Betreuervergütung - Zurückhaltung auf einem Sammelanderkonto

  • Hallo zusammen,

    ich habe gerade gedacht, dass ich im falschen Film bin. Die Betreuerin (= Rechtsanwältin) hat einen Betrag i.H.v. 600,00 € ohne Genehmigung auf ein Sammelanderkonto der Kanzlei gebucht, um ihren Vergütungsanspruch im Falle eines Betreuerwechsels / Ableben d. Betreuten abzusichern (wofür kein Anlass besteht, da knapp 200k € Geldvermögen da sind). =O

    Ich bin mir zu 99,999999999 % sicher, dass das nicht zulässig sein kann, finde aber keine Fundstellen / Rechtsprechung dazu. Kann jemand aushelfen?^^

    Vielen Dank im Voraus!:)

  • ... nach dem Motto "Frechheit siegt" oder zum Testen, wann es auffällt.

    Aber im Ernst, da habe ich als Berufsbetreuerin mittlerweile Verständnis.

    Wie gefällt es den Staatsbediensteten, wenn man monatelang auf die Vergütung warten muß, obwohl die Sachlage klar ist? Beschlüsse zur Vergütungsentnahme bei den "Nicht-Mittellosen" kommen nicht, man erinnert daran, es passiert nichts.

    Vergütungen bei den Mittellosen werden nicht ausbezahlt, man erinnert, es passiert nichts.

    So summieren sich die Außenstände. Selbstverständlich sind die monatlichen Ausgaben, z. B. auch Versicherungsbeiträge, die man zur Berufsausführung braucht, konstant und fallen an, unabhängig davon, was man an Einkommen erhält.

    Da kommen schnell 4-stellige Beträge im mittleren Bereich zusammen, auf die man wartet und wartet. Man wird als Bittsteller behandelt.

    Spannend ist es auch, wenn die Klienten versterben und es keine liquiden Mitteln gibt. Da bin ich zugegbenermaßen frustriert, weil man da echt in der Luft hängt.

    Gibt es dazu Lösungsansätze von Seiten des Gerichts?

  • Verständnis habe ich. Hilft aber nichts.

    Würde mir nicht gefallen. Hilft aber nichts.

    Seitens des Gerichts muss es dazu keine Lösungsansätze geben.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Es hat sie keiner gezwungen Berufsbetreuer zu werden. Das war ihre freie Entscheidung sich auf die Gegebenheiten wie sie sind, einzulassen

  • Im geltenden Recht wird ja ein Zurückbehaltungsrecht des Betreuers für Vergütungen (anders als beim Aufwendungsersatz, wo noch möglich) abgelehnt. Ist aber nur Kommentarmeinung, mir ist keine einzige Gerichtsentscheidung bekannt. Und die Literaturmeinungen stammen im Prinzip aus der Zeit vor der Einführung der Pauschalen, also von vor 2005.

    Seit wir die Pauschalen haben, erst recht mit der Vereinfachung der Tabellenanwendung nach § 8 Abs. 2 und der verbindlichen Zuordnung nach Abs. 3 ist es eigentlich Zeit zu überlegen, was im Sinne von § 242 BGB tolerierbar ist.

    Man muss ja auch gegenüberstellen, was für ein Aufwand oft die Erbensuche nach dem Tod des Betreuten ist. Ewiges Warten auf das Nachlassgericht bez eines Nachlasspflegers, bräsige Erben, die sich nicht um einen Erbschein kümmern, Probleme, ein korrektes Vergütungsverfahren überhaupt erst einzuleiten, wenn nicht die Namen und Adressen aller Erben einer Erbengemeinschaft bekannt sind. Und dann hinterher ggf auch noch erfolglose Versuche der Zwangsvollstreckung, wenn der Erbe alles verjuxt hat und selbst unpfändbar ist. Und dann der Hilfsantrag gegen die Staatskasse, wo dann minutiös dargestellt werden muss, warum das jetzt auch noch sein muss.


    Ist natürlich alles Extrembeispiel, mir aber in langjähriger Fortbildung als ständiges Ärgernis oft untergekommen. Und widerspricht doch wohl der Ausgangsrechtsprechung des BVerfG zur staatlichen Vergütungsgarantie vom 1.7.1980 (Quelle kann ich nachliefern). Das sollte auch mal bedacht werden, bevor der Hammer hervorgeholt wird.

