Hausverkauf Wunsch des Betroffenen

  • Hallo,

    der Betreuten besitzt ein unbewohnbares Haus. Um ein Zimmer im Haus bewohnbar zu machen müsste eine hohe Summe investiert werden. Die Heizung funktioniert nicht und es besteht Schimmelbefall. Der Betroffene hat kein Geld. Ein Kredit bekommt er nicht.

    Er wurde verwahrlost im Haus gefunden und lebt seit ca. 2 Jahren in einer Pflegeeinrichtung. Dort hat er sich so gut erholt, dass er zurück in sein Haus möchte.

    Die Betreuerin möchte das Haus verkaufen, um die Heimkosten decken zu können. Es bestehen erhebliche rückständige Heimkosten.

    Aus einem Gutachten von 2021 geht hervor, dass eine Rückkehr in die Häuslichkeit nicht möglich ist und das sich der Betroffene krankheitsbedingt überschätzt. Pflegedienste wurden von ihm nicht akzeptiert. Es wurde kein Pflegedienst gefunden, der ihn zu Hause betreut.

    Nach § 1821 BGB ist dem Wunsch des Betroffenen nicht zu entsprechen, wenn die Person des Betroffenen oder dessen Vermögen hierdurch erheblich gefährdet würde und der Betreute diese Gefahr auf Grund der Krankheit nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann.

    Würdet ihr ein neues Gutachten erstellen lassen und ggf. den Hausverkauf gegen den Wunsch des Betroffenen genehmigen? Ein Kaufvertrag liegt noch nicht vor.

  • Nachdem das Gutachten 2 Jahre alt ist und sich deiner Angabe nach ja auch gut erholt hat, wäre ein neues Gutachten auf jeden Fall angezeigt. Insbesondere erlaubt dir das auch, im Gutachtensauftrag genau zu bestimmen, was im Gutachten zu beurteilen ist. Besonders spannend ist dabei die Frage, in wieweit der konkret geäußerte Wille des Betreuten durch dessen Krankheit beeinflusst ist.

  • Wie hat hier mal Jemand sinngemäß geschrieben: Wir sind nunmehr den Wünschen des Betroffenen unterworfen, aber nicht bei Wünsch dir was!

    Es hat sich im Umgang mit Deiner Situation seit 1992 nichts geändert. Du hast doch alle sachlichen Argumente genannt. Bestell einen Verfahrenspfleger und zieh zügig den Verkauf durch. Bei falsch verstandenem Gutmenschentum soll sich die Kammer damit rumärgern.

    Ich wollte nur noch anmerken, dass sich der Immobilienmarkt gerade massiv gedreht hat. Die Betreuuerin wird froh sein, wenn sie das Objekt noch los bekommt.

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    “Das tolle am Internet ist, dass endlich jeder der ganzen Welt seine Meinung mitteilen kann. Das Furchtbare ist, dass es auch jeder tut.” Marc-Uwe Kling, Die Känguru Chroniken
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  • Hui. Starker Tobak.

    Kein Kaufinteressent, Rückkehrwille des Betroffenen, pauschaler Verfahrenspfleger und kopfstehender Wohnungsmarkt.

    Wenn der Betroffene zurück will, soll er das gründlich mit seinem Arzt und der Betreuerin besprechen. Wenn es nicht geht, dann geht es nicht.

    Ob es schlau von der Betreuerin ist, parallel den Hausverkauf anzuleiern - who knows? Erst wenn da was hinter der Ecke hervorkommt, steht eine Anhörung an und erst wenn die Zweifel an der geistigen Kompetenz überwiegen, dann ein Verfahrenspfleger.

    Vom Schreibtisch aus wird man den Fall nicht (gut) lösen können.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Ich handhabe es nach der neuen Rechtslage so, dass ich direkt anhöre. Ist der Betreute prinzipiell einverstanden mit dem Verkauf, ist erstmal alles okay und der Betreuer kann weitermachen. Eventuell braucht man dann noch ein Verkehrswertgutachten und ggf. eine Folgeanhörung wenn die genauen Details (Kaufpreis usw.) feststehen.

    Ist der Betroffene mit dem Verkauf nicht einverstanden, kläre ich direkt ab, ob eine freie Willensbildung möglich ist bzw. ob ich mich über einen natürlichen Willen hinwegsetzen kann. Ich lege meinen Betreuern nahe, die Füße still zu halten, bis zumindest geklärt ist, ob ein Verkauf prinzipiell möglich ist (sonst fabrizieren wir eventuell unnötige Kosten für Gutachten usw.).

