• Ein mit den Feinheiten der funktionellen Zuständigkeiten nicht vertrauter Betrachter wird aufgrund der betreffenden Aussage jedenfalls keinesfalls auf den Gedanken kommen, dass für die betreffende Entscheidung auch der Rechtspfleger zuständig sein könnte, obwohl er es - sofern nicht die in der VO vorgesehenen Ausnahmen greifen - zweifelsfrei wäre.

  • Nach einem Bericht des Münchner Merkur vom heutigen Tage

    http://www.merkur-online.de/aktuelles/poli…kt-4475150.html

    hat sich der bayerische Justizminister Winfried Bausback u. a. wie folgt über den Erblasser geäußert:

    "Jedenfalls mit der Vereinbarung, die er am Ende seines Lebens mit Bund und Bayern geschlossen hat, hat er Verantwortung gegenüber den Opfern des Nationalsozialismus übernommen. Dafür zolle ich ihm Respekt."

    Es wäre besser gewesen, wenn dem Erblasser der gebotene Respekt schon früher zuteil geworden wäre. Nach meinem Dafürhalten hat es seitens des Justizministers jedenfalls nicht diesem "zu zollenden Respekt" entsprochen, sich in einer Pietätlosigkeit sondergleichen noch am Tag des Ablebens des Erblassers zu den erbrechtlichen Folgen der besagten "Raubkunst-Vereinbarung" zu äußern (Bestelmeyer Rpfleger 2014, 457, 463 f., Fn. 37 ff.).

  • http://www.spiegel.de/kultur/gesells…-a-1004739.html

    Da erklärt uns der Kommentator auf SPON, "der zuständige Amtsrichter dürfte genug Gespür für das politisch Opportune haben und nicht gegen Gurlitts letzten Willen entscheiden".

    Interessant.

    Das politisch Opportune als Grundlage für die Rechtsfindung. Wen interessiert da schon die Frage der Testierfähigkeit?

  • Die Stiftung Kunstmuseum Bern (KMB) hat im Hinblick auf den Nachlass Gurlitt mit dem Bund und dem Freistaat Bayern am 24.11.2014 eine Vereinbarung über die weitere Verfahrensweise getroffen. Diese vereinbarte Lösung erscheint aus Sicht des KMB durchaus komfortabel. Die "unbelasteten" Teile der Sammlung - bei der Vielzahl der Kunstwerke im Ergebnis also nahezu alle - treten unproblematischerweise über kurz oder lang ihren Weg nach Bern an und nur diejenigen wenigen Kunstwerke, die "raubkunstverdächtig" sind, bleiben vorerst in Deutschland. Soweit bekannt, sind bislang lediglich drei (!) Gemälde von einem für begründet erachteten Rückgabeverlangen betroffen und alle weiteren "verdächtigen" Werke wurden von der Taskforce lediglich für verdächtig erklärt, weil die Taskforce eine ungeklärte Herkunft jenseits aller rechtlicher Kategorien mit einer verdächtigen Herkunft gleichsetzt. Die im Internet erfolgte Einstellung von 499 Werken in der bloßen Hoffnung, dass sich noch weitere Anspruchsteller melden könnten, mutet insoweit schon fast als ein Akt der Verzweiflung an.

    Auch die Kostenregelungen der Vereinbarung vom 24.11.2014 sind für das KMB durchaus vorteilhaft. Alle im Zusammenhang mit der Provenienzforschung und mit der Geltendmachung etwaiger Rückgabeansprüche anfallenden Kosten übernehmen der Bund und der Freistaat Bayern (§ 5 Abs. 1, § 7 und § 8 Abs. 1 der Vereinbarung). Ausgenommen hiervon sind lediglich die Kosten für die vom KMB entsandten (maximal zwei) Provenienzforscher (§ 4 Abs. 2 der Vereinbarung). Die Stellungnahme des Bayerischen Obersten Rechnungshofes zu diesen aus Steuermitteln wegzufertigenden erheblichen Kostenlasten bleibt abzuwarten. Der Bund der Steuerzahler hat sich noch nicht zu der vorliegenden Kostenregelung geäußert.

    Die nunmehrige Vereinbarung vom 24.11.2014 fußt erklärtermaßen auf der bereits zu Lebzeiten des Erblassers getroffenen Vereinbarung vom 03.04.2014. Die Bezeichnung dieser letztgenannten Vereinbarung als "Verfahrensvereinbarung" wurde ungeachtet dessen beibehalten, dass diese Bezeichnung wegen des materiellen Gehalts dieser Vereinbarung ganz offensichtlich unzutreffend ist. Das KMB nahm insoweit wohl Rücksicht auf den Bund und den Freistaat Bayern, damit deren fortgesetzte rechtliche Fehleinschätzungen im Hinblick auf die Vereinbarung vom 03.04.2014 und die hiermit verbundenen Falschinformationen der Öffentlichkeit nicht offen zutage treten.

