Rechtsprechungshinweise Zwangsvollstreckung

  • BGH, 02.09.2015, XII ZB 75/13


    1. Ausländische Unterhaltsentscheidungen können grundsätzlich in einem innerstaatlichen Vollstreckbarerklärungsverfahren durch Beschluss nach § 110 Abs. 2 Satz 1 FamFG für vollstreckbar erklärt werden.
    2. Soweit allerdings der Anwendungsbereich einer völkerrechtlichen Anerkennungs- und Vollstreckungsvereinbarung betroffen ist, geht diese Konvention gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 FamFG den Vorschriften des autonomen Rechts vor. Beansprucht die Konvention jedoch selbst keinen absoluten Vorrang gegenüber dem deutschen Recht, sondern lässt sie einen Rückgriff auf das innerstaatliche Recht des Vollstreckungsstaates zu (hier: Art. 23 HUVÜ 73), steht auch § 97 Abs. 1 FamFG einem solchen Rückgriff nicht entgegen.
    3. Der Grundsatz der Meistbegünstigung des Rechtsmittelführers führt nicht zu einer dem korrekten Verfahren widersprechenden Erweiterung des Instanzenzuges. Die Anrufung des Bundesgerichtshofs ist deshalb auch dann ausgeschlossen, wenn im korrekten Verfahren die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde von einer positiven Entscheidung über die Zulassung abhängig gewesen wäre, über die sich das Beschwerdegericht deshalb keine Gedanken gemacht hat, weil es nach der von ihm irrtümlich gewählten inkorrekten Verfahrensart davon ausgegangen ist, dass die Rechtsbeschwerde schon kraft Gesetzes statthaft sei (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 13. Juni 2012 - XII ZR 77/10 - FamRZ 2012, 1293).
  • BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2015 - VII ZB 11/15

    a) Das Vollstreckungsersuchen einer Landesrundfunkanstalt kann auch dann den gesetzlichen Anforderungen für die Vollstreckung von Rundfunkgebührenbescheiden genügen, wenn die im Ersuchen mit ihrem Namen aufgeführte Landesrundfunkanstalt (hier: Südwestrundfunk) nicht ausdrücklich als Gläubigerin der Forderung angeführt ist und zudem die Angabe ihrer Anschrift, ihrer Rechtsform und ihrer Vertretungsverhältnisse fehlt (Anschluss an BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015 I ZB 64/14, juris).

    b) § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 LVwVG BW gebietet lediglich die Mitteilung, dass der der Vollstreckung zugrunde liegende Verwaltungsakt vollstreckbar ist. Eine Darlegung, ob sich die Vollstreckbarkeit aus der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes oder dem Entfallen der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs ergibt, ist nicht erforderlich.

    c) Die Kosten eines Rechtsbehelfsverfahrens in einer Zwangsvollstreckungssache, in dem der Gläubiger obsiegt, können dem Schuldner in Ausnahme zu § 91 Abs. 1 ZPO dann nicht auferlegt werden, wenn er keine Kenntnis von dem Verfahren und daher auch keine Gelegenheit sich zu äußern hatte (Anschluss an BGH, Beschluss vom 19. Mai 2004 IXa ZB 297/03, NJW 2004, 2979, 2980 f., juris Rn. 17).

    BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2015 - VII ZB 11/15

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • LG Verden 3. Zivilkammer, Beschluss vom 02.11.2015, 3 T 120/15, LINK

    Ohne amtlichen Leitsatz, Kernaussage:

    Das Vollstreckungsgericht hat die Bearbeitung des Kostenfestsetzungsantrags betreffend die Kosten eines Zwangsversteigerungsverfahrens gem. § 17 Abs. 1 Satz 2 GKG zu Recht davon abhängig gemacht, dass die Antragstellerin den bezeichneten Vorschuss zahlt.


    Anmerkung: Wegen eines Vorschusses von 3,50 EUR hat die Antragstellerin die Justiz reichlich beschäftigt:
    - Erinnerung gegen den Kostenansatz
    - Beschwerde gegen die Zurückweisung der Erinnerung
    - sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung des Kostenfestsetzungsantrags.
    Der Fall zeigt, dass die Gerichtskosten in Deutschland zu niedrig sind und zu es viele Verfahren ohne gesonderte Kostenerhebung gibt. Kein Wunder, dass den meisten von uns das Weihnachtsgeld vor Jahren gestrichen wurde.

