Rechtsprechungshinweise Familie und Vormundschaft

  • Hätte ich auch gern.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • BGH Beschlüsse vom 25.05.2011 - XII ZB 625/10, XII ZB 626/10 und XII ZB 627/10 -:

    Wurde ein Verein als Vormund bestellt, stehen diesem weder Vergütungsansprüche zu noch kann der Verein Aufwendungsersatz aus der Staatskasse verlangen (§§ 1835 V, 1836 III BGB).

    Wird hingegen der Mitarbeiter des Vereins zum Vormund bestellt, kann der Verein in entsprechender Anwendung des § 7 VBVG Vergütung und Aufwendungsersatz von der Staatskasse beanspruchen.

    Der BGH lässt offen, ob sich für die Vereine, die sich im Hinblick auf den Beschluss vom 14.03.2007 Az.: XII ZB 148/03 zum Vormund haben bestellen lassen, Ansprüche außerhalb des Festsetzungsverfahrens ergeben.

  • Allein der Umzug des Kindes in einen anderen (insbes. benachbarten) Gerichtsbezirk stellt keinen wichtigen Grund i. S. d. § 4 FamFG dar [Leitsatz d. Verf.]

    Oberlandesgericht Hamm, Beschluss v. 18.08.2011, Az. II-2 SAF 14/11

    "[...] Ein wichtiger Grund i. S. v. § 4 FamFG liegt dann vor, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Kindeswohls zweckmäßig erscheint, dass nicht das örtlich zuständige [vgl. § 2 Abs. 2 FamFG, Anm. d. Verf.], sondern das um Übernahme ersuchte Gericht mit der Sache befasst wird. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn das betroffene Kind seinen Aufenthalt dauerhaft in den Bezirk eines anderen Gerichts verlegt und der Aufenthaltswechsel mit Erschwernissen für das laufende Verfahren verbunden ist, die es als notwendig erscheinen lassen, dass das Verfahren am Gericht des neuen Aufenthaltsortes des Kindes weitergeführt wird, wobei in erster Linie auf das Wohl des betroffenen Kindes abzustellen ist (vgl. BT-Drucks. 16/6308, S. 175 f.; Senat FamRZ 2011, 55 f.; Beschl. v. 05.07.2011 - II-2 SAF 10/11 -). Dabei ist an die Annahme der Abgabevoraussetzungen ein hoher Maßstab zu setzen, da § 4 FamFG einen Eingriff in den Grundsatz des gesetzlichen Richters darstellt. Es müssen daher ganz erhebliche Umstände vorliegen, die eine Tätigkeit eines anderen Gerichts gebieten; allein eine Erleichterung der Erledigung des konkreten Verfahrens reicht nicht aus (Keidel/Sternal, FamFG, 16. Aufl., § 4 Rn 11).

    Danach sind hier die Voraussetzungen eines wichtigen Grundes nicht ersichtlich. Ohne weiteres ist allein der Umzug des Vaters mit den Kindern von X nach Y nicht ausreichend, um einen wichtigen Grund zu bejahen. Denn eine Fortführung des Verfahrens in X würde voraussichtlich nicht zu wesentlichen Erschwernissen führen, was insbesondere aus der räumlichen Nähe zu Y folgt. Es sind auch keine weiteren Gesichtspunkte erkennbar oder vorgetragen, die im Interesse des Kindeswohls eine Verlagerung der Zuständigkeit rechtfertigen könnten."

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

    2 Mal editiert, zuletzt von Noatalba (26. August 2011 um 11:30) aus folgendem Grund: Lektorat

  • Der beim BGH eingereichte Antrag auf Sprungrechtsbeschwerde gegen eine familiengerichtliche Endentscheidung hat - unabhängig von seiner Zulässigkeit - nach § 75 Abs. 1 Satz 2 FamFG die Unzulässigkeit einer bereits zuvor gegen die nämliche Entscheidung beim Oberlandesgericht eingelegten Beschwerde zur Folge, so daß die Beschwerde zu verwerfen ist.

    OLG Celle, Beschluss vom 20.06.2011, 10 UF 145/11

    siehe auch:
    beck-blog: Wenn in der Rechtsmittelbelehrung zu viel steht

  • Nach einer neuen Entscheidung des OLG Celle besteht kein Rangverhältnis zwischen Vereinsvormundschaft und bestellter Amtsvormundschaft (Beschluss des OLG Celle vom 19.04.2011 – Az.: 15 UF 76/10 - = FamRZ 2011,1603).

