Bestallung / Bescheinigung an Jugendamt im Fall des § 1791 b BGB ?

  • Hallo zusammen,

    ich habe da mal ein Problem, über das ich erst vor einiger Zeit im Rahmen der Ausbildung eines Anwärters :eek: bei genauerer Sicht ins Gesetz gestoßen bin :

    Gem. § 1791 b II BGB erfolgt die Bestellung des Jugendamtes durch Beschluss des Familiengerichts, §§ 1789 (= Verpflichtung) und 1791 (= Bestallung) sind nicht anzuwenden.

    Daraus habe ich gelesen, dass ich bei der bestellten Amtsvormundschaft/Amtspflegschaft durch den Richter keine Bestallung/Bescheinigung mehr erteile und darauf verweise, dass sie mit Beschluss bestellt sind. Der Beschluss ist gem. § 1893 Abs. 2 Satz 2 nach Beendigung wieder an das Familiengericht zurückzugeben.
    - soweit alles für mich konsequent und durchführbar - :daumenrau

    Nun hatte ich ein Gespräch mit dem Jugendamt, das nicht verstehen kann, weshalb ich die allgemein - und von mir auch über Jahre geübte - Praxis der Bescheinigung nicht mehr mache. Sie habe da einen richterlichen Beschluss mit Gründen für 5 Kinder, in dem sie für 2 der Kinder zum Vormund bestellt ist und diesen müsste sie nunmehr mit allen Daten zu allen 5 Kindern (Datenschutz?) immer überall hingeben, was sie für aufwendig und kompliziert und zudem noch aus Datenschutzgründen hinsichtlich der Eltern, der Gründe und der weiteren Kinder fraglich findet.

    Wie handhabt ihr das in der Praxis, ich habe (seit meiner Kenntnis) Bedenken eine Bescheinigung/Bestallung zu erteilen, wo sie rechtlich ausdrücklich nicht angewendet werden darf????? :oops:

    LG www

  • Wie handhabt ihr das in der Praxis, ich habe (seit meiner Kenntnis) Bedenken eine Bescheinigung/Bestallung zu erteilen, wo sie rechtlich ausdrücklich nicht angewendet werden darf?????

    Ebenso wie Lena235 übersende auch ich dennoch eine Bescheinigung. Warum soll eine solche nicht erteilt werden dürfen? Sie hat doch ohnehin nur deklaratorische Wirkung, und wenn man, wie ich es aufgrund der Anregung in einem anderen Thread mittlerweile bei minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen praktiziere, mit aufnimmt, wann die Vormundschaft spätestens endet, ist ein (beim Jugendamt ohnehin wenig wahrscheinlicher) Missbrauch weitgehend ausgeschlossen.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • und wenn man, wie ich es aufgrund der Anregung in einem anderen Thread mittlerweile bei minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen praktiziere, mit aufnimmt, wann die Vormundschaft spätestens endet, ist ein (beim Jugendamt ohnehin wenig wahrscheinlicher) Missbrauch weitgehend ausgeschlossen.

    :daumenrau

    Warum sollte das Jugendamt daran auch ein Interesse haben?

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • @Husky 98:

    Wenn da steht: § 1791 BGb findet keine Anwendung ist das der Umkehrschluss, dass eine Bescheinigung nicht geregelt ist und somit nicht zu erteilen ist, weil der Beschluss hier der Nachweis der Vertretungsberechtigung ist. :gruebel:

    www

    Nochmals zur Klarstellung: Ich stimme mit Dir darin überein, dass eine Bescheinigung in diesem Fall nicht vorgesehen ist. Ich habe mich nur dagegen gewandt, dass es deshalb unzulässig sein soll, sie gleichwohl zu erteilen.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Um mal die Begrifflichkeiten auseinander zu halten:

    a)Eine Bestallung nach § 1791 BGB erhält nur derjenige, der auch in sein Amt gemäß § 1789 BGB (mittels obligatorischen Handschlags) verpflichtet wurde. (Ohne Anordnung - keine Verpflichtung; Ohne Verpflichtung - keine Handlungsbefugnis)

    b)Eine Bescheinigung über den Eintritt der gesetzlichen Amtsvormundschaft erhält der Amtsvormund nur im Fall des § 1791c BGB, weil der Eintritt der Handlungsbefugnis des Amtsvormundes eben kraft Gesetzes eintritt.

    c)In allen anderen Fällen (z.B. Bestellung eines Betreuers § 1802 BGB, Bestellung des Amtsvormundes § 1791b BGB bzw. des Vereinsvormunds § 1791a BGB) erhält derjenige Handlungsbefugnis durch Bestellung des Gerichts i.d.R. durch Beschluss.

