PKH-Überprüfung nach § 120 IV ZPO

  • Ich frage mich allerdings auch: Ist jetzt die Vollmacht relevant oder die eben nicht eingeschränkte Beiordnung? Das beißt sich. Müsste hinsichtlich des Verfahrens nach § 120 IV nicht trotzdem eine Entpflichtung erfolgen? Sauber ist das in meinen Augen alles nicht.

  • Ich würde dat PKH-Verfahren nicht als einzelne Prozesshandlung sehen und somit § 83 II nicht für anwendbar halten.

  • Ich würde dat PKH-Verfahren nicht als einzelne Prozesshandlung sehen und somit § 83 II nicht für anwendbar halten.

    Der BGH sieht das wohl auch so.

  • Wie nachstehend zu sehen, hatte ich hier einen konkreten Aktenfall genommen, das OLG Hamm davon zu überzeugen, dass seine eigene (dem BGH nachgeplapperte) Ansicht und die des BGH nur Folgeproblem schafft und man daher das Aufforderungsschreiben nach § 120 Abs. 4 ZPO als auch die Entscheidungen nur der Partei / dem Beteiligten (und nicht (auch) dem RA) zu schicken / zu übersenden hat.

    Obwohl ich mein m. E. nach fast Bestes gegeben habe, seht nachstehend das Ergebnis.

    Anmerkung: Wieso das OLG bei einem Verfahren nach dem FamGH an einer Stelle von "Partei" anstatt "Besteiligten" spricht, und wieso im dortigen ersten Absatz das Wort "Zustellung" doppelt auftaucht, weiß der Himmel. Ein Schelm wer unterstellt, dass dies auf mangelnde Sorgfaltspflicht zuzurückzuführen ist.

    Weitere Anmerkung: Warum das OLG nicht selbst die Rate direkt angeordnet hat, weiß ebenfalls der Himmel. So habe ich, gem. der Anregung des OLG, diesen Part halt übernommen und eine Rate von ca. 1.000 € (!) angeordnet...

    So, aber hier nun endlich meine Vorlage und im Anschluss die Entscheidung des OLG:


    "[...] wird der Beschwerde des Antragstellers vom 04.04.2012 gegen den Be­schluss vom 07.03.2012 nicht ab­ge­hol­fen.

    Die Sache wird dem Ober­lan­des­ge­richt Hamm zur Ent­schei­dung vor­ge­legt.

    Grün­de:

    Die Beschwerde ist unzulässig und unbe­grün­det.

    Der PKH-Auf­he­bungs­be­schluss wurde dem An­trag­stel­ler am 10.03.2012 zu­ge­stellt. Da die Be­schwer­de­frist einen Monat be­trägt, hätte die Be­schwer­de bis zum 10.04.2012 (Ta­ges­en­de) ein­ge­legt wer­den müs­sen, um zu­läs­sig zu sein. Da die Be­schwer­de je­doch erst am 11.04.2012 bei Ge­richt ein­ge­gan­gen ist, ist sie un­zu­läs­sig.

    Der Rechts­pfle­ger hat über die Zu­läs­sig­keit der Be­schwer­de je­doch nicht ab­schlie­ßend zu be­fin­den, son­dern die Sache zur Ent­schei­dung dem Be­schwer­de­ge­richt vor­zu­le­gen (BGH, Beschl. 16.12.2008, IX ZA 46/08, Rpfleger 2009, 221, Rn. 5 nach Juris­zäh­lart).

    Die Be­schwer­de wurde, ob­wohl das Ge­richt dazu mit Schrei­ben vom 12.04.2012 Ge­le­gen­heit ge­ge­ben hatte, weder be­grün­det, noch zu­rück­ge­nom­men. Neue Ge­sichts­punk­te wur­den somit durch die Be­schwer­de nicht vor­ge­tra­gen.Die von Amts wegen durch­ge­führ­te Prü­fung ergab keine An­zei­chen für Ver­fah­rens­feh­ler oder Grün­de, die be­reits ge­trof­fe­ne Ent­schei­dung in­halt­lich än­dern zu müs­sen.

    Selbst wenn man (s. u.), ent­gegen der hie­si­gen An­sicht, die Be­schwer­de für zu­läs­sig hal­ten würde, wäre im Rah­men der Be­schwer­de je­doch in jedem Fall eine Rate an­zu­ord­nen, da die Par­tei mitt­ler­wei­le über ein um 1.000 € (!) ge­stie­ge­nes Net­to­arbeits­ein­kom­men ver­fügt (vgl. die Ge­halts­ab­rech­nun­gen für Mai 2009, Bl. 2 PKH-H und für Ja­nu­ar 2012, Bl. 39 PKH-H).

