Handhabe des FamG gegen entlassenen Vormund bei Veruntreuung von Mündelgeld

  • Hallo zusammen,

    das 17-jährige Mündel lebte seit frühester Kindheit bei Pflegeeltern, die vor ca. 5 Jahren dann auch gemeinschaftliche Vormünder geworden sind.
    Nunmehr haben sich Vormünder und Mündel ganz arg gestritten und beide Seiten beantragten die Entlassung der Vormünder aus dem Amt, da die Differenzen unüberbrückbar sind.
    Dem Antrag wurde entsprochen und das Jugendamt zum Vormund bestellt.

    Nachdem sich dieses eingearbeitet hatte, musste es feststellen, dass die Vormünder ihr Amt missbraucht haben (Vormünder haben sich an dem Konto der Jugendlichen bedient und wenige Wochen vor Entlassung diverse Überweisungen auf das eigene Konto getätigt, die nach Ansicht des Jugendamts unbegründet waren. Dadurch haben sie die Jugendliche mittellos gemacht. Auch eine von der Jugendhilfe gewährte Einrichtungspauschale von 1412 Euro, die für die Jugendliche gewährt wurde, haben die Vormünder einbehalten und nicht weitergeleitet usw…..)

    Nach Auffassung des Jugendamts hat sich die Familie am Geld der Jugendlichen bereichert und das Jugendamt wünscht eine Überprüfung durch das Gericht.

    Jetzt ist es ja so, dass die Vormünder bereits entlassen sind. Habe ich als FamG noch eine Handhabe gegen ehemalige Vormünder oder muss sich das Jugendamt als gesetzlicher Vertreter der Jugendlichen zivilrechtlich mit den ehem. Vormündern auseinandersetzen?

    Ich bin etwas überfragt, vielleicht habt Ihr Erfahrungen in dem Bereich gesammelt?

    Vielen Dank für Eure Rückmeldungen!

    "Man muss denken wie die wenigsten und reden wie die meisten."
    (Arthur Schopenhauer)

  • Bzgl. etwaiger Schadensersatzansprüche etc. muss das Mündel (und dessen Vormund) auf den zivilrechtlichen Weg verwiesen werden.

    Das FamFG hat nach Entlassung der Vormünder keine Handhabe mehr. Es hatte m.E. auch nie eine Handhabe, außer der Entlassung des Vormundes oder der Bestellung eines Ergänzungspflegers zur Prüfung und ggf. Geltendmachung dieser Ansprüche.
    Es ist nicht Aufgabe des FamG derartige Ansprüche zu prüfen. Dafür ist der gesetzliche Vertreter da.

  • Mich wundert ehrlich gesagt, dass das Jugendamt nicht weiß, dass es selber als Vertreter des Kindes zivilrechtlich gegen die ehemaligen Vormünder vorgehen muss. Das sollten sie auch schnellstens tun.

  • Die Schlussrechnung ist natürlich anzufordern und zu prüfen. Aber selbst wenn man bei der Rechnungslegung feststellt, dass Geld zweckentfremdet wurde kann man den Vormund m.E. nicht wirksam dazu verpflichten dies zurückzuzahlen.

    Man kann ihn (unverbindlich) auffordern das zu tun, aber wenn er es dann nicht von sich aus tut muss der zivilrechtliche Weg beschritten werden. Zwangsmittel hat man da m.E. keine.
    Der richtige Weg dürfte sein den Vormund zu entlassen und dann den neuen Vormund die Ansprüche geltend machen lassen.

  • Ich würde auch sagen, dass vom Gericht gemäß § 1890, 1840, 1841 BGB eine Schlussrechnungslegung verlangt werden kann/muss (für die vollständige Dauer der Vormundschaft möglich).
    Dies könnte zur Not auch durch ein Zwangsgeld gemäß § 1837 Abs. 3 BGB, 35 FamFG durchgesetzt werden.
    Die Schlussrechnungslegung ist dann nämlich für den Mündel bzw. den neuen Vormund sehr wichtig, um den Schadensersatz bzw. die zivilrechtlichen Ansprüche gegen die alten Vormünder genauer beziffern zu können.
    Ansonsten muss aber natürlich wie schon geschrieben der neue Vormund diese Ansprüche geltend machen.