    In der Sache hält das KMB in ihrer Eigenschaft als Alleinerbin des Erblassers (dazu später) an der durch die nunmehrige weitere Vereinbarung vom 24.11.2014 modifizierten Vereinbarung vom 03.04.2014 fest. Da hierin eine Genehmigung der vom Betreuer des Betroffenen abgeschlossenen Vereinbarung vom 03.04.2014 durch die Alleinerbin liegt, haben sich die bestehenden Wirksamkeitsbedenken im Hinblick auf die besagte Vereinbarung vom 03.04.2014 im Ergebnis erledigt. Damit könnte auch eine etwaige "Sorge" des bayerischen JM entfallen, dass es im Fall einer Verweigerungshaltung der Erbin zu einer Aufdeckung von denkbaren problematischen rechtlichen Verfahrensweisen im Betreuungs- und Nachlassverfahren hätte kommen können. Man wird sehen, ob solche Verfahrensweisen nicht noch auf anderem Wege an die Öffentlichkeit gelangen.

    Ob die Verhandlungsposition des KMB im Verhältnis zum Bund und zum Freistaat Bayern durch die vorliegenden Diskussionen nicht unerheblich gestärkt wurde, lässt sich bestenfalls vermuten. Nach den Ergebnissen der geführten Verhandlungen dürfte aber kaum in Frage sehen, dass das KMB offenbar aus einer sehr starken Verhandlungsposition heraus agiert hat. Es ist dem KMB jedenfalls nicht zu verdenken, dass es nunmehr den beschriebenen Weg gegangen ist, weil es kein Interesse daran haben konnte, im Hinblick auf Teile des Nachlasses des Erblassers in jahrelange Auseinandersetzungen verwickelt zu werden, für die durch die zu Lebzeiten des Erblassers praktizierten zweifelhaften Verfahrensweisen der bayerischen Behörden überhaupt erst die Voraussetzungen geschaffen wurden. Mit anderen Worten: Wer die Dinge vom Zaun gebrochen hat, soll sie gefälligst auch finanziell ausbaden! Dass hinter dem "Schuldigen" der deutsche und der bayerische Steuerzahler steht, liegt dabei in der Natur der Dinge. Im Hinblick auf das in solchen Fällen übliche politische Tagesgeschäft sollte damit zu rechnen sein, dass die Öffentlichkeit beizeiten erfährt, welche monetären Belastungen auf den Steuerzahler insgesamt zukommen und welche Kosten seit der ersten "Vereinbarung" vom 03.04.2014 bereits entstanden sind.

    In der Sache ist festzuhalten, dass von vorneherein und bereits zu Lebzeiten des Erblassers kein rechtlicher Zweifel daran bestanden haben kann, dass die - in rechtlicher Hinsicht ohnehin unverbindlichen - "Washingtoner Prinzipien" nicht für im Privatbesitz befindliche Kunstwerke gelten und dass - gleich welche - Restitutionsansprüche daher (auch verjährungsbedingt) nicht mit Erfolg hätten durchgesetzt werden können. Diese praktisch nicht zu erschütternde Rechtsposition des Erblassers wurde noch zu dessen Lebzeiten mittels der - wirksamen oder unwirksamen, jedenfalls aber im betreuungsrechtlichen Sinne nicht genehmigungsfähigen - "Verfahrensvereinbarung" vom 03.04.2014 aufgegeben. Wenn man so will, wurde das, was zunächst keine Raubkunst war, somit erst durch die Vereinbarung vom 03.04.2014 zur "Raubkunst", wobei der "Räuber" allerdings nicht das seinerzeitige NS-Regime, sondern der Bund und insbesondere der Freistaat Bayern und dementsprechend der Erblasser der "Beraubte" war.

