Betreuervergütung für zukünftige Zeiträume

  • Nachdem das neue Jahr und damit auch die Betreuungsrechtsreform immer näher rückt, macht man sich ja doch mal Gedanken, was sich in Zukunft so ändert und bin nun auf eine Sache gestoßen, bei der mir entweder noch der Durchblick etwas fehlt oder nicht so recht durchdacht wurde (alle Paragraphen beziehen sich soweit nicht anders angegeben auf die neue Fassung ab 01.01.2023):

    Nach § 15 Abs. 2 VBVG kann der Betreuer unter gewissen Voraussetzungen einen Antrag auf Festsetzung der Vergütung für die Zukunft stellen. S. 3 sieht dabei auch vor, dass durch den Betreuer eine Änderung unverzüglich mitzuteilen ist.
    § 292 Abs. 2 FamFG regelt dazu dann noch, dass die Festsetzung durch Beschluss zu erfolgen hat und die Festsetzung spätestens alle 2 Jahre zu überprüfen ist.

    Die Gesetzesbegründung (Drucksache 19/24445) schreibt dazu noch folgendes (auszugsweise, für das Problem relevante):
    "Auf Antrag des beruflichen Betreuers oder des Betreuungsvereins kann das Gericht eine nach dem VBVG zu bewilligende Vergütung in Form einer Fallpauschale nunmehr rechtssicher auch für zukünftige Zeiträume festsetzen." sowie "In dem neuen Verfahren tritt an die Stelle der nachträglichen Prüfung die Prognoseentscheidung zum Zeitpunkt der Festsetzung, dass sich die für die Vergütung relevanten Kriterien für den Festsetzungszeitraum nicht ändern werden. Das Abstellen auf die Prognoseentscheidung wird durch folgende Bestimmungen hinreichend abgesichert: Durch die Pflicht des Betreuers, dem Gericht bei einer Änderung der relevanten Kriterien sofort Mitteilung zu machen (§ 15 Absatz 2 Satz 3 VBVG) und durch die in Satz 2 geregelte Pflicht des Gerichts, regelmäßig, spätestens alle zwei Jahre, die Festsetzung zu überprüfen. Schließlich bietet auch die in Absatz 4 vorgesehene Pflicht, den nicht vermögenslosen Betreuten vor der Festsetzung anzuhören, eine weitere Kontrolle."

    Und nun zu meinem Problem:
    Leider gibt es absolut nichts im Gesetz, was im Falle einer Änderung zu veranlassen ist. Streng genommen hat der Gesetzgeber zwar eine Überprüfung der Entscheidung vorgesehen, aber nicht mal eine Grundlage zur Abänderung oder Aufhebung der Entscheidung geschaffen.
    Zum Vergleich: die Betreuung selbst ist nach § 1908d BGB a.F. materiellrechtlich aufzuheben und das Verfahren in § 294 FamFG a.F. geregelt. Auch für die Entlassung und Bestellung eines neuen Betreuers findet sich in §§ 1908b, 1908c BGB a.F. eine entsprechende Grundlage.
    Natürlich ist es fernliegend, dass der Beschluss über die Vergütungsfestsetzung für immer in Stein gemeißelt ist, und eine Aufhebung/Änderung muss möglich sein. Die Frage ist nur: ab wann? Der Gesetzgeber spricht in der Gesetzesbegründung ausdrücklich davon, dass die Festsetzung rechtssicher erfolgen soll und die bisherige nachträgliche Prüfung durch eine Prognoseentscheidung ersetzt werden soll. Logische Konsequenz wäre, dass man den Vergütungsbeschluss ausschließlich für die Zukunft aufheben/abändern kann.
    Nun waren ja Dauerauszahlungen früher auch schon mal üblich, auch damals gab es hin und wieder Fälle, in denen eine Änderung aus welchen Gründen auch immer nicht rechtzeitig mitgeteilt wurde; war damals ärgerlich, aber man konnte zuviel Bezahltes wenigstens zurückfordern, weil dies nur auf dem Verwaltungsweg erfolgte. Das dürfte dann aber in dem nun zukünftig vorgesehenen Modell ja kaum noch möglich sein.