  • In der Beratungshilfe ist jeder Pipifax wichtig genug, um die Akte an die StA weiterzugeben. Warum ist das hier überhaupt kein Thema? Weil nicht die Staatskasse Geschädigter ist?

    Meine Frage ist ernst gemeint; ich will nicht provozieren, sondern ich wundere mich.

  • Ich würde davon ausgehen, dass das Jugendamt als Vormund schon Strafanzeige erstattet hat oder dies noch tun wird.

    Zudem lässt sich dem Sachverhalt nicht entnehmen, inwiefern die Akte Anhaltspunkte für eine strafrechtliche Relevanz bietet. Vor der Mitteilung des Jugendamtes ist dies ja wohl nicht aufgefallen.

  • In der Beratungshilfe ist jeder Pipifax wichtig genug, um die Akte an die StA weiterzugeben. Warum ist das hier überhaupt kein Thema? Weil nicht die Staatskasse Geschädigter ist?

    Meine Frage ist ernst gemeint; ich will nicht provozieren, sondern ich wundere mich.

    Ich kann jetzt nur für mich und meine BerH bzw. Betreuungssachen sprechen:

    Bei BerH ist es nur eine Sache zwischen dem Antragsteller und dem Staat. Wenn ich die Sache nicht der StA vorlege, kann eine mögliche Straftat nicht verfolgt werden, da kein anderer Kenntnis von dem Vorgang haben kann. Bei Betreuungen (oder auch Vormundschaften) liegt der Sachverhalt etwas anders. Da wurde ein (neuer) Betreuer oder Vormund bestellt, der die Interessen des Betroffenen, auch gegen den ehemaligen Betreuer/Vormund durchzusetzen hat. Daher bin ich der Meinung, dass es zunächst mal Aufgabe des Betreuers/Vormunds ist. Generell halte ich mich gerade bei Veruntreuungen in der Familie etwas zurück, da die Betroffenen ihre Verwandten oft gar nicht anzeigen wollen (es ist halt trotz allem der Bruder, Vater usw.). Ich bin der Meinung, dass ich diesen Wunsch zu respektieren habe (unabhängig davon halte ich den neuen Betreuer dazu an, die Angelegenheit wenigstens zivilrechtlich zu klären).

  • Nur um mir ein Bild machen zu können: Gehörte das PK noch zum Haushalt seiner Vormünder, als die Einrichtungspauschale des JA floss?
    Wird die Jugendhilfe außerhalb der Familie fortgesetzt?

    Vielleicht ist https://www.jurion.de/urteile/olg-na…-22/2-wx-49_11/ ja einschlägig? Leider kann ich die Begründung dazu nicht lesen.

    Habe ich den § 1813 Abs.2 BGB bisher falsch gelesen? Bisher war ich der Meinung, dass bei einer Zweckbestimmung immer eine Genehmigung erforderlich ist, wenn der Vormund von der Zweckbestimmung abweicht. Sollte dem so sein, wäre die eine oder andere Rechtshandlung ungenehmigt. Das zu prüfen wäre schon Angelegenheit des FamGer.

  • Ich würde auch sagen, dass vom Gericht gemäß § 1890, 1840, 1841 BGB eine Schlussrechnungslegung verlangt werden kann/muss (für die vollständige Dauer der Vormundschaft möglich).
    Dies könnte zur Not auch durch ein Zwangsgeld gemäß § 1837 Abs. 3 BGB, 35 FamFG durchgesetzt werden.
    Die Schlussrechnungslegung ist dann nämlich für den Mündel bzw. den neuen Vormund sehr wichtig, um den Schadensersatz bzw. die zivilrechtlichen Ansprüche gegen die alten Vormünder genauer beziffern zu können.
    Ansonsten muss aber natürlich wie schon geschrieben der neue Vormund diese Ansprüche geltend machen.

    Die Schlussrechnung werde ich auf jeden Fall anfordern. Ob ich die Akte an die StA weiterleite, weiß ich noch nicht :gruebel:

    Vielen Dank fürs Mitdenken!!!

    "Man muss denken wie die wenigsten und reden wie die meisten."
    (Arthur Schopenhauer)

  • Nur um mir ein Bild machen zu können: Gehörte das PK noch zum Haushalt seiner Vormünder, als die Einrichtungspauschale des JA floss?
    Wird die Jugendhilfe außerhalb der Familie fortgesetzt?