  • Die Aussage finde ich Berufsbetreuern gegenüber ziemlich unverschämt. Ich gehe mal nicht davon aus, dass in irgendwelchen Studiengängen oder Lehrgängen davon gesprochen wird, dass man als Betreuer auf seine Vergütung teilweise monatelang warten muss, weil die Gerichte überlastet sind. Noch schlimmer finde ich die Einstellung, Vergütungen nicht zu bearbeiten, weil der Betreuer vielleicht bei Einreichung des Jahresberichts o.ä. säumig ist.

  • Da bin ich voll bei Egon´s Mama. Wir haben in großen Notzeiten immer versucht, auf die dringlichen Erinnerungen hin wenigstens einen Zahlungsschub bei den klaren Sachen hinzubekommen. Dafür blieb dann natürlich wieder etwas liegen und die Welle wurde nicht kleiner...


    Ich stimme auch Araya zu: Nicht das Gericht (=Rechtspfleger) muß eine Lösung finden. Diese Aufgabe liegt bei der Person, welche für die Organisation des Ladens verantwortlich ist (=Direktor/Präsident), also der Verwaltungsspitze.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Ich kann nur sagen, dass bei uns am Gericht Vergütungsanträge nahezu immer am selben Tag, an dem Sie beim Rechtspfleger landen, bearbeitet werden. Wir bekommen auch selten Erinnerungen und wenn, dann lag der Vergütungsantrag meistens einfach noch nicht vor (z.B. Post kommt nicht an, beA/eBO funktioniert nicht, etc.).

    Nur in den Fällen des Ablebens oder wenn keine liquiden Mittel vorhanden sind, kann es mal länger dauern. Meines Erachtens aber leider einfach ein Berufsrisiko... UND: Der Betreuer kann sich, wenn es wirklich einmal lange dauert, gegenüber dem Gericht darauf berufen, dass die Staatskasse voleistungspflichtig ist, wenn ein weiteres Zuwarten unzumutbar ist

  • Tja, die alte Diskussion, was ist zu lange…. Als Verwaltungsbeamter kenne ich natürlich die 3-Monatsfrist im Verwaltungsrecht (für Untätigkeitsklagen). Wobei es da um echte Entscheidungen geht, die zu treffen sind, also vergleichbar dem Vergütungsbeschluss. Leider spricht aber § 198 GVG von JAHREN der Verzögerung.


    Schlichtes Verwaltungshandeln (wie die Zahlbarmachung im Verwaltungsweg) sollte stets unverzüglich erfolgen, das heißt wohl max 2 Wochen. Und das scheint ja auch oft zu klappen. Leider nicht an allen Orten und Gerichten - und nicht, wenn der Zuständige krank oder die Stelle unbesetzt ist. Nennt sich Organisationsverschulden.

  • Die Diskussion ging los mit Die Betreuerin hat sich einfach entnommen.

    Das geht gar nicht. Sie macht sich damit ungeeignet zur Verwaltung fremden Vermögens. Das könnte auch als Unterschlagung strafbar sein.

    Wieso schwenkt die Diskussion ab, ob das Gericht oder der Staat schuld ist. Das spielt keine Rolle dabei.selbstentnahme ist durch nichts zu rechtfertigen

    Ich kenne einen Fall wo das ein Insolvenzverwalter gemacht hat, der war der Meinung das Gericht braucht zu lange zur Festsetzung seines Vorschuss und er entnimmt schon mal. Das hat zur Entlassung geführt, ging bis zum BGH und wurde gehalten

  • Queen: Die Diskussion driftete schon bei #3 ab.

    In der Sache bin ich bei dir, die Vorabentnahme ist nicht zulässig. Ich würde hier aber erst mal nicht die große Keule schwingen, sondern die Betreuerin auf die Unzulässigkeit hinweisen und um zukünftige Unterlassung bitten. Sofern das nicht hilft, Gespräch mit dem Betreuer und wenn das noch nicht fruchtet, Vorlage der Akte an den Richter zwecks Prüfung der Geeignetheit des Betreuers.

  • Vielen Dank für die unterschiedlichen Reaktionen!

    Zumindest moralisch gibts eine breite Unterstützung und den Kommentar, daß mich keiner gezwungen hat, Berufsbetreuer zu werden, den habe ich erwartet.

    Ja - ich war schrecklich naiv und habe vor Jahren fest damit gerechnet, daß der Staat seine Fürsorgepflicht ernst nimmt und die Vergütungen der freien Mitarbeiterin selbstverständlich anweist bzw. die Beschlüsse zur Entnahme vornimmt.