    Es entspricht dem Kindeswohl, den bisherigen Amtsvormund zu entlassen und stattdessen den Verein zu bestellen, wenn der Verein bereits seit Jahren (im entschiedenen Fall 4 Jahre) mit der Begleitung der Pflegefamilie (Vollzeitpflege) und des Kindes im Rahmen seines Adoptions- und Pflegekinderdienstes befasst ist und daher bereits seit längerer Zeit ein persönlicher Kontakt zwischen dem Verein und dem Kind/den Pflegeeltern besteht. Die im Regelfall nur äußerst selten realisierende Möglichkeit einer Haftung des Mündels für Vergütungsansprüche des Vereins (§§ 1836c, 1836e BGB) tritt hinter diesen Gesichtspunkt zurück (OLG Hamm Beschluss vom 16.08.2011 – Az.: 8 UF 186/11 –). Das OLG Hamm vertritt ebenfalls die Auffassung, dass kein Rangverhältnis zwischen Vereinsvormundschaft und bestellter Amtsvormundschaft besteht (ohne nähere Begründung).

    Nach der geänderten Rechtsauffassung des BGH (XII. Senat) stehen dem Verein als solchen keine Vergütungsansprüche zu (BGH Beschlüsse vom 25.05.2011 – Az.: XII ZB 625/10, XII ZB 626/10, XII ZB 627/10 –; BGH Beschlüsse vom 29.06.2011 – Az.: XII ZB 628/10, XII ZB 629/10, XII ZB 630/10, XII ZB 631/10, XII ZB 653/10 –). Die vorgenannten OLG-Entscheidungen sind zeitlich vorher bzw. in Unkenntnis der BGH-Entscheidung ergangen.

    Ein etwaiges Rangverhältnis zwischen Verein und Amtsvormund sollte insbesondere aus den Vorschriften der §§ 53 I, 56 IV SGB VIII abzuleiten sein. Dort ist nur der Verein, nicht hingegen der Mitarbeiter des Vereins erwähnt. Ggf. hat sich die Problematik mit dem Rangverhältnis im Hinblick auf die geänderte Rechtsauffassung des BGH erledigt (es sei denn Vereine wollen Vormundschaften und Pflegschaften unentgeltlich führen).

    Bei dem Ausgangsfall der OLG-Hamm-Entscheidung gibt es ein Folgeproblem, was die Abrechnung betrifft, falls ein Mitarbeiter des Vereins als Vormund bestellt wird (Vergütungsfähig dürfte nur die Tätigkeit im Rahmen der Vormundschaft sein, nicht hingegen die Begleitung der Pflegefamilie im Rahmen des Adoptions- und Pflegekinderdienstes).

  • noch zur Ergänzung #50,65:

    Die Begründung der OLG-Entscheidung fällt etwas dürftig aus. Die Entscheidung wurde leider ohne Anmerkung veröffentlicht.

    Die erstinstanzliche Entscheidung wurde im Wesentlichen noch, wie folgt, begründet:

    Zur Regelung des § 33 I 1 SGB II wird zwar vertreten, dass auch bei einer unrechtmäßigen Hilfegewährung ein Anspruchsübergang stattfindet, es mithin auf die Rechtmäßigkeit der SGB-II-Bewilligung nicht ankommt (Juris Kommentierung zu § 33 SGB II RdNr. 30 unter Hinweis auf BVerwG NJW 1992, 3313f.). In diesem Fall ist jedoch auch bei der unrechtmäßigen Leistung Berechtigter der SGB-II-Leistungen das Kind selbst gewesen.

    Für den Anspruchsübergang nach § 33 I 2 SGB II ist darüber hinaus zwingend erforderlich, dass derjenige, für den die Leistungen gezahlt werden, und das Kind Mitglieder einer Haushaltsgemeinschaft sind. Wird die Haushaltsgemeinschaft zwischen diesen Personen zu Unrecht angenommen, findet demnach kein Anspruchsübergang statt.

