Geltendmachung unerlaubte Handlung im Wege der Tabellenberichtigung

  • In einem laufenden Insolvenzverfahren wird vom Insolvenzverwalter für eine bereits geprüfte und festgestellte Forderung das Tabellenblatt zu Berichtigung vorgelegt. Es soll berichtigt werden, dass der Gläubiger mit Schreiben vom ... geltend macht, dass der Forderung eine unerlaubte Handlung zugrunde liegt und der Schuldner der Behauptung, dieser Forderung liege eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung zugrunde dem Grunde und der Höhe nach nicht widerspricht.

    Außerdem legt der Insolvenzverwalter Tabellenblätter zur Berichtigung, Nachmeldungen für einen nachträglichen Prüfungstermin sowie den Schlussbericht mit der Schlussrechnung vor.

    M. E. geht das so nicht, da der Schuldner bei einer Berichtigung insbesondere nicht nach § 175 Abs. 2 InsO belehrt worden ist. Die unerlaubte Handlung kann auch nicht im nachträglichen Prüfungstermin mit geprüft werden, da sie ja schon ohne das Attribut der unerlaubten Handlung geprüft und festgestellt wurde.

    Der Gläubiger müsste die Forderung zurücknehmen und neu geltend machen.

    Wie seht Ihr das?

  • Ich mache in solchen Fällen immer einen besonderen Prüfungstermin mit entsprechender Belehrung des Schuldners. Dein Weg, die Forderung zurückzunehmen und neu anzumelden, ist meines Erachtens materiellrechtlich problematisch, denn wenn eine festgestellte Forderung zurückgenommen wird, kann das als Verzicht im materiellrechtlichen Sinn gesehen werden. Dann wäre der Gläubiger aber mit einer erneuten Anmeldung ausgeschlossen (Forderung durch Verzicht erloschen). Dazu müsste es aber hier auch schon Threads geben.

    quidquid agis prudenter agas et respice finem. (Was immer Du tust, tue klug und bedenke das Ende.) :akten

    Einmal editiert, zuletzt von Ecosse (11. März 2024 um 09:54) aus folgendem Grund: Dreckfuhler

  • Die unerlaubte Handlung kann auch nicht im nachträglichen Prüfungstermin mit geprüft werden, da sie ja schon ohne das Attribut der unerlaubten Handlung geprüft und festgestellt wurde.

    Die Forderung wurde der Höhe nach geprüft und festgestellt, dass Deliktattribut kann m.E. in einem besonderen Prüfungstermin nach vorheriger Belehrung des Schuldners festgestellt werden. Was spricht dagegen?

  • Bei der Anmeldung der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, handelt es sich um eine nachträgliche Änderung einer bereits geprüften Forderung. Diese muss nach § 177 InsO nachträglich geprüft werden.

    Der Schuldner muss nach § 175 InsO belehrt werden.

    Praktisch würde ich es so machen, dass ich das bereits unterschriebene Tabellenblatt um den Deliktsgrund ergänze und dann im Rahmen der Prüfung eintrage, inwieweit der Schuldner dem Deliktsgrund widerspricht.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Bei der Anmeldung der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, handelt es sich um eine nachträgliche Änderung einer bereits geprüften Forderung. Diese muss nach § 177 InsO nachträglich geprüft werden.

    Der Schuldner muss nach § 175 InsO belehrt werden.

    Praktisch würde ich es so machen, dass ich das bereits unterschriebene Tabellenblatt um den Deliktsgrund ergänze und dann im Rahmen der Prüfung eintrage, inwieweit der Schuldner dem Deliktsgrund widerspricht.

    Muss der IV das dann auch so beantragen oder kann ich seinen Berichtigungsantrag als Antrag auf einen nachträglichen Prüfungstermin auslegen?

  • ... und kann sich der Schuldner dann noch der Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung "widersetzen"?

    Der bei "sauberer" Anmeldung ihm eröffnete Weg, der Forderung und dem Grund zu widersprechen, der ist dann abgeschnitten - oder man lässt den nachträglichen widerspruchgegen die Forderung über Wiedereinsetzung zu??

