Beratungshilfe trotz Insolvenzverfahren

  • So.

    Danke für den Anstoß mit der "Wahrnehmung von Rechten", darauf bin ich jetzt auch weiter eingegangen.

    Der Anwalt hat im vorliegenden Fall hauptsächlich damit argumentiert, dass das Insolvenzverfahren kein gerichtliches Verfahren ist, in welchem PKH/VKH bewilligt werden kann, und deshalb nicht gerichtliches Verfahren im Sinne des § 1 BerHG ist.
    Dieser Argumentation folge ich aber nicht, denn dann müsste man folglich auch darüber nachdenken, in gerichtlichen Verfahren, für die PKH nicht bewilligt wurde, Beratungshilfe zu geben (verquere Logik, der man nicht folgen würde, aber ich kenne Anwälte die es versuchen würden.)

    Für mich ist nun wohl der springende Punkt, dass im Insolvenzverfahren das Insolvenzgericht immer die erste Anlaufstelle ist, das machen die Kollegen hier auch mit. Sie ziehen eine strenge Grenze dort, wo Rechtsberatung beginnt, und oft habe ich dann Schuldner hier, die von ihnen hergeschickt wurden, aber grundsätzlich ist der Vortrag beim Insolvenzgericht "der TH verschleudert mein Vermögen/arbeitet nicht richtig/mauschelt mit meinen Gläubigern" zunächst mal immer möglich und deshalb im Sinne der Eigenleistung auch erforderlich. Oft kann dann nämlich schon geklärt werden, warum der TH etwas veräußert, den Gläubigern "in Briefen Geld verspricht" etc., einfach indem sich mal die Akte angeschaut wird oder so.

    Sobald tatsächlich rechtliche Probleme mit außergerichtlichen Handlungen des TH vorliegen (was mir die InsO-Kollegen dann bestätigen) kann Beratungshilfe in Frage kommen, denn beraten, wie er da vorgehen soll, tun die Kollegen selbstverständlich nicht.

  • Hallo zusammen,

    folgender BerH-Antrag liegt vor:

    Der Antragsteller hat ohne anwaltliche Vertretung einen Antrag auf Regelinsolvenzvefahren mit Restschuldbefreiung und Stundung der Kosten gestellt. Es handelt sich um einen Gastronomen, der die Coronazeit wirtschaftlich nicht geschafft hat.

    Da ihm bereits vor 7 Jahren schon einmal Restschuldbefreiung erteilt wurde, wurde er vom Insolvenzgericht entsprechend belehrt, dass er derzeit keine Restschuldbefreiung bekommen kann. Das wusste er als rechtsunkundige Person nicht. Ein aktuelles IN-Aktenzeichen gibt es bereits. Nun weiß er nicht, was er tun soll und möchte sich anwaltlich beraten lassen.

    Würdet Ihr einen Beratungshilfeschein erteilen?

    Liebe Grüße

    Nefili

  • Ich halte es für einen Grenzfall, auch wenn unzweifelhaft bereits ein gerichtliches Verfahren anhängig ist (auch wenn der Antragsteller dies subjektiv vielleicht erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbindet).

    Die von den Landesjustizverwaltungen im Internet zur Verfügung gestellten Formulare für IN-Anträge enthalten mitunter keinen Hinweis auf die Sperrfrist, sondern dieser ergibt sich ggf. erst und nur aus einem zusätzlichen Merkblatt. Das kann man z.B. im Antragsformular auf https://justiz.de/service/formular/f_insolvenzen/index.php nur erkennen, wenn man auch das Merkblatt liest. Da es aber für IN-Anträge keinen Formularzwang gibt und alles verwendet werden kann, was dazu im Internet kursiert (ggf. ohne unmittelbare Verbindung mit einem Merkblatt), bzw. der Antrag auch freitextlich gestellt werden kann, kann man das sicherlich aus Laiensicht auch überlesen/übersehen.

    Man kann dann natürlich das Insoverfahren aller Wahrscheinlichkeit nach in eine Abweisung mangels Masse laufen lassen, womit aber niemand gedient ist.

    Ich würde beim Insolvenzgericht anfragen, in welcher Weise der Antrag gestellt wurde. Wenn Vordruck mit ausdrücklicher Erklärung über die Sperrfrist, dann :abgelehnt , sonst vielleicht denkbar, wenn ein Grenzfall im von mir beschriebenen Sinne zu bejahen ist.

  • Meiner Meinung nach ist der Schuldner/Antragsteller dadurch, dass er den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat, nicht mehr außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens im Sinn von § 1 BerHG. Er selbst hat das gerichtliche Verfahren über den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ja ausgelöst.

    Im Rahmen der gerichtlichen Hinweis-und Fürsorgepflicht sollte dem Schuldner meiner Meinung nach nun erklärt werden, welche Möglichkeiten es gibt:

    - Rücknahme des Insolvenzantrags -> er muss die bisher angefallenen Gerichtskosten (Nr. 2310 KV GKG + evtl. Sachverständigenvergütung) + die Vergütung eines evtl. bestellten vorläufigen Insolvenzverwalters zahlen.

    - keine Antragsrücknahme und die Insolvenzmasse reicht voraussichtlich nicht aus um die Verfahrenskosten (Gertichtskosten + Vergütung Insolvenzverwalter + evtl. Vergütung eines vorläufigen Insolvenzverwalters) zu decken -> der Antrag wird mangels Masse abgewiesen und der Schuldner muss die bis dahin angefallenen Verfahrenskosten bezahlen.

