Vorverauslagte Kosten des Nachlasspflegers

  • Hallo zusammen,

    ich habe ein sehr dringendes Problem.

    Kurz die Vorgeschichte:

    Erblasser ist 2020 verstorben, war verwitwet und hinterlässt Kind A und Kind B.

    Es ist ist ein Testament aufgetaucht, in welchem das Enkelkind B (Kind von B) als Alleinerbe eingesetzt wurde. Dieses Testament wird von Kind A angefochten. Es kommt zum Richterverfahren. Dieses läuft seit 2020 und der Richter kommt zu keiner Entscheidung.

    Anfang 2021 wurde eine Nachlasspflegschaft beantragt von Kind A durch den damaligen Verfahrensbevollmächtigten. Einziger Nachlassgegenstand ist die Immobilie des Erblassers. Ich habe eine Nachlasspflegschaft eingerichtet (Aufgabenkreis Sicherung und Verwaltung des Nachlasses) und Rechtsanwalt C als Nachlasspfleger bestellt.

    Es wurde natürlich Beschwerde durch Kind B und Enkel B eingelegt. Das OLG hat dem jedoch nicht abgeholfen und die Nachlasspflegschaft besteht weiterhin.

    Nun rief mich der Nachlasspfleger C an und teilte mit, dass er gestern mit dem Schornsteinfeger im Haus war und der Kohlenmonoxidwert so hoch ist, dass es lebensbedrohlich ist. Ein hinzugerufener Installateur konnte das Problem für den Tag "beheben", sagte jedoch, dass die Gasheizung dringend repariert werden muss. Wenn dies nicht in den nächsten Tagen geschieht, muss er die Heizung abdrehen. Wir haben derzeit auch tagsüber Minustemperaturen.

    Die Kinder A und B bekriegen sich, bombardieren das Nachlassgericht täglich mit neuen wirren Schreiben und sind nicht bereit die Kosten für die Reparatur der Heizungsanlage zu übernehmen. Die Heizung kann aber nicht weiterlaufen, ohne repariert zu werden.

    Was sollen der Nachlasspfleger und ich nun tun?

    Könnte der Nachlasspfleger das Geld vorstrecken und wir holen es uns als Auslagen bei seiner Vergütungsabrechnung wieder? Habt ihr vllt eine kreative Idee?

    In der Literatur finde ich keinen vergleichbaren Fall.

  • Sicher ist für mich (aus Deiner Sicht: leider) nur, daß die Kosten für die Unterhaltung der Immobilie keine Verfahrenskosten sind und somit nicht als Auslagen auf die Gerichtskostenrechnung gesetzt werden können.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Die Kinder A und B bekriegen sich, bombardieren das Nachlassgericht täglich mit neuen wirren Schreiben und sind nicht bereit die Kosten für die Reparatur der Heizungsanlage zu übernehmen. Die Heizung kann aber nicht weiterlaufen, ohne repariert zu werden.

    Was sollen der Nachlasspfleger und ich nun tun?

    Der Nachlasspfleger kann natürlich die Reparatur der Heizung ("Verwaltung des Nachlasses", zu dem auch die Immobilie gehört) in Auftrag geben, und den bzw. die unbekannten bzw. von ihm vertreteneen Erben damit verpflichten. Zur Not kann sich der Installateur z.B. ne sicherungshypothek an der Immobilie eintragen lassen. der Nachlasspfleger sollte auf keinen Fall nichts tun, sofern er nicht seine Haftpflichtversicherung bemühen will (sicher teurer als die Reparatur).

    ansonsten wie FED, im gegensatz etwa zu Kosten des Schlüsseldienstes um initial in die Wohnung zu gelangen...

  • Mal unabhängig davon, dass der Nachlasspfleger vermutlich keinen mittleren drei- bis vierstelligen Betrag aus eigenen Mitteln in die Immobilie stecken wird, gibt es da erhebliche rechtliche Probleme. Es dürfte sich bei der Verauslagung der Geldmittel wohl um ein zinsloses Darlehen handeln. Daher sind wir meiner Meinung nach bei § 181 BGB und § 1822 Nr. 8 BGB. Die verauslagten Beträge dann über die Vergütungsfestsetzung zu titulieren, erscheint mir problematisch.

    Ich hatte in einer Betreuungssache ein ähnliches Problem und habe es damals so gelöst: Der Betreuer hat bei der Bank ein Darlehen aufgenommen und dieses mit einer Grundschuld besichert. Der Darlehensbetrag war so kalkuliert, dass er die offenen Rechnungen und die Darlehensraten bis zur Lösung der finanziellen Probleme des Betreuten gedeckt hat.

