Rechtsprechungshinweise Familie und Vormundschaft

  • OLG Zweibrücken, 12.06.2015, 2 WF 120/15

    Der Verfahrenswert für die Verpflichtung der Eltern zur Einreichung eines Verzeichnisses über das von ihrem Kind unentgeltlich erworbene Vermögen ist mit einem Bruchteil (Anm. 20 %) des übertragenen Vermögens unter Außerachtlassung der auf dem übertragenen Vermögensgegenstand lastenden Verbindlichkeiten zu bemessen.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • OLG München, Beschluss vom 03.06.2015, 2 WF 490/15

    Der gesetzliche Vertreter, der Vorerbe ist, kann den von ihm Vertretenen, der Nacherbe ist, nicht bei der Anhörung des Nacherben zu einer entgeltlichen Verfügung vertreten.

    Gründe:

    I.
    Die Antragstellerin ist befreite Vorerbin ihres verstorbenen Ehemannes Peter und als solche eingetragene Eigentümerin des Grundstücks mit der Flurstück-Nr. 20, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts (…). Als Nacherben des Peter sind die Kinder X, Y und Z eingetragen. Mit Urkunde vom (…) veräußerte die Beschwerdeführerin eine Teilfläche von Flurstück-Nr. 20 zu einem Kaufpreis von 8.000,- €. Bei dem Grundstück handelt es sich um eine Waldfläche, die den Erwerbern als Zufahrt zu den dahinterliegenden Grundstücken dienen soll. Am (…) erließ das Amtsgericht - Grundbuchamt - eine Zwischenverfügung gegenüber dem Notar, der den Vollzug des Kaufvertrages beantragt hatte und teilte darin mit:
    „Bezüglich dem Antrag auf Löschung des Nacherbenvermerks bedarf es der Anhörung der Nacherben. Der Nacherbe Z, geboren xx.xx.1998, ist minderjährig. Die verfügende Eigentümerin (Vorerbin) ist seine Mutter. Aufgrund des Vertretungsausschlusses bedarf es der Einsetzung eines Ergänzungspflegers. Es wird gebeten, dies zu veranlassen und dem Grundbuchamt die Person des Ergänzungspflegers mitzuteilen, so dass von hier aus die Anhörung erfolgen kann."

    Mit Beschluss vom 20.01.2015 ordnete das Amtsgericht - Familiengericht - für den minderjährigen Nacherben Z Ergänzungspflegschaft an mit dem Wirkungskreis der Vertretung bei der Anhörung und Beteiligung im Verfahren vor dem Amtsgericht - Grundbuchamt - zur Löschung des Nacherbenvermerks, eingetragen im Grundbuch (…). Als Ergänzungspflegerin wurde Frau R bestimmt. Gegen diesen dem Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin zugestellten Beschluss legte dieser am (…) Beschwerde ein mit der Begründung, die Beschwerdeführerin sei befreite Vorerbin und durch den Verkauf der Grundstücksteilfläche könne das Recht der Nacherben in keiner Weise tangiert sein. Dies gelte vor allen Dingen deshalb, weil die Überlassung des Grundstücks nur einen Bruchteil des Nachlasses betreffe und ein mehr als adäquater Kaufpreis vereinbart wurde. Deshalb bedürfe es auch wegen der Löschung des Nacherbenvermerks keines rechtlichen Gehörs der Nacherben. Zur weiteren Begründung verweist er auf ein persönliches Schreiben der Beschwerdeführerin, in dem diese ihr Unverständnis über die angeordnete Anhörung zum Ausdruck bringt und kritisiert, dass das Amtsgericht an ihren schon vor zwölf Jahren verstorbenen Mann einen Brief verschickt hat. Das Familiengericht hat mit Beschluss vom 08.04.2015 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