    Wenn man zu dem Er­geb­nis käme, dass selbst einer Par­tei mit einem ak­tu­el­len Net­to­ein­kom­men von ca. 3.000 € Net­to­arbeits­ein­kom­men Pro­zess­kos­ten­hil­fe, wel­che eine Spe­zial­form der So­zial­hil­fe dar­stellt, ohne Raten zu­ste­hen würde, würde sich die Frage stel­len, ab wel­chem Net­to­ein­kom­men dann über­haupt noch die An­ord­nung von Raten in Be­tracht käme.

    So­weit teil­wei­se die An­sicht ver­tre­ten wird, der PKH-Auf­he­bungs­be­schluss sei nicht der Par­tei selbst, son­dern (nur) dem Be­voll­mäch­tig­ten des Haupt­sa­che­ver­fah­ren zu­zu­stel­len (vgl. BGH, Beschl. 08.12.2010, XII ZB 38/09, FamRZ 2011, 463, 08.09.2011, VII ZB 63/10, FamRZ 2011, 1867; OLG Hamm, Beschl., 14.12.2011, II-9 WF 27/11, n. v.) und die Be­schwer­de sei daher zu­läs­sig, da die Be­schwer­de­frist nie­mals in Gang ge­setzt wor­den sei, ver­tritt das Amts­ge­richt wei­ter­hin aus den nach­ste­hen­den pra­xis­na­hen Über­le­gung die Gegen­an­sicht, die nach dem Ge­setz eben­falls gut ver­tret­bar ist.
    Nach An­sicht des Amts­ge­richt haben sich so­wohl Auf­for­de­run­gen nach § 120 Abs. 4 ZPO als auch Ent­schei­dun­gen nach § 124 ZPO aus­schließ­lich an die Par­tei selbst zu rich­ten (vgl. OLG Hamm, Beschl. 26.02.2009, 4 WF 269/08, FamRZ 2009, 1234 f.; OLG Mün­chen, Beschl. 18.08.1992, 12 WF 932/92, FamRZ 1993, 580; OLG Kob­lenz, Beschl. 04.06.2004, 7 WF 529/04, FamRZ 2005, 531, 10.10.2007, 13 WF 931/07, FamRZ 2008, 1358, 09.02.2009, 13 WF 90/09, FamRZ 2009, 898 f.; OLG Naum­burg, Beschl. 09.02.2006, 14 WF 134/05, FamRZ 2006, 1401, 20.11.2007, 4 WF 128/07, OLGR Naum­burg 2008, 404 f.; OLG Köln, Beschl. 23.10.2006, 4 WF 164/06, FamRZ 2007, 908; OLG Bran­den­burg, Beschl. 10.08.2001, 9 WF 88/01, FamRZ 2002, 403, 03.03.2004, 9 WF 49/04, FamRZ 2005, 47, 21.09.2009, 15 WF 188/09, FamRZ 2010, 578 f., 06.12.2010, 13 WF 106/10, Rpfleger 2011, 387 f.; OLG Dres­den, Beschl. 25.01.2008, 3 W 1382/07, NJ 2008, 315 f., 13.01.2009, 20 WF 3/09, FamRZ 2009, 1425, 17.11.2009, 3 W 980/09, FamRZ 2010, 1098 ff; OLG Bre­men, 20.12.2007, 5 WF 45/07, FamRZ 2008, 1545; OLG Celle, Beschl. 02.09.2010, 13 W 82/10, in Juris; LAG Hamm, Beschl. 03.09.2004, 4 Ta 575/04, juris, 14.07.2003, 4 Ta 820/02, LAG­Re­port 2003, 371; LAG Düs­sel­dorf, Beschl. 28.07.1988, 14 Ta 202/88, JurBüro 1988, 1717, 11.11.2002, 2 Ta 332/02, LAG­Re­port 2003, 124 f.; Thü­rin­ger LSG, Beschl. 17.05.2004, L 6 SF 90/04, juris, 08.05.2006, L 6 B 10/06 SF, juris; Hundt, PKH/BerH, 1. Aufl., Rn. 189; Zöl­ler/Phi­lip­pi, ZPO, 27. A.., §§ 120 Rn. 28, 124 Rn. 23 ; Zöl­ler/Gei­mer, ZPO, 28. A., § 124 Rn. 23; Zim­mer­mann, PKH, 3. Aufl., Rz 418 und Rz. 706 ; Mu­sie­lak/Fi­scher, 6 Aufl. § 124 ZPO Rn. 3).

