Anfechtung bzw. alles zu spät!

  • Geschäftsunfähigkeit muss durch Einwilligungsvorbehalt festgestellt werden und das wurde es nicht und ist es bis heute nicht.

    Ich hoffe, Du glaubst nicht, was Du da schreibst.

    Hä? Wieso? Wenn kein EV angeordnet ist, darf der Betroffene handeln, demzufolge auch selbst ausschlagen. Und da im Zuge der erst im letzten Jahr angeordneten Betreuung kein EV angeordnet wurde ist davon auszugehen, dass Sven (im Moment) nicht geschäftsunfähig behindert ist und es vermutlich auch bisher nicht war.

    Das er den Sachverhalt nicht überblickt und seiner Schwester gutgläubig vertraut hat, steht natürlich auf einem anderen Blatt.

    Ich hab vorhin eine Mitteilung ans Betreuungsgericht verfügt und kann nur hoffen, dass die von dort aus tätig werden.

    Amtsermittlungsspielraum beim NG sehe ich nicht. Der Erbschein ist ja im Moment jedenfalls nicht unrichtig.



  • Dieser Berufsbetreuer hat einen Rechtsanwalt beauftragt. Der Rechtsanwalt hat die Anfechtungserklärung als einfachen Schriftsatz eingereicht hat. Durch gerichtliches Schreiben wurde der Rechtsanwalt auf die Formunwirksamkeit aufmerksam gemacht und ihm erläutert, wie es richtig geht.

    Inzwischen sind 2,5 Monate vergangen ohne neuen Posteingang in der Akte und ohne formgerechte Anfechtungserklärung.

    Also ein ahnungsloser Betreuer und ein ahnungsloser Rechtsanwalt. Das wäre doch glatt etwas für eine Sozietät.

  • Geschäftsunfähigkeit muss durch Einwilligungsvorbehalt festgestellt werden und das wurde es nicht und ist es bis heute nicht.

    Ich hoffe, Du glaubst nicht, was Du da schreibst.

    Hä? Wieso? Wenn kein EV angeordnet ist, darf der Betroffene handeln, demzufolge auch selbst ausschlagen. Und da im Zuge der erst im letzten Jahr angeordneten Betreuung kein EV angeordnet wurde ist davon auszugehen, dass Sven (im Moment) nicht geschäftsunfähig behindert ist und es vermutlich auch bisher nicht war.

    Die Frage ob ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet wurde oder nicht, hat überhaupt nichts mit der Frage zu tun, ob der Ausschlagende im Zeitpunkt der Erbausschlagung objektiv geschäftsunfähig war. War er geschäftsunfähig - was von Amts wegen zu ermitteln ist -, ist die Ausschlagung unwirksam und der Erbschein als unrichtig einzuziehen. War er dagegen geschäftsfähig, bleiben die Dinge aufgrund der unwirksamen Anfechtung so wie sie sind und es wird höchstwahrscheinlich ein Haftungsfall für den Anwalt daraus.

  • und schon wieder sehe ich die Verbindung zu einem gerade bei mir und meiner Betreuungsrichterin auf dem Tisch liegenden Fall. Wäre nett wenn mir dazu jemand Anregungen geben könnte:

    Der Betreute ist sicher noch geschäftsfähig (müsste dazu jedoch morgen noch mal ins Gutachten schauen). Jedenfalls wurde kein Einwilligungsvorbehalt angeordnet.
    Aber der Betreute ist so leicht beeinflussbar, dass es erschreckend ist und er gewiss nicht testierfähig sein kann.
    Würde man mit ihm zum Notar gehen (was sein Betreuer gerade gemacht hat) und ihm sagen: setze Deinen Bekannten A (hier : ein Verwandter des Betreuers), wird er das machen (hier geschehen).
    Wird morgen eine andere Person mir ihm zum Notar rennen und sagen, setze doch auch noch B, C und D aus Deinem Freundeskreis als Erben ein, würde er auch das machen.
    Nun, zunächst wurde erst mal ein Ergänzungsbetreuer wegen vorliegender Interessenkonflikte und zur Aufklärung einiger gelaufener Dinge des Betreuers bestellt. Und dann kam zu Tage die Geschichte mit dem notariellen Testament.
    Was könnte das Betreuungsgericht hier ggf. noch machen ?
    Jeder aus der Nachlassabteilung weiss, wie schwer es ist für etwaige enterbte gesetzliche Erben (nach dem Tode des Betreuten) , die Testierunfähigkeit des Erblassers nachzuweisen... und das bei dem notariell beurkundeten Testament.

  • Praktisch ist Sven auch nicht wirklich ein Schaden entstanden, da das Sozialamt das Erbe sowieso mehr oder weniger "einziehen" würde.

    Das ist ein Irrglaube, das Sozialamt stellt zwar vorübergehend die Hilfe ein bis der Nachlass verbraucht ist, aber in dieser Zeit als Selbstzahler hindert niemand den Betreuer aus dem Nachlass Wohltaten für Sven zu bezahlen. Es hätte also tatsächlich was vom Erbe.

