Wo verbleibt die Urschrift des Erbscheinsantrags?

  • Der Antragsteller stellt bei seinem Wohnsitzgericht einen Erbscheinsantrag. Nachlassgericht ist jedoch ein anderes Gericht.

    Frage: Behält das protokollierende Gericht die Urschrift des Antrags oder schickt es die Urschrift an das Nachlassgericht?

    Die Frage stellt sich nach meiner Ansicht, da die Aktenordnung seit dem 01.01.2014 in § 8 Abs. 3 S. 5 AktO regelt, dass in Nachlasssachen Urschriften zu übersenden sind. Die Vorschrift differenziert auch zB nicht zwischen Erbscheinsanträgen und Ausschlagungserklärungen.

    Andererseits enthält der Erbscheinsantrag eine beurkundete eidesstattliche Versicherung, die sich nach dem BGB und dem Beurkundungsgesetz richtet. Nach §§ 45 Abs. 1, 56 Abs. 3 S. 2 BeurkG könnte man auch auf die Idee kommen, dass das Wohnsitz die Urschrift eines Erbscheinsantrags behält, und nur eine beglaubigte Abschrift an das Nachlassgericht übersendet, da der Erbscheinantrag auch eine eidesstattliche Versicherung enthält.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Ebenso.

    Das Original der Niederschrift verbleibt - wie auch bei Vaterschaftsanerkennungen u.ä. - bei der UR-Sammlung.

    Diese - unstreitige - Rechtslage ist übrigens auch der Grund, weshalb ich von jeher der Ansicht bin, dass auch vom Wohnsitzgericht beurkundete Erbausschlagungen nur in Ausfertigung an das zuständige Nachlassgericht zu übermitteln sind. Denn es ist ein Widerspruch in sich, dass das unzuständige Rechtshilfegericht die Urschrift einer Beurkundung behält, das zuständige Wohnsitzgericht aber zur Übersendung der Urschrift verpflichtet sein soll.

    Das kann aber wohl nur jemand nachvollziehen, der schon einmal beim Nachlassgericht tätig war.

  • Zunächst danke ich für die bisherigen Antworten.

    Und mein Fehler: Es würde, wenn man nicht die Urschrift versendet, natürlich eine Ausfertigung versandt und keine beglaubigte Abschrift.

    Demnach plädiert ihr dafür, die entsprechende Vorschrift in der Aktenordnung einfach zu ignorieren nach der das Nachlassgericht Urschriften zu übersenden hat?

    Oder sind ggf Fälle denkbar für die die Vorschrift gedacht war und Anwendung findet?

    Hier vorsorglich der Wortlaut der Sätze von § 8 Abs. 3 AktO:

    1 Die Erfassung unter dem Registerzeichen AR schließt eine Erfassung unter einem anderem Registerzeichen aus, solange die Sache unter dem Registerzeichen AR weitergeführt wird.
    2 Eine Ausnahme gilt für das Amtsgericht, wenn es in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit im Wege der Rechtshilfe eine Beurkundung vorzunehmen hat.
    3 In diesem Fall ist die Beurkundung auch unter dem nach § 25 maßgeblichen UR-Registerzeichen zu erfassen.
    4 Dem ersuchenden Gericht ist nicht die Urschrift, sondern eine Ausfertigung der Verhandlung mitzuteilen.
    5 Abweichend zu Satz 4 ist in Nachlasssachen die Urschrift dem Nachlassgericht zu übersenden.

    Vielleicht bin ich ja auch nur begriffsstutzig. Dann wäre es nett, wenn mir jemand den Regelungsinhalt von Satz 5 erklären könnte.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    4 Mal editiert, zuletzt von Ernst P. (5. Mai 2015 um 14:48)

  • Ich kann nur sagen, wie wir es seit Änderung der AktO handhaben:
    Wir versenden die Urschrift an das zuständige NL-Gericht und behalten eine Ausfertigung. Wir bekommen auch von den anderen Gerichten zumeist Urschriften übersandt, wenn wir das zuständige NL-Gericht sind.

  • Ich kann nur sagen, wie wir es seit Änderung der AktO handhaben:
    Wir versenden die Urschrift an das zuständige NL-Gericht und behalten eine Ausfertigung. Wir bekommen auch von den anderen Gerichten zumeist Urschriften übersandt, wenn wir das zuständige NL-Gericht sind.

    Nicht die Aktenordnung, sondern das Beurkundungsgesetz regelt, wie mit der Urschrift zu verfahren ist.

  • Daher ja auch meine Frage, ob die Mehrheit hier nach dem Beurkundungsgesetz oder nach der Aktenordnung verfährt und was die jeweiligen Argumente für das Vorgehen sind.

    Und ob ggf. bei Ausschlagungen und Erbescheinsanträgen unterschiedlich verfahren wird.

    Wenn immer das Beurkundungsgesetz vorgeht und daher stets nur eine Ausfertigung zu übersenden ist, ist dann Satz 5 der Aktenordnung schlicht überflüssig und zu ignorieren oder kann ggf jemand Angaben zum Sinn der Änderung der Aktenordnung zum 1.1.2014 machen?

