Petition d. Kölner Anwaltvereins für RVG-Novellierung

  • Es ging mir nicht darum, ob die Gerichtskosten einen Reflex für die Vergütung der Anwälte haben, den sehe ich ehrlich gesagt auch nicht. Höchsten vielleicht, dass ein Staat, der mehr einnimmt, auch mehr Mittel hat, Beratungs- und Prozesskostenhilfe zu finanzieren.

    Dass die Höhe der Gerichtskosten keine Auswirkung auf die Arbeit oder Besoldung der Justizangehörigen hat, ist mir auch klar.

    Ich wollte allein darauf aufmerksam machen, dass sich bei der Diskussion über die Erhöhung der Gerichtskosten niemand wundert oder beschwert. Der Staat hat, wenn er sich die Taschen füllt, scheinbar ein legitimes Anliegen. Die Anwäte haben dies bei gleichem Begehren scheinbar nicht. Dabei sind die Gründe doch die gleichen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Den merkwürdigen Zusammenhang zu den Gerichtskosten hat allerdings nur der Artikel hergestellt, sonst bislang soweit für mich ersichtlich niemand. Und gerade um Gerichtskosten sollte es hier gerade nicht gehen.
    Daß Anwälte auch im "Kleinviehbereich" vom Einkommen leben könne müssen, wird niemand ernsthaft in Zweifel ziehen können.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Der Staat hat, wenn er sich die Taschen füllt, scheinbar ein legitimes Anliegen..


    Diese Einstellung bzw. Aussage verwundert mich dann doch ein wenig.

    "Der Staat" sind wir alle. Und "wir" als Steuerzahler finanzieren das Staatswesen, aus dem dann auch wieder die Anwälte im Wege der VKH/ PKH/ Beratungshilfe entlohnt werden.

    Wir "füllen uns also nicht die Taschen", sondern sorgen durch Gerichtskosten und Steuern für die Sicherstellung von Rechtsstaatlichkeit.

  • Der Staat hat, wenn er sich die Taschen füllt, scheinbar ein legitimes Anliegen..


    Diese Einstellung bzw. Aussage verwundert mich dann doch ein wenig.

    "Der Staat" sind wir alle. Und "wir" als Steuerzahler finanzieren das Staatswesen, aus dem dann auch wieder die Anwälte im Wege der VKH/ PKH/ Beratungshilfe entlohnt werden.

    Wir "füllen uns also nicht die Taschen", sondern sorgen durch Gerichtskosten und Steuern für die Sicherstellung von Rechtsstaatlichkeit.


    :daumenrau

  • Der Staat hat, wenn er sich die Taschen füllt, scheinbar ein legitimes Anliegen..


    Diese Einstellung bzw. Aussage verwundert mich dann doch ein wenig.

    "Der Staat" sind wir alle. Und "wir" als Steuerzahler finanzieren das Staatswesen, aus dem dann auch wieder die Anwälte im Wege der VKH/ PKH/ Beratungshilfe entlohnt werden.

    Wir "füllen uns also nicht die Taschen", sondern sorgen durch Gerichtskosten und Steuern für die Sicherstellung von Rechtsstaatlichkeit.

    Die Taschen der Anwaltschaft werden mit den aktuellen Anwaltsgebühren für PKH/VHK- und BerH-Mandate nun aber auch nicht gerade voll. Besteht denn Konsens, dass von möglicherweise höheren Gerichtskosten die Anwälte, die PKH/VKH- und BerH-Mandate bearbeiten, partizipieren sollten? Also dass zumindest diese Anwaltsgebühren im RVG erhöht werden könnten?

  • Es ist auch nicht die Aufgabe der VKH /PKH-Gebühren, dem Anwalt hinsichtlich seines Mandates den "normalen" Vergütungsanspruch zuzugestehen, sondern die Staatskasse (und somit uns alle) zu schonen, wobei gleichzeitig die Rechtsverfolgung/ -wahrnehmung für einkommensschwache Bürger sichergestellt wird.

    Wenn ich mal das BVerfG zitieren darf:

    "Bei Prüfung der Angemessenheit der Vergütung für einen im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt ist davon auszugehen, dass der von § BRAGO § 123 BRAGO (jetzt: § RVG § 49 RVG) verfolgte Zweck der Schonung der öffentlichen Kassen grundsätzlich eine vernünftige Erwägung des Gemeinwohls darstellt. Dieses Ziel rechtfertigt die reduzierten Vergütungssätze des § BRAGO § 123 BRAGO (§ RVG § 49 RVG) in Fällen, in denen die Beiordnung eines Rechtsanwalts erfolgte, der gem. § ZPO § 121 ZPO § 121 Absatz I, ZPO § 121 Absatz II ZPO seine Bereitschaft zur Übernahme der Vertretung der betreffenden Partei erklärt hatte."

