Zwangsverwaltung - Entlassung des Zwangsverwalters

  • Werte Kolleginnen und Kollegen,
    ich wäre mal für ne 2. Meinung dankbar.

    Sachverhalt:
    Zwangsverwalter erstattet Jahresbericht. Bei Prüfung fällt auf, dass weder im Kassenbuch noch auf dem Girokonto Mietzahlungen von mehreren Monaten von den Mietern verbucht sind, die aber dem Bericht zufolge gezahlt und dementsprechend auch verbucht sein müssten. Zum Stichtag fehlen für mehrere Monate Mieteinnahmen, die erst im nächsten Jahr auf dem Girokonto eingezahlt wurden. Allerdings passt auch das nicht, da dann die Mieten für das folgende Jahr nicht mehr stimmig sind und zusätzlich noch immer Gelder für Mietzahlungen aus dem Berichtsjahr fehlen.
    Mein Problem: Zwangsgeldverfahren oder direkte Entlassung? Ich tendiere zu Letzterem, wobei sich für die Folge noch ein paar weitere Fragen hinsichtlich des Auftragsrahmens des neuen ZwVw stellen.

    M.E. sollte auch eine direkte Entlassung möglich ohne vorheriges Zwangsgeldverfahren (§ 153 II ZVG), allerdings gehen wohl die Meinungen in der Literatur ein wenig auseinander und tendieren dort in Richtung eines vorherigen Zwangsgeldverfahrens.
    Wenn ich an eine Entlassung denke, könnte man als Grund die Unfähigkeit des ZwVw zur ordnungsgemäßen Geschäftsführen anführen?

    Hat jemand Erfahrungswerte?

  • Ganz ehrlich: Erfahrungsberichte - schon die jetzige Schilderung - greifen tief in die persönliche Sphäre dieses Zwangsverwalters ein. Das passt nicht in ein öffentliches Forum, fürchte ich.

    Allgemein lässt sich sagen: Entlassung ist das letzte Mittel. Grundsätzlich kann der Zwangsverwalter nur dann entlassen werden, wenn er sich einer schweren Pflichtverletzung schuldig gemacht hat oder offensichtlich für das konkrete Verfahren amtsunfähig ist. Die Ausübung des Amts eines Zwangsverwalters ist durch Art. 12 GG geschützt. Eingriffe sind daher nur zulässig, soweit sie durch höherwertige Interessen gerechtfertigt sind, dabei nicht weiter als erforderlich gehen und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren. Es darf keine mildere Maßnahme in Betracht kommen, um eine ordnungsgemäße Verwaltung zu ermöglichen.
    Welche Voraussetzungen für das Amt eines Zwangsverwalters zu erfüllen sind, hat der Verordnungsgeber in § 1 Abs. 2 ZwVwV normiert. Als Verwalter ist demnach eine geschäftskundige natürliche Person zu bestellen, die nach Qualifikation und vorhandener Büroausstattung die Gewähr für die ordnungsgemäße Gestaltung und Durchführung der Zwangsverwaltung bietet. Hierdurch ist ein Standard festgeschrieben, der eine sachgerechte und professionelle Abwicklung sichert. Der Verwalter muss eine qualifizierte, zuverlässige und vertrauenswürdige natürliche Person sein, die aufgrund hinreichender Erfahrung und entsprechender Professionalität sowohl zeitlich als auch vom Fachkönnen her geeignet ist, den Erfordernissen und der jeweiligen Eigenart des konkret durchzuführenden Verfahrens gerecht zu werden.

  • Danke für die Belehrung.

    Aber:
    1. Ich wollte eine Rechtsmeinung zu einem abstrakten Sachverhalt und keine allgemeine Belehrung. Ich mache die Zwangsverwaltung lange genug um Literatur, Kommentare und Rechtsprechung selbst lesen zu können. Und vorliegend gibt es nunmal nix, daher meine Frage.
    2. Ca. 90 % der Beiträge in diesem Forum greifen in irgendeiner Weise tief in die persönliche Sphäre eines Betroffenen, insbesondere hier im Forum Zwangsversteigerung. Daher ist das alles aber auch anonym und möglichst abstrakt.
    3. Mir erschließt sich auch nicht der Grund, warum ich im Forum, insbesondere in diesem, hier über Sachverhalte bzgl. Schuldner, Banken, Rechtsanwälte etc. diskutieren soll aber nicht über Zwangsverwalter. Ich habe ein Einzelfallproblem mit einem Verwalter dem eine Quote von 99,9 % von sehr guten Erfahrungen mit sehr kompetenten Verwaltern gegenüber steht. Insofern geht es auch nicht gegen einen Berufsstand sondern wie fast überall im Forum um einen Einzelfall.
    4. Solltest Du der Ansicht sein, dass das Thema hier nicht ins Forum gehört ist das ok und ich respektiere Deine Meinung. Aber dann wäre Dein einleitender Satz auch ausreichend gewesen. Die Belehrung für Berufsanfänger hätte ich nicht gebraucht.