    II.
    Die gemäß §§ 58 ff. FamFG statthafte und in zulässiger Weise eingelegte Beschwerde der Kindesmutter hat keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat zu Recht eine Ergänzungspflegschaft für das betroffene Kind hinsichtlich der Vertretung bei der Anhörung zur Löschung des Nacherbenvermerks angeordnet.
    Gegenstand des Beschwerdeverfahrens vor dem Senat ist die Bestellung des Ergänzungspflegers, welche einen selbständigen Verfahrensgegenstand bildet (vgl. auch Palandt/Götz, BGB, 74. Aufl. 2015, § 1909 Rn. 11 m.w.N.). Insoweit ist festzustellen, dass die Voraussetzungen für eine Ergänzungspflegschaftsbestellung nach § 1909 BGB vorlagen, da auch die weiteren Voraussetzungen des § 1795 BGB bzw. § 181 BGB zutreffen.

    Gemäß § 1909 BGB erhält der unter Vormundschaft stehende Minderjährige einen Pfleger für solche Angelegenheiten, an deren Besorgung der Vormund verhindert ist. Die Verhinderung kann aus tatsächlichen oder aus rechtlichen Gründen bestehen. Eine Verhinderung aus Rechtsgründen kommt insbesondere bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 1795 f. BGB in Betracht, also dann, wenn der vertretungsberechtigte Elternteil von der Vertretung seines Kindes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist. Da hier die Beschwerdeführerin alleinige Inhaberin der elterlichen Sorge für den noch minderjährigen Z ist, kann sie ihren Sohn nicht in der nach § 51 GBO erforderlichen Anhörung zur Löschung des Nacherbenvermerks vertreten. Dies ist eine rechtliche Tatsache und beinhaltet keinerlei Kritik dahingehend, dass die Beschwerdeführerin ihre Kinder nach dem Tod des Ehemannes nicht tatsächlich richtig vertreten hätte. Nacherben sind bei Verfügungen des Vorerben im Grundbuchverfahren zu beteiligen. Sie müssen - eine wirksame Verfügung durch den Vorerben unterstellt - zwar nicht zustimmen. Sie müssen aber die Möglichkeit haben, sich zu dieser Verfügung zu äußern, z. B. weil sie ihrer Ansicht nach nicht wertentsprechend ist. Auch wenn für einen solchen Mangel des Verkaufs vorliegend keinerlei Hinweise vorhanden sind, kann das Grundbuchamt von der Anhörung der Nacherben aber nicht absehen, da sich die Notwendigkeit der Beteiligung der Nacherben im Grundbuchverfahren aus dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs von Verfahrensbeteiligten bzw. der Gewährung eines fairen Verfahrens ergibt. Den Nacherben ist rechtliches Gehör zu gewähren, bevor der Nacherbenvermerk aufgrund Grundbuchunrichtigkeit gelöscht wird (allgemein BVerfG RPfleger 2000, 205; BayObLG RPfleger 1995, 105, OLG Hamm, RPfleger 1984, 312; OLG München FG Prax 2005, 193; OLG Düsseldorf 19.03.2012, 3 Wx 299/11; OLG München, Beschluss vom 02.09.2014, 34 Wx 415/13, Meikel/Böringer GBO, § 51 Rn. 172).

    Der ganz überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum folgend, hat daher das Amtsgericht - Familiengericht - für den minderjährigen Nacherben einen Ergänzungspfleger bestellt, um die erforderliche Anhörung vor Löschung des Nacherbenvermerks durchführen zu können. Die beiden erwachsenen Kinder der Beschwerdeführerin können ohne Einschaltung Dritter angehört werden und sodann kann die beantragte Grundbuchänderung vorgenommen werden. Erst dann kann das Eigentum der Grundstücksfläche für die Erwerber im Grundbuch eingetragen werden.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Name des Kindes: Vertretung des nichtehelichen Kindes bei der Einwilligung in die Einbenennung durch die allein sorgeberechtigte Kindsmutter
    Wenn die Mutter alleinige Inhaberin der Personensorge für ihr Kind ist, kann sie als dessen gesetzliche Vertreterin die Einwilligung zur Einbenennung erklären (Bestätigung von BayObLG FamRZ 1977, 409).


