Erhöhung des monatlichen Freibetrages um Nachzahlungsbetrag?

  • Halli Hallo,

    ein Gläubigervertreter hat mich auf eine Idde gebracht, an die ich selbst so gar nicht gedacht habe:

    Die Schuldnerin beantragt die Freigabe von JC-Nachzahlungen nach dem SGB II. So weit, so unkompliziert.

    Der Gl-Vertr. hat grds. nichts dagegen, aber ich solle in meinem Beschluss doch bitte aufnehmen, dass "der freizugebende Betrag an die Stelle des moantlichen Freibetrages tritt sofern er diesen übersteigt".

    In den meisten Fällen melden sich die Gläubiger ja gar nicht und man gibt in den meisten Fällen auch frei.

    Aber wie verhält es sich grudnsätzlich bei unpfändbaren Beträgen, welche dann freizugeben sind?

    Kommt die Nachzahlung zum monatlichen Freibetrag oben drauf oder erhöht sich der monatliche Freibatrag nur um die Differenz aus Nachzahlung und Freibetrag?

  • bei einer Jobcenternachzahlung ist das Gericht doch gar nicht involviert, da die Freigabe der Nachzahlung im Wege der Bescheinigung erfolgt, §§ 904 Abs. 1, § 902 Satz 1 Nr. 1 b, 903 ZPO.

    So ist. Die JC-Nachzahlung ist von ebendiesem zu bescheinigen.

    Aber um deine Frage zu beantworten - m.E. kommt die einmalige Freigabe on top auf den monatlichen Pfändungsfreibetrag.

  • bei einer Jobcenternachzahlung ist das Gericht doch gar nicht involviert, da die Freigabe der Nachzahlung im Wege der Bescheinigung erfolgt, §§ 904 Abs. 1, § 902 Satz 1 Nr. 1 b, 903 ZPO.

    ich weiß. jedoch akzeptiert die Bank die Bescheinigung aus irgendwelchen Gründen nicht und die wollen einen Beschluss darüber haben.

    bei einer Jobcenternachzahlung ist das Gericht doch gar nicht involviert, da die Freigabe der Nachzahlung im Wege der Bescheinigung erfolgt, §§ 904 Abs. 1, § 902 Satz 1 Nr. 1 b, 903 ZPO.

    So ist. Die JC-Nachzahlung ist von ebendiesem zu bescheinigen.

    Aber um deine Frage zu beantworten - m.E. kommt die einmalige Freigabe on top auf den monatlichen Pfändungsfreibetrag.

    so war auch meine Denkweise, da der Betrag ja nicht der Pfändung unterliegt und ich den ja nicht einfach so schmälern darf.

  • bei einer Jobcenternachzahlung ist das Gericht doch gar nicht involviert, da die Freigabe der Nachzahlung im Wege der Bescheinigung erfolgt, §§ 904 Abs. 1, § 902 Satz 1 Nr. 1 b, 903 ZPO.

    ich weiß. jedoch akzeptiert die Bank die Bescheinigung aus irgendwelchen Gründen nicht und die wollen einen Beschluss darüber haben.....

    dieser Umstand führt aber auch nicht zu einer Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts.

    Wenn die Bank die Auszahlung trotz Vorliegen einer Bescheinigung verweigert, ist der Schuldner auf den Rechtsweg gegen die Bank zu verweisen.

  • dieser Umstand führt aber auch nicht zu einer Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts.

    Wenn die Bank die Auszahlung trotz Vorliegen einer Bescheinigung verweigert, ist der Schuldner auf den Rechtsweg gegen die Bank zu verweisen.

    wo ist dann der Unterschied zum Antragsverfahren vor dem Rechtspfleger? das ist doch auch der Rechtsweg.

  • wo ist dann der Unterschied zum Antragsverfahren vor dem Rechtspfleger? das ist doch auch der Rechtsweg.

    Wenn die Bank die ordnungsgemäße Bescheinigung nicht akzeptiert, ist das faktisch dasselbe wie wenn die den gerichtlichen Beschluss ignorieren würde.

    Der Schuldner hat in beiden Fällen den Zivilrechtsweg zu beschreiten und die Bank auf Auszahlung in Anspruch nehmen.

