Antrag auf Vormundschaft mit „Eilt“ eingereicht

  • Die Großmutter eines 16 jährigen hat beim Familiengericht einen Antrag auf Bestellung zum Vormund für den Minderjährigen mit „Eilt“ eingereicht.

    Der Vater des Minderjährigen sei bereits von 12 Jahren und die Mutter des Minderjährigen gestern verstorben.


    Das Jugendamt habe für Kommenden Montag ein Gespräch mit der Familie vereinbart.

    Auch wenn der Antrag mit dem Zusatz „Eilt“ versehen ist, kann von meiner Seite aus sofort im Sinne von „Eilt“ nichts veranlasst werden. Ich würde die Beteiligten also wie üblich zum Anhörungstermin in ca. 2 Wochen laden.

    Liege ich hier richtig?

  • Ein früherer Anhörungstermin ist nicht möglich, weil... ?

    Woraus ergibt sich denn nach Mitteilung der Großmutter die Eilbedürftigkeit? Sind irgendwelche wichtigen unaufschiebbaren Dinge zu regeln?

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Wieso brauchst Du für einen Anhörungstermin eine förmliche Ladung? Ist das Telefon kaputt? Wenn es so dringend ist, kommen die Beteiligten auch nach Absprache.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Ich würde die Großmutter und/oder das Jugendamt telefonisch kontaktieren, nachfragen, ob es aktuell wichtige Dinge zu regeln gibt und wer als Vormund in Betracht kommt.

    Sollte sich herausstellen, dass tatsächlich irgendwas brennt, dann würde ich mit den Beteiligten direkt für nächste Woche einen Termin vereinbaren und alles weitere im Anschluss an die Anhörung in die Wege leiten.

    Du kannst aber auch eine vorläufige Vormundschaft einrichten und im Anschluss die Anhörung durchführen.

  • Solange das Kind versorgt ist (würde vermuten, es befindet sich derzeit bei der Großmutter) ist ein sofortiges Handeln nicht erforderlich und selbst wenn es anderes wäre würde ich erstmal das Jugendamt in der Verantwortung sehen (Stichwort: Inobhutnahme).

    In jedem Fall wäre erstmal zu ermitteln, in welche grobe Richtung das Verfahren gehen soll, damit man den Termin sinnvoll vorbereiten kann.

    Gibt es eine letztwillige Verfügung in der ein Vormund benannt wird?

    Will, wie meist in diesen Fällen, die Großmutter zur Vormündin bestellt werden?

    Wenn ja: Ist sie geeignet? Falls sich die Ermittlungen insoweit länger hinziehen könnten: Soll man dann zunächst eine vorläufige Vormundschaft nach § 1781 BGB mit dem Jugendamt als Vormund anordnen?

    Bevor ich einen Termin mit allen Beteiligten ansetze, würde ich zumindest die grobe Marschrichtung ermitteln. Zudem würde ich dem Mündel (unabhängig von allem rechtlichen) zumindest die Gelegenheit geben, den Tod des Elternteils einigermaßen zu verarbeiten, bevor ich es zu Gericht lade.

    Daher erscheint mir eine Terminierung mit 2 Wochen Vorlauf gut vertretbar. Heute würde ich vielleicht nur noch beim Jugendamt anrufen und mich kurz mit denen abstimmen.

  • In der Zeit, in der du hier fragst, ob du was regeln MUSST, hättest du was regeln KÖNNEN.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Die Anhörung ist erfolgt.

    Die vom Jugendamt vorgeschlagene Großmutter würde die Vormundschaft gerne übernehmen. Die Betroffene ist damit einverstanden. Das Jugendamt schlägt die Großmutter als Vormund vor.