    OLG München 31. Zivilsenat, Beschluss vom 12.02.2015, 31 Wx 7/15

    § 181 BGB, § 1618 Abs 1 S 3 BGB vom 14.06.1976, § 1705 BGB vom 18.07.1979, § 1795 Abs 1 Nr 1 BGB, § 1795 Abs 2 BGB, § 31a Abs 1 S 1 Nr 2 PersStdG vom 02.07.1976

    FGPrax 2015, 137

  • OLG Saarbrücken, 24.04.2015 - 6 WF 42/15, NJW-RR 2015, 1099

    Zur Genehmigungsfähigkeit der Erbausschlagung für Minderjährigen.

    Aus den Gründen:
    Maßstab der gemäß § 1822 Nr. 2 BGB zu treffenden familiengerichtlichen Entscheidung über die Ausschlagung der Erbschaft ist allein das Wohl des Mündels. Ob die Ausschlagung einer Erbschaft genehmigungsfähig ist, hängt nicht allein von dem wirtschaftlichen Interesse des Mündels unter Berücksichtigung des Nachlassbestandes ab. Auch seine Gesamtbelange – samt seiner persönlichen Interessen – sind umfassend zu würdigen (OLG Brandenburg NJW-Spezial 2014, 136, Staudinger/Veit, BGB, Neubearbeitung 2014, § 1822, Rz. 18). Sofern ein Nachlass nicht überschuldet ist, besteht allerdings regelmäßig kein hinreichender Grund, eine Genehmigung zu erteilen (OLG Zweibrücken FamRZ 2012, 1961, Staudinger/Veit, a.a.O.).

  • Verwendung von Sparguthaben der Kinder durch die Eltern

    § BGB § 1664


    1. Eltern handeln regelmäßig widerrechtlich, wenn sie Sparguthaben ihrer minderjährigen Kinder für Unterhaltszwecke verwenden.

    2. Sie sind gegebenenfalls gem. § 1664 BGB verpflichtet, die verwendeten Gelder an die Kinder zurückzuzahlen. *(Leitsätze des Gerichts)


    OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 28.5.2015 – 5 UF 53/15, BeckRS 2015, BECKRS Jahr 12186


    Anmerkung: Hier ging im Fall darum, dass die Kindesmutter vom Sparguthaben Möbel, Bekleidung, Spielzeug und einen Autokindersitz für das Kind sowie Renovierungsmaterial für sein Kinderzimmer gekauft hatte.

  • Dolmetscherkosten für das persönliche Gespräch zwischen Verfahrensbeistand und ausländischem minderjährigen Kind sind in dessen Pauschalvergütung enthalten und werden nicht zusätzlich erstattet, vgl. OLG München, 28.10.2015, 11 WF 1365/15.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • [h=1]OLG Karlsruhe Beschluß vom 23.7.2015, 5 WF 74/15[/h]Anwendbarkeit der Genfer Flüchtlingskonvention auf die Frage der Volljährigkeit

    Leitsätze

    Das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.07.1951 - Genfer Flüchtlingskonvention - findet auf die Frage der Volljährigkeit von Flüchtlingen keine Anwendung.

    NJW-RR 2015, 1284

  • Auswahl eines Vormundes für unbegleitete Flüchtlinge

    1. Zur Auswahl eines Vormundes für unbegleitete Flüchtlinge.
    2. Es besteht kein Vorrang eines Berufsvormundes gegenüber der Amtsvormundschaft.


    OLG Celle Senat für Familiensachen, Beschluss vom 14.01.2016, 12 UF 2/16, 12 UFH 2/16


    § 1779 Abs 1 BGB, § 1791b BGB

    http://www.rechtslupe.de/familienrecht/…ormunds-3105147

  • "Die langfristige örtliche Abwesenheit des Kindes von den in der Heimat verbliebenen Eltern stellt einen Grund für die Feststellung des Ruhens der elterlichen Sorge gemäß § 1674 Abs. 1 BGB dar, wenn den Eltern die Aufsicht oder die jederzeitige Übernahme der Personen- und Vermögenssorge für das Kind zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung auch mit Hilfe moderner Kommunikationsmittel nicht möglich ist."

