Wiederverheiratungsklausel

  • Ich habe ein privatschriftliches Testament mit diesem Inhalt (vollständig wiedergegeben):

    „Wir (Eheleute) setzen uns gegenseitig zu Erben unseres gesamten Nachlasses ein.

    Nach dem Tode des Längstlebenden soll der dann noch vorhandene Nachlass auf die Kinder zu gleichen Teilen übergehen.

    Sollte der Längstlebende von uns sich wieder verheiraten, so soll gesetzliche Erbfolge eintreten.“

    Der Ehemann ist nun verstorben.

    Würdet ihr das Testament auch so auslegen, dass die Ehefrau zu 1/2 Anteil Vollerbin ist. Nacherbfolge ist bezüglich 1/2 Anteils angeordnet. Sie tritt ein entweder

    a)mit der Wiederverheiratungsklausel der Vorerbin für einen 1/4 Erbteil zugunsten von Kind A und für 1/4 Erbteil zugunsten von Kind B und beim späteren Ableben der Vorerbin für den verbleibenden 1/2 Erbanteil der Vorerbin zugunsten von A und B zu gleichen Teilen oder

    b) mit dem Ableben der nicht wiederverheirateten Vorerbin zugunsten von A und B zu gleichen Teilen.

    Zu a) und b) Die Vorerbin ist -soweit zulässig- von den gesetzlichen Beschränkungen der Vorerbschaft befreit.

    Ersatznacherben sind die Abkömmlinge der jeweiligen Nacherben zu gleichen Stammanteilen nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge.

  • Mir ist nicht klar, woraus du die Vor- und Nacherbschaft erschließt. Ich würde das als "klassisches" Berliner Testament (plus) ansehen, nach dem zuerst der überlebende Ehepartner Vollerbe des Zuerstversterbenden wird, mit auflösend bedingter Schlusserbeneinsetzung der (gemeinsamen) Kinder.


    Unklar ist, ob die gesetzliche Erbfolge vorliegend nach dem zuerstversterbenden oder nach dem Längstlebenden gemeint sein soll. Ich tendiere aber nicht zu Vor- und Nacherbschaft, sondern dazu, dass mit diesem Testament die gesetzliche Erbfolge nach dem Überlebenden hergestellt werden soll (also eigentlich das Gegenteil, was man normal mit einer Wiederverheiratungsklausel erreichen möchte).

    M.E. ist das vorliegende Testament total missglückt, die Regelung "Sollte der Längstlebende von uns sich wieder verheiraten, so soll gesetzliche Erbfolge eintreten" sehe ich als -teilweisen- Widerspruch zum vorher bekundeten Berliner Testament. systematisch lässt sich kaum begründen, warum hier das Voll-Erbrecht des überlebenden Ehepartners auflösend sein , und hier Vor- und Nacherbschaft begründet werden soll.

    Mit dem auflösenden Ereignis wird die gesetzliche Erbfolge des überlebenden Ehegatten wiederhergestellt, d.h. der neue Ehepartner würde regulär nach dem Überlebenden erben. Die Kinder hätten bei dieser Konstellation das Nachsehen, aber ist eben Inhalt der Verfügung (bei der ich mich persönlich frage, warum man so etwas testiert).

  • Sofern Güterstand der Zugewinngemeinschaft bestand, hätte ich das Testament wie folgt gewertet:

    Die Ehefrau ist Alleinerbin.

    Nacherbfolge ist für den Fall der Wiederheirat angeordnet für die Hälfte des Nachlasses. Sie tritt ein bei der Wiederheirat der Vorerbin.

    Die Vorerbin ist – soweit nach § 2136 BGB zulässig – von Verfü­gungs­beschrän­kungen befreit.

    Nacherben sind die Kinder.

    Ersatznacherben sind jeweils die Abkömmlinge der Nacherben.

  • Ich hänge meine Frage hier mal an:

    Mit liegt im Grundbuch ein öffentl. Testament vor, wonach sich die Ehegatten zunächst als unbeschränkte Vollerben und den gemeinsamen Sohn als Schlusserben einsetzen. Im Anschluss ist eine Wiederverheiratungsklausel vereinbart, wonach die Stellung des Längslebenden im Fall einer Wiederverheiratung endet und dieser nur Vorerbe wird. Als Nacherbe ist wiederum der Sohn nebst weiteren Ersatznacherben benannt.

    Soweit so gut. Für mich bedeutete diese eine befreite bedingte Vor- und Nacherbfolge für den Fall der Wiederheirat.

    Leider heißt es dann unter dem Abschnitt "Wiederverheiratungsklausel" weiter: Der Nacherbfall tritt mit dem Tode des Vorerben ein.

