örtliche Zuständigkeit PfüB

  • Hallo!

    Ich habe einen Schuldner, von dem der Gläubiger schreibt, er weigere sich seinen aktuellen Wohnsitz mitzuteilen. EMA erfolglos. Der letzte Wohnsitz war in unserem AG-Bezirk, weswegen der Gläubiger schreibt, er gehe von unserer Zuständigkeit aus. Der Gläubiger schreibt aber weiter, er möchte, dass der Schuldner den Pfüb über die Anschrift seiner Arbeit (anderes AG) zugestellt bekommt.

    Bin ich wirklich trotzdem zuständig? Grundsätzlich geht es nach dem Wohnsitz, aber der ist ja gerade unbekannt. Stellt man wirklich auf den letzten Wohnsitz ab, oder muss man dann nicht die Adresse des Arbeitgebers auch für die Zuständigkeit zugrunde legen?

  • ich zweifle

    §16 ZPO verlangt, dass die Person überhaupt keinen Wohnsitz hat, das ist hier aber (anscheinend) nicht der Fall- der Schuldner weigert sich ja nur ihn mitzuteilen!

    Es ist Sache des Gläubigers, das zuständige Gericht festzustellen, der Schuldner ist nicht in der Pflicht ihn bei der Vollstreckung gegen sich zu unterstützen.

    Wenn dem Gläubiger genau weiß, dass der Schuldner tatsächlich einen Wohnsitz hat, den er nur nicht kennt, kann er halt solange nicht vollstrecken

    Selbst wenn man davon ausginge, dass der Schuldner keinen Wohnsitz hat, ist der Aufenthalt vorrangig vor dem letzten Wohnsitz

    Da die Arbeitsstelle bekannt ist, würde ich dorthin tendieren- der Schuldner wird sich zumindest vorübergehend dort aufhalten

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • Der Arbeitsplatz als gewöhnlicher Aufenthalt? Das nenne ich mal Hingabe!:)

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • :D da schließ ich von mir auf andere :D

    aber er muss nicht "gewöhnlich" oder "dauernd" sein (Musielak/Voit ZPO §16 RN 3)

    ein vorübergehender Aufenthalt genügt- bspw. Durchreise

    hab jetzt aber nicht konkret nach Rechtsprechung zu §16 ZPO i.V.m. Arbeitsplatz recherchiert

    seit Juris mies ist, macht Rechtsprechungsrecherche keinen rechten Spaß mehr :(

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  • Ich dachte immer, dass das Gericht die Zuständigkeit feststellt. Im Rahmen seiner Prüfung.

    Der Gläubiger muss sich halt Gedanken machen. Es gibt genügend Möglichkeiten, die Adresse zu erfahren. Und falls der Schuldner sich entgegen des Melderechts nicht ordentlich angemeldet hat, kann der Gläubiger auch das verfolgen lassen.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Wie soll denn der Gläubiger ohne die (eigene) Feststellung des zuständigen Gerichts das gerichtliche Verfahren erfolgsversprechend einleiten?
    Eine Antragstellung ins Blaue hinein ist sicherlich nicht richtig

    Natürlich wird die (vom Gläubiger angenommene-schließlich hat er den Antrag entsprechend gestellt) Zuständigkeit vom Gericht geprüft und entspreched verfahren

    Wenn sich ein Gläubiger allerdings darüber im Klaren ist, dass der Schuldner einen Wohnsitz hat (wo auch immer er sein mag) den er nicht kennt, dann kann er gerade nicht durch PFÜB vollstrecken- bis er sich Gedanken gemacht und die Adresse erfahren hat

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  • Der Kläger / Gläubiger muss den Gerichtsstand nach § 16 ZPO behaupten und beweisen. Der Beweis ist erbracht, wenn der Wohnsitz trotz ernstlich angestellter Ermittlungen (EMA) nicht bekannt ist bzw. bei feststehender Aufgabe eines früheren Wohnsitzes die Begründung eines neuen nicht feststellbar ist - so steht´s im Zöller.

