Hinterlegung durch den Nachlasspfleger

  • Ich habe eine ziemlich simple Frage, zu der ich trotzdem gern eure Meinung hören würde.

    Bei uns lief es bisher so, dass bei der Hinterlegung durch den Nachlasspfleger für die unbekannten Erben dieser gleichzeitig einen Beschluss des Nachlassgerichts vorlegte, dass seine Tätigkeit beendet ist und der letztlich noch vorhandene Betrag für die unbekannten Erben zu hinterlegen ist.

    Ich fand es bisher auch logisch, dass die Hinterlegung erst möglich ist, wenn das Nachlassverfahren ohne Festellung von Erben beendet wurde und das Nachlassgericht die Hinterlegung anordnet.

    Nun ist das Nachlassgericht der Meinung, dass dieser Beschluss für die Hinterlegung nicht erforderlich ist. Der Nachlasspfleger kann gewissermaßen jederzeit hinterlegen, wenn er das für erforderlich hält, da er ja schließlich zur Sicherung des Nachlasses bestellt ist.

    ....auch irgendwie logisch :/

    Ich frage trotzdem mal, ehe ich mich so generell daran gewöhne:

    Kann der Nachlasspfleger tatsächlich auch "einfach" hinterlegen, ohne dass es hierzu eine entsprechende Feststellung/Beschluss durch das NLG-Gericht gibt?

    Vielen Dank

    Sei nett zu Tieren, du könntest selbst eins sein. (Norbert Blüm)

  • Wenn die Erbenermittlungsbemühungen insgesamt nicht zum Erfolg geführt haben, ist das Fiskuserbrecht festzustellen und nicht zu hinterlegen.

    Das passiert dann oft irgendwann noch im Nachgang. Dann lässt sich der Fiskus das Geld wieder auszahlen.

    Jedenfalls entnehme ich deinem Beitrag, dass ich also doch die Feststellung des NLG brauche, dass der Betrag zu hinterlegen ist.

    Danke

    Sei nett zu Tieren, du könntest selbst eins sein. (Norbert Blüm)

  • Rein rechtlich halte ich eine solche Tätigkeit des NachlG nicht für erforderlich, auch wenn man sich dann im Verhältnis zur Hinterlegungsstelle vielleicht leichter tut. Klar ist aber, dass man nicht "gegen den Willen" des NachlG hinterlegen sollte.

  • Wichtig ist für dich doch alleine, ob es einen Hinterlegungsgrund gibt. Das kann grundsätzlich während der Nachlasspflegschaft genauso der Fall sein wie danach.

    Nur kann man sich während einer laufenden Nachlasspflegschaft beim Hinterlegungsgrund nicht darauf stützen, dass die Erben unbekannt wären (also § 372 BGB), schließlich werden diese durch den Nachlasspfleger ja vertreten und man hat einen "Ansprechpartner". Und der Pfleger ist erst nach Beendigung der Pflegschaft zur Herausgabe verpflichtet.

  • Ergänzend:

    Weshalb tut man sich das Hinterlegungsverfahren an, wenn man nach öffentlicher Aufforderung doch gleich das Fiskuserbrecht feststellen kann? Wenn die Erbenermittlung abgeschlossen und erfolglos ist, so "hat" das NachlG das Fiskuserbrecht festzustellen, sodass für eine Hinterlegung kein Raum ist. Und wenn die Erbenermittlung noch Aussicht auf Erfolg verspricht, kommt ohnehin weder das eine noch das andere in Betracht.

