E. gerichtlicher Umgang mit der Entscheidung
1. Fallrelevanz
1.1. Stundungsverfahren
In Verfahren, in denen die Mindestvergütung festzusetzen ist, dürfte die Entscheidung keine Praxisrelevanz haben, zumal in den Stundungsfällen diese ganz oder teilweise aus der Staatskasse zu entrichten ist und die entsprechende Vergütungsentscheidung ohnehin dem Schuldner förmlich zugestellt wird. Gläubiger dürften regelmäßig ohnehin nicht beschwert sein. Datenschutzrechliche Probleme dürften nicht berührt sein.
1.2. Verfahren mit Festsetzung der Regelvergütung
In Verfahren, in denen eine Regelvergütung festgesetzt wird, könnte die Entscheidung von Relevanz sein. Erfahrungsgemäß interessieren sich Gläubiger in solchen Fallgestaltungen wenig um Vergütungsfragen. Hier stellt sich jedoch schon die Frage, welche Schlüsse aus der Senatsentscheidung zu ziehen sind.
Eine formularmäßige Begründung der Entscheidung ohne Angabe der vom BGH geforderten Mindestangaben dürfte nicht ausreichend sein. Datenschutzrechtliche Probleme sind nach Auffassung des Verfassers nicht erkennbar.
1.3. Verfahren mit Abweichungen von der Regelvergütungen
Unzweifelhaft wird der Umgang mit dieser Entscheidung relevant in Verfahren, in denen es bei Vergütungsfestsetzungen um nicht unerhebliche Zuschläge oder Abschläge geht.
Eine bloß formularmäßige Begründung dürfte – unabhängig von der Senatsentscheidung - ohnehin nicht ausreichen, um dem Gehalt einer Entscheidung Rechnung zu tragen. Kritisch würde die Anwendung der Senatsentscheidung dann, wenn das Zurückbleiben hinter der begehrten Vergütung zu begründen ist. Insbesondere bei Konzerninsolvenzen ist bei der Bewertung von Synergien der Verfahrensabwicklung ein erheblicher Begründungsaufwand dann gegeben. Hier folgt – jedenfalls beim Verfasser – eine verfahrensübergreifende Betrachtungsweise, auch unter Nennung der begehrten „Gesamtvergütung“ für die insolvenzrechtliche Abwicklung im Konzern. Zumal bei „kritischen“ Vergütungsentscheidungen in der Begründung sehr viele interna in die Begründung einfließen, sodass eine Kenntnisnahme von Außenstehenden zu befürchten ist, hier mehrere Belange aus Datenschutzgründen von Belang sind. Gleiches ist nach Erfahrung des Verfassers in Planverfahren der Fall, insbesondere noch gekoppelt mit Eigenverwaltungsverfahren. Die Veröffentlichung der festgesetzten Beträge wäre da das kleinere Übel, welchem jedoch die klare Regelung in § 64 Abs. 2, S. 2 InsO entgegensteht.
Natürlich muss das Gericht auch in Ansehung der Senatsentscheidung in der Veröffentlichung nur noch mitteilen, auf welchen „Gesamtzuschlag“ es gekommen ist, damit bleibt aber die schlussendlich festgesetzte Vergütungshöhe öffentlich.
Die nähere Begründung, insbesondere hinsichtlich der begehrten Vergütung und der Begründung etwaiger Abschläge dürfte nicht zu veröffentlichen sein. Die Begründungen könnten geeignet sein, den Insolvenzverwalter bei etwaigen Prätendentenbemühungen bei anderen Gerichten als „Vergütungshai“ erscheinen zu lassen, und damit die Unbefangenheit der jeweiligen Richterschaft zu beeinflussen.
E. Folgerungen für den gerichtlichen Umgang
1. Allgemein
Zunächst einmal ist es äußerst bedenklich, sogleich mit der Schlussterminsbestimmung die Vergütung festzusetzen. Dies ist zwar schon unter Geltung der Konkursordnung z.T. so praktiziert worden, aber warum gerichtlicherseits im Schlusstermin nicht auch die Anhörung zur Vergütungsfestsetzung vorgesehen wird, erschließt sich dem Verfasser nicht. Vermieden würde hiermit jedenfalls die „Überraschungsentscheidung“[FONT="][1][/FONT].
An der Gewährung von rechtlichem Gehör nicht erst im Rahmen der Nachholung bei Vorliegen eines Rechtsmittels ist wohl noch kein Richter oder Rechtspfleger gestorben.
In Verfahren von erheblicher Bedeutung und dies auch hinsichtlich der Vergütungsfestsetzung sollte der Weg des Terminsverfahrens einschließlich Verkündung der Entscheidung im Termin oder gesondertem Verkündungstermin beschritten werden. Mit der Beschlussverkündung wird die Rechtsbehelfsfrist in Lauf gesetzt.
