Geburtsdatum des Vormunds bzw. Ergänzungspflegers in der Bestallung und DSGVO

  • Ein herzliches Moin aus dem hohen Norden!

    Hier mal ein Thema für diejenigen, die firm sind in der DSGVO:

    Ein berufsmäßiger Vormund und Ergänzungspfleger reicht dem Gericht sämtliche seiner Bestallungen zurück mit der Aufforderung, diese aus Datenschutzgründen ohne sein Geburtsdatum neu auszustellen. Bisher habe ich lediglich das dringende Bauchgefühl, dass er hierauf keinen Anspruch hat, da sein Geburtsdatum neben dem Vor- und Nachnamen seiner Identifizierung dient.

    Leider bin ich bisher weder in unserem Forum, noch bei beck-online oder jurisweb oder gockel mit den entsprechenden Suchbegriffen fündig geworden.

    Ich würde sein Anliegen anstatt mit dem Argument "Bauchgefühl" lieber mit einer Gesetzesgrundlage verbescheiden ...

    Vielen Dank schonmal fürs Mitdenken!

  • Gerade muss ich einige Kopien der Bestallungen abheften: Bei den Vereinsvormündern steht: Frau NN, dienstansässig beim Diak. Werk.

    Bei Einzelvormündern steht: Herr MM, Xstadt. Beim Ja steht ja sowieso nur der Name.

    Es ist Sache des Rechtspflegers, die "richtige" Person zu bestellen.

    Mir ist nicht klar, an welchen konkreten Vorgang der Identifikation und welche Missbrauchsmöglichkeit Sie denken.

  • Die DSGVO gilt doch nicht für die Gerichte für die Rechtssprechung

    Selbstverständlich gilt die DS-GVO auch für die Gerichte und andere Justizbehörden. Wegen der Unabhängigkeit der Justiz gibt es lediglich keine Unterstellung unter die darin genannten Aufsichtsbehörden. Hierfür sind besondere Stellen im Justizsystem zuständig (s. Schaffland/Wiltfang/Holthaus, DS-GVO/BDSG, Art. 2 Sachlicher Anwendungsbereich, Rn. 27).

  • Welche Datenschutzvorschrift sieht er denn konkret verletzt?

    Sonst könnte das allgemeine Argument "Datenschutzgründe" leicht mit "notwendige Daten zu Identifikation" gekontert werden.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

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  • Das Geburtsdatum halte ich auch für erforderlich (Identifikation und Schutz des Rechtsverkehrs - zwingende Folge der gesetzlichen Vertretung, zu deren Übernahme sich der Betreuer bereit erklärt hat und die ihm nicht vom Staat aufgezwungen wurde, und m.E. auch hinreichender Grund im Sinne der DGSVO). Sonst könnte man auch argumentieren, der Name des Betreuers dürfe nicht genannt werden, denn auch der Name gehört grundsätzlich zu den von der DGSVO geschützten Daten.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Für mich ist immer noch unklar, wer wen in welcher Situation identifizieren will. Der Rechtspfleger bestellt nur Personen, die sich ihm gegenüber ausgewiesen haben. Die Verwendung der Bestellung zum Vormund gilt nur in Verbindung mit einem Personalausweis.

    Wir haben hier in unserer Vormünder-Datei Bestellungen mehrerer Gerichte vorliegen. Stichprobe: Bei keinem Berufsvormund ist das Geburtsdatum im Beschluss oder in der Bestellung aufgeführt. Das führt zu der Frage: Ist das Geburtsdatum in der Bestellung gängige Praxis oder nicht?

  • Für mich ist immer noch unklar, wer wen in welcher Situation identifizieren will. Der Rechtspfleger bestellt nur Personen, die sich ihm gegenüber ausgewiesen haben. Die Verwendung der Bestellung zum Vormund gilt nur in Verbindung mit einem Personalausweis.

    Wo bitte steht, dass die Bestellungsurkunde nur bei Vorlage eines Personalausweises gilt? Es geht übrigens natürlich nicht um die Identifikation bei Gericht, sondern um die im Rechtsverkehr.

    Wir haben hier in unserer Vormünder-Datei Bestellungen mehrerer Gerichte vorliegen. Stichprobe: Bei keinem Berufsvormund ist das Geburtsdatum im Beschluss oder in der Bestellung aufgeführt. Das führt zu der Frage: Ist das Geburtsdatum in der Bestellung gängige Praxis oder nicht?