    Beispiel: dem Betreuer wurde eine Vergütung für die Zukunft bewilligt für einen vermögenden Betreuten, der nicht im Heim lebt. Der Betreute zieht nun in ein Heim (überraschend, zB. weil plötzliche rapide Verschlechterung des Gesundheitszustands) um und der Betreuer teilt dies auch unverzüglich dem Gericht mit. Leider erreicht sein Schreiben das Gericht aber erst einen Tag nach Fälligkeit der festgesetzen Vergütung. Laut Beschluss wurde nun für den letzten Vergütungsmonat vermögend/nicht Heim festgesetzt, obwohl es hier schon (nach neuem Recht übrigens komplett für den Vergütungsmonat) vermögend/Heim richtig gewesen wäre. Und nun geht der Streit los: der Betreuer möchte natürlich die Vergütung wie festgesetzt haben, schließlich liegt dafür ein rechtskräftiger Beschluss vor und er kann sich auch kein Fehlverhalten vorwerfen lassen. Der Betreute hingegen möchte (auch verständlicherweise) aber nicht mehr zahlen, als eigentlich im VBVG vorgesehen.

    Hat sich da schon mal jemand anderes Gedanken dazu gemacht? Übersehe ich vielleicht einfach etwas?

  • Hallo, wir haben ja eine Entscheidung mit Dauerwirkung. Also ist § 48 Abs. 1 FamFG anwendbar. Ein wenig verrenken muss man sich bei Satz 2. M.E. Ist die Dauervergütungsfestsetzung antragsabhängig. Anders als Vergütungs“anträge“ sonst. Also müsste jemand einen Abänderungsantrag stellen. Dafür kommen alle Verfahrensbeteiligten nach § 274 FamFG in Frage (wohl mit Ausnahme der Betreuungsbehörde). Bei Staatskassenzahlungen wäre das wohl standardmäßig der Bezirksrevisor. Bei Selbstzahlern dieser oder sein Rechtsbeistand oder Verfahrenspfleger.

    Sofern der Betreuer selbst einen Entlassungsantrag oder Aufhebungsantrag stellt, sollte durch Rückfrage geklärt werden, ob sich der Antrag auch auf die gleichzeitige Aufhebung des Dauervergütungsbeschlusses bezieht.

    Aber es stimmt schon, es fehlt im Sachzusammenhang eine „Automatik“ in § 292 FamFG, wonach die Abänderung/Aufhebung auch ohne Antrag erfolgen kann.

  • In der Gesetzesbegründung heißt es auf Seite 399:
    Selbst wenn es im Einzelfall zu Überzahlungen kommen sollte, könnten diese unproblematisch mit nachfolgenden Vergütungsforderungen der beruflichen Betreuer verrechnet werden. Das Instrument der Dauervergütungsfestsetzung wird für die (vielen) Fälle geschaffen, in denen sich prognostisch nichts ändern dürfte, und in denen den Rechtspflegern hierdurch die Arbeit wesentlich erleichtert wird. Dafür wird das geringe Restrisiko in Kauf genommen, dass der Staat im Ausnahmefall überzahlt. Aber selbst dies wird über das Verfahren der Rückforderung ausgeglichen werden können. Schließlich wird jeder Berufsbetreuer, der noch weiter bestellt werden will, darauf achten, sich nicht dem Vorwurf der ungerechtfertigten Bereicherung auszusetzen.

    Der Gesetzgeber geht also davon aus, dass evtl. überzahlte Beträge zurückgefordert (oder verrechnet) werden können.

    * Was schert´s die Eiche, wenn das Schwein sich an ihr reibt! *

  • Das Problem ist aber, dass der Gesetzgeber mal wieder von Sachen ausgeht ohne sie entsprechend zu regeln.
    HorstD hat ja schon richtigerweise auf den § 48 FamFG hingewiesen. § 48 Abs. 1 S. 2 FamFG wäre dem Wortlaut nach hier anzuwenden, das ist aber seitens des Gesetzgebers definitiv nicht gewünscht (sonst würde eine Überprüfung seitens des Gerichts keinen Sinn ergeben); eine entsprechenden Einschränkung findet sich im Gesetz halt nicht.