  • Hier wird man auch nach dem Gesamtbild entscheiden müssen. Z.B. danach, wie die Tätigkeit des Verwaltes ggf. in anderen Sachen zu beurteilen ist.

    Ist wirklich etwas im Argen, ist man natürlich schnell mit im Boot, wenn man nicht zeitnah Konsequenzen zieht.

    Grundsätzlich würde ich andererseits dazu neigen, mit kurzer Frist rechtliches Gehör zu gewähren.

  • mh,
    ich glaube ich würde den zwangsverwalter ausführlich auf die mängel in der RL hinweisen und ihn unmissverständlich (ggfs. im persönlichen Gespräch) darauf hinweisen, dass das gar nicht geht und er die Mängel binnen einer Frist von bspw. 2 Wochen zu beheben und auszugleichan hat. (ruhig auch ansprechen, dass er seine berufliche Fortexistenz als Zwangsverwalter riskiert (sicher wird das nicht seine einzige Tätigkeit sein, aber vll ist er trotzdem in gewissem maß drauf angewiesen))

    Er hat ausführlich die Mängel darzustellen, die Behebung zu skizzieren und nachzuweisen

    Hat der Verwalter bei euch auch andere Verfahren? wie schlägt er sich da? ist das ein einmaliger Missstand, oder zieht sich das bei dem durch?
    Ist er neu bei dir? (würde ich bei meinen eigenen Erwägungen einbeziehen; sowohl positiv, wie auch negativ)


    wenn sich der Verwaler weigert, würde ich ihn durch Zwangsgeld zur Erfüllung seiner Pflichten anhalten
    wenn das nix nutzt: entlassen

    wenn er die Mängel mangels Kompetenz net behoben bekommt, würde ich ihn entlassen ,nachdem das klar geworden ist.

    generell: keine Zwangsgelder und Entlassungen ohne vorherige Ankündigung/Androhung; (klar: es sei denn du siehst eine Veruntreuung, dann raus mit ihm^^)

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

    Einmal editiert, zuletzt von JoansDong (29. März 2016 um 06:17)

  • Unabhängig davon, wie es aussieht und was du denkst, was da schief läuft: hast du ihn denn überhaupt schon gefragt, woher diese Unstimmigkeiten kommen? Denn die Gedanken, die du dir jetzt machst, sind jetzt eigentlich zu früh.

    Je nachdem, was er antwortet, kann man an eine Entlassung denken. Aber auch dann erst nach Anhörung Zwangsverwalter sowie Gläubiger und Schuldner.

    (Und nicht zu vergessen im Fall der Fälle (an den du ja zu denken scheinst), die Staatsanwaltschaft zu informieren.)

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Ich würde hier, wenn die Bedenken größer sind, den Zwangsverwalter zu einem persönlichen Gespräch bitten und auch direkt auf das Verfahren verweisen, damit er sich vorbereiten kann. Ich bin da mit Kai und JoansDong, dass ich auch die Erfahrungen aus anderen Verfahren heranziehen würde.
    Ich habe in so einem Fall dann auch den Gläubiger und Schuldner informiert. Ich habe sie über die konkreten Vorfälle und die Absicht der Entlassung informiert. (Im GBA macht man nach 23 GBO eine Löschungsankündigung, weißte so.)

    Wenn sich herausstellt, dass die Mängel so massiv sind, arbeite ich nicht mehr mit Zwangsgeld, weil m.E. das Vertrauen weg ist in diesem Fall. Ich entlasse dann.
    Depré schreibt in "Die Praxis der Zwangsverwaltung": "Das Gericht kann den Verwalter entlassen, wenn keine mildere Maßnahme in Betracht kommt, um eine ordnungsgemäße Verwaltung zu ermöglichen." Er verweist auch auf Böttcher und Stöber. Das heißt, vor der Entlassung muss kein Zwangsgeld festgesetzt worden sein.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • ...

    ...Zum Stichtag fehlen für mehrere Monate Mieteinnahmen, die erst im nächsten Jahr auf dem Girokonto eingezahlt wurden. Allerdings passt auch das nicht, da dann die Mieten für das folgende Jahr nicht mehr stimmig sind und zusätzlich noch immer Gelder für Mietzahlungen aus dem Berichtsjahr fehlen.
    ...