    Ich würde mich nach dem Vortrag des Gl. nach § 16 ZPO als örtlich zuständig sehen. Der Gl. muss halt mit der Gefahr leben, dass der Schuldner die örtliche Zuständigkeit später rügt und der PfÜB aufgehoben werden muss.

  • ich zweifle

    §16 ZPO verlangt, dass die Person überhaupt keinen Wohnsitz hat, das ist hier aber (anscheinend) nicht der Fall- der Schuldner weigert sich ja nur ihn mitzuteilen!

    Nach Anders/Gehle/Bünnigmann, 82. Aufl. 2024 Rn. 1, ZPO § 16 soll es einer positiven Feststellung, dass der Beklagte keinen Wohnsitz hat, nicht bedürfen.

    Wenn der Gläubiger neben der erfolglosen EMA-Anfrage noch nachweist, dass sich der Schuldner tatsächlich weigert, seinen aktuellen Aufenthaltsort zu benennen, würde ich von der örtlichen Zuständigkeit anhand des letzten bekannten Wohnsitzes ausgehen.

  • Danke für die Antworten.

    Also sehe ich das richtig, ihr bejaht eine Zuständigkeit meinerseits aufgrund des letzten bekannten Wohnsitzes bei uns, würdet den PfÜB erlassen und ihn dem Schuldner unter der Anschrift seines Arbeitgebers zustellen.

  • ich zweifle

    §16 ZPO verlangt, dass die Person überhaupt keinen Wohnsitz hat, das ist hier aber (anscheinend) nicht der Fall- der Schuldner weigert sich ja nur ihn mitzuteilen!

    Nach Anders/Gehle/Bünnigmann, 82. Aufl. 2024 Rn. 1, ZPO § 16 soll es einer positiven Feststellung, dass der Beklagte keinen Wohnsitz hat, nicht bedürfen.

    Wenn der Gläubiger neben der erfolglosen EMA-Anfrage noch nachweist, dass sich der Schuldner tatsächlich weigert, seinen aktuellen Aufenthaltsort zu benennen, würde ich von der örtlichen Zuständigkeit anhand des letzten bekannten Wohnsitzes ausgehen.

    damit bin ich auch einverstanden:

    wenn der Gläubiger also zu dem Ergebnis kommt:
    der Schuldner hat seinen alten Wohnsitz aufgegeben, er gibt mir einen neuen nicht bekannt, auch sonst kann ich einen neuen Wohnsitz nicht herausfinden; ich gehe davon aus (positive Feststellung nicht erforderlich!), dass der Schuldner gerade tatsächlich keinen Wohnsitz hat,

    sollte er unter Zugrundelegung von §16 ZPO den Antrag beim entsprechenden Gericht stellen und die ergebnislose EMA vorlegen

    Das Gericht wird die Zuständigkeit bejahen können.

    Anders allerdings wenn bspw.:
    Der Gläubiger kennt den Wohnsitz seines Schuldners nicht, die EMA ergibt (bspw.): der Schuldner hat eine Auskunftssperre vornehmen lassen, der Gläubiger erhält keine Auskunft
    Oder (ein bisschen konstruiert natürlich): der Schuldner schickt dem Gläubiger eine E-Mail: ich bin umgezogen und wohne jetzt woanders, aber ich verrate dir nicht wo, in der Anlage ein Bild von meinem gemütlichen Wohnzimmer mit Familie und Weihnachtsbaum; der Gläubiger hat positive Kenntnis, dass ein Wohnsitz besteht, er kennt ihn nur nicht

    §16 ZPO ist der Gerichtsstand wohnsitzloser Personen, nicht der von Personen mit unbekanntem Wohnsitz

    Nach dem Eingangspost bin ich davon ausgegangen, dass der Gläubiger selbst nicht davon ausgeht, dass der Schuldner tatsächlich wohnsitzlos ist


    @ Frog: bei Annahme der Wohnsitzlosigkeit: was spricht gegen das Gericht des Arbeitsplatzes?

