Schuldner selbst. Warum mir die Schuldner leid tun sollten, erkenne ich da nicht. Unabhängig davon gibt es in der Person des Gläubigers liegende Gründe, dass mir auch dieser nicht sonderlich sympathisch ist. Das hat jedoch nichts mit meiner Arbeit zu tun.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

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