    Im Gegensatz zum Fall Mollath, bei welchem die Rechte des Betroffenen von der Presse - völlig zu Recht - mit Zähnen und Klauen verteidigt wurden, ist das Verhalten der Presse - und zwar auch der sog. investigativen Presse - im Fall Gurlitt grundsätzlich und höchst kritisch zu hinterfragen. Sobald am Horizont der mit der Zeit des Nationalsozialismus verwobene Begriff der "Restitution" auftaucht, scheinen sich die von der Presse vorgeblich hochgehaltenen Werte und Grundrechte eigenartigerweise zu verschieben und sich im vorliegenden Fall zu Lasten des Betroffenen sogar in ihr Gegenteil verkehrt zu haben. Man hat den Erblasser, der am Ende des 2. Weltkriegs noch im Kindesalter stand, zu seinen Lebzeiten in moralischer Hinsicht auf die Schlachtbank geführt und ihn auf diese Weise einem sich in der Öffentlichkeit erhobenen und von diversen interessierten Kreisen goutierten Sturm der Entrüstung ausgesetzt. Unter dieser Prämisse dürfte der Erblasser den "Respekt", den ihm der bayerische Justizminister nunmehr (vorgeblich) zuteil werden ließ, wohl eher als eine ins Grab nachgerufene posthume Verhöhnung verstehen.

    http://www.tz.de/politik/bausba…tz-4476144.html

    Wer sich auf den Eintritt der Verjährung beruft, nimmt ein Recht wahr, das ihm die Rechtsordnung zubilligt. Die Aussage des bayerischen Justizministers, wonach die Berufung auf die eingetretene Verjährung im vorliegenden Kontext "einfach kalt lächelnd" erfolge, setzt das Recht zur Erhebung der Verjährungseinrede im Ergebnis ins moralische Unrecht. Für einen Justizminister ist eine solche Einstellung durchaus bemerkenswert.

    Insgesamt ein Lehrstück in Sachen Grundrechte und Demokratie.

    Wenn sich der Nebel des anhängigen Erbscheinsverfahrens verzogen hat, wird sich der ehrabschneidende "Schmierfinkenjournalismus" unter Berufung auf die Pressefreiheit das nächste Opfer suchen - natürlich nicht ohne der staunenden Öffentlichkeit vorher zerknirscht-heuchlerisch versichert zu haben, dass man im Fall Gurlitt vielleicht (aber auch nur vielleicht) "etwas" zu weit gegangen sei. Derlei "Sich-Asche-aufs-eigene-Haupt-streuen-Gesten" kennt man bereits aus dem Fall Wulff, von dem man heute weiß, dass er überhaupt kein "Fall" war.

    Zum nunmehr gestellten (Teil-)Erbscheinsantrag einer gesetzlichen Erbprätendentin ist Folgendes zu bemerken: Der am 21.11.2014 per Fax und (zunächst) ohne die nach § 2356 BGB erforderliche eidesstattliche Versicherung gestellte Erbscheinsantrag wird aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben, weil der veröffentlichte Inhalt des vorliegenden Gutachtens nicht geeignet ist, eine Testierunfähigkeit des Erblassers im Zeitpunkt der maßgeblichen Testamentserrichtung mit der erforderlichen Sicherheit zu belegen. Auf diese Weise kommt das KMB ohne eigenes Zutun aber immerhin zu einer inzidenten Bestätigung seiner Alleinerbenstellung. Es bleibt abzuwarten, ob das KMB "zur Sicherheit" auch noch selbst einen Erbschein beantragt. Ebenso bleibt anzuwarten, ob das offenbar einem gewissen Mitteilungsbedürfnis erlegene Amtsgericht München weiterhin (mit dem Einverständnis des KMB?) nachlassgerichtliche Verfahrensinterna preisgibt.

    Die nächste denkbare absurde Entwicklung in dieser Angelegenheit wäre sodann eine Feststellungsklage der gesetzlichen Erbprätendentin gegen das KMB. Ein solches Vorgehen wäre aus naheliegenden Gründen aber sehr teuer, ganz abgesehen davon, dass angesichts des Nachlasswertes auch die Kosten der bislang fehlenden eidesstattlichen Versicherung im Erbscheinsverfahren nicht zu unterschätzen sind. Ob sich die anwaltlich vertretene Erbprätendentin über diese Kosten - und vor allem über die fehlenden Erfolgsaussichten - im Klaren ist, kann dahinstehen. Angesichts des vorhersehbaren Ausgangs des anhängigen Erbscheinsverfahrens sind diese Kosten nämlich so oder so umsonst aufgewendet.