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    2 Mal editiert, zuletzt von Ernst P. (6. Mai 2015 um 09:35)

  • Bei den landesrechtlichen Aktenordnungen handelt es sich um reine Verwaltungsvorschriften, die nicht geeignet sind, das sich aus § 1 Abs. 2 BeurkG i.V.m. § 45 BeurkG geregelte Bundesrecht außer Kraft zu setzen. Da ich auch keinen (zudem nicht durch eine bloße Verwaltungsnorm auszuübenden) landesrechtlichen Vorbehalt für diese Frage erkennen kann, hat man hier wohl übereifrig etwas geregelt, was man überhaupt nicht rechtswirksam regeln konnte.

  • Ich könnte mir gut vorstellen, dass die besagten Vorschriften der Aktenordnung auf den Streit zurückgehen, ob das Wohnsitzgericht das Original oder lediglich eine Ausfertigung der Erbausschlagungserklärung an das zuständige Nachlassgericht weiterzuleiten hat. Aber natürlich kann dieser Streit nicht durch die Aktenordnung entschieden werden und im Eifer, im Hinblick auf die zu beurkundende eV auch die Erbscheinsantragsfrage mitzuregeln, hat man dann gleich das Kind mit dem Bade ausgeschüttet.

    Da jedes Bundesland seine eigene - wenn auch insoweit inhaltlich übereinstimmende - Aktenordnung erlässt, ist demnach zu konstatieren, dass in den zuständigen Ministerien der jeweiligen Bundesländer niemand sitzt, der das eigentliche Problem erkannt hat.

  • Ich könnte mir gut vorstellen, dass die besagten Vorschriften der Aktenordnung auf den Streit zurückgehen, ob das Wohnsitzgericht das Original oder lediglich eine Ausfertigung der Erbausschlagungserklärung an das zuständige Nachlassgericht weiterzuleiten hat. Aber natürlich kann dieser Streit nicht durch die Aktenordnung entschieden werden und im Eifer, im Hinblick auf die zu beurkundende eV auch die Erbscheinsantragsfrage mitzuregeln, hat man dann gleich das Kind mit dem Bade ausgeschüttet.

    Da jedes Bundesland seine eigene - wenn auch insoweit inhaltlich übereinstimmende - Aktenordnung erlässt, ist demnach zu konstatieren, dass in den zuständigen Ministerien der jeweiligen Bundesländer niemand sitzt, der das eigentliche Problem erkannt hat.


    :daumenrau

  • Danke für die weiteren Rückmeldungen.

    Mit dem Ergebnis kann ich leben, auch wenn es wieder mal kein gutes Licht auf den Verordnungsgeber wirft.

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  • Natürlich bekommt das eigentlich zuständige Gericht die Urschrift. Zum einen handelt es sich bei der Aktenordnung um eine Dienstanweisung des direkten Dienstherren, die nicht auf das Zustandekommen und Bundes/Landesrecht zu prüfen ist und die auch ganz klar etwas vorgibt, was nicht zur Auslegung dient.

    Zum anderen aber ist auch der 45 BeurkG eine offene Vorschrift und keine absolute. Sie sieht Ausnahmen vor. Genauso wie der Abs. 2 eine anderweitige Handhabe für die Urschrift vorsieht, kann eben auch durch eine weitere Verordnung hierzu eine weitere anderweitige Handhabe bestimmt werden.

    Einmal editiert, zuletzt von dasjott (13. April 2017 um 14:11)

  • Natürlich bekommt das eigentlich zuständige Gericht die Urschrift.

    So natürlich war und ist das eben nicht. Sonst hätte sich die Rechtsprechung nicht so in einem weitem Maße darüber auslassen müssen. Darüber hinaus find ich es auch erstaunlich über die AktO einem "gewissen Regelungszwang" numehr ausgesetzt zu sein, damit es auch tatsächlich einheitlich läuft.

    Insoweit ist die Aussage Cromwells schon sehr trefflich.

  • KG Berlin, Beschluss vom 02.08.2011 - 1 AR 11/11 - juris;

    Das betrifft alles die Ausschlagung und nicht die eidesstattliche Versicherung. Der Verbleib der Ausschlagung selbst ist zudem im § 344 VII FamFG (also Bundesrecht) geregelt.

    Hier dreht es sich derzeit um die beurkundete eidesstattliche Versicherung. Deren Verbleib ist in der ländereinheitlichen, nicht bundesrechtlichen Aktenordnung geregelt.
    Der Verweis auf den angeblich widersprechenden § 45 BeurkG ist aber m.E. müßig, da der das Verhältnis zwischen Notar und Bürger betrifft. Die in der AktO geregelte Abgabe an das zuständige Nachlassgericht hat aber hiermit nichts zu tun.

  • Ok ich revidiere mich insoweit, dass ich für den Fall der Verwahrung der urschriftlichen Erbscheinsanträge mit eV keine Rechtsprechung finde. Dennoch halte ich die Verwaltungsanordnung der AktO schon für ein starkes Stück, dadurch mit Sicherheit den Gleichlauf wie bei einer Ausschlagungserklärung auch im Erbscheinsverfahren herstellen zu wollen.

  • Wir haben hier ein Verfahren, welches 2008 nach Eröffnung eines Testamentes weggelegt wurde. Nun beantragt der Erbe einen Erbschein. Läuft dass in dem alten Verfahren oder wird ein neues Verfahren angelegt, da das Verfahren länger als 4 Jahre beendet ist. Wir finden nicht so richtig was dazu in der Aktenordnung. Vielleicht kann mal jemand schreiben, wie es bei ihm gemacht wird.

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