    Das Amts­ge­richt ver­mag sich der An­sicht des Be­schwer­de­ge­richts (OLG Hamm, Beschl., 14.12.2011, II-9 WF 27/11, n. v.) nicht an­zu­schlie­ßen, da für das Amts­ge­richt sich aus der vor­ge­nann­ten Ent­schei­dung nicht er­gibt, warum das Be­schwer­de­ge­richt seine bis­he­ri­ge Rechts­an­sicht (vgl. OLG Hamm, Beschl. 26.02.2009, 4 WF 269/08, a. a. O.) auf­ge­ge­ben und sich, nach An­sicht des Amts­ge­richts kri­tik­los, der An­sicht des BGH (Beschl. 08.12.2010, XII ZB 38/09, a. a. O., 08.09.2011, VII ZB 63/10, a. a. O.) an­ge­schlos­sen hat. Das Be­schwer­de­ge­richt hat ins­be­son­de­re nicht an­ge­führt, warum seine noch 2008 ver­tre­te­ne Auf­fas­sung jetzt (2011) plötz­lich falsch sein soll­te, ob­wohl sich an der Ge­set­zes­la­ge nichts ge­än­dert hat.

    Auch über­zeu­gen die Ent­schei­dun­gen des BGH und des OLG Hamm das Amts­ge­richt aus meh­re­ren Grün­den in­halt­lich nicht:Wenn man, ent­gegen der hie­si­gen An­sicht, davon aus­geht, dass ein Be­schluss im Ver­fah­ren nach § 124 ZPO sich nicht an die Par­tei, son­dern an den Be­voll­mäch­ti­gen zu rich­ten hat, muss dies in der Kon­se­quenz be­deu­ten, dass dann nicht nur die Ent­schei­dung nach § 124 ZPO an den Be­voll­mäch­tig­ten zu rich­ten ist, son­dern be­reits auch das Auf­for­de­rungs­schrei­ben nach § 120 Abs. 4 ZPO (in­so­weit kon­se­quent OLG Hamm, Beschl., 14.12.2011, II-9 WF 27/11, n. v.). Die An­sicht, dass sich zwar der Auf­he­bungs­be­schluss, nicht je­doch die Auf­for­de­rungs­schrei­ben an den Be­voll­mäch­ti­gen zu rich­ten habe, ließe sich nach dem Ge­setz über­haupt nicht be­grün­den, zumal als Grund für die vom BGH und dem (jetzt) vom OLG Hamm ver­tre­te­ne Auf­fas­sung ge­ra­de ins Feld ge­führt wird, dass sich die Voll­macht aus dem Haupt­sa­che­ver­fah­ren auch auf das (ge­sam­te) Ver­fah­ren nach §§ 120 Abs. 4, 124 ZPO er­stre­cke.

    Wäh­rend der Dauer eines Haupt­sa­che­ver­fah­ren käme, unter Hin­blick auf die ge­ge­be­ne an­walt­li­che Ver­tre­tung, auch nie­mand auf die Idee, An­schrei­ben plötz­lich an die Par­tei di­rekt zu sen­den.

    Da eine Über­prü­fung nach § 120 Abs. 4 ZPO bis zu 4 Jahre nach Ab­schluss des Haupt­sa­che durch­ge­führt wer­den kann, würde dies, schlös­se man sich der An­sicht des BGHs und des OLGs Hamm an, in der Pra­xis fol­gen­des be­deu­ten:

    Wenn das Amts­ge­richt z. B. 3 ½ Jahre nach Ab­schluss des Haupt­sa­che­ver­fah­rens eine Über­prü­fung nach § 120 Abs. 4 ZPO durch­führt, hat sich das Schrei­ben an den Be­voll­mäch­tig­ten rich­ten (§ 85 ZPO). Die fast 10 jäh­ri­ge Er­fah­rung des Unter­zeich­ners zeigt, dass be­reits ein Jahr nach Ab­schluss des Haupt­sa­che­ver­fah­ren 80% der Ad­res­sa­ten, an die sich ein Über­prü­fungs­schrei­ben nach § 120 Abs. 4 rich­tet, ver­zo­gen sind und bei Ge­richt Rück­brie­fe ein­ge­hen und die ak­tu­el­le An­schrift er­mit­telt wer­den muss.
    Da der im Rah­men der PKH / VKH bei­ge­ord­ne­te An­walt nach An­sicht des BGH und des OLG rich­ti­ger Ad­res­sat ge­richt­li­che Post im Ver­fah­ren nach § 120 Abs. 4 ZPO wäre, hätte die­ser ein Auf­for­de­rungs­schrei­ben nach § 120 Abs. 4 ZPO daher an den Man­dan­ten wei­ter­zu­lei­ten, und würde auch vor das Prob­lem ge­stellt, dass er nach 3 ½ nicht weiß, wo der Man­dant sich der­zeit auf­hält.

    Auf­grund der pro­zes­sua­len Pflicht wäre der An­walt dem­nach ver­pflich­tet den Auf­ent­halts­ort der Par­tei zu er­mit­teln. Dies letzt­lich auf eige­ne Kos­ten, da es keine ge­setz­li­che Ver­pflich­tung gibt, dass das Ge­richt die An­schrif­ten­er­mitt­lung zu über­neh­me habe, noch gäbe es eine ge­setz­li­che Grund­la­ge, dass der bei­ge­ord­ne­te An­walt sich die Kos­ten der Ad­ress­er­mitt­lung sei­nes Man­dan­ten (z. B. Aus­kunfts­kos­ten beim Ein­woh­ner­mel­de­amt) von der Lan­des­kas­se er­set­zen las­sen könn­te. Ins­be­son­de­re fie­len diese Kos­ten nicht unter die PKH-Be­wil­li­gung. Auch wäre der Dauer eines Haupt­sa­che­ver­fah­ren würde das Ge­richt zu kei­nem Zeit­punkt die Ad­res­se einer an­walt­lich ver­tre­te­nen Par­tei er­mit­teln.

    Von einem An­walt der im Rah­men der PKH / VKH bei­ge­ord­net ist und der bei Streit­wer­ten ab 3.000 € oh­ne­hin be­reits schon Ver­gü­tungs­ein­bu­ßen hin­neh­men muss (vgl. § 49 RVG) nach 3 ½ Jahr zu ver­lan­gen bzw. ver­lan­gen zu kön­nen, dass die­ser auf eige­ne Kos­ten die ak­tu­el­le An­schrift sei­nes Man­dan­ten er­mit­telt, hält das Amts­ge­richt für nicht ver­tret­bar, zumal für den An­walt im Rah­men sei­ner Tä­tig­keit im Ver­fah­ren nach § 120 Abs. 4 ZPO keine wei­te­re Ver­gü­tung an­fällt und selbst wenn dies an­de­res wäre, er diese auf­grund von § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht gel­tend ma­chen könn­te.

    Ein An­walt könn­te, wenn er nach 3 ½ Jah­ren vom Ge­richt Post z. Hd. sei­nes Man­dan­ten im Rah­men von § 120 Abs. 4 ZPO er­hält auch nicht ein­fach er­klä­ren, dass er sei­nen Man­dan­ten nicht mehr ver­tre­te, denn er wäre, nach An­sicht des BGH und des OLG Hamm, nach wie vor noch bei­ge­ord­ne­ter An­walt. Das Ende einer Bei­ord­nung würde eine Auf­he­bung der Bei­ord­nung vo­raus­set­zen. Eine ein­fa­che „Man­dats­nie­der­le­gung“ wäre nicht mög­lich. Vo­raus­set­zung für eine Auf­he­bung der Bei­ord­nung wäre je­doch, das Vor­lie­gen eines wich­ti­gen Grun­des. An den Grund sind hohe An­for­de­run­gen zu stel­len (Zöl­ler/Gei­mer, ZPO, 29. A., § 121, Rn. 33). Dass der bei­ge­ord­ne­te An­walt kei­nen Kon­takt mehr mit dem Man­dan­ten her­stel­len kann, ist ge­ra­de kein Grund für eine Auf­he­bung der Bei­ord­nung (Zöl­ler/Gei­mer, a. a. O.).