    Beschluß vom 19.02.2008 - 1 BvR 1807/07

  • Da ist wohl auch weniger das Problem. ich glaube, Jamie zielt - wie auch ich oben schon kurz - darauf ab, daß ein Büro von dieser reduzierten Vergütung doch (über-)leben können sollte. Gegen eine Reduzierung an sich sagt sie doch gar nichts.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Da ist wohl auch weniger das Problem. ich glaube, Jamie zielt - wie auch ich oben schon kurz - darauf ab, daß ein Büro von dieser reduzierten Vergütung doch (über-)leben können sollte. Gegen eine Reduzierung an sich sagt sie doch gar nichts.

    Selbst wenn sich ein Anwalt im Osten den "A.... aufreißt", kann er gerade in Familiensachen und Sozialrechtssachen oft nur Mandanten an Land ziehen, deren Verfahren über PKH/VKH oder BerH "finanziert" werden. Ich bin - um ehrlich zu sein - vom Anwalt weg, weil auf Grund dieser Tatsache eine Erhöhung meines Angestellten-Einkommens auf ein angemessenes Maß (von so hoch, dass ich 1 Rentenpunkt erziele, gar nicht zu reden) niemals erreichbar ist. Es reicht ja letztlich kaum für den Anwalt selbst und seine Familie kaum.

    Anwälte geben ihre Kanzleien auf oder verzichten auf die Zulassung. Die Anwaltszulassungen gehen inzwischen zurück. Das lässt hoffen, dass weniger Anwälte am Ende mehr einnehmen können. Aber es wird wohl nie so viel, dass auch die Angestellten ein Auskommen mit dem Einkommen haben werden (und dann auch noch im Rentenalter nicht bei der Tafel anstehen müssen).

  • Aber genau das ist doch der Punkt.

    Die VKH/PKH/BerH soll nicht das "Überleben" des Anwaltes, sondern den Zugang zum Recht für den Bürger sicherstellen.

    Stichwort: Mischkalkulation.

    Ich bezweifle ja nicht ansatzweise, dass das nicht immer funktioniert.

  • Aber genau das ist doch der Punkt.

    Die VKH/PKH/BerH soll nicht das "Überleben" des Anwaltes, sondern den Zugang zum Recht sicherstellen.

    Wenn im Einzugsgebiet des niedergelassenen Anwalts aber nun nur solche potentiellen Mandanten leben, denen der Zugang zum Recht sichergestellt werden muss? :gruebel: Der RA hatte es in der Gegend wirklich schwer. Viele Mandanten, viel Zulauf, aber eben nix Lohnenswertes im Sinne von "Das reicht zur Querfinanzierung."

  • Aber genau das ist doch der Punkt.

    Die VKH/PKH/BerH soll nicht das "Überleben" des Anwaltes, sondern den Zugang zum Recht sicherstellen.

    Wenn im Einzugsgebiet des niedergelassenen Anwalts aber nun nur solche potentiellen Mandanten leben, denen der Zugang zum Recht sichergestellt werden muss? :gruebel: Der RA hatte es in der Gegend wirklich schwer. Viele Mandanten, viel Zulauf, aber eben nix Lohnenswertes im Sinne von "Das reicht zur Querfinanzierung."


    Und wenn im Einzugsgebietes des Artzes nur Kassenpatienten leben?

    Ich sage nicht, dass ich das Begehren der Anwälte nicht verstehe, aber ich sage, dass die für die Petition verantwortlichen Anwälte die Intention des § 49 RVG (und die Rechtssprechung des BVerfG dazu) nicht verstanden haben.

    Noch einmal: Die VKH/PKH/BerH soll nicht das "Überleben" des Anwaltes, sondern den Zugang zum Recht für einkommensschwache Bürger sicherstellen. NICHTS anderes.

  • Wir "füllen uns also nicht die Taschen", sondern sorgen durch Gerichtskosten und Steuern für die Sicherstellung von Rechtsstaatlichkeit.

    Wenn Du mit "wir" die Bediensteten der Justiz meinst, verstehe ich nicht, wieso Du Dich angegriffen fühlst. Ich habe bewusst vom "Staat" als abstraktes Gebilde gesprochen.

    Es ist richtig, dass wir für den Staat und die Sicherstellung von Rechtsstaatlichkeit alle verantwortlich sind. Indem wir Steuern zahlen und die Besserverdienenten nach ihren Möglichkeiten ein Häppchen mehr aufbringen. Aber Deutschland ist der Staat mit einer der größten Abgabenlasten in Europa. Wenn bei einem Durchschnittsverdienst ein Drittel bis die Hälfte des Einkommens aufgrund Steuern und Sozialabgaben an den Staat gehen und dieser (z.B. lange Zeit bei gesetzlichen Krankenkassen) im Geld schwimmt, dann frage ich mich doch, warum es immer noch mehr sein muss.