  • So auch schon LG Köln für ein Verfahren nach § 19 BRAGO:

    LG Köln, Beschl. v. 14.03.2000 – 1 T 103/00
    AGS 2000, 209 mit Anm. v. von König = juris


  • Für den Antrag eines Rechtsanwalts nach § 11 Abs. 1 Satz 1 RVG auf Festsetzung der Vergütung ist sachlich das Vollstreckungsgericht zuständig, soweit der Rechtsanwalt die in der Zwangsvollstreckung bei ihm entstandene Vergütung gegenüber dem eigenen Auftraggeber festsetzen lassen will (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 15. Februar 2005, X ARZ 409/04, juris Rn. 7).

    Örtlich zuständig ist insoweit das Amtsgericht, in dessen Bezirk die letzte Vollstreckungshandlung vorgenommen worden ist (Klarstellung zu bzw. Aufgabe von Senat, Beschluss vom 1. Oktober 2003, 4 AR 85/03).

    OLG Celle, Beschluss vom 02. September 2015 – 4 AR 31/15

  • Räumungsvollstreckung: Erfordernis eines Vollstreckungstitels gegen beide Ehegatten; Durchführung einer sog. "Berliner Räumung" bei fehlendem Vermieterpfandrecht; verbotene Eigenmacht des Gläubigers bei einer durch Falschangaben erwirkten Zwangsräumung


    1. Eine Pfändung, der kein wirksamer Titel zugrunde liegt, ist unwirksam. Der mitwohnende Ehepartner hat Mitbesitz an dem Grundstück. Die Räumungsvollstreckung nach § 885 ZPO erfordert deshalb grundsätzlich einen Vollstreckungstitel gegen beide Ehegatten.

    2. Die vereinfachte sog. "Berliner Räumung" im Wege einer Auswechslung der Haustürschlösser und Übergabe aller Schlüssel an den Gläubiger ist unzulässig, wenn zugunsten des Gläubigers kein Vermieterpfandrecht besteht. Die Schuldnerschutzvorschrift des § 885 Abs. 4 ZPO darf - sofern der Gläubiger tatsächlich kein vorrangiges Vermieterpfandrecht hat - nicht durch Zulassung einer vereinfachten Herausgabevollstreckung unterlaufen werden.

    3. Der Gläubiger verübt verbotene Eigenmacht gegen den Schuldner, wenn er durch falsche Angaben gegenüber dem Gerichtsvollzieher eine unzulässige Zwangsräumung veranlasst hat.


    OLG Schleswig, 28.10.2014 - 5 W 42/14 NJW-RR 2015, 1298

  • Schließen Gläubiger und Schuldner im Rahmen der Zwangsvollstreckung ohne Einverständnis des Drittschuldners eine Ratenzahlungsvereinbarung, in der sich der Gläubiger gegenüber dem Schuldner verpflichtet, die Kontopfändung einstweilen auszusetzen, kommt eine gerichtliche Anordnung gegenüber dem Drittschuldner mit dem Inhalt, dass der Schuldner über die vom Gläubiger durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gepfändete und zur Einziehung überwiesene Forderung vereinbarungsgemäß vorläufig bis zu einem vom Gläubiger erklärten Widerruf oder der Zustellung einer anderweitigen Pfändung eines nachrangigen Gläubigers verfügen kann, nicht in Betracht.

    BGH, Beschluss v. 02.12.2015 - VII ZB 42/14 -

    Vorinstanzen:
    AG Freising, Entscheidung vom 02.05.2014 - M 560/14 -
    LG Landshut, Entscheidung vom 31.07.2014 - 34 T 1586/14 -

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  • ZPO § 829; SpG BW § 23 Abs. 1

    Die Bezeichnung einer in Baden-Württemberg ansässigen Drittschuldnerin als "Sparkasse Schwarzwald-Baar, Gerberstraße 45, 78050 Villingen-Schwenningen" ist hinreichend bestimmt. Es bedarf auch für die Zustellung des Pfändungsbeschlusses keiner Angaben über das zur Vertretung berechtigte Organ und die Mitglieder des Vertretungsorgans.

    BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2015 - VII ZB 36/13

    2 Mal editiert, zuletzt von lazuli (28. Januar 2016 um 10:22) aus folgendem Grund: Link zu dejure.org gesetzt

  • [h=1]LG Stuttgart Beschluß vom 11.1.2016, 10 T 593/15[/h] Leitsätze


    Der Gerichtsvollzieher kann für die Zustellung der Eintragungsanordnung nach § 882c ZPO nicht eine Gebühr nach GvKostG KV 101 verlangen, da diese nur für Zustellungen auf Betreiben der Partei erhoben werden kann.

    http://www.rechtslupe.de/zivilrecht/sch…ordnung-3104602


  • Der Anspruch auf Lieferung eines herauszugebenden Gegenstands zu einem im Vollstreckungstitel bezeichneten Ort unterliegt der Herausgabevollstreckung nach § 883 ZPO.

    BGH, Beschluss vom 7. Januar 2016 - I ZB 110/14 -

    Vorinstanzen:
    AG Langen, Entscheidung vom 22.09.2014 - 14 M 216/14 -
    LG Stade, Entscheidung vom 31.10.2014 - 9 T 115/14 -

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  • a) Ein Zahlungsplan nach § 802b ZPO, der festgesetzt und nicht hinfällig ist, steht der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis gemäß § 882c Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht nur im Falle des Eintragungsgrundes gemäß § 882c Abs. 1 Nr. 3 ZPO, sondern auch im Falle der Eintragungsgründe nach § 882c Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZPO entgegen.

    b) Eine Stundungs- oder Stillhalteabrede im Sinne des § 775 Nr. 4 ZPO, die Gläubiger und Schuldner nach der Eintragungsanordnung des Gerichtsvollziehers gemäß § 882c Abs. 1 ZPO, aber vor der Entscheidung über den dagegen gerichteten Widerspruch des Schuldners gemäß § 882d Abs. 1 ZPO oder über die sich ggf. anschließende sofortige Beschwerde vereinbaren, stellt ein Hindernis für die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis dar.

    BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2015 - I ZB 107/14 -

    Vorinstanzen:
    AG Bonn, Entscheidung vom 08.08.2014 - 24 M 1113/14 -
    LG Bonn, Entscheidung vom 27.10.2014 - 4 T 303/14 -

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  • BGB §§ 705, 719; ZPO § 767 Abs. 1

    a) Richtet sich ein Vollstreckungstitel gegen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Vollstreckungsschuldnerin, steht die Befugnis zur Erhebung einer Vollstreckungsabwehrklage der Gesellschaft zu, nicht ihren Gesellschaftern.

    b) Bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts können - ebenso wie bei einer Personenhandelsgesellschaft (BGH, Urteil vom 8. November 1965 - II ZR 223/64, BGHZ 44, 229, 231) - unter Wahrung der Gesellschaftsidentität gleichzeitig sämtliche Gesellschafter im Wege der Anteilsübertragung ausgewechselt werden.

    BGH, Urteil vom 3. November 2015 - II ZR 446/13

    http://www.rechtslupe.de/wirtschaftsrec…ner-gbr-3104942

  • Steht ein Schuldner unter Betreuung, so ist er gemäß § 53 ZPO, auch wenn kein Einwilligungsvorbehalt vom Betreuungsgericht angeordnet wurde, gehindert im Vollstreckungsschutzverfahren nach § 765a ZPO selbst Anträge zu stellen und Rechtsbehelfe einzulegen, wenn der Betreuer im Rahmen seines Aufgabenkreises einen Antrag gestellt hat.

  • Die Kosten für eine Prozessbürgschaft zur Vollstreckung aus einer nur gegen Stellung einer Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärten Entscheidung gemäß § 709 Satz 1 ZPO sind Kosten der Zwangsvollstreckung im Sinne des § 788 Abs. 1 ZPO.

    BGH, Beschluss vom 10. Februar 2016 - VII ZB 56/13 -

    Vorinstanzen:
    AG Erkelenz, Entscheidung vom 13.02.2013 - 17 M 59/12 -
    LG Mönchengladbach, Entscheidung vom 22.05.2013 - 5 T 61/13 -

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  • Zur Problematik ob ausschließlich auf die beigefügte Anlage auf Seite 3 des Antrages verwiesen werden darf.

    Leitsatz:
    Bietet das Antragsformular gemäß Anlage 2 zu § 2 Satz 1 Nr. 2 ZVFV hinsichtlich der Forderungsaufstellung eine vollständige Eintragungsmöglichkeit, ist ausschließlich das vorgegebene Formular zu nutzen.



    BGH, Beschluss vom 4. November 2015 - VII ZB 22/15

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