Rückwirkung § 850k Abs. 1 Satz 4 ZPO P-Konto

  • Auch wenn es gelegentlich im Forum schon diskutiert worden ist, würde mich mal interessieren, wie der aktuelle Meinungsstand zu folgendem Thema ist:

    Kontopfändung, kein Antrag auf Umwandlung in ein P-Konto innerhalb der 4-Wochen-Frist, Geldeingang nach Ablauf der 4-Wochen-Frist, Antrag auf Umwandlung in ein P-Konto nach Geldeingang

    Ist dieses Guthaben geschützt oder hat der Schuldner Pech gehabt?

    Die Meinung, dass die Rückwirkung des § 850k Abs. 1 Satz 4 ZPO nur einmalig nach der Pfändung eintritt, ist mir bekannt, erscheint mir aber a) praxisfern und b) so vom Gesetzgeber nicht gewollt zu sein, was für eine analoge Anwendung sprechen würde.

    Gibt es hierzu schon Rechtsprechung oder Literatur? Wie seht Ihr das?

    Wenn es keine schlechten Menschen gäbe, gäbe es keine guten Juristen.

    Charles Dickens (1812-70), engl. Schriftsteller

  • Meinst Du sowas?

    AG Hannover vom 09.03.2011, Aktenzeichen: 705 M 56075/10:

    Versäumt der Schuldner die fristgerechte Umstellung seines gepfändeten Girokontos in ein Pfändungsschutz-Konto im Sinne des § 850k Abs. 1 S. 2 ZPO, kann er zwar gemäß § 850k Abs. 7 S. 2 ZPO jederzeit noch die Umstellung beantragen. Diese hat dann aber gemäß § 850k Abs. 7 S. 3 ZPO keine rückwirkende Wirkung mehr. Vollstreckungsschutz ist dem Schuldner in solchen Fällen nicht mehr zu gewähren, da er die Konsequenzen seines Versäumnisses zu tragen hat.

  • Genau das meinte ich.

    Obwohl ich die Entscheidung nicht für besonders gelungen halte. Schon die Feststellung: "Es ist nach Aktenlage davon auszugehen, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der Drittschuldnerin also Ende August bzw. spätestens Anfang September 2010 zugestellt wurde, weil Vermittlung der Zustellung durch die Geschäftsstelle beantragt wurde." halte ich für gewagt.

    Und so richtig kann ich auch mit dem Ergebnis nicht zufrieden sein. Da wird irgendwann mal (2010) ein Konto gepfändet, was der Schuldner vermutlich zu diesem Zeitpunkt nicht nutzt. Nachdem der Schuldner jetzt (sagen wir mal Juni 2012) eine Arbeit gefunden hat und dieses Konto als Lohnkonto benennt (vermutlich erinnert er sich an die Pfändung überhaupt nicht mehr), wird ihm nach Eingang des ersten Lohnes gesagt: Pech gehabt, du hättest im Januar oder zumindestens im Mai die Umwandlung in ein P-Konto beantragen müssen. Du kannst das zwar jetzt auch noch, aber es gibt keinen rückwirkenden Schutz.

    Dies wäre ja ein Rückschritt zum bisher geltenden Recht. Und genau das wollte der Gesetzgeber doch nicht. Er wollte das Verfahren vereinfachen und eine Art "automatischen Schutz" des Einkommens auf dem Konto einführen.

    Wenn es keine schlechten Menschen gäbe, gäbe es keine guten Juristen.

    Charles Dickens (1812-70), engl. Schriftsteller

  • Aber das Beispiel zeigt doch eben die Versäumnisse des Schuldners.

    Wenn er sich in 2012 denkt: "ach, mach ich mal das gepfändete Konto zum Gehaltskonto", dann muss er es eben vorher in ein P-Konto umwandeln und es erst dann in ein Lohnkonto umwandeln. Da sehe ich kein Problem.

  • Ausserdem haben die Banken alle Kunden, auf deren Konto einen Pfändung lag, schriftlich auf die gesetzlichen Änderungen hingewiesen.
    Wenn Schuldner sich nicht drum kümmern, keine Schreiben lesen, und auch sonst nicht dran denken, dann gibt es kein besonderes Schutzbedürfnis. Die Frist des § 850k I ZPO ist eindeutig, hätte der Gesetzgeber etwas anderes gewollt, hätte er die Frist anders festlegen müssen.

  • In meinem Fall kann die Bank nicht darauf hingewiesen haben, da die "Pfändung" die Eröffnung des Insolvenzverfahrens war. Anfang Mai eröffnet und Geldeingang Mitte Juni. Antrag auf Umstellung dann nach Ablauf der Frist.

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    Charles Dickens (1812-70), engl. Schriftsteller

  • Der Schuldner wird ja auch nicht erst im Juni erfahren, dass das Inso Verfahren über ihn im Mai eröffnet wurde. Und wann wurde der Bank die Insolvenzeröffnung mitgeteilt?