    Das zieht das Verfahren zwar ziemlich in die Länge, aber da uns der Gesetzgeber den neuen § 1833 BGB so ausgestaltet hat, dass wir an den freien Willen gebunden sind und auch einen unfreien Willen nicht ohne weiteres Übergehen können, ist es eben so.

    Mit dem pragmatischen Ansatz von ARK habe ich ehrlich gesagt meine Schwierigkeiten. Es mag zwar alles richtig sein, der Immobilienmarkt bricht ein und eine Rückkehr ins eigene Haus scheitert oft an den tatsächlichen Gegebenheiten. Wenn der Betroffene allerdings zu einer freien Willensbildung in der Lage ist, hat er das Recht auch extrem dumme Entscheidungen zu treffen. Daher kann zumindest ich so etwas nicht im Schnellverfahren durchpeitschen. Ohne ärztliches Gutachten wird es kaum gehen. Die frühzeitige Bestellung eines flankierenden Verfahrenspflegers erscheint hier auch sachgerecht.

  • Ich handhabe es nach der neuen Rechtslage so, dass ich direkt anhöre. Ist der Betreute prinzipiell einverstanden mit dem Verkauf, ist erstmal alles okay und der Betreuer kann weitermachen. Eventuell braucht man dann noch ein Verkehrswertgutachten und ggf. eine Folgeanhörung wenn die genauen Details (Kaufpreis usw.) feststehen.

    Ist der Betroffene mit dem Verkauf nicht einverstanden, kläre ich direkt ab, ob eine freie Willensbildung möglich ist bzw. ob ich mich über einen natürlichen Willen hinwegsetzen kann. Ich lege meinen Betreuern nahe, die Füße still zu halten, bis zumindest geklärt ist, ob ein Verkauf prinzipiell möglich ist (sonst fabrizieren wir eventuell unnötige Kosten für Gutachten usw.).

    Das zieht das Verfahren zwar ziemlich in die Länge, aber da uns der Gesetzgeber den neuen § 1833 BGB so ausgestaltet hat, dass wir an den freien Willen gebunden sind und auch einen unfreien Willen nicht ohne weiteres Übergehen können, ist es eben so.

    Mit dem pragmatischen Ansatz von ARK habe ich ehrlich gesagt meine Schwierigkeiten. Es mag zwar alles richtig sein, der Immobilienmarkt bricht ein und eine Rückkehr ins eigene Haus scheitert oft an den tatsächlichen Gegebenheiten. Wenn der Betroffene allerdings zu einer freien Willensbildung in der Lage ist, hat er das Recht auch extrem dumme Entscheidungen zu treffen. Daher kann zumindest ich so etwas nicht im Schnellverfahren durchpeitschen. Ohne ärztliches Gutachten wird es kaum gehen. Die frühzeitige Bestellung eines flankierenden Verfahrenspflegers erscheint hier auch sachgerecht.

    Finde ich eine sehr gute Herangehensweise :thumbup:

  • Wenn der Betroffene allerdings zu einer freien Willensbildung in der Lage ist, hat er das Recht auch extrem dumme Entscheidungen zu treffen. Daher kann zumindest ich so etwas nicht im Schnellverfahren durchpeitschen. Ohne ärztliches Gutachten wird es kaum gehen. Die frühzeitige Bestellung eines flankierenden Verfahrenspflegers erscheint hier auch sachgerecht.

    Grundsätzlich JA.

    Aber was nutzt den die Heimkehr, wenn dann das Pflegeheim kommt und die Hütte Zwangsversteigert. Wie lange soll den das Pflegeheim auf sein Geld warten müssen.

    Der Betroffene kommt aus einer Wohlfühlsituation mit dreimal tägliche Mahlzeiten auf den Tisch, das Bett wird ihm jeden Tag gemacht, klar würde ich da in meiner Einfachheit sagen, das kann ich auch alles allein in meinem alten Zuhause.

    Für mich ist die Unterstützung in das alte Heim bei der Vorgeschichte und den Schulden Lebensfremd.

    Sollte mein Betreuungsgericht in der Art einen Verkauf verschleppen, würde ich einen Betreuerwechsel anregen!

    Aufwand, Nutzen, Haftung, das steht alles in keinem vernünftigen Verhältnis.

    Bei mir wäre so ein Fall gar nicht erst hier im Forum erschienen, da ich Grundsätzlich im Vorfeld mit dem Betreuungsgericht solche Fälle abschließend kläre.