    Es spricht m.E. daher nichts dagegen, eine deklaratorische Bescheinigung demjenigen im Fall c) auszustellen, um sich im Rechtsverkehr nicht jedes Mal mit dem Beschluss über die Bestellung legitimieren zu müssen (im Fall der Betreuung auch verfahrensrechtlich gemäß § 290 FamFG geregelt, was aber NICHTS mit der materiellrechtlichen Wirkung aus § 1789 ff. BGB zu tun hat (!), sodass ich auch immer wieder erstaunt bin, dass der Rechtsverkehr wohl ausschließlich auf die Betreuerausweise vertraut)

  • Mein Dank gilt allen Rechtspflegern, die mir meine Arbeit erleichtern. Vielleicht auch die der Servicestelle??

    Alternativ zu einer Bescheinigung müsste wohl eine Beschlussausfertigung erstellt werden, in der die Beteiligten und die Gründe weggelassen werden, versehen mit einer differenzierten Rechtsmittelbelehrung.

    Die Angaben zum Amtsgericht und zum Aktenzeichen weisen im Zweifelsfall in die Irre, falls jemand Nachfragen zur Vormundschaft hat.

    Die Servicestelle braucht nach der Datenerfassung bei den Ausdrucken nur Häkchen setzen und die Bescheinigung aus der Papierflut herausfischen. Unterschrift, Siegel, fertig.
    Danke


  • Alternativ zu einer Bescheinigung müsste wohl eine Beschlussausfertigung erstellt werden, in der die Beteiligten und die Gründe weggelassen werden

    Das wäre wohl am saubersten. Ich habe meine Serviceeinheit mal gefragt, was denen weniger Arbeit macht. Sie meinten, die Bescheinigung sei einfacher, also erteilen wir die.

  • @Husky 98:

    Wenn da steht: § 1791 BGb findet keine Anwendung ist das der Umkehrschluss, dass eine Bescheinigung nicht geregelt ist und somit nicht zu erteilen ist, weil der Beschluss hier der Nachweis der Vertretungsberechtigung ist. :gruebel:

    www


    Eben, darum habe ich auch nie eine erteilt, auch wenn das meine Vorgänger immer gemacht haben.

    Bei uns soll der entsprechende Textbaustein aus ForumStar nun auch entfernt werden, weil man meine Ansicht teilt, dass nur für die Fälle, in denen das Gesetz etwas vorsieht, entsprechende Textprodukte bereitzustellen sind. Und insoweit hätte unsere verantwortliche Leitstelle noch so einiges zu tun .... (keinerlei Bausteine für Vereinfachtes Unterhaltsverfahren, keine Bausteine für Nachlasspflegschaften etc. ...).

  • Ich danke für die vielen Beiträge und @ felgentreu: sorry über Suchfunktion hatte ich nichts gefunden :oops:

    Also ich denke, dass ich auf Antrag des Vormundes/Pflegers künftig eine deklaratorische Bescheinigung erteilen werde, aber es grundsätzlich beim Beschluss des FamRichters - ohne Gründe - belassen werde.

    Wie hier bei dem mir vorliegenden Fall mit 5 Kindern und drei verschiedenen Vormündern erscheint mir allein der Beschluss auch unpraktisch und mit zu vielen Daten behaftet, die nicht jeden etwas angehen.

    In der Konsequenz müssen dann aber trotzdem alle bei Beendigung der Vormundschaft/Pflegschaft sowohl die Bescheinigung als auch den Beschluss stets zurückfordern :teufel:

    www

  • In der Konsequenz müssen dann aber trotzdem alle bei Beendigung der Vormundschaft/Pflegschaft sowohl die Bescheinigung als auch den Beschluss stets zurückfordern

    Das stimmt und ist hier bislang nicht so gehandhabt worden (Rückforderung nur der Bescheinigung). Danke für die Anregung!

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Ich hänge mich hier einmal dran. Erteilt ihr für jedes Kind eine einzelne Bescheinigung oder (bei mehreren Kindern in einem Verfahren) eine einzige für alle Kinder?

    Ich habe bisher immer eine gemeinsame Bescheinigung erteilt. Habe jetzt allerdings einen Fall, wo das Jugendamt die Bescheinigung "geteilt" haben möchte, weil intern teils verschiedene Mitarbeiter für die Kinder zuständig seien. Da die Bescheinigung sowieso nur deklaratorisch ist, hätte ich an sich kein Problem damit, auch einzelne zu erteilen. Wie seht ihr das?

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