    Das wäre bei dir vielleicht auch eine Option. Es ist zwar seltsam, die Darlehensraten aus dem Darlehenskapital zu begleichen, aber das erscheint mir die einzige sinnvolle Lösung zu sein. Man müsste nur abschätzen können, wie lange das Erbscheinsverfahren noch dauert.

  • Danke für eure Antworten.

    Meine Idee wäre jetzt, dass über den Installateur abgeklärt wird, was passiert, wenn alles stillgelegt wird. Schimmeln kann es ja derzeit nicht ;)

    Der Nachlasspfleger soll den Erben dann mitteilen, dass sofern möglich alles stillgelegt wird, ein Darlehen aufgenommen wird, die potentiellen Erben die Rechnung übernehmen oder im Schlimmsten Fall die Immobilie veräußert werden muss.

    Das dürfen sie sich dann kurzfristig überlegen und das Ergebnis dem Nachlasspfleger mitteilen.

  • Wenn ich das jetzt richtig gelesen habe, sind sich Kind B und Enkelkind B einig. Daher dürfte es B nicht schwer fallen, die Kosten für die Reparatur zu verauslagen, da in der Linie B sowieso mindestens der halbe Nachlass verbleibt. Im Innenverhältnis hätte B ja einen Anspruch an A, falls das Testament unwirksam ist. Falls der Richter entscheidet -wie beantragt- verbleiben der Nachlass und die Reparaturkosten ausschließlich bei B.

  • Wenn ich das jetzt richtig gelesen habe, sind sich Kind B und Enkelkind B einig. Daher dürfte es B nicht schwer fallen, die Kosten für die Reparatur zu verauslagen, da in der Linie B sowieso mindestens der halbe Nachlass verbleibt. Im Innenverhältnis hätte B ja einen Anspruch an A, falls das Testament unwirksam ist. Falls der Richter entscheidet -wie beantragt- verbleiben der Nachlass und die Reparaturkosten ausschließlich bei B.

    Ja wenn man nicht vom Hass zu seinem Bruder zerfressen wäre und rational denken würde, wäre dies eine klare Entscheidung ;) Die Familie denkt aber nicht mehr rational, weder Kind A noch Kind B ;(


    Einziger Nachlassgegenstand ist die Immobilie?

    Das würde ja bedeuten, dass der Erblasser über kein Bankkonto verfügte. Und wie kam er zu seiner Rente und wie wurden die öffentlichen Lasten (Grundsteuer) bezahlt?

    Der Erblasser ist im Juli 2020 verstorben. Kind B war Generalbevollmächtigte und hat alles aufgelöst. Wir haben noch ein Sparbuch gefunden mit 2000€, aber die sind schon lange aufgebraucht.

  • Wenn die Immobilie lastenfrei ist, würde ich einen Weg wie in #4 vorschlagen.

    Soll der NL-Pfleger doch ein grundpfandrechtlich besichertes Darlehn aufnehmen. Das müßte man dann nachlaßgerichtlich genehmigen. Spätestens dann hättest du eine Beschwerde von den Beteiligten auf dem Tisch und könntest elegant nach oben abgeben...

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Es würde ja schon genügen, wenn der Nachlassrichter rational denkt und nach mittlerweile zweieinhalb Jahren zu einer erstinstanzlichen Entscheidung kommt. Was soll denn mit dem Testament nicht in Ordnung sein. "Anfechten" deutet auf § 2078 BGB hin. Oder wird die Testierfähigkeit bestritten?

  • Da hab ich mich unglücklich ausgedrückt. Sorry. Es wird bestritten, dass der Testator das Testament geschrieben hat. Kind A behauptet, dass Kind B das Testament gefälscht hat. Es liegt mittlerweile ein zweites Schriftgutachten vor. Der Nachlassrichter will Anfang Januar entscheiden.

    Ich denke der Nachlasspfleger wird sich auch für das Darlehen entscheiden, zumindest war er von der Idee sehr angetan.

    Vielen lieben Dank für eure Beiträge :)

  • Wer wohnt denn in dem Haus?

    Das Haus steht leer.

    Bei einer Leerstandsimmobilie, bei der ich die Sicherstellung der Beheizung nicht gewährleisten kann, lasse ich die Heizungsanlage in der Regel außer Betrieb nehmen und die wasserführenden Leitungen leeren und durchpusten. Die Gebäudeversicherungen versichern in der Regel bei Leerstand auch keine Leitungswasserschäden.

  • Ich musste leicht schmunzeln, als ich gelesen habe, der Pfleger solle doch ein Darlehen mit nachlassgerichtlicher Genehmigung aufnehmen und der Bank im Grundbuch ein Grundpfandrecht einräumen.