    Als professioneller Gläubiger zahle ich für die nachträgliche Anmeldungder vbuH die Gebühr und sichere mir damit einen vollstreckbaren Titel. Schuldner muss in dieser Lage die Vollstreckungsabwehrklage erheben - nur wann ist dafür das Rechtsschutzbedürfnis gegeben?

  • das sehe ich anders:

    die Widersspruchsfrist gegen den reinen "Zahlungsanspruch" ist für den Schuldner abgelaufen. Wenn er diesen für nicht gerechtfertigt hielt, hätter er Widerspruch erheben müssen und auch können.

    Aus dem Umstand einer Anmeldungsergänzung der Forderung als "restschuldbefreiungsfest" kann ein Grund für ein "Wiedereröffnen" der Widerspruchsmöglichkeit gegen den Zahlungsanspruch als solchen nicht begründbar hergeleitet werden. Wieso sosllte der vom Schuldner widerspruchslos angemeldete Zahlungsanspruch "plötzlich" nicht mehr bestehen ?

    In einem Verfahren ohne Restschuldbefreiung gilt § 201 Abs. 2 S. 1 ohne weiteres; gleiches gilt auch in einem Verfahren, in dem die RSB versagt wird.

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • das sehe ich anders:

    die Widersspruchsfrist gegen den reinen "Zahlungsanspruch" ist für den Schuldner abgelaufen. Wenn er diesen für nicht gerechtfertigt hielt, hätter er Widerspruch erheben müssen und auch können.

    Aus dem Umstand einer Anmeldungsergänzung der Forderung als "restschuldbefreiungsfest" kann ein Grund für ein "Wiedereröffnen" der Widerspruchsmöglichkeit gegen den Zahlungsanspruch als solchen nicht begründbar hergeleitet werden. Wieso sosllte der vom Schuldner widerspruchslos angemeldete Zahlungsanspruch "plötzlich" nicht mehr bestehen ?

    In einem Verfahren ohne Restschuldbefreiung gilt § 201 Abs. 2 S. 1 ohne weiteres; gleiches gilt auch in einem Verfahren, in dem die RSB versagt wird.

    Das sehe und handhabe ich auch so.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • „….

    Wieso sosllte der vom Schuldner widerspruchslos angemeldete Zahlungsanspruch "plötzlich" nicht mehr bestehen ?

    …“


    Weil mit dem Nachmelden fast regelmäßig ein Wechsel vom vertraglichen Anspruch (auf den Kaufpreis oder vom Gesamtsozialversicherungsanspruch) auf einen dazu in Anspruchskonkurrenz bestehenden Schadensersatzanspruch übergegangen wird und diese Änderung des Anspruchsgrundes dann „unbemerkt“ bleibt und nicht neu geprüft (vielleicht inzwischen doch schon verjährt??) und ggf. auch festgestellt wird.

    Der Fall der ausdrücklichen Anmeldung einer Schadensersatzforderung und dem „Nachschieben“ des Attributes ist in meinen Fällen ein Exot – die Störgefühle entstehen bei mir, wenn sich die „Bedrohungslage“ durch die Anspruchsergänzung (mit vbuH) von einem vertraglichen oder beitrags-basierten Anspruch ein Wechsel des Anspruchsgrundes vorgenommen wird.

  • @ imker:

    auch für den Schuldner gilt doch Quae sit actio.

    Von einem Wechsel des Anspruchsgrundes kann doch keine Rede sein (Du schreibst doch selbst zutreffend zur Anspruchskonkurrenz - spitzfindig: Anspruchsgrundlagenkonkurrenz, wobei die Aufqualifizierung der Steuerforderugen und der zu 823 II i.V.m.170 StGB da rausfallen, weil es eigenständige Feststellungsansprüche sind....).

    Das Störgefühl kann ich da nicht so nachvollziehen; der Schldner hat doch die Möglichkeit dem "reinen" Zahlungsanspruch zu widersprechen.

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  • Defaitist

    Dem "reinen" Zahlungsanspruch zu widersprechen klappt in diesem Fall ja nicht mehr, wenn der Gläubiger zunächst beispielsweise "Sozialversicherungsbeiträge Arbeitnehmeranteil" anmeldet und der Schuldner dem im PT nicht widerspricht und dann im Nachklapp mit der vbuH kommt. Dann wird es nichts mehr mit dem Widerspruch zum Zahlungsanspruch.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • genau das ist die Rechtslage, dei Widerspruchsmöglichkeit im Rahmen des Prüfungstermins war dem Schuldner doch von vornherein eröffnet, wenn er den Zahlungsanspruch unwidersprochen lässt (weil er vlt. auch begründet ist) änderst sich dies doch nicht "nachträglich" ....