Hinsichtlich der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters dürfte in geeigneten Fällen die Einberufung der Gläubigerversammlung zur Anhörung der Vergütung wohl angeraten sein.
Im Falle der Verkündung der Entscheidung dürften die inhaltlichen Anforderungen der BGH-Entscheidung an die Veröffentlichung des Vergütungsbeschlusses obsolet sein, sofern die Einberufung zur Gläubigerversammlung bzw. die Bestimmung des Schlusstermins entsprechend aussagekräftig ist. Hier ist zu empfehlen, eine Anleihe zur Planterminsbestimmung bezüglich der Rechtsmittelbelehrung vorzunehmen.
Es ist ohnehin unverständlich, warum der Schlusstermin offenbar bei einigen Gerichten nicht zur Anhörung der Vergütung genutzt wird. Häufig sind in Bezug auf die Schlussrechnung Fragestellungen aufzuwerfen, die mit der Beauftragung „Externer“ und dem Kernbereich der Verwaltertätigkeiten in Zusammenhang stehen und unmittelbare Vergütungsrelevanz aufweisen.
2. Umfang der Veröffentlichung und Belange des Verwalters
Veröffentlicht das Gericht nicht entsprechend den Vorgaben des Senats die Vergütungsentscheidung, liegt das Risiko im Eintritt der Rechtskraft. Wird das Verfahren aufgehoben, droht jedenfalls bis 5 Monate plus 2 Wochen Monate nach Aufhebung noch die Rechtsbehelfsbewehrung gegen die Vergütungsentscheidung.
Käme es zu einer erfolgreichen Aufhebung der Vergütungsentscheidung, träfe den Verwalter die Verzinsungspflicht sowie die Durchführung einer Nachtragsverteilung. Dies könnte möglicherweise den Bereich der Amtshaftung berühren. Man mag dies im Hinblick auf den Zeitraum zwischen Festsetzung der Verwaltervergütung und Verfahrensaufhebung rücksichtlich der Verwirkung als „überschaubares Risiko“ einschätzen, geradezu toxisch könnte sich dieses Risiko bei zeitnaher Festsetzung der Vergütung für den vorläufigen Verwalter in lange andauernden Verfahren darstellen.
Verwalter wären gut beraten, künftig eine Freizeichnung in den Vergütungsantrag aufzunehmen, auf etwaige Amtshaftungsansprüche aufgrund möglicherweise unzureichender Veröffentlichung der Vergütungsentscheidung zu verzichten.
D. Abschlussbemerkung
Bei allen Transparenzgesichtspunkten der BGH-Entscheidung, die einerseits die Praxis vor erhebliche Probleme bringt, ist andererseits gefragt, wie mit Transparenz im Insolvenzverfahren umzugehen ist.
Nach Auffassung des Verfassers wäre ohnehin eine saubere Lösung in der Veröffentlichung des § 188 InsO dergestalt zu sehen, dass folgendes veröffentlicht wird:
- Massebestand
- beantragte Vergütung
- kalkulierte Gerichtskosten des Insolvenzverfahrens
- etwaig zu berücksichtigende Masseverbindlichkeiten (gem. Masseschuldenverzeichnis)
- zu berücksichtigende Insolvenzforderungen.
Der Schlusstermin sollte (abgesehen von Stundungsfällen) stets auch die Anhörung zum Vergütungsantrag vorsehen.
Hier kann sich der betreffende Gläubiger seine (potentielle) Partizipation an der Insolvenzmasse errechnen, und sich im Rahmen einer Anhörung zur Vergütung auch entsprechend disponieren.
Den Maßgaben der Senatsentscheidungen folgen zu wollen, geht in die Quadratur des Kreises.
Im Grunde weist die Senatsentscheidung im Hinblick auf Transparenz den richtigen Weg, auch wenn die praktische Umsetzung der Entscheidung bedenklich bis unmöglich ist.
Die vom Verfasser vorgeschlagene Lösung stellt sich als transparent für die Beteiligten dar; es ließe sich die BGH-Entscheidung umgehen und würde hierzu noch – infolge einer Gesetzesänderung – die Veröffentlichung der konkret festgesetzten Beträge treten, wäre dies rund !
- Ende der Bearbeitung -
[FONT="][1][/FONT] Hier dürfte die bereits zitierte Entscheidung des BVerfG mit dem Hinweis auf die Rechtsweggarantie wohl zu denken geben. Die genannte Entscheidung des BVerfG vom 02.12.1987 dürfte dem Rechtsausschuss bei Abgabe seiner Stellungnahme im Jahre 1994 bekannt gewesen sein dürfen. Daher kann davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber mit der „Verschwiegenheitslösung“ nicht sehenden Auges ein verfassungswidriges Gesetz verabschieden wollte.