    In den Fäl­len, in denen ein Rich­ter die PKH / VKH be­wil­ligt und den An­walt bei­ge­ord­net hat, wäre nach der An­sicht des Ge­richts dann auch der Rich­ter funk­tio­nell für die Ent­schei­dung über die Auf­he­bung der Bei­ord­nung zu­stän­dig. Da es kaum sinn­voll sein dürf­ten einem ehem. zu­stän­di­gen Rich­ter die Akte 3 ½ nach Ab­schluss des Ver­fah­ren zur Ent­schei­dung über die Auf­he­bung der Bei­ord­nung vor­le­gen zu müs­sen, ist dies nach An­sicht des Ge­richts ein wei­te­rer Grund, warum Schrei­ben und Ent­schei­dun­gen nach § 120 Abs. 4 ZPO nicht an den An­walt zu rich­ten sind.

    Hält man die Ent­schei­dung des BGH und des OLG für rich­tig, wäre ein bei­ge­ord­ne­ter An­walt, der oh­ne­hin ab einem Streit­wert von 3.000 € eine So­zial­leis­tung er­bracht hat, in dem er einen Teil sei­ner Wahl­an­walts­ver­gü­tung nicht gel­tend ma­chen kann, ver­pflich­tet nach 3 ½ Jah­ren sämt­li­chen Schrift­ver­kehr mit dem Man­dan­ten zu re­geln und ggf. auf eige­ne Kos­ten die ak­tu­el­le Ad­res­se des Man­dan­ten zu er­mit­teln. Das Amts­ge­richt geht davon aus, dass dies nicht im Sinne des Ge­setz­ge­bers ist.

    Da nicht der An­walt die PKH / VKH in An­spruch ge­nom­men hat, son­dern des­sen Man­dant, hält es das Ge­richt für zweck­mä­ßi­ger, wenn sich sämt­li­cher Schrift­ver­kehr im Rah­men von § 120 Abs. 4 ZPO daher auch nicht an den An­walt, son­dern an die Par­tei selbst zu rich­ten hat.

    Selbst wenn das Auf­for­de­rungs­schrei­ben die Par­tei, ggf. durch Ver­mitt­lung durch den An­walt (siehe Rechts­auf­fas­sung des BGH und des OLG), er­reicht hat, ist es mit einem Schrift­wech­sel in 90% der Fälle nicht getan. Die Be­rufs­er­fah­rung des Unter­zeich­ners zeigt viel­mehr, dass oft di­ver­se Er­in­ne­rungs­schrei­ben und wei­te­re Auf­for­de­run­gen (z. B. wegen einer man­gel­haf­ten Er­klä­rung, un­zu­rei­chen­der oder feh­len­der Be­le­gen usw.) er­for­der­lich sind. All die­ser auf­wän­di­ge Schrift­ver­kehr wäre auch noch vom An­walt zu er­le­di­gen, ohne dass die­ser dafür eine Ver­gü­tung er­hal­ten würde. Dies kann nach An­sicht des Ge­richts nicht das Er­geb­nis sein.

    Die o. g. Bei­spie­le, zei­gen nur ex­emp­la­risch, was den An­wäl­ten ab­ver­langt wird, wenn man der Rechts­auf­fas­sung des BGH folgt.

    Wei­te­re sich er­ge­ben­de recht­li­che und prak­ti­sche Schwie­rig­kei­ten, die sich nicht er­ge­ben, wenn man die Auf­fas­sung des Amts­ge­richts ver­tritt, sind z. B.:
    - wie ist zu er­fah­ren, wenn der An­walt sei­nen Man­dan­ten von einer nach § 124 ZPO er­gan­ge­nen Auf­he­bungs­ent­schei­dung nicht in Kennt­nis setzt / set­zen kann, und die Par­tei erst­mals im Rah­men der Soll­stel­lung durch die Ober­jus­tiz­kas­se Hamm von der Auf­he­bungs­ent­schei­dung er­fährt?

    - was ist zu ver­an­las­sen, wenn im Rah­men der Über­prü­fung nach § 120 Abs. 4 ZPO sich das Ge­richt an den ehem. Be­voll­mäch­tig­ten wen­det, sich dann je­doch plötz­lich ein an­de­rer An­walt für die mel­det? Muss dann der ehem. Be­voll­mäch­tig­te der Haupt­sa­che dann die Auf­he­bung der Bei­ord­nung be­an­tra­gen?

    Die Sache ist daher dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vor­zu­le­gen.