    Sofern das Nachlassgericht den gestellten Erbscheinsantrag für unbegründet hält, kann und muss es die angeordnete Nachlasspflegschaft bereits zum jetzigen Zeitpunkt aufheben, weil der Erbe aus der - alleine maßgeblichen - Sicht des Nachlassgerichts dann nicht mehr "unbekannt" und auch die erfolgte Erbschaftsannahme nicht mehr ungewiss ist. Ein unbegründeter Erbscheinsantrag rechtfertigt es nicht, eine angeordnete Nachlasspflegschaft zum Nachteil des (bekannten) Erben weiterhin aufrecht zu erhalten, genauso wenig wie es ein unbegründeter Erbscheinsantrag für sich alleine rechtfertigt, eine Nachlasspflegschaft anzuordnen. Dies gilt umso mehr, als es im Hinblick auf die zeitlichen Geschehnisabläufe kaum begründbar erscheint, die Testierfähigkeit des Erblassers (für einen früheren Zeitpunkt) in Frage stellen zu wollen, wenn man (für einen späteren Zeitpunkt) in Bezug auf das zeitlich nach der Testamentserrichtung erklärte Einverständnis des Erblassers mit der "Verfahrensvereinbarung" vom 03.04.2014 noch von einer Geschäftsfähigkeit des Erblassers ausging. Im Übrigen bleibt abzuwarten, ob im Rahmen der Aufhebung der Nachlasspflegschaft die bestehenden funktionellen Zuständigkeiten eingehalten werden und ob sie auch bei der Anordnung und während der Dauer der Nachlasspflegschaft eingehalten wurden.

  • Im Übrigen bleibt abzuwarten, ob im Rahmen der Aufhebung der Nachlasspflegschaft die bestehenden funktionellen Zuständigkeiten eingehalten werden und ob sie auch bei der Anordnung und während der Dauer der Nachlasspflegschaft eingehalten wurden.

    Meinst Du damit, dass der Rechtspfleger bereits bei der Führung der Nachlasspflegschaft schon außen vor gewesen sein könnte bzw. nach der Prüfung des Erbscheinsantrages durch die Richterin aus der Zuständigkeit der Nachlasspflegschaft gekickt wird?

  • Ich werde lediglich die Fragen auf, die ich im Rahmen meiner Abhandlung (Rpfleger 2014, 457) bereits im Hinblick auf das Betreuungsverfahren gestellt hatte und die im nunmehrigen Nachlassverfahren sicher nicht an Aktualität verloren haben. Dass es hier gewisse Ungereimtheiten gibt, lässt sich sicher nicht hinwegdiskutieren (vgl. meine Abhandlung).

    Ins Blaue hinein behaupten oder gar belegen lässt sich diesbezüglich nichts, weil man den Inhalt der Akten nicht kennt.

  • Ich werde lediglich die Fragen auf, die ich im Rahmen meiner Abhandlung (Rpfleger 2014, 457) bereits im Hinblick auf das Betreuungsverfahren gestellt hatte und die im nunmehrigen Nachlassverfahren sicher nicht an Aktualität verloren haben. Dass es hier gewisse Ungereimtheiten gibt, lässt sich sicher nicht hinwegdiskutieren (vgl. meine Abhandlung). Ins Blaue hinein behaupten oder gar belegen lässt sich diesbezüglich nichts, weil man den Inhalt der Akten nicht kennt.


    OT:
    Einen Aufsatz, den ich übrigens ausgesprochen plausibel und interessant fand. Danke dafür.
    BTT

  • Offenbar wartet man nun schon seit drei Monaten auf die eV. In einem solchen Fall hätte ich den Erbscheinsantrag der - anwaltlich vertretenen! - Antragstellerin schon längst zurückgewiesen. Mag er ordnungsgemäß neu gestellt werden.

    Die Presseerklärung ist natürlich ein Armutszeugnis. Angeblich soll noch "kein wirksamer" Erbscheinsantrag vorliegen. Weshalb sollte ein Erbscheinsantrag "nicht wirksam" sein, nur weil er ohne erforderliche eV gestellt wurde? Und ist es nicht schön, dass die Erbenstellung nicht von der Erteilung des Erbscheins abhängt und der Erbe daher auch ohne ihn über den Nachlass verfügen kann - ohne Legitimation?

    Alles barer Unsinn.

    Noch besser: "Das Amtsgericht München bemüht sich darum, das Verfahren im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben schnellstmöglich zu betreiben, ist dabei aber natürlich an die gesetzlichen Vorgaben gebunden."

    Deutsche Sprache, schwere Sprache?


  • Noch besser: "Das Amtsgericht München bemüht sich darum, das Verfahren im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben schnellstmöglich zu betreiben, ist dabei aber natürlich an die gesetzlichen Vorgaben gebunden."

    Andere Frage: Warum sollte das Verfahren anderen vorgezogen werden ?
    Geht doch alles nach Antragseingang ? ( obwohl ich das nicht glauben tuh:cool:)

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