    OLG Hamm 4. Senat für Familiensachen, Beschluss vom 10.08.2015 - 4 UF 117/15


    Nachtrag von Kai: Link zum Volltext (frei abrufbar)

  • [h=1]Vergütung des rückwirkend bestellten Verfahrensbeistands[/h]Normenketten:
    FamFG § 158
    § 158 FamFG
    FamFG § 158
    § 158 II, IV 3 FamFG
    § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG

    Leitsatz:

    1. Ein Verfahrensbeistand - vor dessen Bestellung zu prüfen ist, ob die von § 158 II, IV 3 FamFG gesetzlich vorgegebenen Voraussetzungen erüllt sind - kann nicht "rückwirkend" bestellt werden, beispielsweise zur Begründung von Gebührenansprüchen für eine ohne vorherige Bestellung erfolgte Tätigkeit. (amtlicher Leitsatz)

    OLG München, Beschluss v. 19.08.2015 – 11 WF 1028/15

    Fundstellen:
    FamRZ 2016, 160
    JurBüro 2015, 656
    NJW-RR 2016, 134

  • BGH, Beschluss vom 3. März 2016 - IX ZB 65/14


    a) Macht der Gläubiger einen Schadensersatzanspruch aus vorsätzlicher Verletzung der Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern geltend, kann er sich hinsichtlich des Unterhaltsbedarfs und der Unterhaltsbedürftigkeit eines minderjährigen Kindes in Höhe des Mindestunterhalts auf § 1612a BGB berufen, wenn bereits ein Titel aufgrund eines streitigen Urteils vorliegt, der den Schuldner für die Zeiträume zu Unterhalt verurteilt, für die der Gläubiger Schadensersatz wegen Verletzung der Unterhaltspflicht verlangt.

    b) Unter diesen Voraussetzungen trifft den Schuldner eine sekundäre Darlegungslast für die Umstände, die Zweifel an seiner Leistungsfähigkeit begründen können.

    Der Anspruch aus vorsätzlicher Verletzung der Unterhaltspflicht steht hinsichtlich des durch Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz entstandenen Schadens dem jeweiligen Land zu.

    Die Anmeldung einer fremden Forderung im eigenen Namen eines Dritten ist unwirksam. Dieser Mangel kann nur durch eine Neuanmeldung behoben werden.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 11.04.2016, 14 UF 32/16, bei juris:

    1. Bei der Auswahl eines Vormundes besteht grundsätzlich freies richterliches Ermessen. Ein gesetzlicher Vorrang besteht lediglich zugunsten eines ehrenamtlichen Einzelvormundes gegenüber dem Amtsvormund...
    2. Bei der Ermessensentscheidung des Gerichts hinsichtlich der Auswahl des Vormundes ist im Rahmen der Abwägung auch das gesetzgeberische Ziel des "Gesetzes zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher" vom 28.10.2015 (BGBl. I 2015, 1802,1805) zu berücksichtigen. Danach soll möglichst ein Auseinanderfallen der Zuständigkeit zwischen Kostenträger einerseits und Wahrnehmung der Amtsvormundschaften andererseits vermieden werden.


    zu # 174

  • OLG Stuttgart, 11 WF 44/16, Der Ausschluss der isolierten Anfechtbarkeit der Bestellung eines Verfahrensbeistandes gemäß § 158 Abs. 3 Satz 4 FamFG gilt auch dann, wenn die Bestellung durch einen Rechtspfleger erfolgt. Auch die Rechtspflegererinnerung gemäß § 11 Abs. 2 RPflG ist in diesem Fall nicht statthaft.

    anhängig BGH, Az: XII ZA 22/16

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!