    Jein. Er kann zwar etwas ausgeben, darf es aber nicht "verprassen" und sich damit wieder mittellos machen, um erneut bedürftig zu werden. Der Erbe ist in diesem Fall zu einer sparsamen Lebensweise "verpflichtet". Klar bekommt er etwas, richtig viel hat er nicht davon. Nicht mehr und nicht weniger.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Das ist sicher der Wunsch des Sozialhilfeträgers, aber zwischen verprassen und sparsam sein ist ein großer Unterschied und der kann aktiv ausgenutzt werden. Das rate ich sogar meinen Betreuern, dass sie den Betreuten in solchen Fällen mal was Gutes tun sollen.

  • Ebenso; speziell bei den Betreuten , die zwischendurch mal Selbstzahler werden, bis der Betreuer erneut Sozialhilfeantrag stellen muss.
    Da ist in der "Selbstzahlerzeit" durchaus mehr drin an Ausgaben als das sonst übliche Taschengeld.

  • #26: Als Nachlassgericht würde ich im Nachlassfall automatisch in die Betreuungsakten schauen, wenn ein Betreuter ein Testament gemacht hat, egal ob notariell oder privatschriftlich. Jetzt bereits tätig werden und die Testierfähigkeit gerichtlich prüfen zu lassen, halte ich für unzulässig.

  • Der Betreute ist sicher noch geschäftsfähig (müsste dazu jedoch morgen noch mal ins Gutachten schauen). Jedenfalls wurde kein Einwilligungsvorbehalt angeordnet.
    Aber der Betreute ist so leicht beeinflussbar, dass es erschreckend ist und er gewiss nicht testierfähig sein kann.

    nach der einschlägigen Kommentarliteratur ist geschäftsfähig > testierfähig (wenn man nicht beides bei Volljährigen für dasselbe hält, was auch vertreten wird und was ich für richtig halte). Wer also geschäftsfähig ist, ist in jedem Fall auch testierfähig; nur anders herum kann es Menschen geben, die nicht geschäfts-, aber testierfähig sind. 16jährige zum Beispiel (§ 2229 BGB)...

    Was den Einwilligungsvorbehalt angeht, der hier herangezogen wird: der gilt nie für letztwillige Verfügungen, § 1903 Abs. 2 BGB. Es kommt also für die Wirksamkeit der letztwilligen Verfügungen nur darauf an, ob der Testator im Zeitpunkt der Testamentserrichtung objektiv testierfähig war oder nicht.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Geschäftsunfähigkeit muss durch Einwilligungsvorbehalt festgestellt werden und das wurde es nicht und ist es bis heute nicht.

    Ich hoffe, Du glaubst nicht, was Du da schreibst.

    Hä? Wieso? Wenn kein EV angeordnet ist, darf der Betroffene handeln, demzufolge auch selbst ausschlagen. Und da im Zuge der erst im letzten Jahr angeordneten Betreuung kein EV angeordnet wurde ist davon auszugehen, dass Sven (im Moment) nicht geschäftsunfähig behindert ist und es vermutlich auch bisher nicht war.

    Das ist keine Frage des Dürfens, sondern des Könnens...

  • Nun hab ich über den Fall geschlafen und stelle folgendes fest:

    Weder Notar noch Gutachter noch Richter haben in den letzten 2 Jahren die Geschäftsfähigkeit von Sven angezweifelt.
    Ich werde mich hüten etwas anderes in Frage zu stellen, zumal ich weder Sven kenne noch die familiären Umstände.

    Vielmehr hoffe ich auf das Tätigwerden vom Betreuungsgericht (nicht unser AG-Bezirk), denn wäre ein kompetenterer Betreuer eingesetzt worden (verstehe die Auswahl des Betreuers sowieso nicht, das wäre hier anders gelaufen), dann wäre zumindestens durch eine formwirksame Anfechtungserklärung die Kuh schon halb vom Eis.

    Und das was Uschi sagt, dem stimme ich zu. Der Betroffene hat ja auch einen Selbstbehalt. Ist ja nicht gesagt, dass Sven diesen bereits komplett ausschöpft. Und über die Anschaffung persönlicher Dinge (Anziehsachen, neueres KleinMobilar, etc.) freuen sich die Betreuten sehr. Sven wohnt in einem Behindertenwohnheim.

  • Nun hab ich über den Fall geschlafen und stelle folgendes fest: Weder Notar noch Gutachter noch Richter haben in den letzten 2 Jahren die Geschäftsfähigkeit von Sven angezweifelt. Ich werde mich hüten etwas anderes in Frage zu stellen, zumal ich weder Sven kenne noch die familiären Umstände. Vielmehr hoffe ich auf das Tätigwerden vom Betreuungsgericht (nicht unser AG-Bezirk), denn wäre ein kompetenterer Betreuer eingesetzt worden (verstehe die Auswahl des Betreuers sowieso nicht, das wäre hier anders gelaufen), dann wäre zumindestens durch eine formwirksame Anfechtungserklärung die Kuh schon halb vom Eis.