  • Ausserdem haben die Banken alle Kunden, auf deren Konto einen Pfändung lag, schriftlich auf die gesetzlichen Änderungen hingewiesen.
    Wenn Schuldner sich nicht drum kümmern, keine Schreiben lesen, und auch sonst nicht dran denken, dann gibt es kein besonderes Schutzbedürfnis. Die Frist des § 850k I ZPO ist eindeutig, hätte der Gesetzgeber etwas anderes gewollt, hätte er die Frist anders festlegen müssen.


    In meinem Fall kann die Bank nicht darauf hingewiesen haben, da die "Pfändung" die Eröffnung des Insolvenzverfahrens war. Anfang Mai eröffnet und Geldeingang Mitte Juni. Antrag auf Umstellung dann nach Ablauf der Frist.

    Gem. § 38 ZPOEG wurden alle Kontoinhaber unterrichtet, nicht nur die mit Pfändungen.

  • selbst wenn der Sch kein Geld mehr hat, würde ich eine besondere Härte i.S.v. 765a nicht sehen. Jeder, aber auch wirklich jeder hat was vom P-Konto gehört/erhalten.
    Das Recht ist mit den Hellen.

  • Der Wortlaut des c§ 850k I 4 ZPO ist doch eindeutig: "Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend, wenn das Guthaben auf einem Girokonto des Schuldners gepfändet ist, das vor Ablauf von vier Wochen seit der Zustellung des Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner in ein Pfändungsschutzkonto umgewandelt wird."

    Wer nicht fristgerecht umstellt, hat daher Pech. M.E. kann aufgrund der klaren und eindeutigen Fassung auch nichts anderes gewollt sein

  • Eine planwidrige Regelungslücke sehe ich da auch nicht. Es ist klar und lückenlos geregelt, was in den ersten vier Wochen ab Pfändung gilt und dem gegenüber gestellt, was danach gilt.

    Eine Analogie scheidet meines Erachtens aus.

  • In meinem Fall kann die Bank nicht darauf hingewiesen haben, da die "Pfändung" die Eröffnung des Insolvenzverfahrens war. Anfang Mai eröffnet und Geldeingang Mitte Juni. Antrag auf Umstellung dann nach Ablauf der Frist.

    Der IV/TH kann ihm ja nach § 100 Abs. 2 ZPO Unterhalt gewähren.

    Weitere Gehaltseingänge dürften wegen der Umstellung auf das P-Konto nicht mehr betroffen sein.

  • Aus meiner Sicht eine interessante Frage für das Insolvenzforum. Wie wird mit Geldeingang (aus Lohn- und Gehalt) auf dem Girokonto (nicht P-Konto) zwischen Insolvenzeröffnung und Freigabe des Kontos umgegangen? Vielleicht drängen auch deshalb IV´s darauf ein P-Konto einzurichten.
    Die Insolvenzeröffnung stellt aus meiner Sicht keine Pfändung dar. Die rechtliche Lösung über das P-Konto greift deshalb nicht. Dann doch eher wie Breamter vorschlägt über § 100 InsO.

  • Eine Freigabe des Kontos gibt es nicht, da dieses erlischt, § 116 InsO. Ergo fällt erst einmal alles in die Insolvenzmasse.

    Der 116 Inso ist beim P-Konto nicht anwendbar und widerspricht dem Sinn des P-Konto. Mir ist klar , dass er existiert, aber hier hat der Gesetzgeber versäumt den 850 K ZPO und die Inso zu harmonisieren.

    Was würde das denn auch für einen Sinn machen, wenn im Rahmen der Vollstreckung in das gesamte Vermögen mehr pfändbare Beträge anfallen würden, als im Rahmen der Einzelzwangsvollstreckung.

    In der Praxis überlebt bei uns das P-Konto die Inso-Eröffnung. Lediglich pfändbare Beträge werden nicht mehr an den Pfändungsgläubiger, sondern an den Treuhänder/Inso-Verwalter ausgekehrt.

    Übrigens muss den Antrag auf Umwandlung in ein P-Konto trotz Insolvenz der Schuldner stellen. Anträge von Inso-Verwaltern (welche in der Praxis vorkommen) lehnen wir ab, weil es sich um ein höchstpersönliches Recht handelt.

  • Welches Gericht trifft dann eigentlich die Entscheidungen nach § 850 k III, IV, V ZPO ? Ich denke mal, mit der Insolvenzeröffnung bin ich da als Einzelzwangsvollstreckungsgericht raus.

    Ich hatte kurz vor meinem Urlaub einen Schuldner, der eine Erhöhung des pfandfreien Betrages zu seinem P-Konto wollte, weil der Fahrtkostenzuschüsse vom Jobcenter erhielt. Das Insolvenzverfahren war bereits vor 2 Monaten eröffnet worden, er hat eine Menge Gläubiger, die über uns das Konto in früherer Zeit gepfändet hatten.

    Ich habe den Schuldner in der Schnelle (hatte keine Zeit) an den Insolvenzverwalter bzw. das Insolvenzgericht verwiesen. Er monierte er, dass er auf alle seine Anliegen an den Insolvenzverwalter von diesem nie eine Reaktion erhalte.

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