    Ich frage mich demnach, bei welcher Fallgestaltung überhaupt eine Hinterlegung zulässig sein soll. Denn entweder ist die Erbenermittlung abgeschlossen oder sie ist es eben nicht oder sie war erfolgreich oder eben erfolglos. Es kommen demnach bei dauerhaft werthaltigen Nachlässen folgende Fallgestaltung in Betracht:

    1. Das Nachlassgericht (ohne Nachlasspfleger) unterlässt die Erbenermittlung: Keine zulässige Hinterlegung mangels Voraussetzungen des § 372 BGB, weil das Unbekanntbleiben der Erben trotz gebotener Erbenermittlung vom NachlG selbst herbeigeführt (bzw. nicht beseitigt) wird und die Ungewissheit des Berechtigten daher zumindest auf Fahrlässigkeit beruht.

    2. Das Nachlassgericht ermittelt (ohne Nachlasspfleger), stellt die Ermittlungen aber ein, obwohl noch Ermittlungsansätze bestehen und der Nachlass weiterhin dauerhaft werthaltig ist: Ergebnis wie bei Ziffer 1.

    3. Erbenermittlung erfolglos und keine weiteren Ermittlungsansätze (mit oder ohne Nachlasspfleger): Fiskuserbrecht, für eine Hinterlegung ist kein Raum.

    Mir scheint also, dass bei manchen NachlG vielleicht nicht das richtige Verständnis darüber besteht, in welchem Verhältnis beide Maßnahmen zueinander stehen.

  • Mir fallen einige Gründe für die Hinterlegung ein.

    1. Wie wäre es denn, wenn der Erbe nicht festgestellt ist, weil er keinen Erbschein beantragt und mit dem Nachlassgericht oder -Pfleger nicht kommuniziert?

    2. Was ist mit den Fällen, in denen ein Erbenermittlungsbüro nicht tätig wird, weil der Nachlass zu dürftig ist und der Nachlasspfleger nicht weiter kommt?

    3. Was ist mit Bundesländern, in denen keine Erbenermittlungspflicht seitens der Nachlassgerichte besteht?

    Es gibt Bundesländer, da wird ohne zu zögern innerhalb kürzester Zeit fragwürdigerweise Fiskuserbrecht festgestellt. In anderen Bundesländern so gut wie nie, weil dort der Fiskusvertreter diese Feststellung eben nicht ohne weiteres hinnimmt und Rechtsmittel einlegt.

    Meines Erachtens gibt es durchaus genügend Gründe für die Hinterlegung von (Rest-)Nachlässen. Die Aufzählung von Cromwell halte ich für nicht vollständig.

    Im Übrigen habe ich noch nie einen Beschluss zur Hinterlegung gefertigt und das wurde hier von der Hinterlegungsstelle auch noch nie verlangt.

  • Mir fallen einige Gründe für die Hinterlegung ein.

    1. Wie wäre es denn, wenn der Erbe nicht festgestellt ist, weil er keinen Erbschein beantragt und mit dem Nachlassgericht oder -Pfleger nicht kommuniziert?

    2. Was ist mit den Fällen, in denen ein Erbenermittlungsbüro nicht tätig wird, weil der Nachlass zu dürftig ist und der Nachlasspfleger nicht weiter kommt?

    3. Was ist mit Bundesländern, in denen keine Erbenermittlungspflicht seitens der Nachlassgerichte besteht?

    Meines Erachtens gibt es durchaus genügend Gründe für die Hinterlegung von (Rest-)Nachlässen. Die Aufzählung von Cromwell halte ich für nicht vollständig.

    Richtig, in diesen Fällen wäre nämlich auch die Hinterlegung des Rest-Nachlasses ein Grund die Pflegschaft aufzuheben, und nicht die Aufhebung der Pflegschaft ein Grund, zu hinterlegen...

  • Ich hatte ausdrücklich von dauerhaft werthaltigen Nachlässen mit unbekannten Erben gesprochen und insoweit halte ich meine Auflistung auch für vollständig. Der Fall, dass Erben bekannt sind, aber nicht mirwirken wollen, wird von meiner Auflistung nicht erfasst (keine unbekannten Erben) und Kleinst- und Restnachlässe werden von ihr auch nicht erfasst (kein dauerhaft werthaltiger Nachlass).