    Das Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft wurde ggf. bei der Beantragung der SGB-II-Leistung oder bei der Beantragung von anderen Sozialleistungen geprüft. Bei den Verwaltungsverfahren ermittelt die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen (§ 20 I SGB X). Auch wenn nach den durchgeführten Ermittlungen die jeweilige Behörde zur Überzeugung gelangt ist, dass eine Haushaltsgemeinschaft besteht und die Sozialleistungen zu bewilligen sind, führt dies nicht dazu, dass diese Tatsache im Klauselerteilungsverfahren offenkundig ist, da dieser Feststellung behördliche Amtsermittlungen vorausgegangen sind, somit diese Tatsache am Gerichtsort der Allgemeinheit weder bekannt noch für die Allgemeinheit ohne besondere Fachkunde wahrnehmbar ist.

  • 1. Wird die familiengerichtliche Genehmigung eines von dem Ergänzungspfleger im Namen des minderjährigen Kindes mit dem allein sorgeberechtigten Elternteil abgeschlossenen Erwerbs und Übertragungsvertrages über ein dem Kind gehörendes Grundstück verweigert, besteht für den erwerbenden Elternteil in der Regel keine Beschwerdeberechtigung nach § 59 Abs. 1 FamFG.
    2. Das Familiengericht ist im Rahmen der Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens bei der Entscheidung über den Genehmigungsantrag daran gebunden, allein die Interessen des Minderjährigen, nicht aber die Interessen sonstiger Dritter in den Blick zu nehmen.
    3. Rein ideelle oder familiäre Interessen können es in der Regel nicht rechtfertigen, einen für das minderjährige Kind wirtschaftlich erheblich unvorteilhaften Vertrag zu genehmigen.

    OLG Celle, 17. Zivilsenat, Beschluss vom 28.09.2011; 17 UF 154/11

    http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/root.php4

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • a) Das minderjährige Kind ist im Verfahren zur Übertragung der elterlichen Sor-ge vom Familiengericht hinzuzuziehen und somit formeller Verfahrensbeteiligter ("Muss-Beteiligter"). Ist das Kind nicht selbst verfahrensfähig und bedarf es im Verfahren daher der gesetzlichen Vertretung, so ist diese grund-sätzlich von den sorgeberechtigten Eltern ungeachtet ihrer eigenen Verfahrensbeteiligung wahrzunehmen.

    b) Auch im Fall eines erheblichen Interessengegensatzes zwischen Eltern und Kind darf den Eltern die Vertretungsbefugnis im Zusammenhang mit einem Kindschaftsverfahren dann nicht entzogen werden, wenn bereits durch die Bestellung eines Verfahrensbeistands für eine wirksame Interessenvertretung des Kindes Sorge getragen werden kann. Dass der Verfahrensbeistand nicht gesetzlicher Vertreter des Kindes ist, steht dem nicht entgegen.

    BGH, Beschluss vom 7. September 2011 - XII ZB 12/11

    siehe auch im beck-blog sowie Diskussion im Forum hier

  • §§ 36 FamFG, 160, 162 ZPO


    Auch im Verfahren nach dem FamFG sind bei der Protokollierung eines Vergleichs die Formvorschriften der ZPO einzuhalten. Ist ein Vergleich den Beteiligten entgegen §§ 36 Abs.2 S.2 FamFG, 162 Abs.1 S.1 und S.2 ZPO nicht zur Genehmigung vorgespielt bzw. vorgelesen worden, so ist er unwirksam. Die nachfolgende Androhung von Ordnungsmitteln durch das Gericht vermag die fehlende Genehmigung nicht zu ersetzen.

    OLG Hamm, Beschluss vom 11.04.2011, 4 WF 185/10

    siehe auch beck-blog

  • FamFG § 113 Abs. 1 Satz 1 und 2; ZPO §§ 233 Fc, 311 Abs. 2 Satz 1, 329 Abs. 1 Satz 1

    In Familienstreitsachen findet nach § 113 Abs. 1 Satz 1 FamFG die Regelung des § 41 Abs. 1 Satz 2 FamFG keine Anwendung. Daher sind Entscheidungen in Familienstreitsachen nach § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i. V. m. §§ 311 Abs. 2 Satz 1, 329 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu verkünden.

    BGH, Beschluss vom 19. Oktober 2011 - XII ZB 250/11

    siehe auch:
    Mündliche Verhandlung in Familienstreitsachen

  • Die Aufgabenerweiterung eines Verfahrenspflegers gilt auch in der nächsten Instanz.