    Um warum man die Erhöhung der Einnahmen des Staats als berechtigt ansieht und sich bei den Anwälten derart vehement dagegen wehrt.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Aber genau das ist doch der Punkt.

    Die VKH/PKH/BerH soll nicht das "Überleben" des Anwaltes, sondern den Zugang zum Recht sicherstellen.

    Wenn im Einzugsgebiet des niedergelassenen Anwalts aber nun nur solche potentiellen Mandanten leben, denen der Zugang zum Recht sichergestellt werden muss? :gruebel: Der RA hatte es in der Gegend wirklich schwer. Viele Mandanten, viel Zulauf, aber eben nix Lohnenswertes im Sinne von "Das reicht zur Querfinanzierung."


    Und wenn im Einzugsgebietes des Artzes nur Kassenpatienten leben?

    Ja dann arbeitet auch der Arzt ziemlich am Limit und findet keine ausgebildeten Fachkräfte mehr, weil es in den Arztpraxen bei den Mitarbeiter*innen nicht ganz grundlos genauso aussieht wie bei den Anwälten. Das Gesundheitssystem leidet genauso, wie das Justizsystem, unter Fachkräftemangel. Nicht nur auf der Ebene der Mitarbeiter*innen sondern eben auch aus sehr guten Gründen auf der Ebene der Berufsträger.

    Selbst Richter oder Staatsanwalt will ja heute keine mehr werden...

  • Ich bin ja wirklich oft etwas skeptisch, wenn es um Rechtsanwaltsgebühren geht (insbesondere wenn Anwälte die Gebühren nach billigem Ermessen i.S.d. § 14 RVG bestimmen dürfen), aber auch ich sehe ein, dass die Beratungshilfegebühren wirklich ziemlich gering sind.

    Eine Beratung für 35,00 € und eine Vertretung für 85,00 € können eigentlich nicht kostendeckend sein. Wenn ich überlege, wie lange ich brauche, um nur eine verwertbare Sachverhaltsschilderung aus dem typischen BerH-Publikum herauszubekommen, kann ich mir ungefähr ausmalen, wie lange der Anwalt braucht, um den Sachverhalt vernünftig zu bearbeiten. Wenn man das mal herunterrechnet und die laufenden Kanzleiausgaben abzieht könnte man bei einem Stundenlohn des Anwalts unterhalb des Mindestlohns herauskommen.

    Eine moderate Gebührenerhöhung (z.B. 50,00 € für eine Beratung und 100,00 € für eine Vertretung) hielte ich schon für gerechtfertigt.

  • "Dieses Ziel rechtfertigt die reduzierten Vergütungssätze des § BRAGO § 123 BRAGO (§ RVG § 49 RVG) in Fällen, in denen die Beiordnung eines Rechtsanwalts erfolgte, der gem. § ZPO § 121 ZPO § 121 Absatz I, ZPO § 121 Absatz II ZPO seine Bereitschaft zur Übernahme der Vertretung der betreffenden Partei erklärt hatte."

    Beschluß vom 19.02.2008 - 1 BvR 1807/07

    Nun denn..... dann werden halt weniger Anwälte ihre Bereitschaft erklären müssen.... "Kann ich mir nicht leisten."

  • Tja, wenn man eine Lobby hat.....

    Die Erhöhung BRAGO zu RVG war so ziemlich 1/3... Jetzt wieder mehr, sagen wir mal etwas weniger als 1/3.

    Da befinden sich die Gebühren dann auf 1,5 BRAGO Niveau.

    Um jetzt ganz klar die Neid-Debatte aufzumachen: in der Zeit sind meine Bezüge nicht entsprechend gestiegen.

  • Tja, wenn man eine Lobby hat.....

    Die Erhöhung BRAGO zu RVG war so ziemlich 1/3... Jetzt wieder mehr, sagen wir mal etwas weniger als 1/3.

    Da befinden sich die Gebühren dann auf 1,5 BRAGO Niveau.

    Um jetzt ganz klar die Neid-Debatte aufzumachen: in der Zeit sind meine Bezüge nicht entsprechend gestiegen.

    Wobei man jetzt auch sagen muss, dass die Betriebsausgaben der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ja auch nicht auf dem Niveau von 2004 geblieben sind. Man darf nicht vergessen: Die (Gebühren-) Einnahmen sind nicht der Gewinn.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

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