Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
für die Zwangsversteigerungsabteilung und mittlerweile auch die Verwaltung meines Amtsgerichtes stellt sich die Frage, ob jemanden der Sachverhalt bekannt vorkommt und ob die Personen, die uns derzeit beschäftigen, bereits bei anderen Gerichten ähnliche Versuche gestartet haben.
Vor mehreren Monaten hielt ich einen Versteigerungstermin zu einem Objekt mit 1 € Verkehrswert ab.
Da der Termin bereits mehrfach coronabedingt verschoben worden war, entschied ich mich diesen abzuhalten, solange die Inzidenzen relativ "niedrig" sind, wobei sie zu diesem Zeitpunkt bereits wieder zu steigen begannen.
Zuvor hatte ich mich mehrfach mit der weiteren für Zwangsversteigerung zuständigen Rechtspflegerin abgesprochen und auch mit der Geschäftsleitung, wie der Termin durchgeführt werden kann.
Auch bei 1 € Verkehrswert war bis zu diesem Zeitpunkt unter Pandemiebedingungen stets Sicherheitsleistung verlangt worden, um entsprechenden Zugang zu gewähren. Dies verlief bis dato auch ohne Probleme.
Meine Anfrage bei der Geschäftsleitung, ob man sich nicht auf die gerade aufkeimende 3G-Regel stützen könnte, wurde leider abgelehnt, da es seitens des MJ keinen entsprechenden Erlass gab.
Die Kommentierung, die sich mit Zwangsversteigerungen unter Coronabedingungen auseinandersetzt, spricht sich auch dafür aus, dass die Sicherheitsleistung das sachgerechte Kriterium sei, mit dem man entsprechende Öffentlichkeit unter Einhaltung der Hygiene- und Abstandsauflagen herstellen kann.
Da auch zahlreiche Sicherheitsleistungen vorab geleistet worden waren, schien es unproblematisch.
Unser größter Saal umfasst leider nur 11 Plätze unter Coronabedingungen. Die Interessenten mit SHL wurden allesamt hereingelassen. Dabei überstieg die Anzahl an Personen inkl. Gläubiger und Rechtspfleger die erlaubte Zahl, jedoch konnte ausreichend Abstand gewahrt werden.
Es waren auch mehrere Interessenten ohne SHL da, diese wurden - wie bisher gehabt unter Coronabedingungen - abgewiesen.
Allerdings waren darunter zwei Männer, die dies nicht akzeptieren wollten. Sie selbst schienen von der Thematik nicht allzu viel zu verstehen und hielten mir dauerhaft ihr Handy auf Lautsprecher entgegen. Am anderen Ende der Leitung war jemand, der sich dafür einsetzte, dass die beiden Männer auch ohne SHL in den Saal kamen.
Grundsätzlich hätte ich kein Problem damit gehabt, auch diese beiden zuzulassen, aber da 10 weitere Interessenten ohne SHL erschienen waren, hätte ich auch diese hereinlassen müssen und damit wäre keinerlei Abstand mehr gewährleistbar gewesen.
Nach längerer Diskussion ließen sie dann ab und ich konnte den Termin durchführen.
Nach dem Termin erschienen die beiden Männer erneut und hielten mir wieder das Telefon hin.
Kaum dass ich wieder in meinem Büro war, brachte mir der Wachtmeister die Beschwerde gegen den Zuschlagsbeschluss und im Posteingang von Outlook war diese ebenfalls bereits eingegangen. Es war offensichtlich, dass diese Beschwerde während des Versteigerungstermins von dem Mann am Telefon abgetippt worden war. Die beiden Männer vor Ort hatten nicht die Möglichkeit dazu, da sie sich dauerhaft im Gericht aufhielten.
Als Beschwerdeführer trat nur eine Person auf. Derzeit ist unklar, ob es sich dabei um einen der beiden anwesenden Männer gehandelt hat (fraglich dabei auch, warum sie nicht gemeinsam auftreten, da sie es ja gemeinsam ersteigern wollten), oder ob es sich um den Mann am Telefon handelte.
Der Beschwerdeführer stützt sich dabei u.a. auf den BGH-Beschluss vom 12.07.2012, nachdem SHL bei 1 € VKW nicht verlangt werden dürfe.
Entgegen meiner Erwartungen hat das LG den Zuschlagsbeschluss aufgehoben ohne dabei auf die von mir aufgeführten Gründe des Nichtabhilfebeschlusses einzugehen.
Nunmehr kam ein "Kostenerstattungsantrag nach JVEG" vom Beschwerdeführer, der die Fahrtkosten etc. i.H.v. über 300,00 € fordert. Eine Entschädigung nach JVEG scheidet ja grundsätzlich für Bietinteressenten aus. Dies wurde ihm unter Benennung aller relevanten Paragraphen mitgeteilt, er hält jedoch daran fest und begründet es einfach nur mit der Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses.
Die Sache habe ich nunmehr dem zuständigen Richter als Schadensersatzforderung vorgelegt.
Die Verwaltung als auch ich haben das sehr starke Gefühl, dass diese Personen das nicht zum ersten Mal machen, zumal es sich nicht um juristisch tätige Personen handelt.
Daher meine Frage an euch, ob jemanden der Fall bekannt vorkommt?
Mit bestem Dank!