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    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • @ Frog: bei Annahme der Wohnsitzlosigkeit: was spricht gegen das Gericht des Arbeitsplatzes?

    Nach § 828 Abs. 2 ZPO kommt der § 23 ZPO für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit nur in Betracht, wenn der Schuldner im Inland keinen allgemeinen Gerichtstand besitzt.
    § 16 ZPO gehört zu den Regelungen, aus denen sich ein allgemeiner Gerichtstand ergibt, dieser Paragraf ist also vorrangig (so auch Kindl/Meller-Hannich, Zwangsvollstreckung, ZPO § 828 Rn. 10, beck-online).

  • Bin ich ganz dabei, aber wir sind doch grade nicht bei §23 ZPO, oder?

    der §16 ZPO stellt doch zunächst auf den Aufenthaltsort ab

    "Der allgemeine Gerichtsstand einer Person, die keinen Wohnsitz hat, wird durch den Aufenthaltsort im Inland und, wenn ein solcher nicht bekannt ist, durch den letzten Wohnsitz bestimmt."

    Er muss auch nicht "von längerer Dauer" sein, wie bspw. beim §20 ZPO

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    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • Bin ich ganz dabei, aber wir sind doch grade nicht bei §23 ZPO, oder?

    Ach so, ich bin davon ausgegangen, dass der Arbeitgeber Drittschuldner sein soll. Da wollte ich verdeutlichen, dass § 23 ZPO nur eintritt, wenn man (auch über § 16 ZPO) nicht zu einem allgemeinen Gerichtsstand des Schuldners kommt.

    Aber ja, § 16 ZPO fordert keinen längeren Aufenthalt, um beim Arbeitgeber einen Aufenthaltsort zu begründen (so auch Musielak/Voit/Heinrich, 20. Aufl. 2023, ZPO § 16 Rn. 3).

    Also hat der Gläubiger wohl die Wahl, ob er das für den Arbeitsort oder den letzten Wohnsitz zuständige Gericht beansprucht.

  • ich würde sagen, er hat nicht die Wahl- ist der letzte Wohnsitz nicht subsidiär hinter dem Aufenthaltsort?

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  • Wie soll denn der Gläubiger ohne die (eigene) Feststellung des zuständigen Gerichts das gerichtliche Verfahren erfolgsversprechend einleiten?
    Eine Antragstellung ins Blaue hinein ist sicherlich nicht richtig

    Natürlich wird die (vom Gläubiger angenommene-schließlich hat er den Antrag entsprechend gestellt) Zuständigkeit vom Gericht geprüft und entspreched verfahren

    Wenn sich ein Gläubiger allerdings darüber im Klaren ist, dass der Schuldner einen Wohnsitz hat (wo auch immer er sein mag) den er nicht kennt, dann kann er gerade nicht durch PFÜB vollstrecken- bis er sich Gedanken gemacht und die Adresse erfahren hat

    Nach meiner Erfahrung ist dem Gläubiger vieles egal.

    Der Gläubiger guckt einfach nur, wo er seinen Antrag los wird. Natürlich achtet er dabei darauf, dass der Antrag nicht nach Hamburg geht, wenn der Schuldner in München wohnt. Ich gehe aber davon aus, dass es das mit den Gedanken war, die sich der Gläubiger hierzu macht. Zumindest bis er vom Gericht darauf hingewiesen wird, dass das nicht genug oder die falschen Gedanken waren.

    Wir meinen vermutlich dasselbe. Ich habe nur eine andere Vorstellung von "Feststellung der Zuständigkeit".

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  • ich würde sagen, er hat nicht die Wahl- ist der letzte Wohnsitz nicht subsidiär hinter dem Aufenthaltsort?

    Mir ging es um die Wahl zwischen der sich nach § 16 ZPO ergebenden Zuständigkeit und der nach § 23 ZPO (siehe § 35 ZPO).

    Aber nach dem Wortlaut des § 828 Abs. 2 ZPO scheint - im Gegensatz zum Zivilverfahren - tatsächlich der § 23 ZPO nachrangig gegenüber dem § 16 ZPO zu sein.

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