    Ach so, ja Jeder hat nach dem neuen Recht einen Schuß für einen gravierenden Fehler frei. Für mich wäre dieser eine Schuss schon durch, da ich ihn ja in das Pflegeheim bringen musste. Die Lebenssituation war ja dem Betreuer schon vorher bekannt und er hat das Fass bis dahin überlaufen lassen.

    Ich hatte schon mal den Fall, da habe ich einen Korsakov, Wernecke Syndrom begutachteten Betroffenen wieder aus dem Pflegeheim geholt und ihm eine neue situationsgerechte Wohnung angemietet und mit Hilfe der Familie wieder eingerichtet. Mit ABW funktioniert das heute noch. (Nur falls mich Jemand Empathielos bezeichnen Sollte)

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    Wie oft kommt das vor? "Öfter als niemals, seltener als immer." Jack Reacher - Der Bluthund
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  • Solche Fälle, wie wir sie hier diskutieren, sind eher die Ausnahme. Bei mir gibt es im wesentlichen zwei Arten von Anhörungen: Bei Variante 1 ist der Betreute noch so fitt, dass er versteht, dass er allein nicht mehr leben kann und zähneknirschend in den Verkauf einwilligt. Bei Variante 2 ist der Betreute erkennbar nicht zu einer freien Willensbildung in der Lage (meist fehlt es schon an einer zeitlichen und örtlichen Orientierung). Da funktioniert der Verkauf auch Recht unproblematisch (mangels anderer Anhaltspunkte gehe ich in der Regel davon aus, dass es der mutmaßliche Wunsch des Betreuten ist, die Heimschulden zu bezahlen).

    Blöd sind nur die selten auftretenden Grenzfälle und die können eben dauern...

    Was die zeitliche Komponente angeht: Es mag sich zynisch anhören, aber die Pflegeheime bei uns im Bezirk sind Kummer gewohnt. Ein SGB XII Antrag kann hier durchaus ein halbes Jahr dauern. Daher ist ein Immobilienverkauf, der sich wegen des Betreuungsgerichts vielleicht ein wenig länger zieht, kaum der Rede wert. Generell kann sich der Verkauf auch Mal unabhängig vom rechtlichen länger ziehen, wir verkaufen in der Regel ja keine Traumimmobilien. Da muss immer Mal wieder darlehensweise die Sozialhilfe ran (oder müsste, wenn das Sozialamt das Verfahren nicht verschleppen würde).

  • Wie wird festgestellt, dass eine freie Willensbildung nicht möglich ist?

    Das ist entweder offensichtlich (z.B. keine Reaktion auf Ansprache) oder es liegen Gutachten vor - entweder aus dem bestehenden Verfahren oder aus Anlass des Genehmigungsverfahrens.

    Wie Corypheus schon sagte:

    Bei mir gibt es im wesentlichen zwei Arten von Anhörungen: Bei Variante 1 ist der Betreute noch so fitt, dass er versteht, dass er allein nicht mehr leben kann und zähneknirschend in den Verkauf einwilligt. Bei Variante 2 ist der Betreute erkennbar nicht zu einer freien Willensbildung in der Lage (meist fehlt es schon an einer zeitlichen und örtlichen Orientierung). Da funktioniert der Verkauf auch Recht unproblematisch (mangels anderer Anhaltspunkte gehe ich in der Regel davon aus, dass es der mutmaßliche Wunsch des Betreuten ist, die Heimschulden zu bezahlen).

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  • Wie wird festgestellt, dass eine freie Willensbildung nicht möglich ist?

    Freie Willensbildung setzt voraus, dass die betreffende Person die für die Entscheidung relevanten Umstände wahrnehmen und gemäß dieser Wahrnehmung handeln kann.

    Wenn die Betroffenen schon erkennbar von falschen Voraussetzungen ausgehen ("Sie sind gar nicht im Pflegeheim und wir schreiben das Jahr 1970"), scheitern wir bereits an der ersten Stufe und können eine freie Willensbildung unproblematisch ausschließen.

    Kritischer sind in der Regel die Fälle, bei denen die Betroffenen ihre Umgebung noch korrekt wahrnehmen, aber Zweifel bestehen, ob sie diese Wahrnehmung auch in eine Entscheidung umsetzen können.

  • Text entfernt, da keine Teilnahmeberechtigung am Forum und außerdem Werbelink gesetzt.

    Ulf, Admin

    Einmal editiert, zuletzt von Ulf (24. Januar 2024 um 13:11)

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