    Werden Erben gefunden, gibt es kein Fiskuserbrecht und auch keine Hinterlegung und dies gilt bezüglich der Hinterlegung auch, wenn nur einige, aber vielleicht nicht alle Erben gefunden werden, weil es dafür im Erbscheinsverfahren die öffentliche Aufforderung nach § 352d FamFG gibt.

    Der Hinweis auf die fehlende amtliche Erbenermittlung (mit Ausnahme Bayern) verfängt nach meiner Ansicht bei dauerhaft werthaltigen Nachlässen nicht (dauerhaft werthaltig heißt, dass der Nachlass auch während der Dauer der Erbenermittlung trotz der anfallenden Kosten werthaltig bleibt). Denn eine Nachlasspflegschaft ist auch ohne Gefährdung des Nachlasses bereits dann anzuordnen, wenn die Erben ohne Erbenermittlungstätigkeit nie etwas von ihrer Erbschaft erfahren würden (OLG Hamm/OLG München). Da somit der bestellte Nachlasspfleger (ggf. unter Hinzuziehung gewerblicher Erbenermittler) ermittelt, kommt es auf die Frage der amtlichen Erbenermittlung (durch das NachlG selbst) nicht an.

    Wer mich kennt, weiß, dass ich kein Freund von voreiligen Fiskuserbrechtsfeststellungen bin. Aber wenn die Voraussetzungen für das Fiskuserbrecht vorliegen, ist es natürlich auch festzustellen. Zu diesen Voraussetzungen gehört aber natürlich, dass das NachlG vor dem Erlass der öffentlichen Aufforderung erbenermittelnd tätig wird und dass es diese öffentliche Aufforderung dann auch tatsächlich erlässt. Wenn man im Bundesanzeiger recherchiert, kann man insoweit überraschende Feststellungen machen.

    In Niedersachsen gab es etwa im Jahr 2022 insgesamt 1594 (also 30 wöchentliche) Fiskuserbrechtsfeststellungen (nach Angabe des Fiskus im entsprechenden Jahresbericht), während es von niedersächsischen Nachlassgerichten im Jahr 2022 nur 341 - also nur in etwa 20 % der Fälle - eine öffentliche Aufforderung nach § 1965 BGB gab. Dabei gab es von 26 der 80 niedersächsischen NachlG überhaupt keine öffentlichen Aufforderungen (u. a. Oldenburg und Hildesheim), während es ein Kleingericht alleine auf 27 öffentliche Aufforderungen (also durchschnittlich 2,25 monatlich) und damit auf knapp 8 % aller öffentlichen Aufforderungen brachte. Den Rekord hält allerdings ein anderes niedersächsisches Amtsgericht (kein Großgericht) , das im Jahr 2011 insgesamt 71 (von bundeslandweit 266) öffentlichen Aufforderungen mit einem Anteil von knapp 27 % aller öffentlichen Aufforderungen erließt, wovon alleine 47 während eines kurzen Zeitraums von zweieinhalb Wochen erlassen wurden.

    Solche Recherchen dauern natürlich ihre Zeit, aber es ist alles in der Suchfunktion des Bundesanzeiger öffentlich, so man es denn wissen will.

    Einmal editiert, zuletzt von Cromwell (11. Juli 2023 um 14:32) aus folgendem Grund: Schreibfehler berichtigt.

  • ..., während es von niedersächsischen Nachlassgerichten im Jahr 2022 nur 341 - also nur in etwa 20 % der Fälle - eine öffentliche Aufforderung nach § 1965 BGB gab.

    Dafür kann es aber auch einen (guten) Grund geben.

    In den meisten Verfahren, in denen ich das Fiskuserbrecht feststelle, ist ein Ausschlagungsverfahren vorangegangen. Wenn alle Erben wegen mutmaßlicher Überschuldung ausgeschlagen haben, sich aber noch Handlungsbedarf ergibt, stelle ich Fiskuserbrecht fest. Und dann verzichte ich in einem Teil der Fälle (jeweils Einzelfallprüfung) auch auf die öffentliche Aufforderung.