    Nur am Rande:
    In meiner Zeit als Staatsanwalt hätte mir das locker für einen Anfangsverdacht für Untreue gereicht. Wenn eine geschuldete Pflichtabrechnung nicht aufgeht (die ja nicht überraschend kommt und bei der man genügend Zeit hatte, um alles so hinzurechnen, dass es zumindest optisch in Ordnung aussieht) ist Gefahr im Verzug.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Möchte mich hier mal dranhängen:

    Der Schuldner stellt einen "Antrag auf Entlassung des Zwangsverwalters". Der Antrag ist unbegründet.
    Ich weiß nur nicht, wie ich ihn vom Eis bekomme.

    Das einzige, was ich gefunden habe, ist, dass man es als Erinnerung nach § 766 ZPO gegen die Bestellung des Zwangsverwalters von Anfang an auslegen kann. Was hier ein bisschen komisch wäre, da das Verfahren bereits 2013 angeordnet wurde.

    Den Antrag auf Entlassung als solchen gibt es m.E. nicht.

    Kann ich einen allgemeinen Beschluss machen, in dem ich den Antrag zurückweise (auf welcher Grundlage könnte ich einen solchen Beschluss machen? und welches Rechtsmittel gibt es dagegen?

    Oder würdet ihr eine Nichtabhilfe nach § 766 ZPO machen und dem Richter vorlegen?

    LG

  • Das wird nach Nichtabhilfe/Abhilfe im Rahmen von 766 ZPO (Vgl. Stöber, 20. Auflage 2012, § 150 Rn. 3.5). Ich hab zum Antrag auf Entlassen nichts anderes gefunden und würde das normal als Erinnerung gegen die Auswahl des Zwangsverwalters ansehen, also als 766 ZPO. Es gibt bestimmt auch Auffassungen die den Antrag förmlich selbst zurückweisen und dann mit Rechtsbehelf. Wenn der Schuldner das zeitnah zur Anordnung der Verwaltung vorträgt, würde ich 766 darin sehen. Bislang ist bei mir noch nie jemand später gekommen, immer innerhalb der ersten Wochen nach Anordnung.

    Meine lauten ungefähr wie folgt:
    ".. Der Titel ist mit derVollstreckungsklausel versehen, und die Zustellung an die Schuldnerinwurde bescheinigt. Damit liegen alle Vollstreckungsvoraussetzungenvor, so dass ein Verstoß von Seiten des Gerichts gegen dieVerfahrensvorschriften nicht vorliegt.

    Im Übrigen ist nach § 150 ZVG diePerson des Zwangsverwalters gleichzeitig mit der Anordnung desVerfahrens vom Gericht zu bestellen. Eine vorherige Anhörung desSchuldners/Eigentümers bzw. weiterer Beteiligter erfolgt dahernicht. Auch ist das Gericht nicht an Vorschläge und Anträge desGläubigers oder sonstiger Beteiligter gebunden; die Auswahl istinsoweit eine Ermessensentscheidung. Als Verwalter ist einegeschäftskundige natürliche Person zu bestellen, die durchentsprechende Qualifikation die Gewähr für eine ordnungsgemäßeVerfahrensdurchführung bietet. Der bestellte Zwangsverwalter, Herr....., ist ein von den Beteiligtenunabhängiger Verwalter, der über die notwendige Qualifikation undeine langjährige Erfahrung als solcher verfügt. Auch die von demErinnerungsführer vorgetragenen Umstände legen keine Entlassungdessen i. S. v. § 153 Abs. 2 ZVG nahe, da dem Zwangsverwaltergrundsätzlich Handlungsfreiheit zuzugestehen ist (vgl. Stöber,ZVG, 19. Auflage 2009, § 153 Rn. 2.3). Eine Pflicht zum Eingreifenseitens des Gerichts ist hier durch den Erinnerungsführer nichtnachvollziehbar vorgetragen worden. Vielmehr ist Herr .... beiden aufgeführten Umständen auf den Weg des Prozessverfahrens zuverweisen, da diese lediglich das Verhältnis zwischen "Mieter"und "Vermieter" betreffen."

  • wie schon gesagt, man kann sicher beides machen. Wenn sich der Schuldner nicht konkret gegen die Zwangsverwaltung selbst wendet, sondern aktuelle Sachen vorträgt mit denen er die Entlassung des Zwangsverwalters erreichen wird, würde ich das mit gesonderten Beschluss eigenständig entscheiden und den Antrag als unbegründet zurückweisen. Dann mit Rechtsmittelbelehrung (ich glaube Rechtspflegererinnerung). Man kann hier sicher auch 766 nehmen. Ich würde aber aufgrund des Zeitunterschiedes und da der Schuldner ja zunächst nichts gegen die Auswahl des Zwangsverwalters getan hat, aber nun Gründe vorträgt, mit denen er eine Entlassung rechtfertigen will, eine gesonderte Entscheidung des Entlassungsantrages (und nicht als Erinnerung nach 766 auslegen) treffen

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