    Ich hab mich jetzt auch mal noch ein bisschen durch die Kommentierung zu § 48 FamFG gewühlt, in der Suche nach Meinungen, ab wann eine Abänderung erfolgen kann.
    Zunächst kann man dazu festhalten, dass dazu § 48 FamFG selbst keine Regelung enthält, auch § 292 FamFG schweigt sich dazu erstmal aus.
    Teilweise wird in den Kommentaren die Meinung vertreten, dass die Abänderung keine Rückwirkung haben kann (Obermann in BeckOK FamFG, abgeschwächt auch Engelhardt in Keidel, FamFG), andererseits wird auch die Meinung vertreten, dass die Abänderung ab dem Zeitpunkt der geänderten Umstände erfolgen kann, soweit nicht anders vorgeschrieben (Ulrici in MüKoFamFG).
    Die Diskussion darum kommt mir aus dem VKH-Teil des Forums (Änderung der Raten (rechtspflegerforum.de)) auch schon leidlich bekannt vor :D

  • Ich habe hier bereits ein paar solcher Anträge erhalten. Generell sähe ich da kein Problem - allerdings habe ich sie abschlägig bescheiden, da die Betreuer bisher lediglich bis 30.06.2023 vorläufig registriert sind und somit nicht sicher gesagt werden kann, dass keine Änderungen abzusehen sind.

  • Hallo, ich verstehe, dass man bei der fiktiven Registrierung nach § 32 BtOG noch keine Dauervergütungen beschließen will. Die meisten Betreuer werden ja auch in nächster Zeit die Registrierung bekommen; sofern es Ü-3-Betreuer sind.

    Bei U-3-Betreuern (mit anderen Berufen als Sozialarbeitern/Juristen) siehts aber wegen der Sachkundelehrgänge anders aus. Da kann die Phase der fiktiven Registrierung bis Mitte 2025 andauern. Es gibt in der Zwischenzeit keinen Bescheid, nur eine Eingangsbestätigung (die vorläufige Registrierung nach § 33 BtOG ist nur für Neubetreuer).

    Will man da also die nächsten 2 Jahre keinen Beschluss machen?

  • Beschlüsse wird man auf Antrag schon machen, aber festgesetzt wird für den abgerechneten Zeitraum, nicht für eine ungewisse Zukunft.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Beschlüsse wird man auf Antrag schon machen, aber festgesetzt wird für den abgerechneten Zeitraum, nicht für eine ungewisse Zukunft.

    Wie begründet Ihr die Festsetzung?

    Formularmäßig wird hier angegeben, dass die Voraussetzungen nach § 8 VBVG gegeben sind.

    Das habe ich rausgestrichen und reingeschrieben, dass der Betreuer als Betreuer gem. § 18 VBVG seine Qualifikation schon nachgewiesen hatte, eine Registrierungsfiktion besteht und die geltend gemachte Vergütung sachlich und rechnerisch richtig ist.

    Allerdings kann natürlich der Fall eintreten, dass es nicht zu einer Registrierung kommt. Wie geht man dann mit den (dann wohl in Rechtskraft erwachsenen) Vergütungsbeschlüssen um?

    Ich mache keine Fehler ... ich erschaffe kleine Katastrophen.

  • :nixweiss: Ich selbst mache derzeit keine Betreuungssachen, könnte also auch nur gelegentlich fragen, falls mir jemand aus der Abteilung über den Weg läuft.

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  • Ich hatte bisher einen Antrag auf Dauervergütungsfestsetzung und habe diesen auch mit der Begründung abgelehnt, dass der Betreuer derzeit nur bis 30.06.2023 als vorläufig registriert gilt und noch keine darüber hinausgehende Registrierung vorgelegt wurde. Ich habe dazu geschrieben, dass er den Antrag gerne unter Vorlage des Registrierungsbescheides wiederholen kann. Bisher hat er sich nicht darüber beschwert.

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