    Ich findet, das passt nicht zusammen. Dieser Bedingungseintritt spricht nicht für eine aufschiebend bedingte Vor- und Nacherbfolge. Hiernach hätte der Längstlebende sogleich (nur) eine Vorerbenstellung. Meiner Ansicht nach ist eine Vor- und Nacherbschaft, die im Falle der Wiederheirat oder mit dem Tode des Längslebenden eintritt nicht bedingt. Eine angenommene unbedingte Vor- und Nacherbschaft widerspricht aber komplett der zunächst vorgenommen Erbeinsetzung.

    Insofern würde ich für die Grundbuchberichtigung - insbesondere § 51 GBO - einen Erbschein verlangen. Zu Recht??

  • Ich tippe spontan auf einen Griff in die falsche Textbausteinkiste bei der Errichtung des Testaments und gebe Dir recht.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Tatsächlich hatte ich diese Konstellation schon mehrfach: Nacherbschaft ist angeordnet für den Fall der Wiederheirat und tritt ein mit Tod des Vorerben.

    Die Bedingung, ob Nacherbschaft angeordnet ist und der Zeitpunkt, in dem sie dann eintritt, müssen ja nicht zwingend identisch sein.

  • Hallo zusammen.

    Ich darf mich mal hier ranhängen und hoffe darauf, dass man mir entweder aufs Pferd oder vom Schlauch hilft...

    Familiäre Verhältnisse: Vater, Mutter, Sohn, Tochter

    Gemeinschaftliches, notarielles Testament der Eheleute (T1) mit folgendem -ausschließlichen- Inhalt:

    Wir setzen uns gegenseitig zu unbeschränkten Erben ein.

    Falls der Überlebende wieder heiratet, soll er nicht Erbe sein, sondern nur den Pflichtteil erhalten.


    Eigenhändiges Testament des Witwers (T2), erstellt NACH dem ersten Erbfall:

    Ich setze meinen Sohn zu meinem Alleinerben ein. Meine Tochter enterbe ich.

    Diese Einsetzung wird im Testament noch etwas ausführlicher begründet, diese Begründung möchte ich aus nachvollziehbaren Gründen (immerhin ist dies ein öffentliches Forum) hier nicht wiedergeben.


    Nach Eintritt des 2. Erbfalls möchte Tochter hier einen Erbscheinantrag (nach dem Witwer) stellen.

    Das Verfahren wird durch die Beteiligte sehr emotional geführt. Da ich nicht bereits bei der Testamenteröffnung festgestellt habe, dass das 2. Testament unwirksam sei, bin ich natürlich auch der Buhmann.

    Sie gibt insoweit an, dass sowohl T2 nicht durch den Witwer gefertigt sein soll, sondern durch den Sohn (was zu beweisen wäre).

    Allerdings sei der Witwer aber auch gar nicht mehr befugt, neu zu testieren, da T1 aufgrund §2270 II BGB Bindungswirkung entfalte.

    Jetzt tu ich mir tatsächlich gerne mal schwer mit diversen Auslegungen.

    Aber im T1 eine Beschränkung des überlebenden Ehegatten hinsichtlich seiner Testierfreiheit zu sehen, das wäre mir jetzt zu weit gewesen.

    Vielleicht kann jemand meinen Horizont erhellen?

  • Eine ausdrückliche Schlusserbeneinsetzung ist im gemeinschaftlichen Testament nicht enthalten.

    Eine konkludente Schlusserbeneinsetzung kann sich nach der Rspr. ergeben, wenn eine Pflichtteilsstrafklausel für die Kinder enthalten ist ("Wer nach dem Tod des Erstversterbenenden den Pflichtteil gegen den Willen des Längerlebenden verlangt und erhält, ist nebst seinen Abkömmlingen von der Erbfolge nach dem Längerlebenden ausgeschlossen." -> wären die Kinder nicht konkludent zu Erben eingesetzt, gäbe das keinen Sinn -> wechselbezügliche Einsetzung der Kinder zu den gesetzlichen Erbquoten). Das ist hier aber anders. Die Klausel hat Strafcharakter für den Überlebenden, nicht für die Kinder. Wenn der Überlebende nochmals heiratet, ist er enterbt (auflösend bedingte Erbeinsetzung). Die Bedingung ist aber nicht eingetreten, und eine sonstige Einschränkung durch wechselbezügliche Einsetzungen sehe ich nicht.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Danke für die Einschätzung Tom, dies waren auch meine Gedanken.

    Nachdem ich dies der Beteiligten auch fernmündlich so mitteilte, flogen ein wenig die Fetzen. Wir waren uns einig, als dass wir uns uneinig waren.

    Sie wird den Antrag über einen Notar stellen und nicht bei mir. Dann kann ihr FA für ErbR ja seine Erklärung mit einfließen lassen.

    Harre ich der Dinge, die da kommen.

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