    OLG München, Beschluss vom 24.11.2011, 11 WF 2054/11

    Quelle: Fokus Familienrecht

    Aus den Gründen:

    "Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 07.04.2011 im ersten Rechtszug Frau ... zum berufsmäßigen Verfahrensbeistand bestellt und ihr auch den erweiterten Aufgabenkreis gemäß § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG übertragen. Diese Entscheidung wirkt in der zweiten Instanz fort, solange sie nicht vom Beschwerdegericht aufgehoben oder eingeschränkt wird. Die Bestellung eines Verfahrensbeistands erfolgt also nicht für jeden Rechtszug gesondert, da sie gemäß § 158 Abs. 6 Nr. 1 und Nr. 2 FamFG erst mit der Rechtskraft der das Verfahren abschließenden Entscheidung oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens endet, nicht aber mit der die erste Instanz abschließenden Entscheidung (Keidel/Engelhardt, FamFG, 17. Auflage, § 158 Rn. 44; Prütting/Helms/Stößer, FamFG, § 158 Rn. 27; Bumiller/Harders, FamFG, 10. Auflage, § 158 Rn. 15). Im Beschwerdeverfahren musste folglich keine erneute Bestellung des Verfahrensbeistands erfolgen. Vielmehr hatte der Verfahrensbeistand im Rechtsmittelverfahren die Aufgaben, die ihm schon in erster Instanz übertragen worden waren (OLG Stuttgart Beschluss vom 06.04.2011 - 8 WF 32/11 - JurBüro 2011, 379)."

  • OLG Köln ,

    04.07.2011 - 21 UF 105/11

    BGB §§ 1629 Abs. 2 S. 3, 1643 Abs. 2, 1791b Abs. 1 S. 1, 1796, 1909, 1915Notwendigkeit einer Ergänzungspflegerbestellung bei Erbausschlagung

    1. Einem minderjährigen Kind, das das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einemErbausschlagungsverfahren zur Wahrnehmung seiner Verfahrensrechte, insbesondere für dieEntgegennahme der Zustellung einer familienrechtlichen Genehmigung der Erbauschlagung, einErgänzungspfleger zu bestellen. (amtlicher Leitsatz; entgegen OLG Brandenburg, Beschlussvom 6. 12. 2010 – 9 UF 61/10; ebenso KG FamRZ 2010, 1171). (amtlicher Leitsatz)2. Eine Bekanntgabe der Erbausschlagung an die allein sorgeberechtigte Mutter genügt denAnforderungen des § 41 Abs. 3 FamFG nicht. Die Bekanntgabe nach § 41 Abs. 3 FamFG trittneben diejenige nach § 41 Abs. 1 FamFG.3. Die Bestellung eines Verfahrensbeistandes kann in solchen Fällen die Anordnung einerErgänzungspflegschaft nicht ersetzen, da der Verfahrensbeistand nicht gesetzlicher Vertreter ist

    und Zustellungen an ihn nicht bewirkt werden können.

  • Sollte das nicht in den Rechtsprechungsthread? Aber danke für den Hinweis!

    #76 und #77 hierher verschoben.
    Mel
    (Mod.)

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • ZUr Entstehung der Vergütung eines Umgangspflegers beschäfift sich das OLG Zweibrücken B. vom 12.09.2011 - 6 UF 132/2011
    ( veröffentlicht in der ZKJ 1/2012 , S. 33 ff. ) , Tenor sinngemäß :

    "Grs. enstehen Ansprüche des Umgangspflegers auf Vergütung erst ab dem Zeitpunkt seiner förmlichen Bestellung ( gemeint wohl Verpflichtung) .
    Vergütungsansprüche für vorherige Tätigkeiten kommen in Ausnahmefällen nach Treu und Glauben ( § 242 BGB ) in Betracht ."

    Aus den Gründen des Beschlusses ist ersichtlich , dass ein Fall von Treu und Glauben vorliegen kann , wenn anzunehmen ist , dass die entfaltete Tätigkeit auf Veranlassung des Gerichts erfolgt ist ( z.B. Wahrnehmung Anhörungstermin ) und der Umgangspfleger davon ausgehen konnte , dass das Gericht eine unverzügliche Tätigkeitsaufnahme erwartet habe.

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