    - keine Antragsrücknahme und die Insolvenzmasse reicht aus um die Verfahrenskosten voraussichtlich vollständig zu decken -> das Insolvenzverfahren wird eröffnet, die Insolvenzmasse wird verwertet und der Erlös wird dann gemäß der gesetzlichen Reihenfolge (erst Verfahrenskosten, dann sonstige Masseverbindlichkeiten, dann Insolvenzforderungen) verteilt. Soweit die Gläubiger befriedigt werden erlöschen deren Forderungen, ansonsten bleiben sie aber weiterhin durchsetzbar.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Meiner Meinung nach ist der Schuldner/Antragsteller dadurch, dass er den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat, nicht mehr außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens im Sinn von § 1 BerHG. Er selbst hat das gerichtliche Verfahren über den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ja ausgelöst.

    Im Rahmen der gerichtlichen Hinweis-und Fürsorgepflicht sollte dem Schuldner meiner Meinung nach nun erklärt werden, welche Möglichkeiten es gibt:

    - Rücknahme des Insolvenzantrags -> er muss die bisher angefallenen Gerichtskosten (Nr. 2310 KV GKG + evtl. Sachverständigenvergütung) + die Vergütung eines evtl. bestellten vorläufigen Insolvenzverwalters zahlen.

    - keine Antragsrücknahme und die Insolvenzmasse reicht voraussichtlich nicht aus um die Verfahrenskosten (Gertichtskosten + Vergütung Insolvenzverwalter + evtl. Vergütung eines vorläufigen Insolvenzverwalters) zu decken -> der Antrag wird mangels Masse abgewiesen und der Schuldner muss die bis dahin angefallenen Verfahrenskosten bezahlen.

    - keine Antragsrücknahme und die Insolvenzmasse reicht aus um die Verfahrenskosten voraussichtlich vollständig zu decken -> das Insolvenzverfahren wird eröffnet, die Insolvenzmasse wird verwertet und der Erlös wird dann gemäß der gesetzlichen Reihenfolge (erst Verfahrenskosten, dann sonstige Masseverbindlichkeiten, dann Insolvenzforderungen) verteilt. Soweit die Gläubiger befriedigt werden erlöschen deren Forderungen, ansonsten bleiben sie aber weiterhin durchsetzbar.

    Dazu, mEn, das Inso-Gericht angehalten, nicht die BerH.

    Es gibt ein gerichtliches Verfahren und somit keine BerH.

  • Irgendwelche weitergehenden Hinweise an den Antragsteller wird es aber im Rahmen des Insolvenzverfahrens aller Wahrscheinlichkeit nach nicht geben ("Gericht darf keine Rechtsberatung erteilen" usw.).

  • Ich würde zurückweisen, da ein gerichtliches Verfahren anhängig ist. Kostenlose Möglichkeit der Beratung gibt es außerdem bei den Schuldnerberatungsstellen.

    Schuldnerberatungsstellen schicken selbständige Unternehmer und ehemalige Unternehmer in der Regel weg und beraten diese nicht.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Ich würde zurückweisen, da ein gerichtliches Verfahren anhängig ist. Kostenlose Möglichkeit der Beratung gibt es außerdem bei den Schuldnerberatungsstellen.

    Schuldnerberatungsstellen schicken selbständige Unternehmer und ehemalige Unternehmer in der Regel weg und beraten diese nicht.

    Das hat der Antragsteller auch belegt. Er hatte vor der Stellung des Insolvenzantrags die Schuldnerberatung kontaktiert. Die haben ihm eine Mail geschrieben, er soll einfach einen Insolvenzantrag stellen. Da er Unternehmer sei, würde er kein Schuldenbereinigungsverfahren brauchen und er würde auch sonst von dort nicht beraten werden. Dann hat er den Insolvenzantrag gestellt. Die E-Mail wurde vorgelegt.

    Irgendwie tut er mit ein bisschen leid…

  • Kann man Schuldnerberatungsstellen für falsche und voreilige Auskünfte in Anspruch nehmen? Analog eines Beratungsfehlers bei Anwälten wäre dafür dann wohl ein Beratungsschein zu erteilen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Kann man Schuldnerberatungsstellen für falsche und voreilige Auskünfte in Anspruch nehmen? Analog eines Beratungsfehlers bei Anwälten wäre dafür dann wohl ein Beratungsschein zu erteilen.

    :thumbup:

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • die Auskunft zur Stellung des Insolvenzantrages durch die Schuldnerberatung war doch zutreffend.

    Das InsO-Verfahren ist ihm ja nicht versperrt, "nur" die RSB und Stundung.

    Hätte er sich das Merkblatt zur Stundung und RSB in seinem ersten, oder vor seinem 2. Verfahren durchgelesen, hätte ihm der Umstand der Sperrfrist eigentlich bewusst sein sollen.

  • Hallo zusammen,

    der Antragsteller hat die Anträge zurückgenommen, sowohl Inso als auch Beratungshilfe.

    Dieses Merkblatt hatte er wohl, hat es aber nicht zur Kenntnis genommen, zu viel Text in „Bürokratendeutsch“.

    LG, Nefili

    Einmal editiert, zuletzt von Nefili (12. September 2023 um 12:19)

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