    Jahre später habe ich viele Erklärungen, warums nicht so funktioniert, erhalten. Verstehe ich auch, wenn Mitarbeiter krank sind, wenn Personalmangel besteht, wenn IT-Systeme nicht so funktionieren, usw.

    Ich muß aber meine Sichtweise darlegen und weiterhin den Finger in die Wunde legen. Es geht um unser "Überleben", um unsere Motivation, weiterzumachen. Man bemitleidet mich, wenn ich erkläre, wie mein Einkommen zustande kommt und wann ich für meine Arbeit Geld erhalte.

    Da komme ich gelegentlich ins Grübeln, ob bzw. wie lange ich das weitermachen werde.

    Vielen Dank für weitere konstruktive und aufbauende Meinungen!

  • Die Diskussion ging los mit Die Betreuerin hat sich einfach entnommen.

    Das geht gar nicht. Sie macht sich damit ungeeignet zur Verwaltung fremden Vermögens. Das könnte auch als Unterschlagung strafbar sein.

    Wieso schwenkt die Diskussion ab, ob das Gericht oder der Staat schuld ist. Das spielt keine Rolle dabei.selbstentnahme ist durch nichts zu rechtfertigen

    Ich kenne einen Fall wo das ein Insolvenzverwalter gemacht hat, der war der Meinung das Gericht braucht zu lange zur Festsetzung seines Vorschuss und er entnimmt schon mal. Das hat zur Entlassung geführt, ging bis zum BGH und wurde gehalten

    :thumbup:

  • Mit Ausnahme des Teils "wie mein Einkommen zustande kommt und wann ich für meine Arbeit Geld erhalte" kannst du das 1:1 auf Staatsdiener übertragen. Gerade der Satz mit "Fürsorgepflicht ernst nehmen" hat zu einem längerem Lachanfall geführt. Leider, muss man da allerdings sagen. Im nächsten Leben studiere zumindest ich was richtiges.

    Wie gesagt, Verständnis habe ich.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Ich finde in der BGH-Entscheidung nichts von einem Zurückbehaltungsrecht nicht festgesetzter Vergütung. Was überlese ich jetzt?

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Der BGH verweist auf die Abhandlung von Tidow (FamRZ 1990, 1060) und dort wird darauf abgestellt, dass der Vergütungsanspruch erst mit der Festsetzung der Vergütung entsteht. Dies gilt aus heutiger Sicht aber nur für ehrenamtliche Pfleger.

  • Auch wenn es sich hart anhört: Uneinbringliche Außenstände sind ein Schicksal, das jeden Selbstständigen treffen kann. Insofern ist es kein betreuungsspezifisches Problem.

    Nach dem neuen Recht kann man den drohenden Schaden aber zumindest bei den Vermögenden etwas eingrenzen: Die Dauervergütungsfestsetzung ist ja auch bei vermögenden Betroffenen möglich. Wenn man diesen Weg beschreitet und die laufende Vergütung immer bei Fälligkeit entnimmt, läuft man als Betreuer "nur noch" dem letzten angefangenen Quartal hinterher.

    Bei den mittellosen Betreuten sehe ich irgendwie das Problem nicht so wirklich. Die Restvergütung wird eben aus der Staatskasse ausbezahlt, die sind ja in der Regel SGB XII Fälle ohne jedes Vermögen, da ist das eine klare Nummer. In maximal 1-2 Wochen ist das bei mir erledigt.

  • Das Ganze hat natürlich den Aspekt der Fälligkeit. Bei Aufwendungen nach § 1877 BGB gilt grundsätzlich deren Entstehen, bei der Aufwandspauschale nach § 1878 Abs. 3 das Wiederkehrende Wirksamkeitsdatum. Bei Vergütungen haben wir nur § 15 Abs. 1 VBVG mit dem Beginn des Quartalsanspruchs. Bzw lt. Rspr sofort nach Betreuungsende bzw Betreuerwechsel für den Restzeitraum.

    Natürlich ist das keine Fälligkeit im strengen Sinne. Aber ich gehe mal im Ausgangsfalle davon aus, dass der genannte Zeitpunkt eingetreten und der Anspruch als solcher und wohl auch seine Höhe nicht wirklich strittig sind. Ist es also tatsächlich unbillig, dafür ein Zurückbehaltungsrecht zuzubilligen? Die alte Literaturmeinung ist ja auf ganz anderer Basis (Zeitvergütung) entstanden - und die beklagte Verfahrensdauer war damals vermutlich völlig undenkbar. Meines Erachtens: Zeit zum Umdenken.

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