    Das Betreuungsgericht wird Sven aber auch nicht (mehr) zur Erbenstellung verhelfen können. Das Kind ist wohl in den Brunnen gefallen (siehe auch Cromwell in Beitrag 24).

    Bleibt nur ein neuer Betreuer, der Schadensersatzansprüche gegen den RA geltend machen kann.

  • Nun hab ich über den Fall geschlafen und stelle folgendes fest:
    Weder Notar noch Gutachter noch Richter haben in den letzten 2 Jahren die Geschäftsfähigkeit von Sven angezweifelt.
    Ich werde mich hüten etwas anderes in Frage zu stellen, zumal ich weder Sven kenne noch die familiären Umstände.

    Dann nimmst Du Deine nachlassgerichtlichen Pflichten nicht wahr.

    Was der Notar (zudem lediglich bei einer Unterschriftsbeglaubigung) oder der Richter in der Vergangenheit glaubten, ist völlig unmaßgeblich. Alleine entscheidend ist, ob der Ausschlagende im Zeitpunkt der Ausschlagung geschäftsfähig war. Hierfür gibt es nicht von der Hand zu weisende Anhaltspunkte und deshalb hat das Nachlassgericht insoweit wegen der evtl. gebotenen Einziehung des erteilten Erbscheins von Amts wegen zu ermitteln.

    Umgekehrt gefragt: Hätte man den Erbschein ohne weiteres erteilt, wenn man gewusst hätte, dass der nicht beim Nachlassgericht erschienene Ausschlagende einen frühkindlichen Hirnschaden hat?

    Natürlich nicht, denn man hätte zuerst ermittelt. Und diese Ermittlungen müssen eben nunmehr nachgeholt werden. Nur geht es jetzt nicht mehr um die Erteilung des Erbscheins, sondern um dessen Einziehung.

  • und schon wieder sehe ich die Verbindung zu einem gerade bei mir und meiner Betreuungsrichterin auf dem Tisch liegenden Fall. Wäre nett wenn mir dazu jemand Anregungen geben könnte:Der Betreute ist sicher noch geschäftsfähig (müsste dazu jedoch morgen noch mal ins Gutachten schauen). Jedenfalls wurde kein Einwilligungsvorbehalt angeordnet. Aber der Betreute ist so leicht beeinflussbar, dass es erschreckend ist und er gewiss nicht testierfähig sein kann. Würde man mit ihm zum Notar gehen (was sein Betreuer gerade gemacht hat) und ihm sagen: setze Deinen Bekannten A (hier : ein Verwandter des Betreuers), wird er das machen (hier geschehen)....

    Es gibt mindestens eine Form der Demenz, die zur zunächst kaum erkennbaren Geschäftsunfähigkeit führt und sich gerade darin zeigt, dass der ansonsten noch ziemlich klar erscheinende Betroffene sehr leicht beeinflussbar ist (hatten wir kürzlich im Senat mal einen Fall dazu, der dies feststellende Sachverständige ist über jeden Zweifel erhaben, so dass wir dies als gesicherte Erkenntnis zugrunde gelegt haben). Ob es Vergleichbares auch bei anderen Formen der geistigen Beinträchtigung gibt, ist mir nicht bekannt, könnte aber mal eine Überprüfung lohnen. Mit freundlichen Grüßen AndreasH

  • Nur so nebenbei: Laut OLG München ist bei Demenz ein lichter Moment praktisch ausgeschlossen. (OLG München, B. vom 01.07.2013 - 31 Wx 266/12).

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Guten Abend!
    Nun ist tatsächlich Bewegung in meinen Fall gekommen, wahrscheinlich liest hier der zuständige Betreuungsrechtspfleger mit. :teufel:
    Ich erhielt ein Schreiben vom Betreuungsgericht mit der Aufforderung zur Amtsermittlung hinsichtlich der Wirksamkeit der Erbausschlagung von Sven.

    Hab daraufhin mit dem Gutachter vom Betreuungsgericht telefoniert und ihn schriftlich zur Stellungnahme aufgefordert, ob Sven tatsächlich vor 2 Jahren den Sachverhalt überblicken konnte. Er bestätigte mir schon am Telefon (er ist seit 20 Jahren der Hausarzt von Sven), dass Sven von Geburt an geistig sehr eingeschränkt ist und weder lesen noch schreiben noch rechnen kann. Das war schon immer so und wird auch immer so sein. Ich krieg das noch schriftlich.

    Soweit sogut. Wenn diese ärztliche Stellungnahme kommt, wie gehe ich dann weiter vor? Welche Beschlüsse sind zu fertigen? Was ist mit dem Erbscheinsantrag? Muss der nochmal neu gestellt werden, oder kann der Betreuer von Sven diesen nur berichtigen/ergänzen?

    Danke fürs Lesen und Antworten!

    Gute Nacht!
    Döni

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