    Grundsätzlich ist das gängige Praxis ja und zwar gerade deshalb, weil Betreuer, die ihr Büro zu Hause haben, auf die Angabe ihrer Anschrift in Beschlüssen und Bestellungsurkunden gern verzichten.

  • "Wo bitte steht, dass die Bestellungsurkunde nur bei Vorlage eines Personalausweises gilt? Es geht übrigens natürlich nicht um die Identifikation bei Gericht, sondern um die im Rechtsverkehr."

    Das steht in den Anweisungen für die Stellen, bei denen man sich die Bestellung verwenden muss. Eine Bestellung ist nun mal kein Dokument, welches sich zur Identifikation eignet. Kontoeröffnung, Handyvertrag, Ausbildungsvertrag, Ausweisangelegenheiten, Schweigepflichtsentbindungen...

    Ich kann mir keine Situation vorstellen, in denen eine Bestellung zur Identifizierung genügt.

    Meine Frage lautet weiterhin: Wie sehen die Bestellungen aus, die Sie, Frog, aushändigen?

  • Im Gesetz steht, dass nur der Name in die Urkunde muss:

    § 1791 BGB
    Bestallungsurkunde

    (1) Der Vormund erhält eine Bestallung.

    (2) Die Bestallung soll enthalten den Namen und die Zeit der Geburt des Mündels, die Namen des Vormunds, des Gegenvormunds und der Mitvormünder sowie im Falle der Teilung der Vormundschaft die Art der Teilung.

  • Ich bin zu folgendem Ergebnis gelangt:

    Über die in § 1791 Abs. 2 BGB aufgeführten Angaben hinaus sind in der Bestallungsurkunde weitere Angaben üblich und auch zulässig (s. Staudinger/Veit, BGB, Aufl. 2020, § 1791 Rn. 4; Erman/Schulte-Bunert, BGB, 16. Aufl. 2020, § 1791 Rn. 1; Schindler/Hoffmann, BGB, Stand 01.10.2022, § 1791 Rn. 19; Hau/Poseck/Bettin, BeckOK BGB, Stand 01.08.2022, § 1791 Rn. 2; Kaiser/Schnitzler/Schilling/Sanders/Fritsche/Katzenstein/Lohse, BGB Familienrecht, 4. Aufl. 2021, § 1791 Rn. 2; Spickhoff, MüKo BGB, 8. Aufl. 2020, § 1791 Rn. 3), wie etwa das Geburtsdatum des Vormunds oder Ergänzungspflegers.

    Um sich zweifelsfrei gegenüber Dritten zu legitimieren, ist es nämlich ohnehin erforderlich, sowohl die Bestallungsurkunde als auch den Personalausweis vorzulegen (vgl. BGH, Urt. v. 20.04.2021 – XI ZR 511/19, juris Rn. 20 ff. m.w.N.). Aus dem Personalausweis ist aber stets auch das Geburtsdatum ersichtlich.

    Aus diesen Gründen ist die Aufnahme des Geburtsdatums des Vormunds oder Ergänzungspflegers auch mit den Schutzvorschriften der Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) vereinbar (vgl. Schaffland/Wiltfang/Holthaus, DS-GVO/BDSG, Aufl. November 2022, Art. 5 DS-GVO, Rn. 34a). Der Grundsatz der Datenminimierung gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. c DS-GVO verpflichtet nämlich nicht auf das absolute Minimum (s. Franzen/Gallner/Oetker, EuArbRK, 4. Aufl. 2022, DS-GVO Art. 5, Rn. 7 m.w.N.).

    Vielen Dank nochmal an alle Mitdenker! :)

    Einmal editiert, zuletzt von Lex² (18. November 2022 um 13:16)

  • Des Menschen Wille ist sein Himmelreich.

    Wenn er das so will und den § 1791 BGB im Rücken hat, halte ich eine Argumentation von Seiten des Gerichts, dass es doch "viel praktischer sei", für nicht maßgeblich.

    Bei Dritten wird in der Regel die Urkunde als Kopie und nicht der Perso abgelegt, daher wäre ich da weiterhin beim Betreuer.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

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