    Ort, Datum
    Name,Rechtspfleger"

    OLG Hamm, 06.06.2012, II-9 WF 107/12:

    aus den Gründen:
    „ […] Das Rechtsmittel des Antragstellers ist zunächst entgegen der Annahme des Rechtspflegers zulässig, insbesondere nicht verspätet eingelegt.

    Der angefochtene Beschluss ist zwar dem Antragsteller selbst bereits am 10.03.2012 zugestellt worden. Damit ist aber die Rechtsmittelfrist noch nicht in Lauf gesetzt worden. Zustellungen haben nämlich auch nach formellen Abschluss des Hauptsacheverfahrens Zustellungen im Verfahrenkostenhilfeüberprüfungsverfahren (§§ 120 Abs. 4, 124 ZPO) an den Verfahrensbevollmächtigten, der die Partei (wie hier) auch bereits im Verfahrenskostenbewilligungsverfahren vertreten hat, zu erfolgen. Dia dies hier nicht geschehen ist, war zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung die Beschwerdefrist noch nicht abgelaufen.

    Der Senat folgt insoweit weiterhin der zwischenzeitlich weiter gefestigten ausführlich und fundiert begründeten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, MDR 2011, 183 und MDR 2011, 1314), der die hier erörterte, auch von verschiedenen Senaten des Oberlandesgerichts Hamm in der Vergangenheit unterschiedlich beurteilte Streitfrage nunmehr im vorgenannten Sinne entschieden hat. Der Senat sieht auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Rechtspflegers im Nichtabhilfebeschluss vom 07.05.2012 keinen Anlass, von der höchstrichterlichen Rechtsprechung - unter dann zwingend gebotener Zulassung der Rechtsbeschwerde - abzuweichen.

    Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.

    Die Aufforderung gem. § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO hätte nach den vorgenannten Grundsätzen ebenfalls an den Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers und nicht - wie hier ausschließlich geschehen - unmittelbar an den Antragsteller gerichtet werden müssen. Dementsprechend vermag der Umstand, dass der Antragsteller auf die nur um persönlich übermittelte Aufforderung zunächst nicht reagiert hat, eine Aufhebung nach § 124 Nr. 2 ZPO nicht zu rechtfertigen. Im Rahmen des jetzigen Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller nunmehr die erforderliche Erklärung über seine aktuellen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abgegeben, so dass für eine Aufhebung nach § 124 ZPO auch ansonsten kein Raum ist.
    Es wird auf der Grundlage der jetzige VKH-Erklärung allerdings zu prüfen sein, ob und inwieweit gem. §§ 113 Abs. 1 FamFG, 120 Abs. 4 ZPO nunmehr eine Änderung der Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen zu treffen ist. Es erscheint angemessen, diese Entscheidung gem. §§ 113 Abs. 1 FamFG, 572 Abs. 3 ZPO dem Amtsgericht zu übertragen. […]“

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Also die Entscheidung ist für mich nicht wirklich überraschend.

    Ich denke, wir müssen damit, und mit allen darum rankenden Problemen leben.

    Leider hat die PKH-Novelle dazu keine ensprechenden klarstellenden Regelungen, so dass wir uns damit auch in Zukunft rumärgern müssen.

  • sehe ich wie störtebecker.

    Ernst P.: zu deinem beschluss: ich finde es immer etwas seltsam, wenn zur begründung der eigenen meinung autoren herangezogen werden, die ihre auffassung zwischenzeitlich geändert haben und kommentare in der 3. auflage zitiert werden, obwohl bereits die 9. verfügbar ist.

    Zöller/Geimer, ZPO, 29. Auflage 2012, § 120 Rn. 28,
    Musielak/Fischer, ZPO, 9. Auflage 2012, § 124 Rn. 3 und
    Zimmermann, ZPO, 9. Auflage 2011, § 120 Rn. 7 
    haben sich zwischenzeitlich der wegweisenden BGH entscheidung angeschlossen.

  • Oje: So setzen sich hoch bezahlte Richter mit wirklich ausführlich und sachlich vorgetragenen Argumenten oder Fragen auseinander --> nämlich gar nicht ! Auf nicht eine aufgezeigte Folgefrage wurde eine Antwort gegeben. Als Verfasser eine Kommentars kann ich mich gern auf solche Entscheidungen beziehen und diese gut heißen, diese Leute arbeiten ja auch nicht in der Praxis. Was praktikabel ist und was nicht, scheint in höheren Kreisen überhaupt niemanden zu interessieren. Man sieht es ja an den verkorksten Sozialgesetzen, insbesondere was auf deren Grundlage regelmäßig für Bescheide (Tonnen Papier mit anschließenden Tonnen Änderungsbescheiden, Anwaltsschreiben und Klagen vor den Sozialgerichten) erlassen werden.