    Vielleicht ist https://www.jurion.de/urteile/olg-na…-22/2-wx-49_11/ ja einschlägig? Leider kann ich die Begründung dazu nicht lesen.

    Habe ich den § 1813 Abs.2 BGB bisher falsch gelesen? Bisher war ich der Meinung, dass bei einer Zweckbestimmung immer eine Genehmigung erforderlich ist, wenn der Vormund von der Zweckbestimmung abweicht. Sollte dem so sein, wäre die eine oder andere Rechtshandlung ungenehmigt. Das zu prüfen wäre schon Angelegenheit des FamGer.

    Mündel gehörte noch zum Haushalt der Vormünder, als die Einrichtungspauschale floss.
    Jugendhilfe wird fortgesetzt; Mündel wohnt nun bei seinen Großeltern.

    "Man muss denken wie die wenigsten und reden wie die meisten."
    (Arthur Schopenhauer)

  • In der Beratungshilfe ist jeder Pipifax wichtig genug, um die Akte an die StA weiterzugeben. Warum ist das hier überhaupt kein Thema? Weil nicht die Staatskasse Geschädigter ist?

    Meine Frage ist ernst gemeint; ich will nicht provozieren, sondern ich wundere mich.

    Ich kann jetzt nur für mich und meine BerH bzw. Betreuungssachen sprechen:

    Bei BerH ist es nur eine Sache zwischen dem Antragsteller und dem Staat. Wenn ich die Sache nicht der StA vorlege, kann eine mögliche Straftat nicht verfolgt werden, da kein anderer Kenntnis von dem Vorgang haben kann. Bei Betreuungen (oder auch Vormundschaften) liegt der Sachverhalt etwas anders. Da wurde ein (neuer) Betreuer oder Vormund bestellt, der die Interessen des Betroffenen, auch gegen den ehemaligen Betreuer/Vormund durchzusetzen hat. Daher bin ich der Meinung, dass es zunächst mal Aufgabe des Betreuers/Vormunds ist. Generell halte ich mich gerade bei Veruntreuungen in der Familie etwas zurück, da die Betroffenen ihre Verwandten oft gar nicht anzeigen wollen (es ist halt trotz allem der Bruder, Vater usw.). Ich bin der Meinung, dass ich diesen Wunsch zu respektieren habe (unabhängig davon halte ich den neuen Betreuer dazu an, die Angelegenheit wenigstens zivilrechtlich zu klären).


    :daumenrau

  • Nur um mir ein Bild machen zu können: Gehörte das PK noch zum Haushalt seiner Vormünder, als die Einrichtungspauschale des JA floss?
    Wird die Jugendhilfe außerhalb der Familie fortgesetzt?

    Vielleicht ist https://www.jurion.de/urteile/olg-na…-22/2-wx-49_11/ ja einschlägig? Leider kann ich die Begründung dazu nicht lesen.

    Habe ich den § 1813 Abs.2 BGB bisher falsch gelesen? Bisher war ich der Meinung, dass bei einer Zweckbestimmung immer eine Genehmigung erforderlich ist, wenn der Vormund von der Zweckbestimmung abweicht. Sollte dem so sein, wäre die eine oder andere Rechtshandlung ungenehmigt. Das zu prüfen wäre schon Angelegenheit des FamGer.


    :gruebel: Über Girokonto von Mündeln oder Betreuten kann immer frei verfügt werden.

  • Frog, aber es steht doch im Gesetz:
    (2) Die Befreiung nach Absatz 1 Nr. 2, 3 erstreckt sich nicht auf die Erhebung von Geld, bei dessen Anlegung ein anderes bestimmt worden ist.

    Die Befreiung nach Absatz 1 Nr. 3 bezieht sich auf das Girokonto.

  • Frog, aber es steht doch im Gesetz:
    (2) Die Befreiung nach Absatz 1 Nr. 2, 3 erstreckt sich nicht auf die Erhebung von Geld, bei dessen Anlegung ein anderes bestimmt worden ist.

    Die Befreiung nach Absatz 1 Nr. 3 bezieht sich auf das Girokonto.


    Das ist mir bewusst.

    "bei dessen Anlegung ein anderes bestimmt worden ist" gilt, wenn am betreffenden Konto ein Sperrvermerk eingetragen wurde, also für Sparkonten usw.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!