    1. Das ist völlig surreal. Den ganzen Aufwand betreibt keine Bank für nur paar tausend Euro. Ganz zu schweigen von den Kosten, die das alles verursacht. Es wird zudem kaum Banken geben, die einem Nachlasspfleger einen grundpfandrechtlichen Kredit geben. Das ist völlige Utopie, wenn man weiß, dass Nachlasspfleger vielerorts schon noch nicht mal ein Girokonto für den Nachlass eröffnen können. Hinzu kommt, dass die Bank nach den Basel I-III Regeln sicherstellen muss, dass die Zinsen und ein gewisses Maß an Kapitalrückführung auf das Darlehen geleistet wird. Mangels Einnahmen ist das nicht gegeben. Die Bank darf also in so einem Falö kein Darlegen vergeben. Und selbst wenn: Bis das alles besprochen, notariell beurkundet und genehmigt ist, ist der Winter rum.

    2. Ist der Nachlass mittellos, kann der NLP die potentiellen Erben fragen ob sie einen Zuschuss in den Nachlass leisten möchten, widrigenfalls er dann eben wegen Zahlungsunfähigkeit die Nachlassinsolvenz beantragt.

    3. Ein unbewohntes Haus kann auch (wie schon richtig geschrieben) von einem Heizungsbetrieb für relativ wenig Geld „ausgeblasen“ und „totgeschalten“ werden. Legt der Pfleger dafür Geld aus seinem Vermögen aus, ist das kein Darlehen in den Nachlass (wie hier gemutmaßt wurde). Nein es sind Verwaltungsaufwendungen. In § 1835 BGB steht, dass wenn der Pfleger zum Zwecke der Führung der Pflegschaft Aufwendungen (Auslagen) macht, er diese von dem Erben zurückverlangen kann. Letztlich zur Not sogar aus der Staatskasse bei der Vergütungsfestsetzung als Aufwandsersatz. Aufwendungen des Pfleges sind dabei alle Kosten, die er bei der Führung der Pflegschaft für deren ordentliche Führung aufgewendet hat. Da kann man sich dann wahrscheinlich doch streiten, ob die Kosten des „Ausblasens“ dazugehören. Aber die Kosten einer Türöffnung um in die Wohnung für die Erstbesichtigung zu kommen wird der Pfleger im mittellosen Fall ja auch nicht privat tragen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

    Einmal editiert, zuletzt von TL (16. Dezember 2022 um 05:32)

  • Nachtrag: Die ganzen Überlegungen hat übrigens der Pfleger und nicht das Gericht zu machen. Er wird als Berufspfleger (in dem Fall hier ist er sogar RA) bestellt. Also darf er bitte auch für eine Problemlösung sorgen.

    Ich bemerke immer wieder, wie wenig von Seiten der Gerichte erkannt wird, dass der Pfleger sein Amt eigenverantwortlich führt. Das heißt aber auch, dass man ihm als Gericht nicht dreinredet oder unsinnige Anweisungen zur Verwertung/Nichtverwertung des Nachlasses, Räumung der Wohnung usw. macht. Manches Gericht handelt da manchmal so, als würde es selbst die Pflegschaft führen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Leider handelt gelegentlich auch mancher Pfleger so. Alles soll das Gericht entscheiden/vorgeben/absegnen. Das aber bitte nicht als Verallgemeinerung mißverstehen!

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  • Grundsätzlich bin ich gegen Verallgemeinerungen😂

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  • Nachtrag: Die ganzen Überlegungen hat übrigens der Pfleger und nicht das Gericht zu machen. Er wird als Berufspfleger (in dem Fall hier ist er sogar RA) bestellt. Also darf er bitte auch für eine Problemlösung sorgen.

    Ich bemerke immer wieder, wie wenig von Seiten der Gerichte erkannt wird, dass der Pfleger sein Amt eigenverantwortlich führt. Das heißt aber auch, dass man ihm als Gericht nicht dreinredet oder unsinnige Anweisungen zur Verwertung/Nichtverwertung des Nachlasses, Räumung der Wohnung usw. macht. Manches Gericht handelt da manchmal so, als würde es selbst die Pflegschaft führen.

    Das Gericht behält ja immerhin die Beratung und Aufsicht des Falls ;-).

    Die Wahrheit liegt - wie so oft - irgendwo dazwischen und solch eigenverantwortliche Nachlasspfleger geht man suchen... Rechtsanwälte sind nicht immer praktisch oder gar handwerklich bewandert ;-). Puh da kommen in der Praxis viel trivialere Anfragen, wie z.B. Bitte um "Genehmigung" des Pkw Verkauf oder der Maklercourtage...

    In einem besonderem Fall wie vorliegendem halte ich einen engen Austausch zwischen Gericht und Pfleger für sehr sinnvoll.

    Mit den Ausführungen zum Darlehen hast du sicherlich total Recht, dass sich keine Bank finden wird.

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