    Dein Beschluss würde die Rechtslage nicht ändern, sondern wohl eher die Bank noch im dem Irrglauben bestärken, der Beschluss wäre erforderlich gewesen.
    Daher kann ich nur davon abraten ihn zu erlassen. Er wäre auch rechtsfehlerhaft, weil für den Antrag des Schuldners weder ein Rechtsschutzbedürfnis besteht noch die Tatbestandsvoraussetzungen des §905 ZPO überhaupt vorliegen. Eine Bescheinigung konnte ja erlangt werden.

    Aber um deine Frage zu beantworten - m.E. kommt die einmalige Freigabe on top auf den monatlichen Pfändungsfreibetrag.

    Ebenso. Es sind Freibeträge aus vergangenen Monaten die übertragen werden.

  • wo ist dann der Unterschied zum Antragsverfahren vor dem Rechtspfleger? das ist doch auch der Rechtsweg.

    Wenn die Bank die ordnungsgemäße Bescheinigung nicht akzeptiert, ist das faktisch dasselbe wie wenn die den gerichtlichen Beschluss ignorieren würde.

    Der Schuldner hat in beiden Fällen den Zivilrechtsweg zu beschreiten und die Bank auf Auszahlung in Anspruch nehmen.

    Dein Beschluss würde die Rechtslage nicht ändern, sondern wohl eher die Bank noch im dem Irrglauben bestärken, der Beschluss wäre erforderlich gewesen.
    Daher kann ich nur davon abraten ihn zu erlassen. Er wäre auch rechtsfehlerhaft, weil für den Antrag des Schuldners weder ein Rechtsschutzbedürfnis besteht noch die Tatbestandsvoraussetzungen des §905 ZPO überhaupt vorliegen. Eine Bescheinigung konnte ja erlangt werden.

    Zitat aus dem Antrag der Schuldnerin "Da aber das separierte Geld immernoch nicht als verfügbar gezeichnet worden ist, erhielt ich die Auskunft, dass die Frist nunmehr verstrichen sei und die Pfändung durchgeführt werden muss".

    Sie meint wahrscheinlich die 4-Wochen-Frist. Und die Gelder wurden seitdem nicht an den Gläubiger ausgezahlt, sondern werden offensichtlich irgendwo "geparkt" wo die Schuldnerin keinen Zugriff drauf hat.Das JC hatte zunächst jedoch eine falsche Bescheinigung ausgestellt; die erste hat lediglich den monatlichen Freibetrag ohne die Nachzahlung als freizugebenden Betrag ausgewiesen. Die zweite und auch korrekte Bescheinigung wurde dann erst nach Ablauf der 4 Wochen erteilt und eingereicht und von der Bank nicht akzeptiert.

    Ich kann den Gedanken verstehen, dass ja eigentlich alle Voraussetzungen vorliegen und ich nichts machen müsste. Jedoch reden wir hier von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, also dem Existenzminimum in Geld aufgewogen. Geld auf das die Leistungsempfänger dringend angewiesen sind. Da finde ich die Rolle des Paragrafenreiters etwas unpassend, da ich auch kein Verschulden der Schuldnerin hier erkennen kann.

    Und Menschen mit sowieso schon wenig finanziellen Mitteln ein langatmiges Zivilverfahren aufzubürden, halte ich auch nicht für zielführend.

  • Ich kann den Gedanken verstehen, dass ja eigentlich alle Voraussetzungen vorliegen und ich nichts machen müsste. Jedoch reden wir hier von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, also dem Existenzminimum in Geld aufgewogen. Geld auf das die Leistungsempfänger dringend angewiesen sind. Da finde ich die Rolle des Paragrafenreiters etwas unpassend, da ich auch kein Verschulden der Schuldnerin hier erkennen kann.

    Und Menschen mit sowieso schon wenig finanziellen Mitteln ein langatmiges Zivilverfahren aufzubürden, halte ich auch nicht für zielführend.

    Ehrlicherweise habe ich in solchen Situationen auch schon Beschlüsse erlassen. 100% korrekt ist es dennoch nicht!

    Das mit dem Verstreichen der 4-Wochen Frist und der Beantragung von Freigaben nach Fristablauf haben wir an anderer Stelle schon diskutiert. Letztendlich trifft in deinem Fall ja aber scheinbar den Schuldner keine Schuld. Würde vermutlich dann auch einen Beschluss erlassen.

  • Und Menschen mit sowieso schon wenig finanziellen Mitteln ein langatmiges Zivilverfahren aufzubürden, halte ich auch nicht für zielführend.