  • Ich glaube nicht, dass es daran liegen kann.

    Von den bislang 208 öffentlichen Aufforderungen niedersächsischer Nachlassgerichte im laufenden Jahr 2023 (Stand heute) gab es 68 Verfahren mit vorliegenden Erbausschlagungen und darüber hinaus 53 Verfahren mit fehlenden Angaben zum Nachlasswert bzw. Nachlasswert Null oder unbekannt (ohne dass von Ausschlagungen die Rede ist). Alleine die Ausschlagungsfälle (68) machen also ein Drittel aller Fälle (208) aus, die ihrerseits nur 20 % aller Fiskuserbrechtsfeststellungen repräsentieren. Gleichzeitig zeigen diese Zahlen, dass auch im Fall von Ausschlagungen sehr wohl - und zwar nicht wenige - öffentliche Aufforderungen erfolgen.

    Das Verhältnis zwischen Fiskuserbrechtsstellungen und öffentlichen Aufforderungen ist auch über all die Jahre im Wesentlichen gleich (im Jahr 2020 z. B. 1824 zu 332 = 18,20 % oder im Jahr 2021 z. B. 1856 zu 412 = 22,20 %). Überschlägig also immer um die 20 %.

    Außerdem darf die öffentliche Aufforderung nach der Rechtsprechung des OLG Braunschweig angesichts marginaler Veröffentlichungskosten von ca. 30 € auch bei dürftigen Nachlässen in aller Regel nicht unterbleiben und dies gilt selbst dann, wenn nur Nachlassgegenstände von idellem Wert vorhanden sind und der gesamte monetäre Nachlass durch die Kosten der Aufforderung völlig aufgebraucht wird.

  • Der Fall, dass Erben bekannt sind, aber nicht mirwirken wollen, wird von meiner Auflistung nicht erfasst (keine unbekannten Erben)...

    Doch, das sind für mich nach wie vor unbekannte Erben. Denn die Erbenstellung wird alleine durch einen Erbschein festgestellt (bzw. notarielles Testament etc.).

    Also ich verlange auch keinen entsprechenden Beschluss. Mir reicht die Auskunft des Nachlasspflegers, dass die Nachlasspflegschaft beendet werden soll. Und damit sind wir hier auch bisher immer gut gefahren. Warum sollte mir der Nachlasspfleger also Unsinn erzählen und zu Unrecht hinterlegen?

  • Behauptet ja auch niemand.

    Mir ging es nur um die Klarstellung, dass die Fallgestaltung, bei welchen die Erben ermittelt sind, aber nicht an ihrer erforderlichen Legitimation mitwirken wollen, von vorneherein kein Fall für die Feststellung des Fiskuserbrechts darstellt. Ob die Erben in einem solchen Fall nun im Rechtssinne bekannt oder unbekannt sind, steht wieder auf einem anderen Blatt. Aus Sicht des Nachlassgerichts sind sie in einem solchen Fall bekannt, weil es hierfür keines Erbscheins bedarf.

  • Um zu #1 zurückzukommen, ich kann mich nicht erinnern, jemals einen Beschluss des Nachlassgerichts bekommen zu haben. Der Nachlasspfleger beantragt die Hinterlegung und gibt die Gründe an. Ich prüfe dann nur, ob mir diese Gründe genügen. Wo sollte da ein Beschluss nötig sein?

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Um zu #1 zurückzukommen, ich kann mich nicht erinnern, jemals einen Beschluss des Nachlassgerichts bekommen zu haben. Der Nachlasspfleger beantragt die Hinterlegung und gibt die Gründe an. Ich prüfe dann nur, ob mir diese Gründe genügen.

    Ist hier auch so (sowohl aus Sicht der HL-Stelle als auch aus Sicht des NL-Gerichts).

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