    Mir stellt sich immer mehr die Frage, ob ich hier an der richtigen Stelle sitze. :eek:

  • Mein Respekt an Ernst P., das Dilemma überhaupt angepackt und dem OLG vor die Nase gelegt zu haben. Allein - das Ergebnis war zu erwarten. Ich hätte mich gewundert, wenn der Senat etwas gegen den BGH entschieden hätte. Ich sehe mich insoweit auch bestätigt, als ich schon viel weiter oben gesagt habe, ich setze aus genau den jetzt lesbaren Gründen die Regelung des BGH konsequent um, weil ich mit meinem OLG genau das Gleiche erleben würde. Es war sicherlich den Versuch wert, wenn auch das Ergebnis letztlich vorhersehbar war, insbesondere die auffällige Nicht-Berücksichtigung der von Ernst P. genannten zahlreichen Argumente. Der Senat sieht keine Veranlassung... - billiger geht's nicht. :daumenrun

    Vllt. wird sich der Konflikt jetzt über die nicht zu gewährende RA-Vergütung fortsetzen, auch wenn der Kostenexperte und Beck-blog-Schreiber RA Dr. H.-J. Mayer schon vor einem Jahr bemängelt hat, dass erhebliche Mehrarbeit "für lau" auf die RAe zukommt. Die Gefahr einer Prozessvollmacht mit Ausschluss des Verfahrens nach § 120 IV ZPO wäre auch noch abzuklären. Viele RAe sehen weiterhin nicht ein, sich für nix umfangreich zu engagieren. Dass das alles noch zum Verfahren gehören soll, leuchtet vielen eben gerade nicht ein.
    Die Zeiten werden auf jeden Fall spannend und unruhig bleiben... :roll:

  • Oje: So setzen sich hoch bezahlte Richter mit wirklich ausführlich und sachlich vorgetragenen Argumenten oder Fragen auseinander --> nämlich gar nicht ! Auf nicht eine aufgezeigte Folgefrage wurde eine Antwort gegeben. Als Verfasser eine Kommentars kann ich mich gern auf solche Entscheidungen beziehen und diese gut heißen, diese Leute arbeiten ja auch nicht in der Praxis. Was praktikabel ist und was nicht, scheint in höheren Kreisen überhaupt niemanden zu interessieren. Man sieht es ja an den verkorksten Sozialgesetzen, insbesondere was auf deren Grundlage regelmäßig für Bescheide (Tonnen Papier mit anschließenden Tonnen Änderungsbescheiden, Anwaltsschreiben und Klagen vor den Sozialgerichten) erlassen werden.

    Mir stellt sich immer mehr die Frage, ob ich hier an der richtigen Stelle sitze. :eek:

    Die absolut überzeugende begründung des OLG Hamm steht doch hier:

    "Der Senat sieht auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Rechtspflegers im Nichtabhilfebeschluss vom 07.05.2012 keinen Anlass, von der höchstrichterlichen Rechtsprechung - unter dann zwingend gebotener Zulassung der Rechtsbeschwerde - abzuweichen."

    glaubt jemand ernsthaft, wenn das olg gegen den bgh entschieden und die rechtsbeschwerde zugelassen hätte, dass diese dann nicht eingelegt und die entscheidung nicht vom bgh kassiert worden wäre? :confused:

    einzelauffassungen gegen den bgh vertreten schön und gut - aber gestandene olg richter haben meist schon die seriosität, solche papier- und zeitverschwendung zu unterlassen....

  • Der Senat sieht keine Veranlassung... - billiger geht's nicht. :daumenrun



    Vielleicht sähe er eine Veranlassung, wenn jede Woche so eine Beschwerde dort einginge? OLG erziehen? Nur eine Nervenfrage... Gottseidank muß ich mich nicht damit beschäftigen, ich mache auch alle an die Partei (außer den Beschluß, den bekommt auch der Anwalt), aber bei mir beschwert sich niemand...

    Schönes Wochenende.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Dann hoffe mal, dass es auch so bleibt mit der Beschwerdelosigkeit... :cool:

  • Wie Pfänder :daumenrau
    Nur der Beschluss geht bei mir an den Anwalt.