    Da es um Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts geht, bietet sich halt eine einstweilige Verfügung an. Die ist auch nicht langatmig.

    Ich kann deinen Gedanken grundsätzlich schon nachvollziehen. Er löst aber wenn überhaupt nur kurzfristig das eine Problem und vergrößert das wahre Problem.

    Dir ist schon bewusst, dass die Bank dann immer weiter auf das Gericht verweisen wird, wenn das funktioniert?

    Man bestärkt die Bank letztlich in ihrem rechtwidrigen Verhalten, was wegen der für das Gerichtsverfahren erforderlichen Zeit für alle künftigen Schuldner in solch einer Situation nachteilig ist.

    Zudem würde der Beschluss einem Rechtsmittel auch nicht standhalten.

    "Da aber das separierte Geld immernoch nicht als verfügbar gezeichnet worden ist, erhielt ich die Auskunft, dass die Frist nunmehr verstrichen sei und die Pfändung durchgeführt werden muss".

    Wenn dem so wäre, würde dein Beschluss ja auch nichts ändern.

  • Also zunächst halte ich den Hinweis aus #1 des Gläubigervertreters, den Nachzahlungsbetrag an die Stelle des monatlichen Freibetrages zu setzen, als sachlich falsch. Eine echte Nachzahlung hat ja gerade nichts mit dem Freibetrag des laufenden Monats zu tun.

    Allerdings spiegelt der Einwand ein wenig das große Problem der Praxis wider:

    Die JobCenter benutzen ein eigenes vom JobCenter entwickeltes Formular, welches leider fast immer unvollständig oder falsch ausgefüllt wird.

    Beispiel: aktueller Monat September: JobCenter bescheinigt im entsprechenden Feld Nachzahlung für die Monate Mai bis September mit Betrag X

    Problem: Die laufende Geldleistung des Monats September ist in der Gesamtzahlung enthalten, da das JobCenter die Nachzahlung für die Monate Mai bis August und die laufende Geldleistung September in einer Zahlung überweist. Ohne weitere Aufschlüsselung würden wir bei einer Erfassung dem Schuldner den Freibetrag doppelt geben. Hier benötigen wir eine neue Bescheinigung oder den Leistungsbescheid.

    Oft gibt es also Gründe, warum eine Bescheinigung nicht akzeptiert wird. Da gibt es ganz viele Beispiele

  • Ich hake einmal ganz kurz mit meinem Sachverhalt hier nach.

    Ich habe hier einen Unterhaltspfänder, wo ich analog zu § 850d ZPO den Freibetrag des Pfändungsschutzkontos auf 1100 € festgesetzt habe.

    Der Schuldner hat nun eine Nachzahlung vom Jobcenter bekommen. Ich habe ihn an das Jobcenter verwiesen, aber die Bank akzeptiert die Bescheinigung des Jobcenters nicht, weil es ein Unterhaltspfänder ist. Die Bescheinigung bestätigt doch aber die Unpfändbarkeit der Nachzahlung. Daher müsste es doch keinen Unterschied machen, ob es eine c oder d-Pfändung ist, oder habe ich hier einen Denkfehler?

  • ........

    Nein, einen Unterschied macht es nicht.
    Die Bankmitarbeiter werden die Beträge "nie" eigenständig freigeben, weil diese befürchten etwas falsch zu machen.
    Insoweit wird ein Pfändungsschutzkonto zum "ad absurdem" geführt, weil die Freigabebeschlüsse immer noch vom jeweiligen VG gefordert werden.
    Auch JUDICA unser System in NRW ist hierauf aufgebaut mit den Anträgen auf ..einstweilige Einstellung bis zur Entscheidung über den Freigabeantrag".....also doppelte Mehrarbeit für die VGe.

    Die Zuständigkeit zu verneinen-wie Winter M es einpflegt- halte ich ebenfalls für bedenklich, da der Schuldner erstmal der dumme ist, nicht an die Nachzahlung kommt und Gefahr läuft, die Freigabefrist nicht einhalten zu können

    Jahreslosung 2024: Alles was ihr tut, geschehe in Liebe

    1. Korinther 16,14

  • Laut Gesetz ist das Vollstreckungsgericht zuständig, wenn der Schuldner glaubhaft macht, dass er eine Bescheinigung i.S.d. § 903 ZPO von keiner der genannten Stellen in zumutbarer Weise erlangen konnte.