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  • genau das ist die Rechtslage, dei Widerspruchsmöglichkeit im Rahmen des Prüfungstermins war dem Schuldner doch von vornherein eröffnet, wenn er den Zahlungsanspruch unwidersprochen lässt (weil er vlt. auch begründet ist) änderst sich dies doch nicht "nachträglich" ....

    Und genau das macht die BGH Rechtsprechung zur unerlaubten Handlung so unmöglich.

    Er müsste ja ahnen das der gläubiger vielleicht noch die unerlaubte Handlung nach schiebt um vollständig widersprechen zu können, wie es der BGH will

  • da wird nix verunmöglicht !

    Aber zugegeben, ich habe lange mit der BGH-Judikatur zu dem Thema gehadert. Aber betrachten wir dies doch mal der Reihe nach:

    A. Verfahren der Forderungsfeststellung

    I inter partes Wrikung

    Forderung bleibt seitens des IV und seitens weiterer Gl. unbestritten => inter partes Wirkung gegenüber den Verfahrnsbeteiligten wie durch ein rk Urteil festgestellt (A.: Eigenverwaltung; hier hindert der Sch-WS die Feststellungswirkung).

    II. nachverfahrendliche Wirkungen

    Soweit die festgestellte Forderung nicht befriedigt wird, gitl grds. das Recht der freien Nachforderung (§ 201 Abs. 1).

    Klauselerteilung = § 201 Abs. 2 S. 1

    III. Einschränkung des § 201 ABs. 2 S. 1 (durch BGH)

    ist eine RSB erteilt, besteht kein Rechtschutzbedürfnis an der Klauselerteilung (sehr gute BGH-Entscheidung).


    IV. Runterfahren der Einschränkung (durch BGH)

    1. RSB-Festigkeit im Prüfungsverfahren durch den Schuldner streitig gestellt

    2. bleibt aber der Zahlungsanspruch unwidersprochen

    3.entfällt das Rechtschutzbedürfnis an der Klauselerteilung nicht


    Dies ist folgerichtig, da der Streit über die RSB-Festigkeit weder im Insolvenverfahren noch im Klauselverfahren zu klären ist. (hinweis dazu: vor BGH III. wurden die Klauseln z.T. erteilt..... insovweit war diese Entscheidung ein "Segen").

    Das Prob gehört dahin, wo es hingehört, nämlich in die Vollstreckungsabwehrklage.

    Das Argument, mit der nachträglichen Geltendmachung der Restschuldbefreiungsfestigkeit greift nicht durch.

    Es obliegt dem Schuldner, gegen unberechtigte Forderungen entweder den Insolvenzverwalter dazu zu bewegen, Widerspruch zu erheben, oder dies selber zu tun. Sich auf der RSB-Matte -mir doch egal was da festgestellt wird - auszuruhen, ist Mitwirkungsverstoß !

    Und nun mal ganz praktisch:

    Die Zahlungsansprüche sind zumeist tituliert, sodass der Schuldner ohnehin kaum eine Möglichkeit hat, die Titulierung zu beseitigen.


    ABER: ich hab grad wieder so ein Inkasso-teil zurückgewiesen bezüglich der RSB-Festigkeit, ist glaug ich auch irgendwo veröffentlicht (da kann ich mich ja nicht gegen wehren)...

    Die Frequenz dieser rechtsmissbräuchlichen Anmeldungen ist erheblich gestiegen, was meinen Verdacht nahelegt, dass bei einigen Gerichten die entsprechende Sensibiltät noch nicht so ausgeprägt ist.

    Habe gestern einfach mal eine Beanstandungsverfügung gemacht und mitgeteilt, dass für den Fall der Rücknahme ich beabsichtige dem Schuldner einen Anwalt beizuordnen zur Frage der Zulässigkeit und für den Fall der Zurückweisung eine entsprechende "Veruteilung" in die Kosten auszusprechen beabsichtige.....

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
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