    Die Großmutter hat in den Jahren 2007 und 2010 die EV abgegeben. Im Jahr 2021 und 2022 wurde Ihr Beratungshilfe bewilligt und im Jahr 2023 hat Sie einen gerichtlichen Vergleich abgeschlossen, in dem sie sich verpflichtet hat, aus Ihrer damaligen Wohnung auszuziehen. Allerdings ist Sie nicht freiwillig ausgezogen sondern wurde zwangsweise geräumt. Die vorgenannte Beratungshilfe wurde ihr bewilligt da sie vom Vermieter die Herausgabe von Gegenständen aus der Wohnung verlangt hat und Schadensersatzansprüche gegen die Gerichtsvollziehern geltend machen wollte, da bei der Zwangsräumung Gegenstände verschwunden seien.

    Die Einholung eines BZR-Auszugs und einer Auskunft aus der zentralen Schuldnerkartei stehen noch aus.

    Sind die vorgenannten Tatsachen ein Grund, an der Geeignetheit der Großmutter für das Amt des Vormunds zu zweifeln?

    Falls ja: Die Betroffene hat auch eine befreundete Familie als Vormund vorgeschlagen. Diese ist allerdings sowohl bei der Jugendhilfe als auch bei Gericht negativ bekannt. Eine Person aus dieser Familie scheidet als Vormund also aus.

    Was würdet ihr tun, falls die Großmutter nicht geeignet ist.

  • Wenn jemand vor 17 bzw. 14 Jahren die eV abgegeben hat, sagt das über die heutige Finanzsituation dieser Person exakt nichts aus.

    Die Bewilligung von Beratungshilfe negativ für die Eignung auszulegen, halte ich für nicht nachvollziehbar. Abgesehen davon, wie kann Beratungshilfe wegen Herausgabe und Schadensersatz im Zusammenhang mit der Zwangsräumung zeitlich vor dieser bewilligt worden sein? Oder gab es vielleicht noch eine weitere Zwangsräumung?

    Die Zwangsräumung dürfte für sich gesehen ohne nähere Aufklärung der Umstände auch keine fehlende Eignung begründen.

  • Allein auf die finanzielle Situation abzustellen, halte ich für schwierig. Wir haben ja auch Eltern in schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen bei denen wir trotz bestehender Schulden nicht in die elterliche Sorge eingreifen.

    Im vorliegenden Fall wird eine Gesamtbetrachtung der Großmutter notwendig sein. Zu ihren Gunsten wird die persönliche Nähebeziehung zum Kind zu berücksichtigen sein (§ 1778 Abs. 2 BGB). Eine schwierige Vermögenslage wäre gem. § 1779 Abs. 1 S. 3 BGB zum Nachteil der Großmutter zu werten, allerdings handelt es sich hierbei meiner Meinung nach nicht um ein Ausschlusskriterium.

    § 168 Abs. 2 FamFG verlangt ja nur die Einholung eines BRZ Auszugs und ist daher (bewusst) großzügiger als §§ 21, 23 Abs. 2 BtOG (Eignungsprüfung bei ehrenamtlichen Betreuern).

    Wenn die Großmutter sonst keinen Grund gibt, an ihrer Zuverlässigkeit zu zweifeln, wäre deren Bestellung zu erwägen.

    Sofern das Mündel über Vermögen verfügen sollte, besteht ohnehin Rechnungslegungspflicht und die Verpflichtung zur Anbringung von Sperrvermerken. Falls man zum Ergebnis kommt, dass dies zum Schutz des Mündelvermögens nicht genügt, könnte man auch die Bestellung eines zusätzlichen Pflegers für die Vermögensangelegenheiten erwägen.

    Die Großmutter aber wegen der schwierigen wirtschaftlichen Situation allein vollständig zu übergehen, dürfte schwierig sein.

  • Allein auf die finanzielle Situation abzustellen, halte ich für schwierig. Wir haben ja auch Eltern in schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen bei denen wir trotz bestehender Schulden nicht in die elterliche Sorge eingreifen.

    Das ist richtig. Dennoch stellt es einen Unterschied dar, ob man jemanden Befugnisse nicht wegnimmt oder erst noch überträgt.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!