    Und - trotz vieler Fälle wegen Familiensachen - keine Beschwerde :yes:

  • Ich habe nicht den vollen Überblick zum Thema, Fristbeginn und Zustellung, daher die Frage.

    Habt ihr aktuelle obergerichtliche Entscheidungen bzw. Zurückverweisungen bekommen, wenn verfristete PKH-beschwerden vorgelegt wurden, weil Beschwerde erst nach Rechtskraft eingelegt wurde und Unterlagen vorgelegt.

    (Anm. Die h.M. ging /geht ? davon aus, dass der sof. Beschwerde auch dann (zwingend!)abzuhelfen ist, wenn diese nach Rechtskraft eingelegt wird, und dann die Erklär. zu den... vorgelegt wird, nach welcher die Vorauss. weiter gegeben sind, vgl. LAG, Rheinl.-Pf., 25.11.2009, 1 Ta 259/09, LG Rostock, 08.10.2003, 2 T 331/03, Zöller, § 572 Rdn. 14.)

    PS: hier noch eine Ent., LAG R.-P., 19.04.2010, 1 Ta 65/10. Legt man diese Auffassung zu Grunde, ist die Frage der ZU, höchtens noch akademisch, weil immer abzuhelfen ist, egal, wann sich die Partei "bequemt", ihre Erklärung vorzulegen. Habt ihr entgegenstehende Entscheid., die sich diesem ! Prob. beschäftigen? So unbefriedigend wie es ist, das LAG hat das "Gesetz auf seiner Seite". *grübel.

    nochmal PS: Das "Witzige" dabei ist, dass selbst wenn der unzulässigen, aber begründeten Beschwerde durch den Rpfl. nicht abgeholfen wird, weil dieser die Begründetheit fehlerhaft bewertet, keine Aufhebung droht, weil das Beschwerdegericht, diese (fehlerhafte) Begründetheitsprüfung seinerseits nicht prüfen darf !, sondern wegen Unzulässigkeit zurückweisen muss!

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

    3 Mal editiert, zuletzt von Wobder (15. Oktober 2012 um 16:12) aus folgendem Grund: PS:....

  • Eine Frage noch von mir zu dem Überprüfungsverfahren:
    Ein Rechtsstreit erstreckte sich über 2 Instanzen. In der 1. Instanz wurde dem Kläger PKH unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes bewilligt. Irgendwann wurde die Beiordnung des Rechtsanwaltes aufgehoben, der Kläger war daraufhin in der 1 Instanz bis zum Urteil der 1. Instanz nicht mehr vertreten worden. Die PKH wurde jedoch nicht aufgehoben. In der 2. Instanz wurde der Kläger sodann durch einen anderen Rechtsanwalt vertreten. Die Prozesskostenhilfe wurde in der 2. Instanz jedoch nicht mehr bewilligt, der Antrag des Klägers wurde zurückgewiesen. Bis zum Urteil in der 2. Instanz war der Kläger jedoch weiterhin durch den neuen Rechtsanwalt vertreten worden. Nun befinde ich mich im Überprüfungsverfahren nach § 120 Abs. 4 a.F. wegen der PKH-Bewilligung in der 1. Instanz.
    Mit wem ist die Überprüfung durchzuführen? Der Rechtsanwalt aus der ersten Instanz kommt nicht mehr in Frage. In der 2 Instanz wurde keine PKH bewilligt. Ich würde jetzt behaupten, dass das Überprüfungsverfahren mit dem Kläger direkt durchzuführen ist. Ist das korrekt? Der Kläger ist jedoch spurlos verschwunden.

  • Der Anwalt der II.Instanz ist nicht für das Überprüfungsverfahren zuständig. Ich würde ihn mal fragen, ob er eine aktuelle Anschrift hat, sofern das noch nicht geschehen ist. Ansonsten EMA-Anfrage machen - nach einem Jahr noch mal und wenn der Kläger dann immer noch nicht auftaucht, würde ich die Sache beerdigen.

  • Ich würde ihn mal fragen, ob er eine aktuelle Anschrift hat, sofern das noch nicht geschehen ist.

    Die anwaltliche Schweigepflicht verbietet m.E. eine Beantwortung einer solchen Anfrage, sofern die Anschrift bekannt ist. Daher würde ich persönlich sie gar nicht erst vornehmen.

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