    Im Gesetz steht nicht, dass das Vollstreckungsgericht zuständig ist, wenn der Schuldner zwar eine Bescheinigung nach § 903 ZPO erlangt hat, diese aber - aus welchen Gründen auch immer - von dem Kreditinstitut nicht anerkannt wird.

    Bei allem Verständnis für die Nöte der Schuldner: Ich sehe nicht ein, dass ich Aufgaben übernehmen soll, für die ich nicht zuständig bin, weil die Sachbearbeiter in den Banken keine Ahnung haben oder sich gerne doppelt absichern möchten.

    Als sich nach der Gesetzesänderung solche Anträge bei mir häuften, haben wir die entsprechenden Banken angeschrieben und um Stellungnahme gebeten, aus welchem Rechtsgrund die Bescheinigungen nicht anerkannt werden. In aller Regel hat es dann geklappt.
    Daher wie WinterM und jfp: Wenn die Banken die Bescheinigungen nicht anerkennen, dann muss der Schuldner klagen.

  • ich schreib in solchen Fällen die Schuldner an mit dem Hinweis das er mit der Bescheinigung zur Bank soll und ich beabsichtige seinen Antrag daher zurückzuweisen . Gelegenheit zum weiteren Vortrag oder zur Antragsrücknahme.

    Ich denke damit gehen die Schuldner zur Bank und die akzeptiert dann die Bescheinigung. Weil bei mir wird der Antrag dann meist zurück genommen

  • Im Gesetz steht nicht, dass das Vollstreckungsgericht zuständig ist, wenn der Schuldner zwar eine Bescheinigung nach § 903 ZPO erlangt hat, diese aber - aus welchen Gründen auch immer - von dem Kreditinstitut nicht anerkannt wird.

    [...]

    Daher wie WinterM und jfp: Wenn die Banken die Bescheinigungen nicht anerkennen, dann muss der Schuldner klagen.

    wo steht im Gesetz, dass der Schuldner dann klagen muss?

    Ich bin kein Fan dieser altbackenen Denkweise "ich bin nicht zuständig, also ist es mir egal". Vorher waren wir zuständig. Und sehenden Auges soll ich dem Schuldner daran hindern, an seine ihm zustehende Nachzahlung zu kommen? Nee sorry, aber da sträubt sich so einiges in mir.

    Niemand gibt mir die Sicherheit, dass die Bank mit der "Androhung einer Klage" dann doch noch freiwillig das Geld freigibt. Und man sollte sich mal vor Augen führen, welcher Arbeitsaufwand für ALLE Beteiligten hinter so einer Klage steckt im Vergleich zu einem einfachen Freigabebeschluss von mir.

    Man darf auch nicht vergessen, dass immer mehr Banken ihre Filialen schließen und die Bankkunden vermehrt auf andere Kontaktmöglichkeiten angewiesen sind.

    Nicht einmal wir beim Vollstreckungsgericht haben einen direkten Draht zu den Vollstreckungsabteilungen der Banken. Wie sollen die Schuldner dann schnell und effizient ihre P-Konto Geschichten erledigen.

    Ich mach da großflächig Gebrauch von meiner Entscheidungsfreiheit. Möge mich eine höhere Instanz eines besseren belehren.

  • Mit einer Bescheinigung steht der Schuldner genauso da, wie z.B. du, wenn dir deine Bank sagt, wir zahlen dir aber nichts von deinem Kontoguthaben aus.

    Wie müsstest du (mal unterstellt, du hast keine Pfändung auf dem Konto) deinen Anspruch gegen die Bank geltend machen?

  • Ich gebe in solchen Fällen gerne ein "aufklärendes Schreiben" raus an die Schuldner- auch zur Vorlage bei der Bank- mit Erwähnung des notfalls nötigen Weges der Zivilklage. Die werden aber nie geführt.

    So handhabe ich das meistens auch. Hin und wieder werde ich dann auch von den Banken angerufen und erkläre Ihnen, wie es funktioniert.

  • Die Schuldner können sich auch ohne zu klagen an den Ombudsmann/frau der Banken, Sparkassen etc wenden. Dort den sachverhalt schildern und wenn dann noch Schreiben des VG beigefügt werden, wonach die Bank, Sparkasse .. spinnt, sollte sich die richtige Rechtsanwendung bundesweit rumsprechen und praktiziert werden können - wenn dann die Schuldner auch mal die "Regelung" durch die Ombudsstelle dem VG bekannt geben.

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